Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Zweites Vierteljahr.Der erste Beste Idee übrigens auch von mir, so daherzukommen und zu denken: So, da bin Eine Welle, die ihm über die Füße hinspritzte, scheuchte ihn schnell Langsam schlenderte er geradeaus den Strom entlang. Das Hafentreiben Guten Tag, Herr Heilborn! rief es plötzlich. Der Tausend. Sellentien, Peter Sellentien! Wie gehts, wie stehts? Ich denke doch. Herr Heilborn. Sie kennen uns ja nu all lange genug. Ob ich Sie kenne, alter Seefisch. Ich besuche Sie auch bald. Grüßen Der junge Herr, der Ihnen anfangs so viel Not machte? Ja ja. Er hat sich besonnen; ist ein ganz brauchbarer Kerl ge¬ Na, da werden Sie aber Ihre Freude an haben. Hab ich auch, große Freude! Und die junge Frau? Kennt denn die das Landleben schon? ^ein, das soll erst noch gelernt werden. Na, wenn sie ihren Mann lieb hat, da wird ihr sein Geschüft ja woll Der erste Beste Idee übrigens auch von mir, so daherzukommen und zu denken: So, da bin Eine Welle, die ihm über die Füße hinspritzte, scheuchte ihn schnell Langsam schlenderte er geradeaus den Strom entlang. Das Hafentreiben Guten Tag, Herr Heilborn! rief es plötzlich. Der Tausend. Sellentien, Peter Sellentien! Wie gehts, wie stehts? Ich denke doch. Herr Heilborn. Sie kennen uns ja nu all lange genug. Ob ich Sie kenne, alter Seefisch. Ich besuche Sie auch bald. Grüßen Der junge Herr, der Ihnen anfangs so viel Not machte? Ja ja. Er hat sich besonnen; ist ein ganz brauchbarer Kerl ge¬ Na, da werden Sie aber Ihre Freude an haben. Hab ich auch, große Freude! Und die junge Frau? Kennt denn die das Landleben schon? ^ein, das soll erst noch gelernt werden. Na, wenn sie ihren Mann lieb hat, da wird ihr sein Geschüft ja woll <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0387" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/220063"/> <fw type="header" place="top"> Der erste Beste</fw><lb/> <p xml:id="ID_1405" prev="#ID_1404"> Idee übrigens auch von mir, so daherzukommen und zu denken: So, da bin<lb/> A nun ist die Sache in Ordnung, nun komm mit. Aber viel Geduld —<lb/> Serben! Und vorsichtig, lautlos, daß sie die Absicht uicht merkt. Ich bin<lb/> doch Wohl anch kein Stichling, der im purpurfarbnen Brautgewand den Strom<lb/> auf- und abschießt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1406"> Eine Welle, die ihm über die Füße hinspritzte, scheuchte ihn schnell<lb/> wieder aus dem Revier poetischer Vergleiche heraus. Naß, sagte er halblaut,<lb/> indem er an sich herunter sah, und schüttelte stampfend einige große Tropfen<lb/> ab. Thut nichts. — Er warf einen unschlüssiger Blick nach der Molenspitze<lb/> hin, drückte dann den Hut auf den Kopf, wandte sich und ging weiter. —<lb/> Werben, das heißt vorläufig in Ruhe lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1407"> Langsam schlenderte er geradeaus den Strom entlang. Das Hafentreiben<lb/> schob sich bunt an ihm vorbei. Fischerjollen fuhren ab und zu; dazwischen<lb/> das eine oder andre der kleinen norwegischen Ruderboote. Spaziersegler<lb/> kehrten heim, lustig oder traurig, je nach dem erfrischenden oder bedrückenden<lb/> Einflüsse Neptuns. Ein stattlicher Dreimaster, der vom Lotsen „utbröcht"<lb/> ward, glitt langsam und majestätisch dahin. Dem sah er gedankenvoll nach,<lb/> bis ihn die offne See aufnahm, der Wind sich stärker in die Segel legte, und<lb/> der schwere Rumpf schräg geneigt auf den Wellen in leises Schaukeln geriet.<lb/> Ein Weilchen stand er auch bei einem der Fischer, die ihre an Pfählen aus¬<lb/> gebreitet hängenden Netze vom Seetang reinigten, und fragte so hin und her,<lb/> nach dem künftigen Wetter, nach dem letzten Fang.°'</p><lb/> <p xml:id="ID_1408"> Guten Tag, Herr Heilborn! rief es plötzlich.</p><lb/> <p xml:id="ID_1409"> Der Tausend. Sellentien, Peter Sellentien! Wie gehts, wie stehts?<lb/> Immer noch der Alte? — Er war es wirklich, der Graubart, der Seebär, die<lb/> alte Theerjacke, seit der Knabenzeit Fritzens „ganze Liebe." — Ich wollte<lb/> schon zu Ihnen kommen. Na, was sagen Sie. daß ich diesmal nicht bei Ihnen<lb/> wohne? Es kommt mir selbst kurios genug vor, daß ich in Warnemünde bin<lb/> und nicht mein gewohntes Stübchen habe, 's ist meiner Frau wegen, wissen<lb/> Sie. Das „heißt, Platz hätten wir ja bei Ihnen auch gehabt; aber um ihr<lb/> eine kleine Überraschung zu machen, nahm ich die Zimmer, in denen sie vorm<lb/> Jahre mit den Eltern gewohnt hat, bei Hübners. Na, wir bleiben trotzdem<lb/> die Alten, was?</p><lb/> <p xml:id="ID_1410"> Ich denke doch. Herr Heilborn. Sie kennen uns ja nu all lange genug.</p><lb/> <p xml:id="ID_1411"> Ob ich Sie kenne, alter Seefisch. Ich besuche Sie auch bald. Grüßen<lb/> Sie einstweilen nur zu Hause. Und wenn wir wieder herkommen, bestelle<lb/> ich meine Stube. Viel Zeit zum Bummeln hab ich ja nie im Sommer, wie<lb/> S?e wissen; immer in Absätzen, mit Unterbrechungen. Diesmal hab ich<lb/> Mich ein bischen besser versorgt. Acht Tage kann ich gut noch bleiben. Mein<lb/> Bruder sieht derweile nach meinen Sachen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1412"> Der junge Herr, der Ihnen anfangs so viel Not machte?</p><lb/> <p xml:id="ID_1413"> Ja ja. Er hat sich besonnen; ist ein ganz brauchbarer Kerl ge¬<lb/> worden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1414"> Na, da werden Sie aber Ihre Freude an haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1415"> Hab ich auch, große Freude!</p><lb/> <p xml:id="ID_1416"> Und die junge Frau? Kennt denn die das Landleben schon?</p><lb/> <p xml:id="ID_1417"> ^ein, das soll erst noch gelernt werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1418"> Na, wenn sie ihren Mann lieb hat, da wird ihr sein Geschüft ja woll<lb/> auch gefallen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0387]
Der erste Beste
Idee übrigens auch von mir, so daherzukommen und zu denken: So, da bin
A nun ist die Sache in Ordnung, nun komm mit. Aber viel Geduld —
Serben! Und vorsichtig, lautlos, daß sie die Absicht uicht merkt. Ich bin
doch Wohl anch kein Stichling, der im purpurfarbnen Brautgewand den Strom
auf- und abschießt.
Eine Welle, die ihm über die Füße hinspritzte, scheuchte ihn schnell
wieder aus dem Revier poetischer Vergleiche heraus. Naß, sagte er halblaut,
indem er an sich herunter sah, und schüttelte stampfend einige große Tropfen
ab. Thut nichts. — Er warf einen unschlüssiger Blick nach der Molenspitze
hin, drückte dann den Hut auf den Kopf, wandte sich und ging weiter. —
Werben, das heißt vorläufig in Ruhe lassen.
Langsam schlenderte er geradeaus den Strom entlang. Das Hafentreiben
schob sich bunt an ihm vorbei. Fischerjollen fuhren ab und zu; dazwischen
das eine oder andre der kleinen norwegischen Ruderboote. Spaziersegler
kehrten heim, lustig oder traurig, je nach dem erfrischenden oder bedrückenden
Einflüsse Neptuns. Ein stattlicher Dreimaster, der vom Lotsen „utbröcht"
ward, glitt langsam und majestätisch dahin. Dem sah er gedankenvoll nach,
bis ihn die offne See aufnahm, der Wind sich stärker in die Segel legte, und
der schwere Rumpf schräg geneigt auf den Wellen in leises Schaukeln geriet.
Ein Weilchen stand er auch bei einem der Fischer, die ihre an Pfählen aus¬
gebreitet hängenden Netze vom Seetang reinigten, und fragte so hin und her,
nach dem künftigen Wetter, nach dem letzten Fang.°'
Guten Tag, Herr Heilborn! rief es plötzlich.
Der Tausend. Sellentien, Peter Sellentien! Wie gehts, wie stehts?
Immer noch der Alte? — Er war es wirklich, der Graubart, der Seebär, die
alte Theerjacke, seit der Knabenzeit Fritzens „ganze Liebe." — Ich wollte
schon zu Ihnen kommen. Na, was sagen Sie. daß ich diesmal nicht bei Ihnen
wohne? Es kommt mir selbst kurios genug vor, daß ich in Warnemünde bin
und nicht mein gewohntes Stübchen habe, 's ist meiner Frau wegen, wissen
Sie. Das „heißt, Platz hätten wir ja bei Ihnen auch gehabt; aber um ihr
eine kleine Überraschung zu machen, nahm ich die Zimmer, in denen sie vorm
Jahre mit den Eltern gewohnt hat, bei Hübners. Na, wir bleiben trotzdem
die Alten, was?
Ich denke doch. Herr Heilborn. Sie kennen uns ja nu all lange genug.
Ob ich Sie kenne, alter Seefisch. Ich besuche Sie auch bald. Grüßen
Sie einstweilen nur zu Hause. Und wenn wir wieder herkommen, bestelle
ich meine Stube. Viel Zeit zum Bummeln hab ich ja nie im Sommer, wie
S?e wissen; immer in Absätzen, mit Unterbrechungen. Diesmal hab ich
Mich ein bischen besser versorgt. Acht Tage kann ich gut noch bleiben. Mein
Bruder sieht derweile nach meinen Sachen.
Der junge Herr, der Ihnen anfangs so viel Not machte?
Ja ja. Er hat sich besonnen; ist ein ganz brauchbarer Kerl ge¬
worden.
Na, da werden Sie aber Ihre Freude an haben.
Hab ich auch, große Freude!
Und die junge Frau? Kennt denn die das Landleben schon?
^ein, das soll erst noch gelernt werden.
Na, wenn sie ihren Mann lieb hat, da wird ihr sein Geschüft ja woll
auch gefallen.
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