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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr.

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Aönig Albort

Beziehungen der Völker, die kein einzelner, auch ein König nicht, so zu leiten
sich vermessen darf, daß sie ihm Gelegenheit bieten, seine kriegerische Begabung
auf dem Felde der Gefahr in blutigem Strauße zu entfalten. Dem König
Albert aber ist es vergönnt gewesen, was keines Menschen Witz voraussehen
und berechnen konnte, nach dem ersten Waffengnnge und nach einer schweren
Niederlage im letzten innern deutschen Kriege in dem nationalen Kampfe gegen
Frankreich, aus dem das neue deutsche Reich strahlend emporstieg, als sieg¬
reicher Feldherr im Schlachtendonner zu reiten und die bezwnngne Hauptstadt
des Feindes zu seinen Füßen zu scheu. In leidvoller und freudiger Erfahrung
hat er die wunderbare Wandlung, die aus einem Bündel zwietrüchtiger Staaten
ein machtvolles Bundesreich schuf, mit durchgemacht und an hervorragender
Stelle thätigen Anteil an ihr genommen. Und während von den fürstlichen
Heerführern jener großen Zeit keiner mehr unter den Lebenden weilt, steht
König Albert noch kraftvoll unter uns, noch eine lebendige Verkörperung
unsrer größten Zeit.

Auf die bekannten geschichtlichen Ereignisse näher einzugehen, die ihn auf
diese Höhe geführt haben, ist hier uicht der Ort. Es iftän diesen Tagen hundert-
und tausendfach geschildert worden, wie er als Prinz und junger Hauptmann der
Artillerie am 13. April 1849 bei Düppel die Feuertaufe empfing, wie er
1866 auf den böhmischen Schlachtfeldern zuerst die ruhige Sicherheit und den
schnellen Blick des Feldherrn bewährte und aus schweren Niederlagen doch
die unverletzte Waffenehre und die unumwuudne Anerkennung des Siegers
davontrug, wie er dann im nationalen Kriege 1870/71 als Führer des zwölften
Armeekorps bei Se. Privat, als Oberbefehlshaber der Maasarmee bei Beau-
mont und Sedan entscheidend eingriff und vor Paris die eine Hälfte des
Einschließungsheeres lange Monate hindurch leitete, und sich durch das alles
das gewichtige Lob Moltkes verdiente, er verstehe zu gehorchen, bis er endlich
am 16. Juni 1871 mit den Befehlshabern der andern selbständigen Heere
in der nunmehrigen Neichshauptstcidt einritt und am 11. Juli als General-
feldmarschall mit dein sächsischen Armeekorps in Dresden einzog. Eine wahr¬
haft versöhnende und segensreiche Fügung lag darin, daß das Hans Wettin
dem neuen Reiche einen seiner ersten Feldherren stellte und der Kronprinz
von Sachsen gewissermaßen das alte Erzmnrschallamt seiner Vorfahren ruhm¬
voll erneuerte.

Weniger hervor tritt begreiflicherweise die Thätigkeit, die König Albert
als Soldat im Frieden entwickelt hat, und doch ist sie kaum weniger bedeutsam
als die des Feldherrn auf blutigem Felde. Es mag hier nur darauf hin¬
gewiesen werden, welche tiefen und einschneidenden Wandlungen in Ergänzung,
Organisation, Bewaffnung und Fechtweise die sächsischen Truppen in diesen
fünfzig Jahren haben durchmachen müssen, und wie an alledem König Albert
als Prinz und als Kriegsherr den lebendigsten Anteil genommen hat. Ebenso


Aönig Albort

Beziehungen der Völker, die kein einzelner, auch ein König nicht, so zu leiten
sich vermessen darf, daß sie ihm Gelegenheit bieten, seine kriegerische Begabung
auf dem Felde der Gefahr in blutigem Strauße zu entfalten. Dem König
Albert aber ist es vergönnt gewesen, was keines Menschen Witz voraussehen
und berechnen konnte, nach dem ersten Waffengnnge und nach einer schweren
Niederlage im letzten innern deutschen Kriege in dem nationalen Kampfe gegen
Frankreich, aus dem das neue deutsche Reich strahlend emporstieg, als sieg¬
reicher Feldherr im Schlachtendonner zu reiten und die bezwnngne Hauptstadt
des Feindes zu seinen Füßen zu scheu. In leidvoller und freudiger Erfahrung
hat er die wunderbare Wandlung, die aus einem Bündel zwietrüchtiger Staaten
ein machtvolles Bundesreich schuf, mit durchgemacht und an hervorragender
Stelle thätigen Anteil an ihr genommen. Und während von den fürstlichen
Heerführern jener großen Zeit keiner mehr unter den Lebenden weilt, steht
König Albert noch kraftvoll unter uns, noch eine lebendige Verkörperung
unsrer größten Zeit.

Auf die bekannten geschichtlichen Ereignisse näher einzugehen, die ihn auf
diese Höhe geführt haben, ist hier uicht der Ort. Es iftän diesen Tagen hundert-
und tausendfach geschildert worden, wie er als Prinz und junger Hauptmann der
Artillerie am 13. April 1849 bei Düppel die Feuertaufe empfing, wie er
1866 auf den böhmischen Schlachtfeldern zuerst die ruhige Sicherheit und den
schnellen Blick des Feldherrn bewährte und aus schweren Niederlagen doch
die unverletzte Waffenehre und die unumwuudne Anerkennung des Siegers
davontrug, wie er dann im nationalen Kriege 1870/71 als Führer des zwölften
Armeekorps bei Se. Privat, als Oberbefehlshaber der Maasarmee bei Beau-
mont und Sedan entscheidend eingriff und vor Paris die eine Hälfte des
Einschließungsheeres lange Monate hindurch leitete, und sich durch das alles
das gewichtige Lob Moltkes verdiente, er verstehe zu gehorchen, bis er endlich
am 16. Juni 1871 mit den Befehlshabern der andern selbständigen Heere
in der nunmehrigen Neichshauptstcidt einritt und am 11. Juli als General-
feldmarschall mit dein sächsischen Armeekorps in Dresden einzog. Eine wahr¬
haft versöhnende und segensreiche Fügung lag darin, daß das Hans Wettin
dem neuen Reiche einen seiner ersten Feldherren stellte und der Kronprinz
von Sachsen gewissermaßen das alte Erzmnrschallamt seiner Vorfahren ruhm¬
voll erneuerte.

Weniger hervor tritt begreiflicherweise die Thätigkeit, die König Albert
als Soldat im Frieden entwickelt hat, und doch ist sie kaum weniger bedeutsam
als die des Feldherrn auf blutigem Felde. Es mag hier nur darauf hin¬
gewiesen werden, welche tiefen und einschneidenden Wandlungen in Ergänzung,
Organisation, Bewaffnung und Fechtweise die sächsischen Truppen in diesen
fünfzig Jahren haben durchmachen müssen, und wie an alledem König Albert
als Prinz und als Kriegsherr den lebendigsten Anteil genommen hat. Ebenso


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[0202] Aönig Albort Beziehungen der Völker, die kein einzelner, auch ein König nicht, so zu leiten sich vermessen darf, daß sie ihm Gelegenheit bieten, seine kriegerische Begabung auf dem Felde der Gefahr in blutigem Strauße zu entfalten. Dem König Albert aber ist es vergönnt gewesen, was keines Menschen Witz voraussehen und berechnen konnte, nach dem ersten Waffengnnge und nach einer schweren Niederlage im letzten innern deutschen Kriege in dem nationalen Kampfe gegen Frankreich, aus dem das neue deutsche Reich strahlend emporstieg, als sieg¬ reicher Feldherr im Schlachtendonner zu reiten und die bezwnngne Hauptstadt des Feindes zu seinen Füßen zu scheu. In leidvoller und freudiger Erfahrung hat er die wunderbare Wandlung, die aus einem Bündel zwietrüchtiger Staaten ein machtvolles Bundesreich schuf, mit durchgemacht und an hervorragender Stelle thätigen Anteil an ihr genommen. Und während von den fürstlichen Heerführern jener großen Zeit keiner mehr unter den Lebenden weilt, steht König Albert noch kraftvoll unter uns, noch eine lebendige Verkörperung unsrer größten Zeit. Auf die bekannten geschichtlichen Ereignisse näher einzugehen, die ihn auf diese Höhe geführt haben, ist hier uicht der Ort. Es iftän diesen Tagen hundert- und tausendfach geschildert worden, wie er als Prinz und junger Hauptmann der Artillerie am 13. April 1849 bei Düppel die Feuertaufe empfing, wie er 1866 auf den böhmischen Schlachtfeldern zuerst die ruhige Sicherheit und den schnellen Blick des Feldherrn bewährte und aus schweren Niederlagen doch die unverletzte Waffenehre und die unumwuudne Anerkennung des Siegers davontrug, wie er dann im nationalen Kriege 1870/71 als Führer des zwölften Armeekorps bei Se. Privat, als Oberbefehlshaber der Maasarmee bei Beau- mont und Sedan entscheidend eingriff und vor Paris die eine Hälfte des Einschließungsheeres lange Monate hindurch leitete, und sich durch das alles das gewichtige Lob Moltkes verdiente, er verstehe zu gehorchen, bis er endlich am 16. Juni 1871 mit den Befehlshabern der andern selbständigen Heere in der nunmehrigen Neichshauptstcidt einritt und am 11. Juli als General- feldmarschall mit dein sächsischen Armeekorps in Dresden einzog. Eine wahr¬ haft versöhnende und segensreiche Fügung lag darin, daß das Hans Wettin dem neuen Reiche einen seiner ersten Feldherren stellte und der Kronprinz von Sachsen gewissermaßen das alte Erzmnrschallamt seiner Vorfahren ruhm¬ voll erneuerte. Weniger hervor tritt begreiflicherweise die Thätigkeit, die König Albert als Soldat im Frieden entwickelt hat, und doch ist sie kaum weniger bedeutsam als die des Feldherrn auf blutigem Felde. Es mag hier nur darauf hin¬ gewiesen werden, welche tiefen und einschneidenden Wandlungen in Ergänzung, Organisation, Bewaffnung und Fechtweise die sächsischen Truppen in diesen fünfzig Jahren haben durchmachen müssen, und wie an alledem König Albert als Prinz und als Kriegsherr den lebendigsten Anteil genommen hat. Ebenso

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215723/202>, abgerufen am 02.07.2024.