Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Beteiligung der Schule an den Aufgaben der Gegenwart

Duckmäuserei und Angstmeierei erkauft wird, in denen "der Starke nicht mutig
zurückweicht." Ist kein solcher Friede zu haben, dann lieber den Krieg!
Er würde wie vordem wieder ein heldenmütiges, einiges Volk von Brüdern,
ein Sturmgebraus und "einen Ruf wie Donnerhall" in Deutschland finden.
Würde eine Sprache in diesem Sinne an den entscheidenden Stellen geführt,
so würden die Herren Franzosen, die sich vor nichts auf der Welt so fürchten,
wie vor den: abermaligen Losbruch des deutschen vraquöinsut,, und die Pan-
slawisten wohl ruhig werden! Wollen sie aber nicht ruhig sein, dann nicht!

Ist nicht schließlich ein einmaliger Riesenkampf, ein furchtbares, aber bald
beendigtes Ringen besser, als der sich durch Jahrzehnte hindurchziehende so¬
genannte Friede, als die stetig zunehmenden Rüstungen, das nie aufhörende
Hangen und Bangen und Sorgen, ob morgen, ob übermorgen, ob künftiges
Jahr noch Friede sein wird, ob wir noch Verbündete haben werden, ob es
diesen im Dreibunde wohl oder nicht Wohl ist? Jedenfalls wäre es für das
Gemüt, für die Stimmung des Volks, für den Grundton des ganzen deutschen
Volkslebens unendlich wohlthuend und erhebend, wenn man an der Sprache
und den Handlungen der Regierungen merkte: wir wollen zwar friedlich sein,
aber nur gegen den auch friedlich auftretenden Nachbar, wir wollen aber
keinen Frieden, der nur dadurch aufrecht zu erhalten ist, daß wir uns fort¬
während von feindlichen Nachbarn bedrängen und mißhandeln lassen.




Die Beteiligung der schule an den Aufgaben
der Gegenwart

or einigen Wochen wurde an dieser Stelle die Frage aufgeworfen,
woher es wohl komme, daß der Nachwuchs der Nation, sobald
er der Schule den Rücken wende, in einem bedeutenden Bruch¬
teil, wenn uicht gar in seiner Mehrheit alles abzuschütteln oder
in den Staub zu treten pflege, was man sonst unter dem Namen
der Ideale als des Menschenlebens köstlichsten Besitz verehrte. Aus dieser
Frage klang dem Leser ein Vorwurf entgegen, den er in den letzten Jahren
oft gehört haben wird, der Vorwurf, daß die deutsche Staatsschule den schweren
Aufgaben, die ihr von der Gegenwart gestellt werden, nicht mehr gewachsen
sei. Wer jedoch so wie wir von der Bedeutung der Schule, von dem Wert
ihrer Mitarbeit an der Lösung sozialer Aufgaben und -- wir dürfen es sagen --
von dem hingebenden Eifer und der hohen Berufstreue des deutschen Lehrer¬
standes überzeugt ist, dem konnte es nicht entgehen, daß die Spitze jener Klagen


Die Beteiligung der Schule an den Aufgaben der Gegenwart

Duckmäuserei und Angstmeierei erkauft wird, in denen „der Starke nicht mutig
zurückweicht." Ist kein solcher Friede zu haben, dann lieber den Krieg!
Er würde wie vordem wieder ein heldenmütiges, einiges Volk von Brüdern,
ein Sturmgebraus und „einen Ruf wie Donnerhall" in Deutschland finden.
Würde eine Sprache in diesem Sinne an den entscheidenden Stellen geführt,
so würden die Herren Franzosen, die sich vor nichts auf der Welt so fürchten,
wie vor den: abermaligen Losbruch des deutschen vraquöinsut,, und die Pan-
slawisten wohl ruhig werden! Wollen sie aber nicht ruhig sein, dann nicht!

Ist nicht schließlich ein einmaliger Riesenkampf, ein furchtbares, aber bald
beendigtes Ringen besser, als der sich durch Jahrzehnte hindurchziehende so¬
genannte Friede, als die stetig zunehmenden Rüstungen, das nie aufhörende
Hangen und Bangen und Sorgen, ob morgen, ob übermorgen, ob künftiges
Jahr noch Friede sein wird, ob wir noch Verbündete haben werden, ob es
diesen im Dreibunde wohl oder nicht Wohl ist? Jedenfalls wäre es für das
Gemüt, für die Stimmung des Volks, für den Grundton des ganzen deutschen
Volkslebens unendlich wohlthuend und erhebend, wenn man an der Sprache
und den Handlungen der Regierungen merkte: wir wollen zwar friedlich sein,
aber nur gegen den auch friedlich auftretenden Nachbar, wir wollen aber
keinen Frieden, der nur dadurch aufrecht zu erhalten ist, daß wir uns fort¬
während von feindlichen Nachbarn bedrängen und mißhandeln lassen.




Die Beteiligung der schule an den Aufgaben
der Gegenwart

or einigen Wochen wurde an dieser Stelle die Frage aufgeworfen,
woher es wohl komme, daß der Nachwuchs der Nation, sobald
er der Schule den Rücken wende, in einem bedeutenden Bruch¬
teil, wenn uicht gar in seiner Mehrheit alles abzuschütteln oder
in den Staub zu treten pflege, was man sonst unter dem Namen
der Ideale als des Menschenlebens köstlichsten Besitz verehrte. Aus dieser
Frage klang dem Leser ein Vorwurf entgegen, den er in den letzten Jahren
oft gehört haben wird, der Vorwurf, daß die deutsche Staatsschule den schweren
Aufgaben, die ihr von der Gegenwart gestellt werden, nicht mehr gewachsen
sei. Wer jedoch so wie wir von der Bedeutung der Schule, von dem Wert
ihrer Mitarbeit an der Lösung sozialer Aufgaben und — wir dürfen es sagen —
von dem hingebenden Eifer und der hohen Berufstreue des deutschen Lehrer¬
standes überzeugt ist, dem konnte es nicht entgehen, daß die Spitze jener Klagen


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0543" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/214998"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Beteiligung der Schule an den Aufgaben der Gegenwart</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_2075" prev="#ID_2074"> Duckmäuserei und Angstmeierei erkauft wird, in denen &#x201E;der Starke nicht mutig<lb/>
zurückweicht." Ist kein solcher Friede zu haben, dann lieber den Krieg!<lb/>
Er würde wie vordem wieder ein heldenmütiges, einiges Volk von Brüdern,<lb/>
ein Sturmgebraus und &#x201E;einen Ruf wie Donnerhall" in Deutschland finden.<lb/>
Würde eine Sprache in diesem Sinne an den entscheidenden Stellen geführt,<lb/>
so würden die Herren Franzosen, die sich vor nichts auf der Welt so fürchten,<lb/>
wie vor den: abermaligen Losbruch des deutschen vraquöinsut,, und die Pan-<lb/>
slawisten wohl ruhig werden! Wollen sie aber nicht ruhig sein, dann nicht!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2076"> Ist nicht schließlich ein einmaliger Riesenkampf, ein furchtbares, aber bald<lb/>
beendigtes Ringen besser, als der sich durch Jahrzehnte hindurchziehende so¬<lb/>
genannte Friede, als die stetig zunehmenden Rüstungen, das nie aufhörende<lb/>
Hangen und Bangen und Sorgen, ob morgen, ob übermorgen, ob künftiges<lb/>
Jahr noch Friede sein wird, ob wir noch Verbündete haben werden, ob es<lb/>
diesen im Dreibunde wohl oder nicht Wohl ist? Jedenfalls wäre es für das<lb/>
Gemüt, für die Stimmung des Volks, für den Grundton des ganzen deutschen<lb/>
Volkslebens unendlich wohlthuend und erhebend, wenn man an der Sprache<lb/>
und den Handlungen der Regierungen merkte: wir wollen zwar friedlich sein,<lb/>
aber nur gegen den auch friedlich auftretenden Nachbar, wir wollen aber<lb/>
keinen Frieden, der nur dadurch aufrecht zu erhalten ist, daß wir uns fort¬<lb/>
während von feindlichen Nachbarn bedrängen und mißhandeln lassen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die Beteiligung der schule an den Aufgaben<lb/>
der Gegenwart</head><lb/>
          <p xml:id="ID_2077" next="#ID_2078"> or einigen Wochen wurde an dieser Stelle die Frage aufgeworfen,<lb/>
woher es wohl komme, daß der Nachwuchs der Nation, sobald<lb/>
er der Schule den Rücken wende, in einem bedeutenden Bruch¬<lb/>
teil, wenn uicht gar in seiner Mehrheit alles abzuschütteln oder<lb/>
in den Staub zu treten pflege, was man sonst unter dem Namen<lb/>
der Ideale als des Menschenlebens köstlichsten Besitz verehrte. Aus dieser<lb/>
Frage klang dem Leser ein Vorwurf entgegen, den er in den letzten Jahren<lb/>
oft gehört haben wird, der Vorwurf, daß die deutsche Staatsschule den schweren<lb/>
Aufgaben, die ihr von der Gegenwart gestellt werden, nicht mehr gewachsen<lb/>
sei. Wer jedoch so wie wir von der Bedeutung der Schule, von dem Wert<lb/>
ihrer Mitarbeit an der Lösung sozialer Aufgaben und &#x2014; wir dürfen es sagen &#x2014;<lb/>
von dem hingebenden Eifer und der hohen Berufstreue des deutschen Lehrer¬<lb/>
standes überzeugt ist, dem konnte es nicht entgehen, daß die Spitze jener Klagen</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0543] Die Beteiligung der Schule an den Aufgaben der Gegenwart Duckmäuserei und Angstmeierei erkauft wird, in denen „der Starke nicht mutig zurückweicht." Ist kein solcher Friede zu haben, dann lieber den Krieg! Er würde wie vordem wieder ein heldenmütiges, einiges Volk von Brüdern, ein Sturmgebraus und „einen Ruf wie Donnerhall" in Deutschland finden. Würde eine Sprache in diesem Sinne an den entscheidenden Stellen geführt, so würden die Herren Franzosen, die sich vor nichts auf der Welt so fürchten, wie vor den: abermaligen Losbruch des deutschen vraquöinsut,, und die Pan- slawisten wohl ruhig werden! Wollen sie aber nicht ruhig sein, dann nicht! Ist nicht schließlich ein einmaliger Riesenkampf, ein furchtbares, aber bald beendigtes Ringen besser, als der sich durch Jahrzehnte hindurchziehende so¬ genannte Friede, als die stetig zunehmenden Rüstungen, das nie aufhörende Hangen und Bangen und Sorgen, ob morgen, ob übermorgen, ob künftiges Jahr noch Friede sein wird, ob wir noch Verbündete haben werden, ob es diesen im Dreibunde wohl oder nicht Wohl ist? Jedenfalls wäre es für das Gemüt, für die Stimmung des Volks, für den Grundton des ganzen deutschen Volkslebens unendlich wohlthuend und erhebend, wenn man an der Sprache und den Handlungen der Regierungen merkte: wir wollen zwar friedlich sein, aber nur gegen den auch friedlich auftretenden Nachbar, wir wollen aber keinen Frieden, der nur dadurch aufrecht zu erhalten ist, daß wir uns fort¬ während von feindlichen Nachbarn bedrängen und mißhandeln lassen. Die Beteiligung der schule an den Aufgaben der Gegenwart or einigen Wochen wurde an dieser Stelle die Frage aufgeworfen, woher es wohl komme, daß der Nachwuchs der Nation, sobald er der Schule den Rücken wende, in einem bedeutenden Bruch¬ teil, wenn uicht gar in seiner Mehrheit alles abzuschütteln oder in den Staub zu treten pflege, was man sonst unter dem Namen der Ideale als des Menschenlebens köstlichsten Besitz verehrte. Aus dieser Frage klang dem Leser ein Vorwurf entgegen, den er in den letzten Jahren oft gehört haben wird, der Vorwurf, daß die deutsche Staatsschule den schweren Aufgaben, die ihr von der Gegenwart gestellt werden, nicht mehr gewachsen sei. Wer jedoch so wie wir von der Bedeutung der Schule, von dem Wert ihrer Mitarbeit an der Lösung sozialer Aufgaben und — wir dürfen es sagen — von dem hingebenden Eifer und der hohen Berufstreue des deutschen Lehrer¬ standes überzeugt ist, dem konnte es nicht entgehen, daß die Spitze jener Klagen

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_214455
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_214455/543
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_214455/543>, abgerufen am 23.07.2024.