Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr.ein solches Spiel zahlt er nicht mehr als 20 Mark Börsenstempelsteuer! Ist Ganz ähnlich und vielleicht noch einleuchtender liegen die Verhältnisse Von den Jobbern und sonstigen Börsenbesuchern wird gegen die Er¬ ein solches Spiel zahlt er nicht mehr als 20 Mark Börsenstempelsteuer! Ist Ganz ähnlich und vielleicht noch einleuchtender liegen die Verhältnisse Von den Jobbern und sonstigen Börsenbesuchern wird gegen die Er¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0404" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/216128"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1392" prev="#ID_1391"> ein solches Spiel zahlt er nicht mehr als 20 Mark Börsenstempelsteuer! Ist<lb/> das nicht lächerlich? Wer in solcher Höhe Spekulationsgeschäfte abschließt,<lb/> der zahlt an seinen Kommissionär eine Provision von mindestens 125 bis<lb/> 200 Mark, ohne sich deshalb das geringste Bedenken zu machen, er läßt sich<lb/> vielleicht von seinem Kommissionär bei solchen Geschäftsabschlüssen, zwar nicht<lb/> gern, aber weil er es nicht ändern kann, noch um oder ^ Prozent, d. h.<lb/> um 250 bis 500 Mark „schneiden." Und ein solcher Spekulant soll nicht<lb/> mehr als 20 Mark oder nach der neuen Vorlage künftig 40 Mark Stempel¬<lb/> steuer zahlen? Wir müssen aber weiter bedenken, daß fast alle Zeitgeschäfte<lb/> an der Fondsbörse mit der einzigen Ausnahme von Zeitgeschäften in fremder<lb/> Währung reine Spielgeschäfte sind! (Die eben eingeräumte Ausnahme zeigt<lb/> sich z. B. in folgenden Fällen. Der deutsche Fabrikant, der nach Nußland<lb/> gelieferte Waren in Rubeln gezahlt bekommen soll, verkauft diese auf den<lb/> Zahlungstermin im voraus, oder der deutsche Getreidehändler, der russisches<lb/> Getreide zum Termin in Rubeln bezahlen soll, kauft sich diese Rubel auf<lb/> den Termin.) Bei allen soliden Zeitgeschäften wird der Fabrikant oder Kauf¬<lb/> mann, der sich durch das Zeitgeschäft gegen Kursschwankungen schützen will,<lb/> sehr gern nicht bloß ^<> oder ^„ oder sondern 2 oder 4 Promille wie<lb/> eine Versicherungsprämie als Börsensteuer zahlen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1393"> Ganz ähnlich und vielleicht noch einleuchtender liegen die Verhältnisse<lb/> an den Produkte«- und Warenbörsen. Auch an ihnen sind die Zeitgeschäfte<lb/> fast ausnahmslos, von einem ganz geringen Bruchteil abgesehen, Spielgeschäfte.<lb/> Werden doch um einer solchen Börse in einem Jahre die Erträgnisse einer<lb/> Jahresernte oft zehn- bis zwanzigfach umgesetzt. Bei diesen Zeitgeschäften<lb/> an den Warenbörsen trügt den Verlust schließlich das Privatpublikum, das zur<lb/> Beteiligung herangelockt wird, und die Landwirtschaft, der die Ringe an den<lb/> Börsen ihre Produkte immer zu den niedrigsten Preisen abdrücken.</p><lb/> <p xml:id="ID_1394" next="#ID_1395"> Von den Jobbern und sonstigen Börsenbesuchern wird gegen die Er¬<lb/> höhung der Börsensteuer meist das Arbitragegeschäft ins Feld geführt. Es<lb/> wird behauptet, daß dieses Geschäft durch eine Erhöhung der Vörsensteuer un¬<lb/> möglich gemacht werde, weil bei ihm mit ganz geringem Nutzen „gearbeitet"<lb/> werden müsse. Zunächst können wir nun keine volkswirtschaftlichen Nachteile<lb/> herausfinden, wenn dieses schöne Arbitragegeschüft überhaupt ausgeschlossen<lb/> wird. Es dient angeblich dazu, allzugroße Kursungleichheiten der verschiednen<lb/> Börsenplätze zu beseitigen. Aber was schadet es denn dem soliden Kaufmann<lb/> oder dem .Kapitalisten oder der Allgemeinheit, wenn diese Knrsspannung um<lb/> 2 oder 3 Promille größer bleibt? Ist das so fürchterlich? Das ganze Arbi¬<lb/> tragegeschäft ist fast immer weiter nichts als eine Spekulation auf die Un¬<lb/> kenntnis minder gut Eingeweihter oder auf die Leichtgläubigkeit solcher, die<lb/> sich durch falsche Gerüchte bethören lassen. Wenn aber die Unterschiede der<lb/> Kurse an den verschiednen Börsen nicht ganz gering wären, so würde auch</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0404]
ein solches Spiel zahlt er nicht mehr als 20 Mark Börsenstempelsteuer! Ist
das nicht lächerlich? Wer in solcher Höhe Spekulationsgeschäfte abschließt,
der zahlt an seinen Kommissionär eine Provision von mindestens 125 bis
200 Mark, ohne sich deshalb das geringste Bedenken zu machen, er läßt sich
vielleicht von seinem Kommissionär bei solchen Geschäftsabschlüssen, zwar nicht
gern, aber weil er es nicht ändern kann, noch um oder ^ Prozent, d. h.
um 250 bis 500 Mark „schneiden." Und ein solcher Spekulant soll nicht
mehr als 20 Mark oder nach der neuen Vorlage künftig 40 Mark Stempel¬
steuer zahlen? Wir müssen aber weiter bedenken, daß fast alle Zeitgeschäfte
an der Fondsbörse mit der einzigen Ausnahme von Zeitgeschäften in fremder
Währung reine Spielgeschäfte sind! (Die eben eingeräumte Ausnahme zeigt
sich z. B. in folgenden Fällen. Der deutsche Fabrikant, der nach Nußland
gelieferte Waren in Rubeln gezahlt bekommen soll, verkauft diese auf den
Zahlungstermin im voraus, oder der deutsche Getreidehändler, der russisches
Getreide zum Termin in Rubeln bezahlen soll, kauft sich diese Rubel auf
den Termin.) Bei allen soliden Zeitgeschäften wird der Fabrikant oder Kauf¬
mann, der sich durch das Zeitgeschäft gegen Kursschwankungen schützen will,
sehr gern nicht bloß ^<> oder ^„ oder sondern 2 oder 4 Promille wie
eine Versicherungsprämie als Börsensteuer zahlen.
Ganz ähnlich und vielleicht noch einleuchtender liegen die Verhältnisse
an den Produkte«- und Warenbörsen. Auch an ihnen sind die Zeitgeschäfte
fast ausnahmslos, von einem ganz geringen Bruchteil abgesehen, Spielgeschäfte.
Werden doch um einer solchen Börse in einem Jahre die Erträgnisse einer
Jahresernte oft zehn- bis zwanzigfach umgesetzt. Bei diesen Zeitgeschäften
an den Warenbörsen trügt den Verlust schließlich das Privatpublikum, das zur
Beteiligung herangelockt wird, und die Landwirtschaft, der die Ringe an den
Börsen ihre Produkte immer zu den niedrigsten Preisen abdrücken.
Von den Jobbern und sonstigen Börsenbesuchern wird gegen die Er¬
höhung der Börsensteuer meist das Arbitragegeschäft ins Feld geführt. Es
wird behauptet, daß dieses Geschäft durch eine Erhöhung der Vörsensteuer un¬
möglich gemacht werde, weil bei ihm mit ganz geringem Nutzen „gearbeitet"
werden müsse. Zunächst können wir nun keine volkswirtschaftlichen Nachteile
herausfinden, wenn dieses schöne Arbitragegeschüft überhaupt ausgeschlossen
wird. Es dient angeblich dazu, allzugroße Kursungleichheiten der verschiednen
Börsenplätze zu beseitigen. Aber was schadet es denn dem soliden Kaufmann
oder dem .Kapitalisten oder der Allgemeinheit, wenn diese Knrsspannung um
2 oder 3 Promille größer bleibt? Ist das so fürchterlich? Das ganze Arbi¬
tragegeschäft ist fast immer weiter nichts als eine Spekulation auf die Un¬
kenntnis minder gut Eingeweihter oder auf die Leichtgläubigkeit solcher, die
sich durch falsche Gerüchte bethören lassen. Wenn aber die Unterschiede der
Kurse an den verschiednen Börsen nicht ganz gering wären, so würde auch
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