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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Zweites Vierteljahr.

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Sedini

Der und mich in Ruh lassen? Kein Schein! Willst du fünfhundert Mark
verdienen? Mach du es fertig! Soviel hat er von vornherein geboten, weil
ers sich sichern wollte. Nachher, Wenns fertig wär, krieget ich wohl das doppelte.
Und ich bins müde, bevor ich angefangen hab!

Kelety schwieg, die Hände in den Hosentaschen. Janko, du bist ein Esel!
sagte er dann.

Desto besser für dich! Willst du?

Ach dummes Zeug! Wart ein wenig -- so, es sieht schöner aus!

Er hatte Franzis Bild genommen und an den Boden gestellt, in den
Halbschatten.

Nein, rief Janko, es muß auf die Staffelet! So in einen Winkel, einen
Perserteppich davor, Blumen gestreut und zuletzt noch Musik hinter der Szene,
das ist für die Dummen. Giebs her!

Laß stehen, sag ich, es sieht gut aus. Was meinen Fräulein, sieht es
nicht gut aus?

Franzi nickte, immer von ihrem Sitz aus.

Siehst du, sie sagts auch!

Ja, warum rufst du auch ein Mädel auf, wenn du ein Urteil haben willst!
Das versteht sich doch, daß sie nicht nein sagen wird, wenn du sie fragst.

Franzi stand auf. Verstehen thu ich nichts davon, sagte sie, aber wenn
ich auf dem Herrn Kelety seiue Frage jasage, so thu ich es, weil es mir
halt so gefüllt, wie es dasteht.

Ja ja ja -- ihr habt ja natürlich Recht! rief der Janko und lief in die
hinterste Ecke, wo er doch gar nichts zu thun hatte.

Franzi schaute ihm nach, mit einem Blick, der ihn bis dicht vor sie hin¬
zwang, als er kehrt machte. Dann stand er mit einem halben Lächeln vor ihr,
als ob er sagen wollte: Nun Kind, was willst du?

Wie Sie jetzt zugestimmt haben, sagte Franzi, ists noch eine ärgere Grob¬
heit gewesen als vorhin, wo es hat bedeuten sollen, ein Müoel wäre zu feig,
ein Urteil zu geben. Jetzt haben Sie gemeint, mit Weibern soll man gar
nicht zanken, die haben ja doch nicht den Verstand, um mit ihnen zu einem
vernünftigen Schluß zu kommen, man muß schaun, daß sie zufrieden sind! --
Sie sah ihn zornig an.

Sie haben Recht, sagte er leise. Was soll ich weiter sagen! Sie haben
Recht auch mit dem letzten -- du hast Recht!

Seine Stimme und seine Augen wurden immer dringender, auch als sie
die ihren abgewendet hatte, weil der Groll noch immer darin funkelte. Dann
fühlte sie seinen suchenden Händedruck, und als er darauf mit Keleth zur Thüre
ging, begegnete sie seinem siegreichsten Blick: Du bist mir doch ein wenig gut,
mein Kind, warum würdest du sonst meinetwegen so in den Harnisch geraten
sein? sagten seine Augen.

Das ist eine Herbe, sagte Keleth draußen, aber so, daß es Franzi hörte;
die solltest du malen als Göttin der Gerechtigkeit! Und dann antwortete Janko:
Geh, es ist nicht so schlimm, die Weiber Posiren ja alle!

Lustig kam er wieder herein und stellte die Leinwand zurecht.

Franzi, du schaust so tragisch daher, wahrhaftig, wie der jüngste Tag,
für dich muß der Sell ein paar hundert mehr zahlen.

Mich bezahlen, sagen Sie?

Um Gottes willen, Kind, wer sagt denn etwas von dich bezahlen?


Sedini

Der und mich in Ruh lassen? Kein Schein! Willst du fünfhundert Mark
verdienen? Mach du es fertig! Soviel hat er von vornherein geboten, weil
ers sich sichern wollte. Nachher, Wenns fertig wär, krieget ich wohl das doppelte.
Und ich bins müde, bevor ich angefangen hab!

Kelety schwieg, die Hände in den Hosentaschen. Janko, du bist ein Esel!
sagte er dann.

Desto besser für dich! Willst du?

Ach dummes Zeug! Wart ein wenig — so, es sieht schöner aus!

Er hatte Franzis Bild genommen und an den Boden gestellt, in den
Halbschatten.

Nein, rief Janko, es muß auf die Staffelet! So in einen Winkel, einen
Perserteppich davor, Blumen gestreut und zuletzt noch Musik hinter der Szene,
das ist für die Dummen. Giebs her!

Laß stehen, sag ich, es sieht gut aus. Was meinen Fräulein, sieht es
nicht gut aus?

Franzi nickte, immer von ihrem Sitz aus.

Siehst du, sie sagts auch!

Ja, warum rufst du auch ein Mädel auf, wenn du ein Urteil haben willst!
Das versteht sich doch, daß sie nicht nein sagen wird, wenn du sie fragst.

Franzi stand auf. Verstehen thu ich nichts davon, sagte sie, aber wenn
ich auf dem Herrn Kelety seiue Frage jasage, so thu ich es, weil es mir
halt so gefüllt, wie es dasteht.

Ja ja ja — ihr habt ja natürlich Recht! rief der Janko und lief in die
hinterste Ecke, wo er doch gar nichts zu thun hatte.

Franzi schaute ihm nach, mit einem Blick, der ihn bis dicht vor sie hin¬
zwang, als er kehrt machte. Dann stand er mit einem halben Lächeln vor ihr,
als ob er sagen wollte: Nun Kind, was willst du?

Wie Sie jetzt zugestimmt haben, sagte Franzi, ists noch eine ärgere Grob¬
heit gewesen als vorhin, wo es hat bedeuten sollen, ein Müoel wäre zu feig,
ein Urteil zu geben. Jetzt haben Sie gemeint, mit Weibern soll man gar
nicht zanken, die haben ja doch nicht den Verstand, um mit ihnen zu einem
vernünftigen Schluß zu kommen, man muß schaun, daß sie zufrieden sind! —
Sie sah ihn zornig an.

Sie haben Recht, sagte er leise. Was soll ich weiter sagen! Sie haben
Recht auch mit dem letzten — du hast Recht!

Seine Stimme und seine Augen wurden immer dringender, auch als sie
die ihren abgewendet hatte, weil der Groll noch immer darin funkelte. Dann
fühlte sie seinen suchenden Händedruck, und als er darauf mit Keleth zur Thüre
ging, begegnete sie seinem siegreichsten Blick: Du bist mir doch ein wenig gut,
mein Kind, warum würdest du sonst meinetwegen so in den Harnisch geraten
sein? sagten seine Augen.

Das ist eine Herbe, sagte Keleth draußen, aber so, daß es Franzi hörte;
die solltest du malen als Göttin der Gerechtigkeit! Und dann antwortete Janko:
Geh, es ist nicht so schlimm, die Weiber Posiren ja alle!

Lustig kam er wieder herein und stellte die Leinwand zurecht.

Franzi, du schaust so tragisch daher, wahrhaftig, wie der jüngste Tag,
für dich muß der Sell ein paar hundert mehr zahlen.

Mich bezahlen, sagen Sie?

Um Gottes willen, Kind, wer sagt denn etwas von dich bezahlen?


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[0199] Sedini Der und mich in Ruh lassen? Kein Schein! Willst du fünfhundert Mark verdienen? Mach du es fertig! Soviel hat er von vornherein geboten, weil ers sich sichern wollte. Nachher, Wenns fertig wär, krieget ich wohl das doppelte. Und ich bins müde, bevor ich angefangen hab! Kelety schwieg, die Hände in den Hosentaschen. Janko, du bist ein Esel! sagte er dann. Desto besser für dich! Willst du? Ach dummes Zeug! Wart ein wenig — so, es sieht schöner aus! Er hatte Franzis Bild genommen und an den Boden gestellt, in den Halbschatten. Nein, rief Janko, es muß auf die Staffelet! So in einen Winkel, einen Perserteppich davor, Blumen gestreut und zuletzt noch Musik hinter der Szene, das ist für die Dummen. Giebs her! Laß stehen, sag ich, es sieht gut aus. Was meinen Fräulein, sieht es nicht gut aus? Franzi nickte, immer von ihrem Sitz aus. Siehst du, sie sagts auch! Ja, warum rufst du auch ein Mädel auf, wenn du ein Urteil haben willst! Das versteht sich doch, daß sie nicht nein sagen wird, wenn du sie fragst. Franzi stand auf. Verstehen thu ich nichts davon, sagte sie, aber wenn ich auf dem Herrn Kelety seiue Frage jasage, so thu ich es, weil es mir halt so gefüllt, wie es dasteht. Ja ja ja — ihr habt ja natürlich Recht! rief der Janko und lief in die hinterste Ecke, wo er doch gar nichts zu thun hatte. Franzi schaute ihm nach, mit einem Blick, der ihn bis dicht vor sie hin¬ zwang, als er kehrt machte. Dann stand er mit einem halben Lächeln vor ihr, als ob er sagen wollte: Nun Kind, was willst du? Wie Sie jetzt zugestimmt haben, sagte Franzi, ists noch eine ärgere Grob¬ heit gewesen als vorhin, wo es hat bedeuten sollen, ein Müoel wäre zu feig, ein Urteil zu geben. Jetzt haben Sie gemeint, mit Weibern soll man gar nicht zanken, die haben ja doch nicht den Verstand, um mit ihnen zu einem vernünftigen Schluß zu kommen, man muß schaun, daß sie zufrieden sind! — Sie sah ihn zornig an. Sie haben Recht, sagte er leise. Was soll ich weiter sagen! Sie haben Recht auch mit dem letzten — du hast Recht! Seine Stimme und seine Augen wurden immer dringender, auch als sie die ihren abgewendet hatte, weil der Groll noch immer darin funkelte. Dann fühlte sie seinen suchenden Händedruck, und als er darauf mit Keleth zur Thüre ging, begegnete sie seinem siegreichsten Blick: Du bist mir doch ein wenig gut, mein Kind, warum würdest du sonst meinetwegen so in den Harnisch geraten sein? sagten seine Augen. Das ist eine Herbe, sagte Keleth draußen, aber so, daß es Franzi hörte; die solltest du malen als Göttin der Gerechtigkeit! Und dann antwortete Janko: Geh, es ist nicht so schlimm, die Weiber Posiren ja alle! Lustig kam er wieder herein und stellte die Leinwand zurecht. Franzi, du schaust so tragisch daher, wahrhaftig, wie der jüngste Tag, für dich muß der Sell ein paar hundert mehr zahlen. Mich bezahlen, sagen Sie? Um Gottes willen, Kind, wer sagt denn etwas von dich bezahlen?

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_219675/199>, abgerufen am 25.08.2024.