Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Viertes Vierteljahr.Skizzen aus unserm heutigen Volksleben neue Beschwerde gegen den Kantor Amsel mit sieben Punkten. Ferner eine er¬ Der Herr Schulrat warf seiue Feder auf den Tisch und lief entrüstet im Da klopfte es. Herein! Wie steht es, Herr Kollege, kommen Sie mit zum Frühschoppen? Ja, wie Der Herr Schulrat konnte es nicht leugnen. Er hätte nie gedacht, daß die Der Kollege, ein jovialer alter Herr, gehörte zur Bauverwaltung, und das Zum Teufel, erwiderte der Herr Baurat, macheu Sie den Pastor von Aff¬ Das hat der Superintendent in Zettlebeu auch schon gesagt. Sehen Sie. Die Sache wird sich schon machen. Es ist immerhin eine schöne Beide gingen darauf zum Frühschoppen. Der Herr Schulrat überlegte sich Einen ähnlich lautenden Brief erhielt der Pfarrer in Beffleben. -- Nach acht Tagen trafen sich die Herren Pastoren ans Affichen und Beffleben, Wer will mich denn zwingen? erwiderte Bruder Mansfeld. Ich bin durchaus Sie werden sich auch nicht entziehen wollen, fuhr der Herr Superintendent Skizzen aus unserm heutigen Volksleben neue Beschwerde gegen den Kantor Amsel mit sieben Punkten. Ferner eine er¬ Der Herr Schulrat warf seiue Feder auf den Tisch und lief entrüstet im Da klopfte es. Herein! Wie steht es, Herr Kollege, kommen Sie mit zum Frühschoppen? Ja, wie Der Herr Schulrat konnte es nicht leugnen. Er hätte nie gedacht, daß die Der Kollege, ein jovialer alter Herr, gehörte zur Bauverwaltung, und das Zum Teufel, erwiderte der Herr Baurat, macheu Sie den Pastor von Aff¬ Das hat der Superintendent in Zettlebeu auch schon gesagt. Sehen Sie. Die Sache wird sich schon machen. Es ist immerhin eine schöne Beide gingen darauf zum Frühschoppen. Der Herr Schulrat überlegte sich Einen ähnlich lautenden Brief erhielt der Pfarrer in Beffleben. — Nach acht Tagen trafen sich die Herren Pastoren ans Affichen und Beffleben, Wer will mich denn zwingen? erwiderte Bruder Mansfeld. Ich bin durchaus Sie werden sich auch nicht entziehen wollen, fuhr der Herr Superintendent <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0248" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/221224"/> <fw type="header" place="top"> Skizzen aus unserm heutigen Volksleben</fw><lb/> <p xml:id="ID_771" prev="#ID_770"> neue Beschwerde gegen den Kantor Amsel mit sieben Punkten. Ferner eine er¬<lb/> neute Petition des Kantors Amsel wegen Anbaues seiner Wohnung, unter Berufung<lb/> auf das Versprechen, das ihm der Herr Schulrat gegeben habe. Weiterhin ein<lb/> Antrag des Pfarrers in Beffleben, ihn von der Schulinspektion zu entbinden, und<lb/> ein erneuter, durch die Kirchenbehörde unterstützter Antrag des Pfarrers von<lb/> Affichen, ihn von der Schnlinspektion zu entbinden. Endlich ein Bericht des Herrn<lb/> Superintendenten zu Zettlebeu, daß weder in Affichen noch in Beffleben eine Person<lb/> vorhanden sei, die geeignet sei, die Schuliuspektiou zu übernehmen. Er selbst sei<lb/> leider außer stände, die Inspektionen zu führen, da er, wie die königliche Regierung<lb/> wisse, bereits überlastet sei.</p><lb/> <p xml:id="ID_772"> Der Herr Schulrat warf seiue Feder auf den Tisch und lief entrüstet im<lb/> Zimmer umher. Das war ja eine heitere Wirtschaft.</p><lb/> <p xml:id="ID_773"> Da klopfte es.</p><lb/> <p xml:id="ID_774"> Herein!</p><lb/> <p xml:id="ID_775"> Wie steht es, Herr Kollege, kommen Sie mit zum Frühschoppen? Ja, wie<lb/> sehen Sie denn aus? Hals wieder Ärger gegeben?</p><lb/> <p xml:id="ID_776"> Der Herr Schulrat konnte es nicht leugnen. Er hätte nie gedacht, daß die<lb/> Verwaltung im Osten der Monarchie so viel glatter gehe als hier im Zentrum und<lb/> um den alten Kultursitzen. Er gab dem Herrn Kollegen ein Bild von der Lage<lb/> in Affichen und in Beffleben und schloß mit dem Zugeständis, er wisse in der That<lb/> nicht mehr, was er machen solle.</p><lb/> <p xml:id="ID_777"> Der Kollege, ein jovialer alter Herr, gehörte zur Bauverwaltung, und das<lb/> pflegen findige Herrn zu sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_778"> Zum Teufel, erwiderte der Herr Baurat, macheu Sie den Pastor von Aff¬<lb/> ichen zum Lokalschulinspektor in Beffleben und umgekehrt.</p><lb/> <p xml:id="ID_779"> Das hat der Superintendent in Zettlebeu auch schon gesagt.</p><lb/> <p xml:id="ID_780"> Sehen Sie. Die Sache wird sich schon machen. Es ist immerhin eine schöne<lb/> Erinnerung, sagte Bismarck zum Battenberger.</p><lb/> <p xml:id="ID_781"> Beide gingen darauf zum Frühschoppen. Der Herr Schulrat überlegte sich<lb/> die Sache und verfügte noch selbigen Tages mit einer Art von grimmigen Humor:<lb/> Auf Euer Hochwürden Antrag vom 15. e. ohne Jvurualnummer wollen wir Sie<lb/> in Würdigung der von Ihnen vorgebrachten Gründe von der Ortsschulaussicht in<lb/> Affteben entbinden, indem wir Sie zugleich zum Ortsschulinspektor in Beffleben er¬<lb/> nennen. Wir vertrauen, daß Sie dies Amt übernehmen werden usw.</p><lb/> <p xml:id="ID_782"> Einen ähnlich lautenden Brief erhielt der Pfarrer in Beffleben. —</p><lb/> <p xml:id="ID_783"> Nach acht Tagen trafen sich die Herren Pastoren ans Affichen und Beffleben,<lb/> beide mit deu Schreiben der Regierung bewaffnet, beim Herrn Superintendente».<lb/> Herr Pastor Langbein — so hieß der Affleber —, der gehofft hatte, endlich<lb/> von allen Schulnöteu befreit zu sein, war niedergebeugt, und Herr Pastor Mans-<lb/> feld — so hieß der Beffleber — war entrüstet und fragte, ob sich die könig¬<lb/> liche Regierung über die Lokalschulinspektoren lustig machen wollte. Der Herr<lb/> Superintendent machte ein ernstes Gesicht, obwohl ihn die Geschichte im stillen<lb/> ergötzte, und sagte: Lieben Brüder, Sie werden sich dem Wunsche der Regierung<lb/> wohl nicht entziehen können.</p><lb/> <p xml:id="ID_784"> Wer will mich denn zwingen? erwiderte Bruder Mansfeld. 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Skizzen aus unserm heutigen Volksleben
neue Beschwerde gegen den Kantor Amsel mit sieben Punkten. Ferner eine er¬
neute Petition des Kantors Amsel wegen Anbaues seiner Wohnung, unter Berufung
auf das Versprechen, das ihm der Herr Schulrat gegeben habe. Weiterhin ein
Antrag des Pfarrers in Beffleben, ihn von der Schulinspektion zu entbinden, und
ein erneuter, durch die Kirchenbehörde unterstützter Antrag des Pfarrers von
Affichen, ihn von der Schnlinspektion zu entbinden. Endlich ein Bericht des Herrn
Superintendenten zu Zettlebeu, daß weder in Affichen noch in Beffleben eine Person
vorhanden sei, die geeignet sei, die Schuliuspektiou zu übernehmen. Er selbst sei
leider außer stände, die Inspektionen zu führen, da er, wie die königliche Regierung
wisse, bereits überlastet sei.
Der Herr Schulrat warf seiue Feder auf den Tisch und lief entrüstet im
Zimmer umher. Das war ja eine heitere Wirtschaft.
Da klopfte es.
Herein!
Wie steht es, Herr Kollege, kommen Sie mit zum Frühschoppen? Ja, wie
sehen Sie denn aus? Hals wieder Ärger gegeben?
Der Herr Schulrat konnte es nicht leugnen. Er hätte nie gedacht, daß die
Verwaltung im Osten der Monarchie so viel glatter gehe als hier im Zentrum und
um den alten Kultursitzen. Er gab dem Herrn Kollegen ein Bild von der Lage
in Affichen und in Beffleben und schloß mit dem Zugeständis, er wisse in der That
nicht mehr, was er machen solle.
Der Kollege, ein jovialer alter Herr, gehörte zur Bauverwaltung, und das
pflegen findige Herrn zu sein.
Zum Teufel, erwiderte der Herr Baurat, macheu Sie den Pastor von Aff¬
ichen zum Lokalschulinspektor in Beffleben und umgekehrt.
Das hat der Superintendent in Zettlebeu auch schon gesagt.
Sehen Sie. Die Sache wird sich schon machen. Es ist immerhin eine schöne
Erinnerung, sagte Bismarck zum Battenberger.
Beide gingen darauf zum Frühschoppen. Der Herr Schulrat überlegte sich
die Sache und verfügte noch selbigen Tages mit einer Art von grimmigen Humor:
Auf Euer Hochwürden Antrag vom 15. e. ohne Jvurualnummer wollen wir Sie
in Würdigung der von Ihnen vorgebrachten Gründe von der Ortsschulaussicht in
Affteben entbinden, indem wir Sie zugleich zum Ortsschulinspektor in Beffleben er¬
nennen. Wir vertrauen, daß Sie dies Amt übernehmen werden usw.
Einen ähnlich lautenden Brief erhielt der Pfarrer in Beffleben. —
Nach acht Tagen trafen sich die Herren Pastoren ans Affichen und Beffleben,
beide mit deu Schreiben der Regierung bewaffnet, beim Herrn Superintendente».
Herr Pastor Langbein — so hieß der Affleber —, der gehofft hatte, endlich
von allen Schulnöteu befreit zu sein, war niedergebeugt, und Herr Pastor Mans-
feld — so hieß der Beffleber — war entrüstet und fragte, ob sich die könig¬
liche Regierung über die Lokalschulinspektoren lustig machen wollte. Der Herr
Superintendent machte ein ernstes Gesicht, obwohl ihn die Geschichte im stillen
ergötzte, und sagte: Lieben Brüder, Sie werden sich dem Wunsche der Regierung
wohl nicht entziehen können.
Wer will mich denn zwingen? erwiderte Bruder Mansfeld. Ich bin durchaus
nicht verpflichtet, eine fremde Schulinspektivn zu übernehmen.
Sie werden sich auch nicht entziehen wollen, fuhr der Herr Superintendent
fort. Ich will nicht von Revanche rede», das wäre unchristlich, aber setzen Sie
den Fall, Ihr Nachbar hätte einen Sohn, der dringlichst einer Tracht Prügel
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