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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr.

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Rönig Albert

verdanken die Truppen seiner Anregung und Fürsorge die großartigen Bauten
der Albertstcidt bei Dresden und zahlreiche andre Kasernen.

Ader die militärische Wirksamkeit des Königs hat sich keineswegs auf
Sachsen beschränkt. Nach dem französischen Kriege übertrug ihm Kaiser Wil¬
helm I. das ehrenvolle und verantwortungsreiche Amt eines Generalinspekteurs
auch über das fünfte und sechste Armeekorps in Posen und Schlesien, und all¬
jährlich ruhte seitdem das prüfende Auge des Kronprinzen von Sachsen auf
den alten bewährten preußische,? Regimentern, Aber noch mehr: als sich zwei¬
mal das Verhältnis zu Rußland drohend gestaltete, als uns ein Krieg auf
zwei Fronten zu drohen schien, da war dem König der Oberbefehl gegen Ru߬
land zugedacht, und die Generalstabskarten von Polen bedeckten die Tische
seines Arbeitszimmers im Schlosse zu Dresden. Denn auch damals hätte die
deutsche Heeresleitung nach dem bewährten Satze gehandelt, daß die beste Pa¬
rade der Hieb und die beste Verteidigung der Angriff ist.

Unserm Volke wurde diese neue Prüfung erspart, der Friede blieb uns
erhalten und ist uns bis jetzt erhalten geblieben, denn die deutsche Rüstung bietet
keine Öffnung mehr. Das ist ein Verdienst auch des Königs von Sachsen.
Und dies beruht doch wieder darauf, daß er sich von jeher ehrlich und freudig
auf den Boden des neuen Reichs gestellt hat und in der Hingebung an das
große Ganze allen ein Vorbild geworden ist. Ein andres ist es, diesem Ganzen
geben, was des Ganzen ist, weil es die beschworne Verfassung und das äußere
Interesse also fordert, ein andres, es mit freier Hingebung zu thun. Und so ist
König Werth Stellung zum deutschen Reiche, so hat sie sich gezeigt in seinem
persönlichen Verhältnis zu Kaiser Wilhelm I. Sie kannten sich und vertrauten
einander ohne viel Worte; wer einen schweren Krieg Seite an Seite mit dem
andern und immer siegreich geführt hat, der weiß, was er am andern hat.
Und als am 25. Juni 1888 nach erschütternden Erfahrungen unser jetziger
Kaiser seinen ersten Reichstag eröffnete, dn stand unter der stolzen Schar der
deutschen Fürsten, die ihn umgaben, um aller Welt zu zeigen, sie seien einig
wie zuvor, an erster Stelle König Albert, und Kaiser Wilhelm II. hat bei
jeder Gelegenheit und noch jüngst in wahrhaft erhebender Art bewiesen, wie
hoch er König Werth reiche Erfahrung und klugen Rat zu schätzen weiß.
Von dem persönlichen Verhältnis des Königs zum Fürsten Bismarck genügt
es hier zu sagen, daß die letzten Jahre in der Wertschätzung des Monarchen
für den greisen Baumeister unsrer Einheit nichts geändert haben.

Es giebt gegenwärtig keinen unter den Fürsten des Reichs, der eine ruhm¬
vollere Stellung behauptete als er; keiner seiner Vorfahren hat auch nur an¬
nähernd eine ähnliche erreicht, keiner unter den lebenden deutschen Regenten
hat mehr als er dazu beigetragen, die schwierigste Form des zusammengesetzten
Staats, den monarchischen Bundesstaat, zu begründen und zu befestigen.
Und wenn der alte sächsische Partikularismus längst tot ist, so ist das nicht


Rönig Albert

verdanken die Truppen seiner Anregung und Fürsorge die großartigen Bauten
der Albertstcidt bei Dresden und zahlreiche andre Kasernen.

Ader die militärische Wirksamkeit des Königs hat sich keineswegs auf
Sachsen beschränkt. Nach dem französischen Kriege übertrug ihm Kaiser Wil¬
helm I. das ehrenvolle und verantwortungsreiche Amt eines Generalinspekteurs
auch über das fünfte und sechste Armeekorps in Posen und Schlesien, und all¬
jährlich ruhte seitdem das prüfende Auge des Kronprinzen von Sachsen auf
den alten bewährten preußische,? Regimentern, Aber noch mehr: als sich zwei¬
mal das Verhältnis zu Rußland drohend gestaltete, als uns ein Krieg auf
zwei Fronten zu drohen schien, da war dem König der Oberbefehl gegen Ru߬
land zugedacht, und die Generalstabskarten von Polen bedeckten die Tische
seines Arbeitszimmers im Schlosse zu Dresden. Denn auch damals hätte die
deutsche Heeresleitung nach dem bewährten Satze gehandelt, daß die beste Pa¬
rade der Hieb und die beste Verteidigung der Angriff ist.

Unserm Volke wurde diese neue Prüfung erspart, der Friede blieb uns
erhalten und ist uns bis jetzt erhalten geblieben, denn die deutsche Rüstung bietet
keine Öffnung mehr. Das ist ein Verdienst auch des Königs von Sachsen.
Und dies beruht doch wieder darauf, daß er sich von jeher ehrlich und freudig
auf den Boden des neuen Reichs gestellt hat und in der Hingebung an das
große Ganze allen ein Vorbild geworden ist. Ein andres ist es, diesem Ganzen
geben, was des Ganzen ist, weil es die beschworne Verfassung und das äußere
Interesse also fordert, ein andres, es mit freier Hingebung zu thun. Und so ist
König Werth Stellung zum deutschen Reiche, so hat sie sich gezeigt in seinem
persönlichen Verhältnis zu Kaiser Wilhelm I. Sie kannten sich und vertrauten
einander ohne viel Worte; wer einen schweren Krieg Seite an Seite mit dem
andern und immer siegreich geführt hat, der weiß, was er am andern hat.
Und als am 25. Juni 1888 nach erschütternden Erfahrungen unser jetziger
Kaiser seinen ersten Reichstag eröffnete, dn stand unter der stolzen Schar der
deutschen Fürsten, die ihn umgaben, um aller Welt zu zeigen, sie seien einig
wie zuvor, an erster Stelle König Albert, und Kaiser Wilhelm II. hat bei
jeder Gelegenheit und noch jüngst in wahrhaft erhebender Art bewiesen, wie
hoch er König Werth reiche Erfahrung und klugen Rat zu schätzen weiß.
Von dem persönlichen Verhältnis des Königs zum Fürsten Bismarck genügt
es hier zu sagen, daß die letzten Jahre in der Wertschätzung des Monarchen
für den greisen Baumeister unsrer Einheit nichts geändert haben.

Es giebt gegenwärtig keinen unter den Fürsten des Reichs, der eine ruhm¬
vollere Stellung behauptete als er; keiner seiner Vorfahren hat auch nur an¬
nähernd eine ähnliche erreicht, keiner unter den lebenden deutschen Regenten
hat mehr als er dazu beigetragen, die schwierigste Form des zusammengesetzten
Staats, den monarchischen Bundesstaat, zu begründen und zu befestigen.
Und wenn der alte sächsische Partikularismus längst tot ist, so ist das nicht


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[0203] Rönig Albert verdanken die Truppen seiner Anregung und Fürsorge die großartigen Bauten der Albertstcidt bei Dresden und zahlreiche andre Kasernen. Ader die militärische Wirksamkeit des Königs hat sich keineswegs auf Sachsen beschränkt. Nach dem französischen Kriege übertrug ihm Kaiser Wil¬ helm I. das ehrenvolle und verantwortungsreiche Amt eines Generalinspekteurs auch über das fünfte und sechste Armeekorps in Posen und Schlesien, und all¬ jährlich ruhte seitdem das prüfende Auge des Kronprinzen von Sachsen auf den alten bewährten preußische,? Regimentern, Aber noch mehr: als sich zwei¬ mal das Verhältnis zu Rußland drohend gestaltete, als uns ein Krieg auf zwei Fronten zu drohen schien, da war dem König der Oberbefehl gegen Ru߬ land zugedacht, und die Generalstabskarten von Polen bedeckten die Tische seines Arbeitszimmers im Schlosse zu Dresden. Denn auch damals hätte die deutsche Heeresleitung nach dem bewährten Satze gehandelt, daß die beste Pa¬ rade der Hieb und die beste Verteidigung der Angriff ist. Unserm Volke wurde diese neue Prüfung erspart, der Friede blieb uns erhalten und ist uns bis jetzt erhalten geblieben, denn die deutsche Rüstung bietet keine Öffnung mehr. Das ist ein Verdienst auch des Königs von Sachsen. Und dies beruht doch wieder darauf, daß er sich von jeher ehrlich und freudig auf den Boden des neuen Reichs gestellt hat und in der Hingebung an das große Ganze allen ein Vorbild geworden ist. Ein andres ist es, diesem Ganzen geben, was des Ganzen ist, weil es die beschworne Verfassung und das äußere Interesse also fordert, ein andres, es mit freier Hingebung zu thun. Und so ist König Werth Stellung zum deutschen Reiche, so hat sie sich gezeigt in seinem persönlichen Verhältnis zu Kaiser Wilhelm I. Sie kannten sich und vertrauten einander ohne viel Worte; wer einen schweren Krieg Seite an Seite mit dem andern und immer siegreich geführt hat, der weiß, was er am andern hat. Und als am 25. Juni 1888 nach erschütternden Erfahrungen unser jetziger Kaiser seinen ersten Reichstag eröffnete, dn stand unter der stolzen Schar der deutschen Fürsten, die ihn umgaben, um aller Welt zu zeigen, sie seien einig wie zuvor, an erster Stelle König Albert, und Kaiser Wilhelm II. hat bei jeder Gelegenheit und noch jüngst in wahrhaft erhebender Art bewiesen, wie hoch er König Werth reiche Erfahrung und klugen Rat zu schätzen weiß. Von dem persönlichen Verhältnis des Königs zum Fürsten Bismarck genügt es hier zu sagen, daß die letzten Jahre in der Wertschätzung des Monarchen für den greisen Baumeister unsrer Einheit nichts geändert haben. Es giebt gegenwärtig keinen unter den Fürsten des Reichs, der eine ruhm¬ vollere Stellung behauptete als er; keiner seiner Vorfahren hat auch nur an¬ nähernd eine ähnliche erreicht, keiner unter den lebenden deutschen Regenten hat mehr als er dazu beigetragen, die schwierigste Form des zusammengesetzten Staats, den monarchischen Bundesstaat, zu begründen und zu befestigen. Und wenn der alte sächsische Partikularismus längst tot ist, so ist das nicht

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215723/203>, abgerufen am 04.07.2024.