Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr.Das Journal von Tiefurt Du, Treue, verlässest Ein andres Gedicht unter der Aufschrift ,,Nach dein Griechischen" -- der Ver¬ Und von der Bewunderung, die dem Goethischen Faust entgegengebracht wurde, Derartige kleine Seitenhiebe auf den oder jenen Mitarbeiter, scherzhafte Das Journal von Tiefurt Du, Treue, verlässest Ein andres Gedicht unter der Aufschrift ,,Nach dein Griechischen" — der Ver¬ Und von der Bewunderung, die dem Goethischen Faust entgegengebracht wurde, Derartige kleine Seitenhiebe auf den oder jenen Mitarbeiter, scherzhafte <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0336" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/214128"/> <fw type="header" place="top"> Das Journal von Tiefurt</fw><lb/> <quote> Du, Treue, verlässest<lb/> Keinen, der lieb dich hält.<lb/> Ist alles fliehend und täuschend,<lb/> So bist du doch wahr und beständig.</quote><lb/> <p xml:id="ID_1146" prev="#ID_1145" next="#ID_1147"> Ein andres Gedicht unter der Aufschrift ,,Nach dein Griechischen" — der Ver¬<lb/> fasser ist unbekannt — verbindet mit großer Schlichtheit fast Goethischen<lb/> Wohllaut:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_14" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_1147" prev="#ID_1146"> Und von der Bewunderung, die dem Goethischen Faust entgegengebracht wurde,<lb/> zeugt im Journal nicht nur jene Anspielung des Herzogs Karl August, sondern<lb/> auch das von Seckendorff gedichtete „Zauberspiel," dessen „Prologus" den<lb/> ersten Monolog Fausts parodirt!</p><lb/> <p xml:id="ID_1148" next="#ID_1149"> Derartige kleine Seitenhiebe auf den oder jenen Mitarbeiter, scherzhafte<lb/> Anspielungen und Neckereien waren unter den „Journalisten in Tiefurt" be¬<lb/> liebt. Am meisten hatte die kleine Göchhausen darunter zu leiden. Schon im<lb/> zweiten Stücke wird für sie, die eifrige Mineralogin, der berühmte, aber be¬<lb/> kanntermaßen äußerst seltne Stein der Weisen gesucht, wofür „allmöglicher" ge¬<lb/> bührender Dank, „jedoch ihren jungfräulichen Ehren in allewege unbeschadet"<lb/> verheißen wird. Die Jungfrau 1^. in Wielands Besprechung des Schatten¬<lb/> spiels „Minervens Geburt" soll wohl ebenfalls die Göchhausen sein, die frei¬<lb/> lich mit ihrer etwas verwachsenen Gestalt wenig Ähnlichkeit mit der „medi-<lb/> ceischen Venus" besaß. Fast zu weit gehn die Neckereien und Anzüglichkeiten,<lb/> die Einsiedel gegen sie richtet, doch darf man nicht vergessen, daß sich die<lb/> Göchhausen gern necken ließ, und daß vor hundert Jahren die Grenze des Er¬<lb/> laubten weiter gesteckt war als jetzt. Auch der „schöne" Wedel muß sich in<lb/> einer Charade auf seinen eignen Namen durchhecheln lassen, und Wieland mit<lb/> seinem Teutschen Merkur bekommt ebenfalls nicht bloß erfreuliches zu hören.<lb/> Um so mehr wird ihn folgende Charade geschmeichelt haben, deren Verfasser</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0336]
Das Journal von Tiefurt
Du, Treue, verlässest
Keinen, der lieb dich hält.
Ist alles fliehend und täuschend,
So bist du doch wahr und beständig.
Ein andres Gedicht unter der Aufschrift ,,Nach dein Griechischen" — der Ver¬
fasser ist unbekannt — verbindet mit großer Schlichtheit fast Goethischen
Wohllaut:
Und von der Bewunderung, die dem Goethischen Faust entgegengebracht wurde,
zeugt im Journal nicht nur jene Anspielung des Herzogs Karl August, sondern
auch das von Seckendorff gedichtete „Zauberspiel," dessen „Prologus" den
ersten Monolog Fausts parodirt!
Derartige kleine Seitenhiebe auf den oder jenen Mitarbeiter, scherzhafte
Anspielungen und Neckereien waren unter den „Journalisten in Tiefurt" be¬
liebt. Am meisten hatte die kleine Göchhausen darunter zu leiden. Schon im
zweiten Stücke wird für sie, die eifrige Mineralogin, der berühmte, aber be¬
kanntermaßen äußerst seltne Stein der Weisen gesucht, wofür „allmöglicher" ge¬
bührender Dank, „jedoch ihren jungfräulichen Ehren in allewege unbeschadet"
verheißen wird. Die Jungfrau 1^. in Wielands Besprechung des Schatten¬
spiels „Minervens Geburt" soll wohl ebenfalls die Göchhausen sein, die frei¬
lich mit ihrer etwas verwachsenen Gestalt wenig Ähnlichkeit mit der „medi-
ceischen Venus" besaß. Fast zu weit gehn die Neckereien und Anzüglichkeiten,
die Einsiedel gegen sie richtet, doch darf man nicht vergessen, daß sich die
Göchhausen gern necken ließ, und daß vor hundert Jahren die Grenze des Er¬
laubten weiter gesteckt war als jetzt. Auch der „schöne" Wedel muß sich in
einer Charade auf seinen eignen Namen durchhecheln lassen, und Wieland mit
seinem Teutschen Merkur bekommt ebenfalls nicht bloß erfreuliches zu hören.
Um so mehr wird ihn folgende Charade geschmeichelt haben, deren Verfasser
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