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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr.

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Englische Ausfälle gegen den deutschen Ariegsschiffban

12 Centimeter-, acht 5,7 Centimeter- und zwölf 4,7 Centimeter-Schnellfeuer-
kanonen, und von sieben Maschinengewehren und zwei leichten Geschützen. Aber
der Pauzergürtel des Barflenr ist nicht ununterbrochen, und die Hauptbewaff¬
nung besteht nur aus vier 25,4 Centimer-(29 Tonnen-Meschützen, gegen sechs
28 Centimeter-(43 Tonnen-)Geschützen auf den deutscheu Schiffen. Dennoch muß
als scegehcndes und scefähiges Panzerschiff mittlerer Größe Barfleur für ein
viel zweckmäßigeres Schiff gehalten werden als der Kurfürst Friedrich Wilhelm,
und es kann auch zweifelhaft sein, ob dieser überhaupt als seegeheudes und
seehaltendes (8og,-K"z"zxiuK) Panzerschiff betrachtet werden darf. Sein Platz ist
eher in der Ostsee als auf dem Atlantischen Weltmeere; aber für den Zweck,
für den er bestimmt ist, kann er (Kurfürst Friedrich Wilhelm) als ein sehr
brauchbares Schiff bezeichnet werden."

Dieses Urteil ist eine Musterleistung des englischen xluelc -- der dreisten
Unverfrorenheit und zugleich des echt englischen Dünkels. Zur Beruhigung
der Timesleser werden natürlich kurzer Hand die Panzerschiffe andrer Flotten,
die zur Flottenschau in Kiel waren, auch abgeschlachtet. So wird das prächtige
und mächtige französische Schlachtschiff Hoche als sehr verwundbar, als wenig
stabil und als wenig seetüchtig, das russische Panzerschiff Alexander H> (1887)
als zu wenig geschützt und zu schwach bewaffnet, und der Spanier Pelayo
als überlastet bezeichnet.

Daß es der Engländer wagt, den niedrigen Freibvrd unsrer Schiffe in
ihrem hintern Teil zu rügen, ist fast unbegreiflich; denn die englische Flotte
hat genau zwölf Panzerschiffe, die außer einem 9500 Tvnnenschiff alle größer
sind als Brandenburg (mit 10000 Tonnen), und bei denen das dem Seegang
viel stärker ausgesetzte Vorschiff geringern Freibord hat als das Hinterschiff
der Brandenburg. Diese Schiffe sind: Hood (1891, mit 14150 Tonnen),
Nile (1888), Trafalgar, Sans Pareil (1887), Anson (1886), Camperdown,
Howe, Benbow (1885), Rodney (1884), Collingwood (1882, mit 9500 Tonnen).
Inflexible (1876), Dreadnought (1875). Nach dem Urteile des Berichterstatters
über den Freibord unsrer Schlachtschiffe thäten also diese englischen Nieder-
bordschiffe am besten, bei Seegang mittlerer Stärke im Hafen zu bleiben. Der
niedrige Freibord der Brandenburg in ihrem hintern Teile erhöht geradezu die
Seefühigleit dieses Schiffs; er ist dadurch bedingt, daß man den mittlern und
hintern Brustwehrturm etwa 4 Meter tiefer gelegt hat als den vordem Turm.
Da jeder Panzerturm mit den Geschützen etwa 800 Tonnen, d. h. soviel wie
der ganze Kohlenvorrat des Schiffs, wiegt, so trägt natürlich die Senkung
des Schwerpunkts der Masse von zwei Türmen sehr zur Vergrößerung der
Seetüchtigkeit des Schiffs bei. Von ältern Schlachtschiffen hat nur der aller¬
dings reichlich hochbordige Pelayo (1886, 9800 Tonnen) diese zweckmäßige
Anordnung; die Franzosen, die wohl die tüchtigsten Kriegsschiffbaumeister haben,
haben mehrere Jahre nach dem Bau unsers Siegfried und unsrer Brander-


Englische Ausfälle gegen den deutschen Ariegsschiffban

12 Centimeter-, acht 5,7 Centimeter- und zwölf 4,7 Centimeter-Schnellfeuer-
kanonen, und von sieben Maschinengewehren und zwei leichten Geschützen. Aber
der Pauzergürtel des Barflenr ist nicht ununterbrochen, und die Hauptbewaff¬
nung besteht nur aus vier 25,4 Centimer-(29 Tonnen-Meschützen, gegen sechs
28 Centimeter-(43 Tonnen-)Geschützen auf den deutscheu Schiffen. Dennoch muß
als scegehcndes und scefähiges Panzerschiff mittlerer Größe Barfleur für ein
viel zweckmäßigeres Schiff gehalten werden als der Kurfürst Friedrich Wilhelm,
und es kann auch zweifelhaft sein, ob dieser überhaupt als seegeheudes und
seehaltendes (8og,-K«z«zxiuK) Panzerschiff betrachtet werden darf. Sein Platz ist
eher in der Ostsee als auf dem Atlantischen Weltmeere; aber für den Zweck,
für den er bestimmt ist, kann er (Kurfürst Friedrich Wilhelm) als ein sehr
brauchbares Schiff bezeichnet werden."

Dieses Urteil ist eine Musterleistung des englischen xluelc — der dreisten
Unverfrorenheit und zugleich des echt englischen Dünkels. Zur Beruhigung
der Timesleser werden natürlich kurzer Hand die Panzerschiffe andrer Flotten,
die zur Flottenschau in Kiel waren, auch abgeschlachtet. So wird das prächtige
und mächtige französische Schlachtschiff Hoche als sehr verwundbar, als wenig
stabil und als wenig seetüchtig, das russische Panzerschiff Alexander H> (1887)
als zu wenig geschützt und zu schwach bewaffnet, und der Spanier Pelayo
als überlastet bezeichnet.

Daß es der Engländer wagt, den niedrigen Freibvrd unsrer Schiffe in
ihrem hintern Teil zu rügen, ist fast unbegreiflich; denn die englische Flotte
hat genau zwölf Panzerschiffe, die außer einem 9500 Tvnnenschiff alle größer
sind als Brandenburg (mit 10000 Tonnen), und bei denen das dem Seegang
viel stärker ausgesetzte Vorschiff geringern Freibord hat als das Hinterschiff
der Brandenburg. Diese Schiffe sind: Hood (1891, mit 14150 Tonnen),
Nile (1888), Trafalgar, Sans Pareil (1887), Anson (1886), Camperdown,
Howe, Benbow (1885), Rodney (1884), Collingwood (1882, mit 9500 Tonnen).
Inflexible (1876), Dreadnought (1875). Nach dem Urteile des Berichterstatters
über den Freibord unsrer Schlachtschiffe thäten also diese englischen Nieder-
bordschiffe am besten, bei Seegang mittlerer Stärke im Hafen zu bleiben. Der
niedrige Freibord der Brandenburg in ihrem hintern Teile erhöht geradezu die
Seefühigleit dieses Schiffs; er ist dadurch bedingt, daß man den mittlern und
hintern Brustwehrturm etwa 4 Meter tiefer gelegt hat als den vordem Turm.
Da jeder Panzerturm mit den Geschützen etwa 800 Tonnen, d. h. soviel wie
der ganze Kohlenvorrat des Schiffs, wiegt, so trägt natürlich die Senkung
des Schwerpunkts der Masse von zwei Türmen sehr zur Vergrößerung der
Seetüchtigkeit des Schiffs bei. Von ältern Schlachtschiffen hat nur der aller¬
dings reichlich hochbordige Pelayo (1886, 9800 Tonnen) diese zweckmäßige
Anordnung; die Franzosen, die wohl die tüchtigsten Kriegsschiffbaumeister haben,
haben mehrere Jahre nach dem Bau unsers Siegfried und unsrer Brander-


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[0360] Englische Ausfälle gegen den deutschen Ariegsschiffban 12 Centimeter-, acht 5,7 Centimeter- und zwölf 4,7 Centimeter-Schnellfeuer- kanonen, und von sieben Maschinengewehren und zwei leichten Geschützen. Aber der Pauzergürtel des Barflenr ist nicht ununterbrochen, und die Hauptbewaff¬ nung besteht nur aus vier 25,4 Centimer-(29 Tonnen-Meschützen, gegen sechs 28 Centimeter-(43 Tonnen-)Geschützen auf den deutscheu Schiffen. Dennoch muß als scegehcndes und scefähiges Panzerschiff mittlerer Größe Barfleur für ein viel zweckmäßigeres Schiff gehalten werden als der Kurfürst Friedrich Wilhelm, und es kann auch zweifelhaft sein, ob dieser überhaupt als seegeheudes und seehaltendes (8og,-K«z«zxiuK) Panzerschiff betrachtet werden darf. Sein Platz ist eher in der Ostsee als auf dem Atlantischen Weltmeere; aber für den Zweck, für den er bestimmt ist, kann er (Kurfürst Friedrich Wilhelm) als ein sehr brauchbares Schiff bezeichnet werden." Dieses Urteil ist eine Musterleistung des englischen xluelc — der dreisten Unverfrorenheit und zugleich des echt englischen Dünkels. Zur Beruhigung der Timesleser werden natürlich kurzer Hand die Panzerschiffe andrer Flotten, die zur Flottenschau in Kiel waren, auch abgeschlachtet. So wird das prächtige und mächtige französische Schlachtschiff Hoche als sehr verwundbar, als wenig stabil und als wenig seetüchtig, das russische Panzerschiff Alexander H> (1887) als zu wenig geschützt und zu schwach bewaffnet, und der Spanier Pelayo als überlastet bezeichnet. Daß es der Engländer wagt, den niedrigen Freibvrd unsrer Schiffe in ihrem hintern Teil zu rügen, ist fast unbegreiflich; denn die englische Flotte hat genau zwölf Panzerschiffe, die außer einem 9500 Tvnnenschiff alle größer sind als Brandenburg (mit 10000 Tonnen), und bei denen das dem Seegang viel stärker ausgesetzte Vorschiff geringern Freibord hat als das Hinterschiff der Brandenburg. Diese Schiffe sind: Hood (1891, mit 14150 Tonnen), Nile (1888), Trafalgar, Sans Pareil (1887), Anson (1886), Camperdown, Howe, Benbow (1885), Rodney (1884), Collingwood (1882, mit 9500 Tonnen). Inflexible (1876), Dreadnought (1875). Nach dem Urteile des Berichterstatters über den Freibord unsrer Schlachtschiffe thäten also diese englischen Nieder- bordschiffe am besten, bei Seegang mittlerer Stärke im Hafen zu bleiben. Der niedrige Freibord der Brandenburg in ihrem hintern Teile erhöht geradezu die Seefühigleit dieses Schiffs; er ist dadurch bedingt, daß man den mittlern und hintern Brustwehrturm etwa 4 Meter tiefer gelegt hat als den vordem Turm. Da jeder Panzerturm mit den Geschützen etwa 800 Tonnen, d. h. soviel wie der ganze Kohlenvorrat des Schiffs, wiegt, so trägt natürlich die Senkung des Schwerpunkts der Masse von zwei Türmen sehr zur Vergrößerung der Seetüchtigkeit des Schiffs bei. Von ältern Schlachtschiffen hat nur der aller¬ dings reichlich hochbordige Pelayo (1886, 9800 Tonnen) diese zweckmäßige Anordnung; die Franzosen, die wohl die tüchtigsten Kriegsschiffbaumeister haben, haben mehrere Jahre nach dem Bau unsers Siegfried und unsrer Brander-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325/360>, abgerufen am 28.07.2024.