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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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Lin neuer Buchhändlerprozeß

Einwilligung gegeben zur Verwendung der Bilder als Illustrationen (was
dann auch das Gericht angenommen hat), war also unhaltbar. Er hatte ein¬
gewilligt zu einer Sammlung der Bilder als Kunstblätter.

Aber freilich hatte er dieser Einwilligung die Beschränkung hinzugefügt:
"Wenns nur nicht so wichtig gemacht wird mit dem Dreck." Diese Äußerung
gab zu Zweifeln Veranlassung, dn sie an einer sichtlichen Übertreibung litt.
Wir tragen auch als Laien kein Bedenken, auszusprechen, daß die Bilder
durchaus kein "Dreck" sind, daß sie vielmehr zum größten Teile wohlaus¬
geführte charakteristische Darstellungen, ganz im Allersschcn Geiste, ent¬
halten. Wären sie wirklich nur "Dreck," wie würde sie dann Alters wohl
auch mir zu Illustrationen hergegeben haben? Denn auch aus diesen kaun
man ja den Wert einer Zeichnung vollkommen erkennen. Es lag also nahe,
jene Äußerung für nichts andres als eine in Künstlerlaune hingeworfne Phrase
übertriebner Bescheidenheit zu halten. Gewöhnlich nimmt es kein Künstler
übel, wenn man eine solche Äußerung nicht allzu ernst nimmt.

Gleichwohl war jener Satz doch so bestimmt allsgesprochen, daß sich ihm
die Firma Conitzer entweder fügen mußte oder nochmals bei Alters hätte an¬
fragen sollen. Es Hütte sich ja ohne Zweifel die Herausgabe der Bilder, auch
wenn sie als Kunstblätter herausgegeben werden sollten, in einer minder an¬
spruchsvollen Form gestalten lassen. Auch hätte dann ein geringerer Preis
für die Sammlung gestellt werden können, wodurch gleichfalls die Sache
minder "wichtig" gemacht worden wäre. Wo die einzuhaltende Grenze für
das "Wichtigmachcn" der Sache gelegen Hütte, ist vielleicht schwer zu sagen.
Jedenfalls aber hat die Firma Conitzer diese Grenze überschritten, indem sie
die Sammlung in einer Form herausgab, wie sie gar nicht "wichtiger" gemacht
werden konnte. Es hätte ihr hierbei anch das Bedenken kommen müssen, ob
denn Alters ohne jeden weitern Entgelt die Benutzung seiner Zeichnungen zu
einem Werke habe gestatten wollen, bei dein auf einen Gewinn von Tausenden
gerechnet war, und das überdies seinen frühern Werken unverkennbar Kon¬
kurrenz machte.

Wir köunen hiernach dem Gerichte erster Instanz nicht widersprechen,
wenn es angenommen hat, daß durch die Herausgabe der Mappe in der Form
eines "Prachtwcrks" die Allersschcn Rechte verletzt worden seien, und daß
Alters ein Recht aus Unterdrückung der Mappe gehabt habe. Von diesem
Standpunkt aus konnte man auch die Angeklagten für strafbar halten. Denn
wenn sie auch vielleicht, durch die humoristische Antwort von Alters verleitet,
in gutem Glauben gehandelt hätten, so läßt sich doch sagen, daß ihr Irrtum
nicht entschuldbar gewesen sei. Sie hätten als sorgfältige Geschäftsleute erst
anfragen müssen.

Alles kommt aber ans das Maß der Strafe an, die Wider die Angeklagten
zu erkennen war.


Lin neuer Buchhändlerprozeß

Einwilligung gegeben zur Verwendung der Bilder als Illustrationen (was
dann auch das Gericht angenommen hat), war also unhaltbar. Er hatte ein¬
gewilligt zu einer Sammlung der Bilder als Kunstblätter.

Aber freilich hatte er dieser Einwilligung die Beschränkung hinzugefügt:
„Wenns nur nicht so wichtig gemacht wird mit dem Dreck." Diese Äußerung
gab zu Zweifeln Veranlassung, dn sie an einer sichtlichen Übertreibung litt.
Wir tragen auch als Laien kein Bedenken, auszusprechen, daß die Bilder
durchaus kein „Dreck" sind, daß sie vielmehr zum größten Teile wohlaus¬
geführte charakteristische Darstellungen, ganz im Allersschcn Geiste, ent¬
halten. Wären sie wirklich nur „Dreck," wie würde sie dann Alters wohl
auch mir zu Illustrationen hergegeben haben? Denn auch aus diesen kaun
man ja den Wert einer Zeichnung vollkommen erkennen. Es lag also nahe,
jene Äußerung für nichts andres als eine in Künstlerlaune hingeworfne Phrase
übertriebner Bescheidenheit zu halten. Gewöhnlich nimmt es kein Künstler
übel, wenn man eine solche Äußerung nicht allzu ernst nimmt.

Gleichwohl war jener Satz doch so bestimmt allsgesprochen, daß sich ihm
die Firma Conitzer entweder fügen mußte oder nochmals bei Alters hätte an¬
fragen sollen. Es Hütte sich ja ohne Zweifel die Herausgabe der Bilder, auch
wenn sie als Kunstblätter herausgegeben werden sollten, in einer minder an¬
spruchsvollen Form gestalten lassen. Auch hätte dann ein geringerer Preis
für die Sammlung gestellt werden können, wodurch gleichfalls die Sache
minder „wichtig" gemacht worden wäre. Wo die einzuhaltende Grenze für
das „Wichtigmachcn" der Sache gelegen Hütte, ist vielleicht schwer zu sagen.
Jedenfalls aber hat die Firma Conitzer diese Grenze überschritten, indem sie
die Sammlung in einer Form herausgab, wie sie gar nicht „wichtiger" gemacht
werden konnte. Es hätte ihr hierbei anch das Bedenken kommen müssen, ob
denn Alters ohne jeden weitern Entgelt die Benutzung seiner Zeichnungen zu
einem Werke habe gestatten wollen, bei dein auf einen Gewinn von Tausenden
gerechnet war, und das überdies seinen frühern Werken unverkennbar Kon¬
kurrenz machte.

Wir köunen hiernach dem Gerichte erster Instanz nicht widersprechen,
wenn es angenommen hat, daß durch die Herausgabe der Mappe in der Form
eines „Prachtwcrks" die Allersschcn Rechte verletzt worden seien, und daß
Alters ein Recht aus Unterdrückung der Mappe gehabt habe. Von diesem
Standpunkt aus konnte man auch die Angeklagten für strafbar halten. Denn
wenn sie auch vielleicht, durch die humoristische Antwort von Alters verleitet,
in gutem Glauben gehandelt hätten, so läßt sich doch sagen, daß ihr Irrtum
nicht entschuldbar gewesen sei. Sie hätten als sorgfältige Geschäftsleute erst
anfragen müssen.

Alles kommt aber ans das Maß der Strafe an, die Wider die Angeklagten
zu erkennen war.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/516>, abgerufen am 23.07.2024.