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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr.

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ziehung richtige, d. h. eine dem Maßstab entsprechende Verarbeitung der von
den Landesaufnahmen gelieferten topographischen Karten größten Maßstabs zu
Karten kleinern Maßstabs in Wirklichkeit verlangt. Eine mechanische Reduktion
liefert nichts Brauchbares, eS gilt, auf Grund selbständiger Anschauung und
Auffassung des darzustellenden Geländes die richtige, durch den Maßstab vor-
geschriebuc naturwahre Mitte zwischen zu weit gehendem "Zerhacken" und zu
weit gehendem "Glattstreichen" der Bodenformen zu treffen, das Entbehrliche
des Lagenplans in richtiger Weise auszuscheiden.

In dieser selbständigen Verarbeitung der Landesaufnahmen leistet nnn
Vogels Karte ausgezeichnetes. Überall, in dem friesischen Pvldergewirr wie
im Mittel- und Hochgebirge, ist der Lagenplan trefflich gezeichnet. Das Netz
der Verkehrswege unterscheidet bei Bahnen fünf Arten, bei Straßen aber rich¬
tigerweise nur drei Gattungen. Die Wohnplätze sind bis zu großen Weilern,
ja wo es anging und von der Orientirung gefordert wurde, bis zu einzelnen
Gehöften herunter eingetragen; dabei ist angedeutet, ob ein Dorf ein Pfarr¬
dorf ist, ob es Telegraphenstation ist u. s. w. Ju der Bodenbcdecluug und
Bodenbenutzung sind außer Sümpfen und Mooren (und außer den Besonder¬
heiten unsrer Meeresküsten in Gestalt von Marschen, Sandflächen und Watten)
nur offnes Land und Wald durch die fein punktirten Grenzlinien der Wald¬
flächen geschieden, während im übrigen natürlich nur politische Grenzen ein¬
getragen werden konnten.

Es mag gleich hier erwähnt sein, daß die Karte in zwei verschiednen Aus¬
gaben zu haben ist: auf der einen sind die politischen Grenz- und Einteilnngs-
linien kolorirt, auf der andern sind dafür nur einzelne feine Farbstreifen an¬
gewandt, während die Waldflächen mit grünem Ton überlegt sind. Die
Schriften der Karte sind alle vortrefflich gewählt und abgestuft. Ganz be¬
sondres Lob verdient aber -- bei Vogel eigentlich selbstverständlich -- der Aus¬
druck der Formen der Bodenoberfläche, die Bvdenplastik, das "Terrain." Wie
herrlich baut sich vor unsern Angen das Bergland Mitteldeutschlands ans, wie
mächtig und naturwahr wirken die Mittelgebirge Vogesen, Schwarzwald, die
böhmische Ummallung, wie majestätisch erheben sich die deutscheu Alpen, wie
spiegelt sich hier, um nur ein bestimmtes Beispiel zu nennen, die Naturpracht
des Hochgebirgs in der Darstellung des Gebiets der Wnldstätte oder der Ge¬
gend um den Welensee!

Aber wir haben uns bei dieser Betrachtung schon dem zweiten Stand¬
punkte genähert, von dein aus die Karte zu beurteilen ist: ist die Karte lesbar,
und ist die Karte schön? Man muß einen guten Abdruck eines Gebirgsblattes
der Vogelfeder Karte ganz ohne Situationszeichnung und Schrift gesehen haben,
um Vorlage und Stich der Bergschraffen ganz zu würdigen; aber es ist zu¬
gleich das höchste Lob, das mau der Zeichnung und Vervielfältigung der Karte
im ganzen erteilen kann, daß von jener Wirkung dnrch den Zusammendruck


ziehung richtige, d. h. eine dem Maßstab entsprechende Verarbeitung der von
den Landesaufnahmen gelieferten topographischen Karten größten Maßstabs zu
Karten kleinern Maßstabs in Wirklichkeit verlangt. Eine mechanische Reduktion
liefert nichts Brauchbares, eS gilt, auf Grund selbständiger Anschauung und
Auffassung des darzustellenden Geländes die richtige, durch den Maßstab vor-
geschriebuc naturwahre Mitte zwischen zu weit gehendem „Zerhacken" und zu
weit gehendem „Glattstreichen" der Bodenformen zu treffen, das Entbehrliche
des Lagenplans in richtiger Weise auszuscheiden.

In dieser selbständigen Verarbeitung der Landesaufnahmen leistet nnn
Vogels Karte ausgezeichnetes. Überall, in dem friesischen Pvldergewirr wie
im Mittel- und Hochgebirge, ist der Lagenplan trefflich gezeichnet. Das Netz
der Verkehrswege unterscheidet bei Bahnen fünf Arten, bei Straßen aber rich¬
tigerweise nur drei Gattungen. Die Wohnplätze sind bis zu großen Weilern,
ja wo es anging und von der Orientirung gefordert wurde, bis zu einzelnen
Gehöften herunter eingetragen; dabei ist angedeutet, ob ein Dorf ein Pfarr¬
dorf ist, ob es Telegraphenstation ist u. s. w. Ju der Bodenbcdecluug und
Bodenbenutzung sind außer Sümpfen und Mooren (und außer den Besonder¬
heiten unsrer Meeresküsten in Gestalt von Marschen, Sandflächen und Watten)
nur offnes Land und Wald durch die fein punktirten Grenzlinien der Wald¬
flächen geschieden, während im übrigen natürlich nur politische Grenzen ein¬
getragen werden konnten.

Es mag gleich hier erwähnt sein, daß die Karte in zwei verschiednen Aus¬
gaben zu haben ist: auf der einen sind die politischen Grenz- und Einteilnngs-
linien kolorirt, auf der andern sind dafür nur einzelne feine Farbstreifen an¬
gewandt, während die Waldflächen mit grünem Ton überlegt sind. Die
Schriften der Karte sind alle vortrefflich gewählt und abgestuft. Ganz be¬
sondres Lob verdient aber — bei Vogel eigentlich selbstverständlich — der Aus¬
druck der Formen der Bodenoberfläche, die Bvdenplastik, das „Terrain." Wie
herrlich baut sich vor unsern Angen das Bergland Mitteldeutschlands ans, wie
mächtig und naturwahr wirken die Mittelgebirge Vogesen, Schwarzwald, die
böhmische Ummallung, wie majestätisch erheben sich die deutscheu Alpen, wie
spiegelt sich hier, um nur ein bestimmtes Beispiel zu nennen, die Naturpracht
des Hochgebirgs in der Darstellung des Gebiets der Wnldstätte oder der Ge¬
gend um den Welensee!

Aber wir haben uns bei dieser Betrachtung schon dem zweiten Stand¬
punkte genähert, von dein aus die Karte zu beurteilen ist: ist die Karte lesbar,
und ist die Karte schön? Man muß einen guten Abdruck eines Gebirgsblattes
der Vogelfeder Karte ganz ohne Situationszeichnung und Schrift gesehen haben,
um Vorlage und Stich der Bergschraffen ganz zu würdigen; aber es ist zu¬
gleich das höchste Lob, das mau der Zeichnung und Vervielfältigung der Karte
im ganzen erteilen kann, daß von jener Wirkung dnrch den Zusammendruck


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[0636] ziehung richtige, d. h. eine dem Maßstab entsprechende Verarbeitung der von den Landesaufnahmen gelieferten topographischen Karten größten Maßstabs zu Karten kleinern Maßstabs in Wirklichkeit verlangt. Eine mechanische Reduktion liefert nichts Brauchbares, eS gilt, auf Grund selbständiger Anschauung und Auffassung des darzustellenden Geländes die richtige, durch den Maßstab vor- geschriebuc naturwahre Mitte zwischen zu weit gehendem „Zerhacken" und zu weit gehendem „Glattstreichen" der Bodenformen zu treffen, das Entbehrliche des Lagenplans in richtiger Weise auszuscheiden. In dieser selbständigen Verarbeitung der Landesaufnahmen leistet nnn Vogels Karte ausgezeichnetes. Überall, in dem friesischen Pvldergewirr wie im Mittel- und Hochgebirge, ist der Lagenplan trefflich gezeichnet. Das Netz der Verkehrswege unterscheidet bei Bahnen fünf Arten, bei Straßen aber rich¬ tigerweise nur drei Gattungen. Die Wohnplätze sind bis zu großen Weilern, ja wo es anging und von der Orientirung gefordert wurde, bis zu einzelnen Gehöften herunter eingetragen; dabei ist angedeutet, ob ein Dorf ein Pfarr¬ dorf ist, ob es Telegraphenstation ist u. s. w. Ju der Bodenbcdecluug und Bodenbenutzung sind außer Sümpfen und Mooren (und außer den Besonder¬ heiten unsrer Meeresküsten in Gestalt von Marschen, Sandflächen und Watten) nur offnes Land und Wald durch die fein punktirten Grenzlinien der Wald¬ flächen geschieden, während im übrigen natürlich nur politische Grenzen ein¬ getragen werden konnten. Es mag gleich hier erwähnt sein, daß die Karte in zwei verschiednen Aus¬ gaben zu haben ist: auf der einen sind die politischen Grenz- und Einteilnngs- linien kolorirt, auf der andern sind dafür nur einzelne feine Farbstreifen an¬ gewandt, während die Waldflächen mit grünem Ton überlegt sind. Die Schriften der Karte sind alle vortrefflich gewählt und abgestuft. Ganz be¬ sondres Lob verdient aber — bei Vogel eigentlich selbstverständlich — der Aus¬ druck der Formen der Bodenoberfläche, die Bvdenplastik, das „Terrain." Wie herrlich baut sich vor unsern Angen das Bergland Mitteldeutschlands ans, wie mächtig und naturwahr wirken die Mittelgebirge Vogesen, Schwarzwald, die böhmische Ummallung, wie majestätisch erheben sich die deutscheu Alpen, wie spiegelt sich hier, um nur ein bestimmtes Beispiel zu nennen, die Naturpracht des Hochgebirgs in der Darstellung des Gebiets der Wnldstätte oder der Ge¬ gend um den Welensee! Aber wir haben uns bei dieser Betrachtung schon dem zweiten Stand¬ punkte genähert, von dein aus die Karte zu beurteilen ist: ist die Karte lesbar, und ist die Karte schön? Man muß einen guten Abdruck eines Gebirgsblattes der Vogelfeder Karte ganz ohne Situationszeichnung und Schrift gesehen haben, um Vorlage und Stich der Bergschraffen ganz zu würdigen; aber es ist zu¬ gleich das höchste Lob, das mau der Zeichnung und Vervielfältigung der Karte im ganzen erteilen kann, daß von jener Wirkung dnrch den Zusammendruck

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215723/636>, abgerufen am 02.07.2024.