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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr.

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Kepler, noch Ren'to", "och Lavoisier, noch K'a"t, "och Schiller, noch Alexander
von Hnnibvldt, noch Professor Weber in Göttingen, der Erfinder des elek¬
trische" Telegraphen, habe" z" de" reiche" Leute" ihrer Zeit gehört, und
Stephenson u"d Watt sind wenigstens nicht sehr reich gestorben. Nicht einmal
die größten Staatsmänner Pflegen die reichsten Leute ihrer Zeit und ihres
Volles zu sei", obwohl sich bei ihnen die Forderung, das Schicksal oder die
Gesellschaftsverfassn"g müsse dem größte" Talent oder Genie den größte"
Reichtum zuleiten, uoch am ehesten begrmiden ließe, weil ja der leitende
Staatsmann der mächtigste Man" im Staate ist, u"d Geld sowohl als Macht¬
mittel wie als Frucht der Macht von dieser unzertrennlich erscheint. Niemand
hält jedoch deu Kardinal Mnzarin deswegen, weil er unermeßlich reich ge¬
storben ist, sür größer als Richelieu, und dieser hätte unbeschadet seiner Er¬
folge und seines Ruhmes ärmer bleibe" könne", als er geblieben ist. Nicht
die höchste geistige Begabung und Thätigkeit, sondern erst die zweithöchste, die
des Unternehmers, Pflegt zum Reichtum zu führen, und wenn wir diese
wiederum uach der innern Schwierigkeit und dem Kulturwert ihrer Leistungen
abstufen, so' steht der dadurch erworbne Reichtum oft genug nicht im geraden,
sondern in: umgekehrten Verhältnis zu den verschiednen Stufen. Viele Papier¬
müller sind reich geworden, nnr gerade der eine nicht, dem die epochemachende
Erfindung des Leimeus zu verdanken ist, M. F. Jllig. I" eilizelnen Fällen
wird das Verdienst schöpferischer Gründung, genialer Verbesserung und Lei¬
tung mit angemessenen Reichtum belohnt, im allgemeinen aber kommt der
Spekttlant rascher vorwärts und bringts weiter, als der verdienstvollste Fabri¬
kant. Es heißt den Charakter der Arbeit wie der Nationen gründlich ver¬
kenne", wenn Wolf schreibt: "Wie bei den Kulturnationen eine unter Um¬
ständen nicht geringe Anzahl Arbeiter "mit schwachem Gelingen" zu verzeichnen
sind, giebt es auch da ganze Nationen, die dieses Prädikat verdienen. Bereits
dem Südeuropüer fehlt die kolossale Arbeitseuergie des Engländers, eine nicht
mehr physische Eigenschaft, die dessen exekutive Arbeit als die in Wahrheit
höchststehende charakterisirt." Es ist einfach nicht wahr, daß der englische
Handarbeiter, denn dessen Leistung ist mit der exekutiven Arbeit gemeint, die
höchste Arbeitseuergie bethätige; er besitzt nur die Fähigkeit, einseitiger als die
Angehörigen aller andern Nationen zu arbeiten, reiner Automat zu werdeu,
und diese Eigenschaft scheint ihm nicht von Haus aus eigen, sondern mit Hunger
und Peitsche angedrillt zu sein, denn nach dem Zeugnisse der Shakespearischen
Schauspiele muß der Engländer früherer Zeit ein so vollsiuuiger und viel¬
seitiger Mensch gewesen sein wie der deutsche; hat er sich doch auch gegen die
Art Arbeitsenergie, die man ihm beim Übergang zum Maschiuenbetrieb au-
drillte, mit Mord und Brand gewehrt. Was aber die schöpferische und die
dispositive Arbeit der Engländer anlangt, so zeichnet sich die erstere vor der
der übrigen Völker dadurch aus, daß sie fast ausschließlich auf Dinge ver-


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Kepler, noch Ren'to», »och Lavoisier, noch K'a»t, »och Schiller, noch Alexander
von Hnnibvldt, noch Professor Weber in Göttingen, der Erfinder des elek¬
trische» Telegraphen, habe» z» de» reiche» Leute» ihrer Zeit gehört, und
Stephenson u»d Watt sind wenigstens nicht sehr reich gestorben. Nicht einmal
die größten Staatsmänner Pflegen die reichsten Leute ihrer Zeit und ihres
Volles zu sei», obwohl sich bei ihnen die Forderung, das Schicksal oder die
Gesellschaftsverfassn»g müsse dem größte» Talent oder Genie den größte»
Reichtum zuleiten, uoch am ehesten begrmiden ließe, weil ja der leitende
Staatsmann der mächtigste Man» im Staate ist, u»d Geld sowohl als Macht¬
mittel wie als Frucht der Macht von dieser unzertrennlich erscheint. Niemand
hält jedoch deu Kardinal Mnzarin deswegen, weil er unermeßlich reich ge¬
storben ist, sür größer als Richelieu, und dieser hätte unbeschadet seiner Er¬
folge und seines Ruhmes ärmer bleibe» könne», als er geblieben ist. Nicht
die höchste geistige Begabung und Thätigkeit, sondern erst die zweithöchste, die
des Unternehmers, Pflegt zum Reichtum zu führen, und wenn wir diese
wiederum uach der innern Schwierigkeit und dem Kulturwert ihrer Leistungen
abstufen, so' steht der dadurch erworbne Reichtum oft genug nicht im geraden,
sondern in: umgekehrten Verhältnis zu den verschiednen Stufen. Viele Papier¬
müller sind reich geworden, nnr gerade der eine nicht, dem die epochemachende
Erfindung des Leimeus zu verdanken ist, M. F. Jllig. I» eilizelnen Fällen
wird das Verdienst schöpferischer Gründung, genialer Verbesserung und Lei¬
tung mit angemessenen Reichtum belohnt, im allgemeinen aber kommt der
Spekttlant rascher vorwärts und bringts weiter, als der verdienstvollste Fabri¬
kant. Es heißt den Charakter der Arbeit wie der Nationen gründlich ver¬
kenne», wenn Wolf schreibt: „Wie bei den Kulturnationen eine unter Um¬
ständen nicht geringe Anzahl Arbeiter »mit schwachem Gelingen« zu verzeichnen
sind, giebt es auch da ganze Nationen, die dieses Prädikat verdienen. Bereits
dem Südeuropüer fehlt die kolossale Arbeitseuergie des Engländers, eine nicht
mehr physische Eigenschaft, die dessen exekutive Arbeit als die in Wahrheit
höchststehende charakterisirt." Es ist einfach nicht wahr, daß der englische
Handarbeiter, denn dessen Leistung ist mit der exekutiven Arbeit gemeint, die
höchste Arbeitseuergie bethätige; er besitzt nur die Fähigkeit, einseitiger als die
Angehörigen aller andern Nationen zu arbeiten, reiner Automat zu werdeu,
und diese Eigenschaft scheint ihm nicht von Haus aus eigen, sondern mit Hunger
und Peitsche angedrillt zu sein, denn nach dem Zeugnisse der Shakespearischen
Schauspiele muß der Engländer früherer Zeit ein so vollsiuuiger und viel¬
seitiger Mensch gewesen sein wie der deutsche; hat er sich doch auch gegen die
Art Arbeitsenergie, die man ihm beim Übergang zum Maschiuenbetrieb au-
drillte, mit Mord und Brand gewehrt. Was aber die schöpferische und die
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_213791/626>, abgerufen am 26.06.2024.