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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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In dieser Beziehung kommt zunächst in Betracht, daß an der Unklarheit
des Verhältnisses, unter deren Einfluß die Angeklagten handelten, Alters selbst
eine wesentliche Mitschuld traf. Es kommt ferner in Betracht, daß die Firma
Conitzer, wenn sie für die Zeichnungen an Fischer sechshundert Mark bezahlt
und für Herstellung der Mappe viertausendfünfhundert Mark aufgewendet,
dann aber bis zu dem Auftreten von Alters mir dreihundert Stück abgesetzt
hatte, schon durch die Unterdrückung der Mappe nach buchhändlerischer Be¬
rechnung eine Einbuße erlitt. Wenn dazu noch, neben der Verurteilung in
die Kosten des Verfahrens, eine geringe Geldstrafe gekommen wäre, so wäre
damit die Schuld der Angeklagten in vollem Maße gesühnt gewesen. Statt
dessen hat das Gericht jedem der Angeklagten eine Geldstrafe zuerkannt, die
es selbst als eine "hohe" bezeichnet, eine Strafe von eintausendfünfhundert
Mark, "weil der künstlerische Ruf des Malers Alters nach dem Gutachten der
Sachverständigen durch Herausgabe des Amateurphotvgraphen eine Zeit lang
eine erhebliche Einbuße erlitten habe."

Wir müssen hier zunächst die Frage auswerfen: Für welche Zeit soll denn
Alters, und zwar ohne seine eigne Schuld, Einbuße an seinem Künstlerruf er¬
litten haben? Es liegt auf der Hand, daß Alters, sobald er die Herausgabe
der Mappe erfuhr, ein sehr einfaches Mittel hatte, der Beeinträchtigung seines
Rufes entgegenzutreten, indem er durch eine öffentliche Erklärung die Heraus¬
gabe der Mappe von sich ablehnte. Alters hat von diesem Mittel auch zu
Anfang November Gebrauch gemacht. Hat er denn aber erst zu dieser Zeit
von der Mappe erfahren? Die Angusta Viktoria kehrte innerhalb weniger
Monate nach Deutschland zurück. Ist Alters mit ihr zurückgekehrt, so hat er
gewiß auch sehr bald von dem Erscheinen der Mappe gehört. Aber auch
wenn er etwa -- es liegt dafür eine Andeutung im Urteile vor -- in Capri
zurückblieb und sich dort längere Zeit aufhielt: ist er denn von dort erst im
Spätherbst nach Deutschland zurückgekommen? Und selbst wenn dies der Fall
sein sollte: hat er während seines Aufenthalts in Capri nichts von der Her¬
ausgabe der Mappe erfahren? Haben seine Verleger, Griese und Bohsen, die
doch so verwundert und entrüstet über die neue Mappe waren, nicht an ihn
geschrieben und ihn benachrichtigt? Es ist ja möglich, daß sich alle diese
Fragen zu Gunsten von Alters erledigen. Aber sie hätten doch einer Aufklärung
bedurft, die sie, so weit das Urteil erkennen läßt, nicht gefunden haben. Wenn
Alters, nachdem er von der Mappe erfahren hatte, monatelang still gesessen
haben sollte, so würde ihn bei der angeblichen Beeiickrächtignng seines Kttnstler-
rufes eine schwere Mitschuld treffen, und in gleichem Maße würden die An¬
geklagten von dem gegen sie erhobnen Vorwurf entlastet werden.

Wir halte" aber auch die ganze "erhebliche Einbuße," die Alters an seinem
Künstlerrufc erlitten haben soll, für eine künstlich aufgebauschte imaginäre
Größe. Hätte die Firma Conitzer Bilder, die von irgend einem Stümper her-


Li» neuer Buchhcindlerpw;ef;

In dieser Beziehung kommt zunächst in Betracht, daß an der Unklarheit
des Verhältnisses, unter deren Einfluß die Angeklagten handelten, Alters selbst
eine wesentliche Mitschuld traf. Es kommt ferner in Betracht, daß die Firma
Conitzer, wenn sie für die Zeichnungen an Fischer sechshundert Mark bezahlt
und für Herstellung der Mappe viertausendfünfhundert Mark aufgewendet,
dann aber bis zu dem Auftreten von Alters mir dreihundert Stück abgesetzt
hatte, schon durch die Unterdrückung der Mappe nach buchhändlerischer Be¬
rechnung eine Einbuße erlitt. Wenn dazu noch, neben der Verurteilung in
die Kosten des Verfahrens, eine geringe Geldstrafe gekommen wäre, so wäre
damit die Schuld der Angeklagten in vollem Maße gesühnt gewesen. Statt
dessen hat das Gericht jedem der Angeklagten eine Geldstrafe zuerkannt, die
es selbst als eine „hohe" bezeichnet, eine Strafe von eintausendfünfhundert
Mark, „weil der künstlerische Ruf des Malers Alters nach dem Gutachten der
Sachverständigen durch Herausgabe des Amateurphotvgraphen eine Zeit lang
eine erhebliche Einbuße erlitten habe."

Wir müssen hier zunächst die Frage auswerfen: Für welche Zeit soll denn
Alters, und zwar ohne seine eigne Schuld, Einbuße an seinem Künstlerruf er¬
litten haben? Es liegt auf der Hand, daß Alters, sobald er die Herausgabe
der Mappe erfuhr, ein sehr einfaches Mittel hatte, der Beeinträchtigung seines
Rufes entgegenzutreten, indem er durch eine öffentliche Erklärung die Heraus¬
gabe der Mappe von sich ablehnte. Alters hat von diesem Mittel auch zu
Anfang November Gebrauch gemacht. Hat er denn aber erst zu dieser Zeit
von der Mappe erfahren? Die Angusta Viktoria kehrte innerhalb weniger
Monate nach Deutschland zurück. Ist Alters mit ihr zurückgekehrt, so hat er
gewiß auch sehr bald von dem Erscheinen der Mappe gehört. Aber auch
wenn er etwa — es liegt dafür eine Andeutung im Urteile vor — in Capri
zurückblieb und sich dort längere Zeit aufhielt: ist er denn von dort erst im
Spätherbst nach Deutschland zurückgekommen? Und selbst wenn dies der Fall
sein sollte: hat er während seines Aufenthalts in Capri nichts von der Her¬
ausgabe der Mappe erfahren? Haben seine Verleger, Griese und Bohsen, die
doch so verwundert und entrüstet über die neue Mappe waren, nicht an ihn
geschrieben und ihn benachrichtigt? Es ist ja möglich, daß sich alle diese
Fragen zu Gunsten von Alters erledigen. Aber sie hätten doch einer Aufklärung
bedurft, die sie, so weit das Urteil erkennen läßt, nicht gefunden haben. Wenn
Alters, nachdem er von der Mappe erfahren hatte, monatelang still gesessen
haben sollte, so würde ihn bei der angeblichen Beeiickrächtignng seines Kttnstler-
rufes eine schwere Mitschuld treffen, und in gleichem Maße würden die An¬
geklagten von dem gegen sie erhobnen Vorwurf entlastet werden.

Wir halte» aber auch die ganze „erhebliche Einbuße," die Alters an seinem
Künstlerrufc erlitten haben soll, für eine künstlich aufgebauschte imaginäre
Größe. Hätte die Firma Conitzer Bilder, die von irgend einem Stümper her-


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[0517] Li» neuer Buchhcindlerpw;ef; In dieser Beziehung kommt zunächst in Betracht, daß an der Unklarheit des Verhältnisses, unter deren Einfluß die Angeklagten handelten, Alters selbst eine wesentliche Mitschuld traf. Es kommt ferner in Betracht, daß die Firma Conitzer, wenn sie für die Zeichnungen an Fischer sechshundert Mark bezahlt und für Herstellung der Mappe viertausendfünfhundert Mark aufgewendet, dann aber bis zu dem Auftreten von Alters mir dreihundert Stück abgesetzt hatte, schon durch die Unterdrückung der Mappe nach buchhändlerischer Be¬ rechnung eine Einbuße erlitt. Wenn dazu noch, neben der Verurteilung in die Kosten des Verfahrens, eine geringe Geldstrafe gekommen wäre, so wäre damit die Schuld der Angeklagten in vollem Maße gesühnt gewesen. Statt dessen hat das Gericht jedem der Angeklagten eine Geldstrafe zuerkannt, die es selbst als eine „hohe" bezeichnet, eine Strafe von eintausendfünfhundert Mark, „weil der künstlerische Ruf des Malers Alters nach dem Gutachten der Sachverständigen durch Herausgabe des Amateurphotvgraphen eine Zeit lang eine erhebliche Einbuße erlitten habe." Wir müssen hier zunächst die Frage auswerfen: Für welche Zeit soll denn Alters, und zwar ohne seine eigne Schuld, Einbuße an seinem Künstlerruf er¬ litten haben? Es liegt auf der Hand, daß Alters, sobald er die Herausgabe der Mappe erfuhr, ein sehr einfaches Mittel hatte, der Beeinträchtigung seines Rufes entgegenzutreten, indem er durch eine öffentliche Erklärung die Heraus¬ gabe der Mappe von sich ablehnte. Alters hat von diesem Mittel auch zu Anfang November Gebrauch gemacht. Hat er denn aber erst zu dieser Zeit von der Mappe erfahren? Die Angusta Viktoria kehrte innerhalb weniger Monate nach Deutschland zurück. Ist Alters mit ihr zurückgekehrt, so hat er gewiß auch sehr bald von dem Erscheinen der Mappe gehört. Aber auch wenn er etwa — es liegt dafür eine Andeutung im Urteile vor — in Capri zurückblieb und sich dort längere Zeit aufhielt: ist er denn von dort erst im Spätherbst nach Deutschland zurückgekommen? Und selbst wenn dies der Fall sein sollte: hat er während seines Aufenthalts in Capri nichts von der Her¬ ausgabe der Mappe erfahren? Haben seine Verleger, Griese und Bohsen, die doch so verwundert und entrüstet über die neue Mappe waren, nicht an ihn geschrieben und ihn benachrichtigt? Es ist ja möglich, daß sich alle diese Fragen zu Gunsten von Alters erledigen. Aber sie hätten doch einer Aufklärung bedurft, die sie, so weit das Urteil erkennen läßt, nicht gefunden haben. Wenn Alters, nachdem er von der Mappe erfahren hatte, monatelang still gesessen haben sollte, so würde ihn bei der angeblichen Beeiickrächtignng seines Kttnstler- rufes eine schwere Mitschuld treffen, und in gleichem Maße würden die An¬ geklagten von dem gegen sie erhobnen Vorwurf entlastet werden. Wir halte» aber auch die ganze „erhebliche Einbuße," die Alters an seinem Künstlerrufc erlitten haben soll, für eine künstlich aufgebauschte imaginäre Größe. Hätte die Firma Conitzer Bilder, die von irgend einem Stümper her-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/517>, abgerufen am 22.12.2024.