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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr.

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Mehr Kreuzer!

im Roten Meere und bis zum Kap Guardafui übernehmen können. Aber
dort laufen die Ostafrikafahrer südwärts, während die nach Ostasien und
Australien bestimmten Neichspostdampfer auf Ceylon zuhalten. Für sie sowohl
wie für die Reisschiffe, die durch den Indischen Ozean fahren, würden einige
deutsche Kreuzer noch zu brauchen sein. Dasselbe gilt für den Südseehandel.

Es würde zu weit führen, hier uoch eine Übersicht über die Erfordernisse
des Kreuzerkriegs zu geben. Es sollte hier nnr gezeigt werden, daß eine
Kriegsflotte für Deutschland eine Notwendigkeit und kein Luxus ist, wie so
viele Unkundige immer wieder behaupten. Im Verhältnis zu Deutschlands
Seehandel und zu dem Verluste, der durch die Zerstörung dieses Seehandels
herbeigeführt werden würde, sind alle Forderungen unsrer Marineverwaltung
bisher erstaunlich bescheiden gewesen; und doch sind sie stets beschnitten worden.

Über die Anforderungen, die an die Kreuzer gestellt werden, hier nur fol¬
gendes: Ein Kreuzer muß große Geschwindigkeit haben, um überraschend auf¬
treten und Ort und Zeit seines Angriffs wählen zu können. Er muß also
schneller sein als die Schiffe, die ihm überlegen sind an Kraft, also schneller
als die Panzerschiffe. Er muß ein gutes Seeschiff sein, da er häufig lange
Zeit allein auf See sein muß; deshalb muß er Platz sür einen großen Kohlen¬
vorrat, für Lebensmittel und Munition haben. Schnellfeuernde Geschütze mitt¬
lern Kalibers machen die Bewaffnung aus. Die empfindlichsten Teile, Ma¬
schine, Steuerapparate, womöglich anch die Geschützstände sollten bei den großen
Kreuzern durch Stahlpanzer gedeckt werden. Zu viel Panzer beschwert das
Schiff, verkürzt die Geschwindigkeit. In den europäischen Gewässern sind
Panzerkreuzer, die auch feindliche Seehäfen beschießen können, nötig, zum Schutz
des transozeanischen Seehandels genügen kleinere, leichtere Kreuzer mit großem
Kohlenvorrat. Denn, "was der Hafer für die Kavallerie, das ist die Kohle
für den Kreuzer," sagt Batsch.

Man hat auch die Behauptung aufgestellt, daß es an Mannschaften fehlen
würde, wenn auch die Schiffe vorhanden wären. Da der beste Ersatz der
Kriegsflotten die Matrosen der Handelsmarine sind, so hängt es natürlich von
om Handelsverhältnissen ab, wie viele Schiffe gerade beim Ausbruch eines
Krieges in den Heimathäfen liegen und ihre Leute abgeben können. Kann
man verhüten, daß die auf Handelsschiffen zurückkehrenden Leute in Feindes¬
hände fallen, so wird bald der Bedarf gedeckt sein. Aber allerdings beginnt
mit der Zunahme der Dampferfahrt der Matrosenmangel in der Handels¬
marine schon fühlbar zu werden. Die Dampfer brauchen verhältnismäßig
wenig Matrosen, weil sie nur eine kleine Takelung haben. Um aber den Ma¬
trosenbedarf für die Kriegsflotte auch für eine allmähliche Vergrößerung zu
sichern, giebt es zwei Mittel. Das eine ist die Einführung des Schiffsjungen¬
zwangs, d. h. der Verpflichtung für den Reeber, je nach der Größe seines
Schiffes eine bestimmte Zahl von Schiffsjungen, also Lehrlingen für den See-


Mehr Kreuzer!

im Roten Meere und bis zum Kap Guardafui übernehmen können. Aber
dort laufen die Ostafrikafahrer südwärts, während die nach Ostasien und
Australien bestimmten Neichspostdampfer auf Ceylon zuhalten. Für sie sowohl
wie für die Reisschiffe, die durch den Indischen Ozean fahren, würden einige
deutsche Kreuzer noch zu brauchen sein. Dasselbe gilt für den Südseehandel.

Es würde zu weit führen, hier uoch eine Übersicht über die Erfordernisse
des Kreuzerkriegs zu geben. Es sollte hier nnr gezeigt werden, daß eine
Kriegsflotte für Deutschland eine Notwendigkeit und kein Luxus ist, wie so
viele Unkundige immer wieder behaupten. Im Verhältnis zu Deutschlands
Seehandel und zu dem Verluste, der durch die Zerstörung dieses Seehandels
herbeigeführt werden würde, sind alle Forderungen unsrer Marineverwaltung
bisher erstaunlich bescheiden gewesen; und doch sind sie stets beschnitten worden.

Über die Anforderungen, die an die Kreuzer gestellt werden, hier nur fol¬
gendes: Ein Kreuzer muß große Geschwindigkeit haben, um überraschend auf¬
treten und Ort und Zeit seines Angriffs wählen zu können. Er muß also
schneller sein als die Schiffe, die ihm überlegen sind an Kraft, also schneller
als die Panzerschiffe. Er muß ein gutes Seeschiff sein, da er häufig lange
Zeit allein auf See sein muß; deshalb muß er Platz sür einen großen Kohlen¬
vorrat, für Lebensmittel und Munition haben. Schnellfeuernde Geschütze mitt¬
lern Kalibers machen die Bewaffnung aus. Die empfindlichsten Teile, Ma¬
schine, Steuerapparate, womöglich anch die Geschützstände sollten bei den großen
Kreuzern durch Stahlpanzer gedeckt werden. Zu viel Panzer beschwert das
Schiff, verkürzt die Geschwindigkeit. In den europäischen Gewässern sind
Panzerkreuzer, die auch feindliche Seehäfen beschießen können, nötig, zum Schutz
des transozeanischen Seehandels genügen kleinere, leichtere Kreuzer mit großem
Kohlenvorrat. Denn, „was der Hafer für die Kavallerie, das ist die Kohle
für den Kreuzer," sagt Batsch.

Man hat auch die Behauptung aufgestellt, daß es an Mannschaften fehlen
würde, wenn auch die Schiffe vorhanden wären. Da der beste Ersatz der
Kriegsflotten die Matrosen der Handelsmarine sind, so hängt es natürlich von
om Handelsverhältnissen ab, wie viele Schiffe gerade beim Ausbruch eines
Krieges in den Heimathäfen liegen und ihre Leute abgeben können. Kann
man verhüten, daß die auf Handelsschiffen zurückkehrenden Leute in Feindes¬
hände fallen, so wird bald der Bedarf gedeckt sein. Aber allerdings beginnt
mit der Zunahme der Dampferfahrt der Matrosenmangel in der Handels¬
marine schon fühlbar zu werden. Die Dampfer brauchen verhältnismäßig
wenig Matrosen, weil sie nur eine kleine Takelung haben. Um aber den Ma¬
trosenbedarf für die Kriegsflotte auch für eine allmähliche Vergrößerung zu
sichern, giebt es zwei Mittel. Das eine ist die Einführung des Schiffsjungen¬
zwangs, d. h. der Verpflichtung für den Reeber, je nach der Größe seines
Schiffes eine bestimmte Zahl von Schiffsjungen, also Lehrlingen für den See-


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[0579] Mehr Kreuzer! im Roten Meere und bis zum Kap Guardafui übernehmen können. Aber dort laufen die Ostafrikafahrer südwärts, während die nach Ostasien und Australien bestimmten Neichspostdampfer auf Ceylon zuhalten. Für sie sowohl wie für die Reisschiffe, die durch den Indischen Ozean fahren, würden einige deutsche Kreuzer noch zu brauchen sein. Dasselbe gilt für den Südseehandel. Es würde zu weit führen, hier uoch eine Übersicht über die Erfordernisse des Kreuzerkriegs zu geben. Es sollte hier nnr gezeigt werden, daß eine Kriegsflotte für Deutschland eine Notwendigkeit und kein Luxus ist, wie so viele Unkundige immer wieder behaupten. Im Verhältnis zu Deutschlands Seehandel und zu dem Verluste, der durch die Zerstörung dieses Seehandels herbeigeführt werden würde, sind alle Forderungen unsrer Marineverwaltung bisher erstaunlich bescheiden gewesen; und doch sind sie stets beschnitten worden. Über die Anforderungen, die an die Kreuzer gestellt werden, hier nur fol¬ gendes: Ein Kreuzer muß große Geschwindigkeit haben, um überraschend auf¬ treten und Ort und Zeit seines Angriffs wählen zu können. Er muß also schneller sein als die Schiffe, die ihm überlegen sind an Kraft, also schneller als die Panzerschiffe. Er muß ein gutes Seeschiff sein, da er häufig lange Zeit allein auf See sein muß; deshalb muß er Platz sür einen großen Kohlen¬ vorrat, für Lebensmittel und Munition haben. Schnellfeuernde Geschütze mitt¬ lern Kalibers machen die Bewaffnung aus. Die empfindlichsten Teile, Ma¬ schine, Steuerapparate, womöglich anch die Geschützstände sollten bei den großen Kreuzern durch Stahlpanzer gedeckt werden. Zu viel Panzer beschwert das Schiff, verkürzt die Geschwindigkeit. In den europäischen Gewässern sind Panzerkreuzer, die auch feindliche Seehäfen beschießen können, nötig, zum Schutz des transozeanischen Seehandels genügen kleinere, leichtere Kreuzer mit großem Kohlenvorrat. Denn, „was der Hafer für die Kavallerie, das ist die Kohle für den Kreuzer," sagt Batsch. Man hat auch die Behauptung aufgestellt, daß es an Mannschaften fehlen würde, wenn auch die Schiffe vorhanden wären. Da der beste Ersatz der Kriegsflotten die Matrosen der Handelsmarine sind, so hängt es natürlich von om Handelsverhältnissen ab, wie viele Schiffe gerade beim Ausbruch eines Krieges in den Heimathäfen liegen und ihre Leute abgeben können. Kann man verhüten, daß die auf Handelsschiffen zurückkehrenden Leute in Feindes¬ hände fallen, so wird bald der Bedarf gedeckt sein. Aber allerdings beginnt mit der Zunahme der Dampferfahrt der Matrosenmangel in der Handels¬ marine schon fühlbar zu werden. Die Dampfer brauchen verhältnismäßig wenig Matrosen, weil sie nur eine kleine Takelung haben. Um aber den Ma¬ trosenbedarf für die Kriegsflotte auch für eine allmähliche Vergrößerung zu sichern, giebt es zwei Mittel. Das eine ist die Einführung des Schiffsjungen¬ zwangs, d. h. der Verpflichtung für den Reeber, je nach der Größe seines Schiffes eine bestimmte Zahl von Schiffsjungen, also Lehrlingen für den See-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215723/579>, abgerufen am 22.07.2024.