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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr.

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Die Militärvorlage lind der Antrag Bennigsen

Ausbildung der erst im April eintretenden Einjährig-Freiwilligen, sowie des
Nachersatzcs für die Truppen sorgen.

Alle diese störenden Nebengeschäfte sollen min den ordentlichen Feld¬
bataillonen abgenommen und einem für jedes Regiment zu bildenden vierten
Bataillon zugewiesen werden. Dadurch glaubt man, die Ausbildung der
Truppen in den Feldbataillonen so steigern zu können, daß ein zweijähriger
Dienst ausreicht.

Diese vierten Bataillone sollen dann auch eine Kompagnieschule abgeben
und ferner den Rahmen für die sogenannten Ersatzbataillone bilden. Als
solche sollen sie in jedem Sommer die einberufnen Mannschaften des Beur¬
laubtenstandes aufnehmen und mit diesen die Bataillonsschule wieder durch¬
machen, auch im Negimentsverband zum Feldmanöver mit ausrücken. Hier¬
durch soll für den Fall der Mobilmachung der große Vorteil erreicht werden,
daß in dem vierten Bataillon mit den ihm angehörenden aktiven Offizieren
für die Ersatzbataillone ein fester Nahmen gegeben ist, in den sich diese ein¬
reihen können, und daß deshalb die Feldbataillone nicht durch Abgabe der
Führer für die Ersatzbataillone gestört und geschwächt werden.^)

Durch das alles würde die Schnelligkeit der Mobilmachung und die
Fähigkeit, sofort einen ersten Stoß zu führen, in hohem Grade erhöht werden.

Für diese vierten Bataillone werden nun 6228 Unteroffiziere und 27507
jährlich einzustellende Rekruten gefordert.

Bei den Verhandlungen in der Militürkommission trat die große Be¬
deutung der vierten Bataillone immer mehr in den Vordergrund. Ihr Nutzen
wurde so überzeugend dargethan, daß selbst der freisinnige Abgeordnete Hinze
(früher Offizier) sich "im Prinzip" unbedingt zu ihren Gunsten erklärte.

Weiter fordert die Heeresverwaltung zum Ausgleich für das wegfallende
dritte Dienstjahr eine Vergrößerung der Feldbataillone. Diese haben bisher
eine verschiedne Stärke von 560, 600 und 660 Mann gehabt. Nun sollen
viele der bisher auf einen geringern Bestand gesetzten Bataillone auf einen
höhern Bestand, namentlich alle an den Grenzen stehenden Bataillone auf den
höchsten Bestand gebracht werden. Es wird gesagt, daß beim Wegfall des
dritten Dienstjahres die Mannschaft der übrig bleibenden "alten Leute" bei
schwach besetzten Bataillonen zu gering sei, einen festen Stützpunkt für die
Schulung der Rekruten abzugeben, und daß namentlich bei einer Mobil¬
machung im Winter (also noch vor völliger Ausbildung der im Herbst ein¬
gestellten Rekruten) die Ansrückestärke der Bataillone ohne deren Vergrößerung
zu schwach sein würde. Man wird aber wohl nicht fehl gehen, wenn man



Die Angaben der Broschüre über die Zwecke der vierten Bataillone werden in der
Norddeutschen Allgemeinen Zeitung als unrichtig bezeichnet. Welche Zwecke nun aber die
Bataillone eigentlich haben, läßt sich auch aus der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung nicht
nar erkennen.
Die Militärvorlage lind der Antrag Bennigsen

Ausbildung der erst im April eintretenden Einjährig-Freiwilligen, sowie des
Nachersatzcs für die Truppen sorgen.

Alle diese störenden Nebengeschäfte sollen min den ordentlichen Feld¬
bataillonen abgenommen und einem für jedes Regiment zu bildenden vierten
Bataillon zugewiesen werden. Dadurch glaubt man, die Ausbildung der
Truppen in den Feldbataillonen so steigern zu können, daß ein zweijähriger
Dienst ausreicht.

Diese vierten Bataillone sollen dann auch eine Kompagnieschule abgeben
und ferner den Rahmen für die sogenannten Ersatzbataillone bilden. Als
solche sollen sie in jedem Sommer die einberufnen Mannschaften des Beur¬
laubtenstandes aufnehmen und mit diesen die Bataillonsschule wieder durch¬
machen, auch im Negimentsverband zum Feldmanöver mit ausrücken. Hier¬
durch soll für den Fall der Mobilmachung der große Vorteil erreicht werden,
daß in dem vierten Bataillon mit den ihm angehörenden aktiven Offizieren
für die Ersatzbataillone ein fester Nahmen gegeben ist, in den sich diese ein¬
reihen können, und daß deshalb die Feldbataillone nicht durch Abgabe der
Führer für die Ersatzbataillone gestört und geschwächt werden.^)

Durch das alles würde die Schnelligkeit der Mobilmachung und die
Fähigkeit, sofort einen ersten Stoß zu führen, in hohem Grade erhöht werden.

Für diese vierten Bataillone werden nun 6228 Unteroffiziere und 27507
jährlich einzustellende Rekruten gefordert.

Bei den Verhandlungen in der Militürkommission trat die große Be¬
deutung der vierten Bataillone immer mehr in den Vordergrund. Ihr Nutzen
wurde so überzeugend dargethan, daß selbst der freisinnige Abgeordnete Hinze
(früher Offizier) sich „im Prinzip" unbedingt zu ihren Gunsten erklärte.

Weiter fordert die Heeresverwaltung zum Ausgleich für das wegfallende
dritte Dienstjahr eine Vergrößerung der Feldbataillone. Diese haben bisher
eine verschiedne Stärke von 560, 600 und 660 Mann gehabt. Nun sollen
viele der bisher auf einen geringern Bestand gesetzten Bataillone auf einen
höhern Bestand, namentlich alle an den Grenzen stehenden Bataillone auf den
höchsten Bestand gebracht werden. Es wird gesagt, daß beim Wegfall des
dritten Dienstjahres die Mannschaft der übrig bleibenden „alten Leute" bei
schwach besetzten Bataillonen zu gering sei, einen festen Stützpunkt für die
Schulung der Rekruten abzugeben, und daß namentlich bei einer Mobil¬
machung im Winter (also noch vor völliger Ausbildung der im Herbst ein¬
gestellten Rekruten) die Ansrückestärke der Bataillone ohne deren Vergrößerung
zu schwach sein würde. Man wird aber wohl nicht fehl gehen, wenn man



Die Angaben der Broschüre über die Zwecke der vierten Bataillone werden in der
Norddeutschen Allgemeinen Zeitung als unrichtig bezeichnet. Welche Zwecke nun aber die
Bataillone eigentlich haben, läßt sich auch aus der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung nicht
nar erkennen.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_214455/175>, abgerufen am 03.07.2024.