Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr.lLoluccio Salutati Ausdrücken und mit fortwährenden Perweisen auf die heilige Schrift ihre lLoluccio Salutati Ausdrücken und mit fortwährenden Perweisen auf die heilige Schrift ihre <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0274" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/215364"/> <fw type="header" place="top"> lLoluccio Salutati</fw><lb/> <p xml:id="ID_957" prev="#ID_956" next="#ID_958"> Ausdrücken und mit fortwährenden Perweisen auf die heilige Schrift ihre<lb/> Verweltlichung und Herrschsucht vor. In einem umfangreichen Briefe an<lb/> Francesco Vruni über die Verderbtheit der Kirche läßt er den Apostel Petrus<lb/> vom Himmel herniedersteigen und den päpstlichen Hof in Avignon besuchen.<lb/> Da sieht er seinen Nachfolger mit goldgestickten Kleidern geschmückt, auf ver¬<lb/> goldetem Stuhle, auf goldgestickten Kissen sitzen, überladen mit Edelsteinen und<lb/> Perlen, aufgebläht von Stolz, mit seinen Genossen sich des Reichtums rühmend,<lb/> nicht sich beraten über den Stand des Glaubens, sondern über Kriege, voll<lb/> Wirren und Schrecken, die er über gläubige Christen verhängt. Da redet ihn<lb/> Petrus an: „Was sinnst du und was treibst du? Ist es etwa dem Amt,<lb/> Kriege zu erregen? Wann erlitt die Kirche größere Unbill als damals, wo<lb/> unser Heiland durch deu Judaskuß deu Sündern ausgeliefert wurde? Denkst<lb/> du nicht daran, oder hast dn vergessen, daß ich damals noch in irdischer Weise<lb/> aufbrausend die Hand ans Schwert legte, daß mir aber damals der Heiland<lb/> streng befahl, das Schwert in die Scheide zu stecken? So war mir also das<lb/> irdische Schwert damals und für immer versagt. Nun sage du mir aber, von<lb/> wem du es erhalten hast, denn das weiß ich, daß dir Gott niemals eine Herr¬<lb/> schaft dieser Welt verliehen hat. Wenn du aber sagst, daß sie dir ein Mensch<lb/> verliehen habe, so wisse, daß, was Gott mir verboten hat, kein Mensch dir zu<lb/> gestatten oder zu gewähren vermag." Sind das nicht lutherische Gedanken?<lb/> Und die Kirche antwortete ihm anch, wie sie Luther geantwortet hat; am<lb/> 31. März 1376 sprach Gregor XI. über Florenz den furchtbarsten Bannfluch<lb/> aus, den je die Welt von den Lippen eines Statthalters Christi vernommen<lb/> hat: Besitz und Person jedes Florentiners, mochte er in Italien oder im Aus¬<lb/> lande leben, wurde der Plünderung preisgegeben; jeder Florentiner sollte der<lb/> Sklave dessen sein, der ihn einfing. „Dies graziöse Volk — sagt Gregorovius —,<lb/> aus dem bereits Dante, Giotto und Petrarca hervorgegangen waren, und in<lb/> welchem eine aufkeimende Wunderwelt von Geistern, ewigen Zierden der Mensch¬<lb/> heit, ruhte, wurde durch den Papst zum Range einer Negersklave»Horde herab¬<lb/> gesetzt." Aber Florenz unterlag nicht. Auch die große Gefahr, die der Auf¬<lb/> stand des untern Volks, der sogenannte wmnlw alvi eionixi (1378), über die<lb/> Stadt herausführte, wurde glücklich überwunden, und wie mild und versöhn¬<lb/> lich lautet darüber Coluccios Urteil! Er ist mit der gewährten Amnestie völlig<lb/> einverstanden, denn die Aufständischen haben grobe Ausschreitungen fast völlig<lb/> vermieden und nicht um Beute, sondern um Rechte gestritten. Später hat er<lb/> in Wort und Schrift die Unabhängigkeit von Florenz gegen die drohende<lb/> Tyrannis des mailändischen Visconti verteidigt. Die Staatsschreiben, die<lb/> während des Menschenalters von 1375 bis 1406 von Florenz ausgegangen<lb/> sind und mehrere dicke Foliobände des toskanischen Staatsarchivs bilden, sind<lb/> wohl alle von Coluccios Hand; sie wirkten nicht nur durch die Wucht der<lb/> Gedanken und die Majestät des Stils, sondern vor allem durch die überall</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0274]
lLoluccio Salutati
Ausdrücken und mit fortwährenden Perweisen auf die heilige Schrift ihre
Verweltlichung und Herrschsucht vor. In einem umfangreichen Briefe an
Francesco Vruni über die Verderbtheit der Kirche läßt er den Apostel Petrus
vom Himmel herniedersteigen und den päpstlichen Hof in Avignon besuchen.
Da sieht er seinen Nachfolger mit goldgestickten Kleidern geschmückt, auf ver¬
goldetem Stuhle, auf goldgestickten Kissen sitzen, überladen mit Edelsteinen und
Perlen, aufgebläht von Stolz, mit seinen Genossen sich des Reichtums rühmend,
nicht sich beraten über den Stand des Glaubens, sondern über Kriege, voll
Wirren und Schrecken, die er über gläubige Christen verhängt. Da redet ihn
Petrus an: „Was sinnst du und was treibst du? Ist es etwa dem Amt,
Kriege zu erregen? Wann erlitt die Kirche größere Unbill als damals, wo
unser Heiland durch deu Judaskuß deu Sündern ausgeliefert wurde? Denkst
du nicht daran, oder hast dn vergessen, daß ich damals noch in irdischer Weise
aufbrausend die Hand ans Schwert legte, daß mir aber damals der Heiland
streng befahl, das Schwert in die Scheide zu stecken? So war mir also das
irdische Schwert damals und für immer versagt. Nun sage du mir aber, von
wem du es erhalten hast, denn das weiß ich, daß dir Gott niemals eine Herr¬
schaft dieser Welt verliehen hat. Wenn du aber sagst, daß sie dir ein Mensch
verliehen habe, so wisse, daß, was Gott mir verboten hat, kein Mensch dir zu
gestatten oder zu gewähren vermag." Sind das nicht lutherische Gedanken?
Und die Kirche antwortete ihm anch, wie sie Luther geantwortet hat; am
31. März 1376 sprach Gregor XI. über Florenz den furchtbarsten Bannfluch
aus, den je die Welt von den Lippen eines Statthalters Christi vernommen
hat: Besitz und Person jedes Florentiners, mochte er in Italien oder im Aus¬
lande leben, wurde der Plünderung preisgegeben; jeder Florentiner sollte der
Sklave dessen sein, der ihn einfing. „Dies graziöse Volk — sagt Gregorovius —,
aus dem bereits Dante, Giotto und Petrarca hervorgegangen waren, und in
welchem eine aufkeimende Wunderwelt von Geistern, ewigen Zierden der Mensch¬
heit, ruhte, wurde durch den Papst zum Range einer Negersklave»Horde herab¬
gesetzt." Aber Florenz unterlag nicht. Auch die große Gefahr, die der Auf¬
stand des untern Volks, der sogenannte wmnlw alvi eionixi (1378), über die
Stadt herausführte, wurde glücklich überwunden, und wie mild und versöhn¬
lich lautet darüber Coluccios Urteil! Er ist mit der gewährten Amnestie völlig
einverstanden, denn die Aufständischen haben grobe Ausschreitungen fast völlig
vermieden und nicht um Beute, sondern um Rechte gestritten. Später hat er
in Wort und Schrift die Unabhängigkeit von Florenz gegen die drohende
Tyrannis des mailändischen Visconti verteidigt. Die Staatsschreiben, die
während des Menschenalters von 1375 bis 1406 von Florenz ausgegangen
sind und mehrere dicke Foliobände des toskanischen Staatsarchivs bilden, sind
wohl alle von Coluccios Hand; sie wirkten nicht nur durch die Wucht der
Gedanken und die Majestät des Stils, sondern vor allem durch die überall
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