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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr.

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Gervinus Selbstbiographie

mannsberuf, einzuführen; damit könnte zugleich eine genaue Bestimmung ver¬
bunden werden, wie viel Ausländer ein Schiff als Matrosen annehmen darf.
Das zweite Mittel ist die staatliche Unterstützung der Hochseefischerei; hierdurch
allein ist Frankreich imstande seine große Flotte jederzeit vollzählig zu be¬
mannen. Die französische Island- und Neufnndlandfischerei ist die Pflanz¬
stätte der tüchtigsten Kriegsschifsmatrosen. Wenn Deutschland dieses Beispiel
in einer für unsre Verhältnisse passenden Weise nachahmte, so könnte es damit
nicht nur eine große Zahl tüchtiger Seeleute erziehen, sondern auch die darauf
verwendeten Kosten dadurch decken, daß nicht mehr Millionen dem Auslande
für Seefische gezahlt zu werden brauchten, die wir uns dann selbst fangen
würden.

Diese Andeutungen mögen genügen. Wenn erst die Schiffe da sein werden,
dann wird auch der Bedarf an Mannschaften gedeckt werden. Krupp baut
heutzutage Schnellfeuerkanonen mittlern Kalibers für Kreuzer, die gerade halb
so viel Bedienungsmannschaft fordern, wie die alten Geschütze gleichen Kalibers
auf unsern alten Kreuzerkorvetten. Auch durch deu Wegfall der Takelung
wird ans den neuen Kreuzern eine große Kopfzahl gespart. Wenn nur die
Geldfrage ihre Lösung findet, an den Seeleuten wird es uicht fehlen




Gervinus Selbstbiographie

wei Jahrzehnte nach dem Tode von Georg Gervinus und bald
nach dem Abscheiden seiner Witwe, Frau Viktoria Gervinus,
geborner Schelver, tritt die Selbstbiographie, die der Historiker
und Literarhistoriker im Jahre 1860 niedergeschrieben, seiner
Frau gewidmet und zur spätern Veröffentlichung bestimmt hat,
aus langem Verschluß hervor: G. G. Gervinus Leben. Bon ihm selbst.
(Leipzig, Wilhelm Engelmann.) Sie bringt außer den völlig neuen Mittei¬
lungen aus dem Jugendleben des Gelehrten die in den Text eingeschaltete
Charakteristik und Apologie seines Lehrers Friedrich Christoph Schlosser, einen
Anhang, der die "Grundzüge der Historik" (vom Jahre 1837) und von Ger¬
vinus poetischen Versuchen und Anläufen den Probegesang aus einer Gudrun
in Hexametern, Übersetzungen aus arabischen Dichtern und eine kleine Gruppe
von Teuren enthält. Das Ganze ist ein Buch, das nicht bloß zu der pietät¬
vollen Erinnerung derer, die mit Gervinus gelebt haben, sondern auch zum


Gervinus Selbstbiographie

mannsberuf, einzuführen; damit könnte zugleich eine genaue Bestimmung ver¬
bunden werden, wie viel Ausländer ein Schiff als Matrosen annehmen darf.
Das zweite Mittel ist die staatliche Unterstützung der Hochseefischerei; hierdurch
allein ist Frankreich imstande seine große Flotte jederzeit vollzählig zu be¬
mannen. Die französische Island- und Neufnndlandfischerei ist die Pflanz¬
stätte der tüchtigsten Kriegsschifsmatrosen. Wenn Deutschland dieses Beispiel
in einer für unsre Verhältnisse passenden Weise nachahmte, so könnte es damit
nicht nur eine große Zahl tüchtiger Seeleute erziehen, sondern auch die darauf
verwendeten Kosten dadurch decken, daß nicht mehr Millionen dem Auslande
für Seefische gezahlt zu werden brauchten, die wir uns dann selbst fangen
würden.

Diese Andeutungen mögen genügen. Wenn erst die Schiffe da sein werden,
dann wird auch der Bedarf an Mannschaften gedeckt werden. Krupp baut
heutzutage Schnellfeuerkanonen mittlern Kalibers für Kreuzer, die gerade halb
so viel Bedienungsmannschaft fordern, wie die alten Geschütze gleichen Kalibers
auf unsern alten Kreuzerkorvetten. Auch durch deu Wegfall der Takelung
wird ans den neuen Kreuzern eine große Kopfzahl gespart. Wenn nur die
Geldfrage ihre Lösung findet, an den Seeleuten wird es uicht fehlen




Gervinus Selbstbiographie

wei Jahrzehnte nach dem Tode von Georg Gervinus und bald
nach dem Abscheiden seiner Witwe, Frau Viktoria Gervinus,
geborner Schelver, tritt die Selbstbiographie, die der Historiker
und Literarhistoriker im Jahre 1860 niedergeschrieben, seiner
Frau gewidmet und zur spätern Veröffentlichung bestimmt hat,
aus langem Verschluß hervor: G. G. Gervinus Leben. Bon ihm selbst.
(Leipzig, Wilhelm Engelmann.) Sie bringt außer den völlig neuen Mittei¬
lungen aus dem Jugendleben des Gelehrten die in den Text eingeschaltete
Charakteristik und Apologie seines Lehrers Friedrich Christoph Schlosser, einen
Anhang, der die „Grundzüge der Historik" (vom Jahre 1837) und von Ger¬
vinus poetischen Versuchen und Anläufen den Probegesang aus einer Gudrun
in Hexametern, Übersetzungen aus arabischen Dichtern und eine kleine Gruppe
von Teuren enthält. Das Ganze ist ein Buch, das nicht bloß zu der pietät¬
vollen Erinnerung derer, die mit Gervinus gelebt haben, sondern auch zum


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215723/580>, abgerufen am 27.07.2024.