Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Englische Ausfälle gegen den deutschen Ariegsschiffbau

l'ilrg (1891) bei ihrem mächtigen viertürmigen Schiffe Jauroguiberry*) eben¬
falls den vorder" Turm etwa 2 Meter höher gestellt als die drei andern
Türme, wobei der Freibord hinten etwas größer als bei Brandenburg ist.
Das beweist, daß man in Frankreich unsre zweckmäßige Turmstellung zu wür¬
digen weiß.

Die beiden hintern Türme der Brandenburg stehen unmittelbar auf dem
großen 6^/2 Centimeter starken Stahlpanzerdeck, und der vordere hat einen be¬
sondern, ebenso starken Boden. Das hätte der Engländer aus jeder Plan¬
skizze unsrer Schiffe sehen können und hätte dann nicht von den ungeschützten
Grundflächen der Türme zu reden brauchen. Die Gcwichtsverteilung in der
Längsschiffsrichtung ist bei unsern Schiffen ebenso gut wie bei Hood, Benbow,
Royal Sovereign (1891) und dessen sechs Schwesterschiffen und besser als bei
Jauröguiberry, Pelayo und verschiednen andern Panzerschiffen, die ihre Türme
noch weiter nach den Schiffsenden hin stehen haben. Also auch dieser Vor¬
wurf ist unbegründet. Die Panzerkuppeln unsrer Türme haben an ihren Rück¬
seiten nur sehr kleine Öffnungen, die nur bei besonders ungünstiger Stellung
von Zufallstreffern erreicht werden können. Diese Öffnungen sind notwendig,
damit die Geschützmannschaftcn Luft, Licht und Bewegungsraum haben. Die
Nebenbewaffnung steht durchaus nicht enger als auf den englischen Schlacht¬
schiffen Barfleur und Sans Pareil und ist im Vergleich mit den amerikanischen
Panzerschiffen der Jndiaimklasse noch weitläufig und bequem aufgestellt; auch
bei verschiednen französischen Schlachtschiffen, z. B. bei Hoche und Marceau,
findet man ähnliche Ausnutzung des vorhandnen Raumes. Panzerschutz können
die Schnellfeuergeschütze selbst bei den größten neuen Schlachtschiffen nicht be¬
kommen, das würde die Schiffe ungebührlich belasten; man beschränkt sich auf
die senkrechte Panzerung der Wasserlinie und der Standplätze der schweren
Geschütze und baut dann noch ein gewölbtes, wagerecht liegendes Panzer¬
deck von geringerer Stahlstärke zum Schutze der untern Schiffsräume. Die
englische,, Schiffe, auch die neuesten, haben dabei nur einen kurzen, etwa drei
Fünftel bis zwei Drittel der Schiffslänge deckenden Pauzergürtel, während
bei den deutscheu, französischen und spanischen Schiffen der Gürtel rings um
den Schiffskörper herumgeführt ist.

Aus dem Vergleich der Schiffe der Brandenburgklasse mit dem gleichzeitig
erbauten und nur 500 Tonnen größer,, Barfleur geht zunächst hervor, daß
unsre Schiffe viel stärkere Panzergeschütze führen; die sechs langen 28 Centi-
metergeschütze werfen mit einer Lage eine Stahlmasse von 1530 Kilogramm
gegen 908 Kilogramm der Barfleurgeschützr und leisten dabei 37934 Meter-



Stapellauf 1893; Wasserverdrängung 11834; Bewaffnung zwei 30 Centimeter-,
zwei 27 Centimeter-, acht 14 Centimeter-, zweiundzwanzig Schnellfeuergeschütze; Gcschwindig-
reit 18 Seemeilen.
Grenzboten III 1395 4S
Englische Ausfälle gegen den deutschen Ariegsschiffbau

l'ilrg (1891) bei ihrem mächtigen viertürmigen Schiffe Jauroguiberry*) eben¬
falls den vorder» Turm etwa 2 Meter höher gestellt als die drei andern
Türme, wobei der Freibord hinten etwas größer als bei Brandenburg ist.
Das beweist, daß man in Frankreich unsre zweckmäßige Turmstellung zu wür¬
digen weiß.

Die beiden hintern Türme der Brandenburg stehen unmittelbar auf dem
großen 6^/2 Centimeter starken Stahlpanzerdeck, und der vordere hat einen be¬
sondern, ebenso starken Boden. Das hätte der Engländer aus jeder Plan¬
skizze unsrer Schiffe sehen können und hätte dann nicht von den ungeschützten
Grundflächen der Türme zu reden brauchen. Die Gcwichtsverteilung in der
Längsschiffsrichtung ist bei unsern Schiffen ebenso gut wie bei Hood, Benbow,
Royal Sovereign (1891) und dessen sechs Schwesterschiffen und besser als bei
Jauröguiberry, Pelayo und verschiednen andern Panzerschiffen, die ihre Türme
noch weiter nach den Schiffsenden hin stehen haben. Also auch dieser Vor¬
wurf ist unbegründet. Die Panzerkuppeln unsrer Türme haben an ihren Rück¬
seiten nur sehr kleine Öffnungen, die nur bei besonders ungünstiger Stellung
von Zufallstreffern erreicht werden können. Diese Öffnungen sind notwendig,
damit die Geschützmannschaftcn Luft, Licht und Bewegungsraum haben. Die
Nebenbewaffnung steht durchaus nicht enger als auf den englischen Schlacht¬
schiffen Barfleur und Sans Pareil und ist im Vergleich mit den amerikanischen
Panzerschiffen der Jndiaimklasse noch weitläufig und bequem aufgestellt; auch
bei verschiednen französischen Schlachtschiffen, z. B. bei Hoche und Marceau,
findet man ähnliche Ausnutzung des vorhandnen Raumes. Panzerschutz können
die Schnellfeuergeschütze selbst bei den größten neuen Schlachtschiffen nicht be¬
kommen, das würde die Schiffe ungebührlich belasten; man beschränkt sich auf
die senkrechte Panzerung der Wasserlinie und der Standplätze der schweren
Geschütze und baut dann noch ein gewölbtes, wagerecht liegendes Panzer¬
deck von geringerer Stahlstärke zum Schutze der untern Schiffsräume. Die
englische,, Schiffe, auch die neuesten, haben dabei nur einen kurzen, etwa drei
Fünftel bis zwei Drittel der Schiffslänge deckenden Pauzergürtel, während
bei den deutscheu, französischen und spanischen Schiffen der Gürtel rings um
den Schiffskörper herumgeführt ist.

Aus dem Vergleich der Schiffe der Brandenburgklasse mit dem gleichzeitig
erbauten und nur 500 Tonnen größer,, Barfleur geht zunächst hervor, daß
unsre Schiffe viel stärkere Panzergeschütze führen; die sechs langen 28 Centi-
metergeschütze werfen mit einer Lage eine Stahlmasse von 1530 Kilogramm
gegen 908 Kilogramm der Barfleurgeschützr und leisten dabei 37934 Meter-



Stapellauf 1893; Wasserverdrängung 11834; Bewaffnung zwei 30 Centimeter-,
zwei 27 Centimeter-, acht 14 Centimeter-, zweiundzwanzig Schnellfeuergeschütze; Gcschwindig-
reit 18 Seemeilen.
Grenzboten III 1395 4S
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0361" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/220687"/>
          <fw type="header" place="top"> Englische Ausfälle gegen den deutschen Ariegsschiffbau</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1533" prev="#ID_1532"> l'ilrg (1891) bei ihrem mächtigen viertürmigen Schiffe Jauroguiberry*) eben¬<lb/>
falls den vorder» Turm etwa 2 Meter höher gestellt als die drei andern<lb/>
Türme, wobei der Freibord hinten etwas größer als bei Brandenburg ist.<lb/>
Das beweist, daß man in Frankreich unsre zweckmäßige Turmstellung zu wür¬<lb/>
digen weiß.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1534"> Die beiden hintern Türme der Brandenburg stehen unmittelbar auf dem<lb/>
großen 6^/2 Centimeter starken Stahlpanzerdeck, und der vordere hat einen be¬<lb/>
sondern, ebenso starken Boden. Das hätte der Engländer aus jeder Plan¬<lb/>
skizze unsrer Schiffe sehen können und hätte dann nicht von den ungeschützten<lb/>
Grundflächen der Türme zu reden brauchen. Die Gcwichtsverteilung in der<lb/>
Längsschiffsrichtung ist bei unsern Schiffen ebenso gut wie bei Hood, Benbow,<lb/>
Royal Sovereign (1891) und dessen sechs Schwesterschiffen und besser als bei<lb/>
Jauröguiberry, Pelayo und verschiednen andern Panzerschiffen, die ihre Türme<lb/>
noch weiter nach den Schiffsenden hin stehen haben. Also auch dieser Vor¬<lb/>
wurf ist unbegründet. Die Panzerkuppeln unsrer Türme haben an ihren Rück¬<lb/>
seiten nur sehr kleine Öffnungen, die nur bei besonders ungünstiger Stellung<lb/>
von Zufallstreffern erreicht werden können. Diese Öffnungen sind notwendig,<lb/>
damit die Geschützmannschaftcn Luft, Licht und Bewegungsraum haben. Die<lb/>
Nebenbewaffnung steht durchaus nicht enger als auf den englischen Schlacht¬<lb/>
schiffen Barfleur und Sans Pareil und ist im Vergleich mit den amerikanischen<lb/>
Panzerschiffen der Jndiaimklasse noch weitläufig und bequem aufgestellt; auch<lb/>
bei verschiednen französischen Schlachtschiffen, z. B. bei Hoche und Marceau,<lb/>
findet man ähnliche Ausnutzung des vorhandnen Raumes. Panzerschutz können<lb/>
die Schnellfeuergeschütze selbst bei den größten neuen Schlachtschiffen nicht be¬<lb/>
kommen, das würde die Schiffe ungebührlich belasten; man beschränkt sich auf<lb/>
die senkrechte Panzerung der Wasserlinie und der Standplätze der schweren<lb/>
Geschütze und baut dann noch ein gewölbtes, wagerecht liegendes Panzer¬<lb/>
deck von geringerer Stahlstärke zum Schutze der untern Schiffsräume. Die<lb/>
englische,, Schiffe, auch die neuesten, haben dabei nur einen kurzen, etwa drei<lb/>
Fünftel bis zwei Drittel der Schiffslänge deckenden Pauzergürtel, während<lb/>
bei den deutscheu, französischen und spanischen Schiffen der Gürtel rings um<lb/>
den Schiffskörper herumgeführt ist.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1535" next="#ID_1536"> Aus dem Vergleich der Schiffe der Brandenburgklasse mit dem gleichzeitig<lb/>
erbauten und nur 500 Tonnen größer,, Barfleur geht zunächst hervor, daß<lb/>
unsre Schiffe viel stärkere Panzergeschütze führen; die sechs langen 28 Centi-<lb/>
metergeschütze werfen mit einer Lage eine Stahlmasse von 1530 Kilogramm<lb/>
gegen 908 Kilogramm der Barfleurgeschützr und leisten dabei 37934 Meter-</p><lb/>
          <note xml:id="FID_23" place="foot"> Stapellauf 1893; Wasserverdrängung 11834; Bewaffnung zwei 30 Centimeter-,<lb/>
zwei 27 Centimeter-, acht 14 Centimeter-, zweiundzwanzig Schnellfeuergeschütze; Gcschwindig-<lb/>
reit 18 Seemeilen.</note><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten III 1395 4S</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0361] Englische Ausfälle gegen den deutschen Ariegsschiffbau l'ilrg (1891) bei ihrem mächtigen viertürmigen Schiffe Jauroguiberry*) eben¬ falls den vorder» Turm etwa 2 Meter höher gestellt als die drei andern Türme, wobei der Freibord hinten etwas größer als bei Brandenburg ist. Das beweist, daß man in Frankreich unsre zweckmäßige Turmstellung zu wür¬ digen weiß. Die beiden hintern Türme der Brandenburg stehen unmittelbar auf dem großen 6^/2 Centimeter starken Stahlpanzerdeck, und der vordere hat einen be¬ sondern, ebenso starken Boden. Das hätte der Engländer aus jeder Plan¬ skizze unsrer Schiffe sehen können und hätte dann nicht von den ungeschützten Grundflächen der Türme zu reden brauchen. Die Gcwichtsverteilung in der Längsschiffsrichtung ist bei unsern Schiffen ebenso gut wie bei Hood, Benbow, Royal Sovereign (1891) und dessen sechs Schwesterschiffen und besser als bei Jauröguiberry, Pelayo und verschiednen andern Panzerschiffen, die ihre Türme noch weiter nach den Schiffsenden hin stehen haben. Also auch dieser Vor¬ wurf ist unbegründet. Die Panzerkuppeln unsrer Türme haben an ihren Rück¬ seiten nur sehr kleine Öffnungen, die nur bei besonders ungünstiger Stellung von Zufallstreffern erreicht werden können. Diese Öffnungen sind notwendig, damit die Geschützmannschaftcn Luft, Licht und Bewegungsraum haben. Die Nebenbewaffnung steht durchaus nicht enger als auf den englischen Schlacht¬ schiffen Barfleur und Sans Pareil und ist im Vergleich mit den amerikanischen Panzerschiffen der Jndiaimklasse noch weitläufig und bequem aufgestellt; auch bei verschiednen französischen Schlachtschiffen, z. B. bei Hoche und Marceau, findet man ähnliche Ausnutzung des vorhandnen Raumes. Panzerschutz können die Schnellfeuergeschütze selbst bei den größten neuen Schlachtschiffen nicht be¬ kommen, das würde die Schiffe ungebührlich belasten; man beschränkt sich auf die senkrechte Panzerung der Wasserlinie und der Standplätze der schweren Geschütze und baut dann noch ein gewölbtes, wagerecht liegendes Panzer¬ deck von geringerer Stahlstärke zum Schutze der untern Schiffsräume. Die englische,, Schiffe, auch die neuesten, haben dabei nur einen kurzen, etwa drei Fünftel bis zwei Drittel der Schiffslänge deckenden Pauzergürtel, während bei den deutscheu, französischen und spanischen Schiffen der Gürtel rings um den Schiffskörper herumgeführt ist. Aus dem Vergleich der Schiffe der Brandenburgklasse mit dem gleichzeitig erbauten und nur 500 Tonnen größer,, Barfleur geht zunächst hervor, daß unsre Schiffe viel stärkere Panzergeschütze führen; die sechs langen 28 Centi- metergeschütze werfen mit einer Lage eine Stahlmasse von 1530 Kilogramm gegen 908 Kilogramm der Barfleurgeschützr und leisten dabei 37934 Meter- Stapellauf 1893; Wasserverdrängung 11834; Bewaffnung zwei 30 Centimeter-, zwei 27 Centimeter-, acht 14 Centimeter-, zweiundzwanzig Schnellfeuergeschütze; Gcschwindig- reit 18 Seemeilen. Grenzboten III 1395 4S

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325/361
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325/361>, abgerufen am 28.07.2024.