Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Englische Ausfälle gegen den deutschen Kriegsschiffen

Teil der Schnellfeuergeschütze mit deckt, während bei Pick Hein alle Schnell¬
feuergeschütze ohne Panzerdeckung bleiben. Um die Fahrt des Schiffs aufzu¬
halten, dazu liegen die Ausbauten des vordern Brustwehrturms zu hoch; beim
Stampfen des Schiffs in schwerer See ist das Zielen bei jedem Vuggeschütz
schwer, aber immerhin um so weniger schwer, je größer der Freibord ist, und
der ist bei unsern Schiffen sehr groß im Vergleich mit großen Panzerschlacht¬
schiffen andrer Flotten, auch englischer. Da endlich unsre Schiffe Panzer-
kuppeln über den Geschützen haben, so schadet das Sprühwasser beim Zielen
viel weniger wie bei offnen Brustwehren, wie sie bei ältern Schiffen vor¬
kommen.

Auch an unsern neuesten Schlachtschiffen der Brandenburgklasse hat der
englische Schriftsteller manches auszusetzen. In ihrer ausführlichen Beschrei¬
bung sagt er: "Die vier Schlachtschiffe erster Klasse gehören ohne Zweifel
einer sehr zweckmäßigen und Furcht einflößenden (tormiillMö) Art von Panzer¬
schiffen an. Weil die Hauptbewaffnung sehr schwer ist, so ist die Neben-
bewaffnung entsprechend schwächer gehalten. Der Freibord ist gut vorn und
auf zwei Fünftel der Länge von vorn, aber der Hintere Schiffsteil ist niedrig
und ist deshalb, wie bei den Schiffen der Hagcnklasse, dem Überfluten und
Sprühwasfer schwerer Seen (Wellen) sehr bedenklich ausgesetzt. Die Geschütze
in den Brustwehrtürmen sind mit Kuppeln aus 12^/z Centimeter starkem harveyi-
sirtem Stahl geschützt, die wahrscheinlich jedem Geschoß von 15 Centimeter
Kaliber und weniger widerstehen; aber da diese Kuppeln an der Rückseite der
Geschütze offen sind, um die Geschütze laden zu können, so werden die Ge¬
schützmannschaften in den Brustwchrtürmen dem Feuer der Schnellladegeschütze
und der Maschinengewehre vom Feinde von der einen Seite ausgesetzt sein,
wenn die Panzergeschütze einen andern Feind auf der entgegengesetzten Schiffs¬
seite bekämpfen wollen. Die Nebcnbewaffnung ist ziemlich eng zusammengestellt,
die größern Schnellfeuergeschütze sind nur durch Schirme von 6^ Centimeter
Stahlstärke geschützt, und der Platz für die Bedienungsmannschaft ist etwas ein¬
geengt. Wie bei den Schiffen der Hagenklasse sind auch hier die Grundflächen
der Brustwehrtürme nicht geschützt, und die ganze Nebenbewaffnung ist sehr
zerstörendem Geschützfeuer ausgesetzt. Der vordere Brustwehrturm scheint
etwas ungebührlich weit vorn und der Hintere Turm nicht weniger ungebühr-
lich weit hinten zu stehen, sodaß die Länge des Hebelarms dieser schweren Ge¬
wichte dazu beitragen könnte, das Schiff in schwerer See schwer arbeiten (sich
stampfend bewegen) zu lassen und dadurch wesentlich die Geschwindigkeit, wenn
nicht gar die Seetüchtigkeit zu verringern. Vergleicht man diese Klasse mit
(den englischen Schlachtschiffen) Centurion und Bcirfleur (1892), so findet man,
daß bei den letztern, um tausend Tonnen größern Schiffen die Brustwehrtürme
vollständiger und wirksamer geschützt sind, daß die Gewichte besser verteilt sind;
die (englischen) Schiffe haben eine gut geschützte Nebenbewaffnung von zehn


Englische Ausfälle gegen den deutschen Kriegsschiffen

Teil der Schnellfeuergeschütze mit deckt, während bei Pick Hein alle Schnell¬
feuergeschütze ohne Panzerdeckung bleiben. Um die Fahrt des Schiffs aufzu¬
halten, dazu liegen die Ausbauten des vordern Brustwehrturms zu hoch; beim
Stampfen des Schiffs in schwerer See ist das Zielen bei jedem Vuggeschütz
schwer, aber immerhin um so weniger schwer, je größer der Freibord ist, und
der ist bei unsern Schiffen sehr groß im Vergleich mit großen Panzerschlacht¬
schiffen andrer Flotten, auch englischer. Da endlich unsre Schiffe Panzer-
kuppeln über den Geschützen haben, so schadet das Sprühwasser beim Zielen
viel weniger wie bei offnen Brustwehren, wie sie bei ältern Schiffen vor¬
kommen.

Auch an unsern neuesten Schlachtschiffen der Brandenburgklasse hat der
englische Schriftsteller manches auszusetzen. In ihrer ausführlichen Beschrei¬
bung sagt er: „Die vier Schlachtschiffe erster Klasse gehören ohne Zweifel
einer sehr zweckmäßigen und Furcht einflößenden (tormiillMö) Art von Panzer¬
schiffen an. Weil die Hauptbewaffnung sehr schwer ist, so ist die Neben-
bewaffnung entsprechend schwächer gehalten. Der Freibord ist gut vorn und
auf zwei Fünftel der Länge von vorn, aber der Hintere Schiffsteil ist niedrig
und ist deshalb, wie bei den Schiffen der Hagcnklasse, dem Überfluten und
Sprühwasfer schwerer Seen (Wellen) sehr bedenklich ausgesetzt. Die Geschütze
in den Brustwehrtürmen sind mit Kuppeln aus 12^/z Centimeter starkem harveyi-
sirtem Stahl geschützt, die wahrscheinlich jedem Geschoß von 15 Centimeter
Kaliber und weniger widerstehen; aber da diese Kuppeln an der Rückseite der
Geschütze offen sind, um die Geschütze laden zu können, so werden die Ge¬
schützmannschaften in den Brustwchrtürmen dem Feuer der Schnellladegeschütze
und der Maschinengewehre vom Feinde von der einen Seite ausgesetzt sein,
wenn die Panzergeschütze einen andern Feind auf der entgegengesetzten Schiffs¬
seite bekämpfen wollen. Die Nebcnbewaffnung ist ziemlich eng zusammengestellt,
die größern Schnellfeuergeschütze sind nur durch Schirme von 6^ Centimeter
Stahlstärke geschützt, und der Platz für die Bedienungsmannschaft ist etwas ein¬
geengt. Wie bei den Schiffen der Hagenklasse sind auch hier die Grundflächen
der Brustwehrtürme nicht geschützt, und die ganze Nebenbewaffnung ist sehr
zerstörendem Geschützfeuer ausgesetzt. Der vordere Brustwehrturm scheint
etwas ungebührlich weit vorn und der Hintere Turm nicht weniger ungebühr-
lich weit hinten zu stehen, sodaß die Länge des Hebelarms dieser schweren Ge¬
wichte dazu beitragen könnte, das Schiff in schwerer See schwer arbeiten (sich
stampfend bewegen) zu lassen und dadurch wesentlich die Geschwindigkeit, wenn
nicht gar die Seetüchtigkeit zu verringern. Vergleicht man diese Klasse mit
(den englischen Schlachtschiffen) Centurion und Bcirfleur (1892), so findet man,
daß bei den letztern, um tausend Tonnen größern Schiffen die Brustwehrtürme
vollständiger und wirksamer geschützt sind, daß die Gewichte besser verteilt sind;
die (englischen) Schiffe haben eine gut geschützte Nebenbewaffnung von zehn


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0359" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/220685"/>
          <fw type="header" place="top"> Englische Ausfälle gegen den deutschen Kriegsschiffen</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1528" prev="#ID_1527"> Teil der Schnellfeuergeschütze mit deckt, während bei Pick Hein alle Schnell¬<lb/>
feuergeschütze ohne Panzerdeckung bleiben. Um die Fahrt des Schiffs aufzu¬<lb/>
halten, dazu liegen die Ausbauten des vordern Brustwehrturms zu hoch; beim<lb/>
Stampfen des Schiffs in schwerer See ist das Zielen bei jedem Vuggeschütz<lb/>
schwer, aber immerhin um so weniger schwer, je größer der Freibord ist, und<lb/>
der ist bei unsern Schiffen sehr groß im Vergleich mit großen Panzerschlacht¬<lb/>
schiffen andrer Flotten, auch englischer. Da endlich unsre Schiffe Panzer-<lb/>
kuppeln über den Geschützen haben, so schadet das Sprühwasser beim Zielen<lb/>
viel weniger wie bei offnen Brustwehren, wie sie bei ältern Schiffen vor¬<lb/>
kommen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1529" next="#ID_1530"> Auch an unsern neuesten Schlachtschiffen der Brandenburgklasse hat der<lb/>
englische Schriftsteller manches auszusetzen. In ihrer ausführlichen Beschrei¬<lb/>
bung sagt er: &#x201E;Die vier Schlachtschiffe erster Klasse gehören ohne Zweifel<lb/>
einer sehr zweckmäßigen und Furcht einflößenden (tormiillMö) Art von Panzer¬<lb/>
schiffen an. Weil die Hauptbewaffnung sehr schwer ist, so ist die Neben-<lb/>
bewaffnung entsprechend schwächer gehalten. Der Freibord ist gut vorn und<lb/>
auf zwei Fünftel der Länge von vorn, aber der Hintere Schiffsteil ist niedrig<lb/>
und ist deshalb, wie bei den Schiffen der Hagcnklasse, dem Überfluten und<lb/>
Sprühwasfer schwerer Seen (Wellen) sehr bedenklich ausgesetzt. Die Geschütze<lb/>
in den Brustwehrtürmen sind mit Kuppeln aus 12^/z Centimeter starkem harveyi-<lb/>
sirtem Stahl geschützt, die wahrscheinlich jedem Geschoß von 15 Centimeter<lb/>
Kaliber und weniger widerstehen; aber da diese Kuppeln an der Rückseite der<lb/>
Geschütze offen sind, um die Geschütze laden zu können, so werden die Ge¬<lb/>
schützmannschaften in den Brustwchrtürmen dem Feuer der Schnellladegeschütze<lb/>
und der Maschinengewehre vom Feinde von der einen Seite ausgesetzt sein,<lb/>
wenn die Panzergeschütze einen andern Feind auf der entgegengesetzten Schiffs¬<lb/>
seite bekämpfen wollen. Die Nebcnbewaffnung ist ziemlich eng zusammengestellt,<lb/>
die größern Schnellfeuergeschütze sind nur durch Schirme von 6^ Centimeter<lb/>
Stahlstärke geschützt, und der Platz für die Bedienungsmannschaft ist etwas ein¬<lb/>
geengt. Wie bei den Schiffen der Hagenklasse sind auch hier die Grundflächen<lb/>
der Brustwehrtürme nicht geschützt, und die ganze Nebenbewaffnung ist sehr<lb/>
zerstörendem Geschützfeuer ausgesetzt. Der vordere Brustwehrturm scheint<lb/>
etwas ungebührlich weit vorn und der Hintere Turm nicht weniger ungebühr-<lb/>
lich weit hinten zu stehen, sodaß die Länge des Hebelarms dieser schweren Ge¬<lb/>
wichte dazu beitragen könnte, das Schiff in schwerer See schwer arbeiten (sich<lb/>
stampfend bewegen) zu lassen und dadurch wesentlich die Geschwindigkeit, wenn<lb/>
nicht gar die Seetüchtigkeit zu verringern. Vergleicht man diese Klasse mit<lb/>
(den englischen Schlachtschiffen) Centurion und Bcirfleur (1892), so findet man,<lb/>
daß bei den letztern, um tausend Tonnen größern Schiffen die Brustwehrtürme<lb/>
vollständiger und wirksamer geschützt sind, daß die Gewichte besser verteilt sind;<lb/>
die (englischen) Schiffe haben eine gut geschützte Nebenbewaffnung von zehn</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0359] Englische Ausfälle gegen den deutschen Kriegsschiffen Teil der Schnellfeuergeschütze mit deckt, während bei Pick Hein alle Schnell¬ feuergeschütze ohne Panzerdeckung bleiben. Um die Fahrt des Schiffs aufzu¬ halten, dazu liegen die Ausbauten des vordern Brustwehrturms zu hoch; beim Stampfen des Schiffs in schwerer See ist das Zielen bei jedem Vuggeschütz schwer, aber immerhin um so weniger schwer, je größer der Freibord ist, und der ist bei unsern Schiffen sehr groß im Vergleich mit großen Panzerschlacht¬ schiffen andrer Flotten, auch englischer. Da endlich unsre Schiffe Panzer- kuppeln über den Geschützen haben, so schadet das Sprühwasser beim Zielen viel weniger wie bei offnen Brustwehren, wie sie bei ältern Schiffen vor¬ kommen. Auch an unsern neuesten Schlachtschiffen der Brandenburgklasse hat der englische Schriftsteller manches auszusetzen. In ihrer ausführlichen Beschrei¬ bung sagt er: „Die vier Schlachtschiffe erster Klasse gehören ohne Zweifel einer sehr zweckmäßigen und Furcht einflößenden (tormiillMö) Art von Panzer¬ schiffen an. Weil die Hauptbewaffnung sehr schwer ist, so ist die Neben- bewaffnung entsprechend schwächer gehalten. Der Freibord ist gut vorn und auf zwei Fünftel der Länge von vorn, aber der Hintere Schiffsteil ist niedrig und ist deshalb, wie bei den Schiffen der Hagcnklasse, dem Überfluten und Sprühwasfer schwerer Seen (Wellen) sehr bedenklich ausgesetzt. Die Geschütze in den Brustwehrtürmen sind mit Kuppeln aus 12^/z Centimeter starkem harveyi- sirtem Stahl geschützt, die wahrscheinlich jedem Geschoß von 15 Centimeter Kaliber und weniger widerstehen; aber da diese Kuppeln an der Rückseite der Geschütze offen sind, um die Geschütze laden zu können, so werden die Ge¬ schützmannschaften in den Brustwchrtürmen dem Feuer der Schnellladegeschütze und der Maschinengewehre vom Feinde von der einen Seite ausgesetzt sein, wenn die Panzergeschütze einen andern Feind auf der entgegengesetzten Schiffs¬ seite bekämpfen wollen. Die Nebcnbewaffnung ist ziemlich eng zusammengestellt, die größern Schnellfeuergeschütze sind nur durch Schirme von 6^ Centimeter Stahlstärke geschützt, und der Platz für die Bedienungsmannschaft ist etwas ein¬ geengt. Wie bei den Schiffen der Hagenklasse sind auch hier die Grundflächen der Brustwehrtürme nicht geschützt, und die ganze Nebenbewaffnung ist sehr zerstörendem Geschützfeuer ausgesetzt. Der vordere Brustwehrturm scheint etwas ungebührlich weit vorn und der Hintere Turm nicht weniger ungebühr- lich weit hinten zu stehen, sodaß die Länge des Hebelarms dieser schweren Ge¬ wichte dazu beitragen könnte, das Schiff in schwerer See schwer arbeiten (sich stampfend bewegen) zu lassen und dadurch wesentlich die Geschwindigkeit, wenn nicht gar die Seetüchtigkeit zu verringern. Vergleicht man diese Klasse mit (den englischen Schlachtschiffen) Centurion und Bcirfleur (1892), so findet man, daß bei den letztern, um tausend Tonnen größern Schiffen die Brustwehrtürme vollständiger und wirksamer geschützt sind, daß die Gewichte besser verteilt sind; die (englischen) Schiffe haben eine gut geschützte Nebenbewaffnung von zehn

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325/359
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325/359>, abgerufen am 28.07.2024.