Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.Bilder aus dein Unwersitätslebeii Sem ganzes Sündenregister wurde ihm dabei vorgehalten: daß er noch nie¬ Von allen diesen gegen Papendick gerichteten Borwürfen war ich unfrei¬ Papendick, sagte der Professor, da sehen Sie die Folgen! Ich habe es Eine Weile schwiegen beide, dann sagte Papendick etwas gedrückt: Die Ach was, nennen Sie mich nicht immer Herr Hauptmann. Das hat Daß dich die Schwercnot! rief Papendick mit zitternder Stimme, wenn Aber Mensch, erwiderte Weller, leben Sie doch vernünftig, dann braucht Ja, im Feldzuge, rief der Pedell wie vou einem Drucke befreit. Donner¬ Die Feldzugseriuneruug wirkte auf Professor Weller besänftigend; der Bilder aus dein Unwersitätslebeii Sem ganzes Sündenregister wurde ihm dabei vorgehalten: daß er noch nie¬ Von allen diesen gegen Papendick gerichteten Borwürfen war ich unfrei¬ Papendick, sagte der Professor, da sehen Sie die Folgen! Ich habe es Eine Weile schwiegen beide, dann sagte Papendick etwas gedrückt: Die Ach was, nennen Sie mich nicht immer Herr Hauptmann. Das hat Daß dich die Schwercnot! rief Papendick mit zitternder Stimme, wenn Aber Mensch, erwiderte Weller, leben Sie doch vernünftig, dann braucht Ja, im Feldzuge, rief der Pedell wie vou einem Drucke befreit. Donner¬ Die Feldzugseriuneruug wirkte auf Professor Weller besänftigend; der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0615" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/213091"/> <fw type="header" place="top"> Bilder aus dein Unwersitätslebeii</fw><lb/> <p xml:id="ID_2042" prev="#ID_2041"> Sem ganzes Sündenregister wurde ihm dabei vorgehalten: daß er noch nie¬<lb/> mals eine Mensur oder ein Duell angezeigt habe, obwohl er verschiedne ge¬<lb/> sehen und von verschiednen gehört haben müsse, daß er Aktenstücke des Uni¬<lb/> versitätsrichters verschleppt, mit den Studenten im Carcer Zechgelage abge¬<lb/> halten und an Königs Geburtstage vor dem in die Aula tretenden Zuge<lb/> der Professoren stark geschwankt habe. Das letztere hatte besonders bei den<lb/> ältern Univcrsitätsdamen Abscheu hervorgerufen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2043"> Von allen diesen gegen Papendick gerichteten Borwürfen war ich unfrei¬<lb/> williger Zeuge, als ich eines Tages Professor Weller einen Besuch macheu<lb/> wollte und im Vorzimmer eine Weile warten mußte.</p><lb/> <p xml:id="ID_2044"> Papendick, sagte der Professor, da sehen Sie die Folgen! Ich habe es<lb/> Ihnen immer gesagt, aber Sie haben auf meine Mahnungen nicht gehört.<lb/> Das Donnerwetter zieht jetzt über Ihrem Kopfe zusammen, und so leid es<lb/> mir thut, ich werde Sie kaum noch halten können.</p><lb/> <p xml:id="ID_2045"> Eine Weile schwiegen beide, dann sagte Papendick etwas gedrückt: Die<lb/> jungen Herren Gelehrten können einen alten Soldaten nicht leiden. Sehen<lb/> der Herr Hauptmann —</p><lb/> <p xml:id="ID_2046"> Ach was, nennen Sie mich nicht immer Herr Hauptmann. Das hat<lb/> auch schon Anlaß zur Klage gegeben.</p><lb/> <p xml:id="ID_2047"> Daß dich die Schwercnot! rief Papendick mit zitternder Stimme, wenn<lb/> ich das nicht mehr darf, dann Schmeiße ich den Herren das ganze Amt noch<lb/> heute vor die Füße. Ich Habs schon immer thun wollen. Die ewigen<lb/> Sticheleien, das Naserümpfen, das Husten der Frauenzimmer hinter meinem<lb/> Rucke», das Anranzeu der jungen Herren kriegt man auf die Dauer satt.<lb/> Aber ich dachte: wirst wegen Lieschen noch dabei bleiben und den Gehalt be¬<lb/> ziehen, damit das Mädel sich mal ne Aussteuer kaufen kaun. Sie ist jetzt<lb/> sechzehn Jahre, da wirds bald mit dem Heiraten losgehn. Herr Gott, sie<lb/> ist ja mein einziges Kind, Herr Hauptmann, und nach dein Tode meiner Fron<lb/> meine einzige Freude auf der Welt. Und Großvater möchte ich doch noch<lb/> werdeu, Herr Hauptmann, Großvater! Dann mag meinetwegen der Satan<lb/> mit mir abfahren.</p><lb/> <p xml:id="ID_2048"> Aber Mensch, erwiderte Weller, leben Sie doch vernünftig, dann braucht<lb/> Sie der Teufel nicht zu hole», und Sie können mit Ihrer Tochter behaglich<lb/> Ihr Alter genießen; vor allen Dingen saufen Sie nicht so viel, Papendick,<lb/> das hab ich Ihnen schon im Feldzuge gesagt.</p><lb/> <p xml:id="ID_2049"> Ja, im Feldzuge, rief der Pedell wie vou einem Drucke befreit. Donner¬<lb/> wetter, unsre Haubitzcubatterie, Herr Hauptmann, unsre verfluchte Haubitzen¬<lb/> batterie! Da hab ich mirs geholt, wahrhaftigen Gott! Jetzt kann ich trinken,<lb/> was ich will, ich kriegs nicht mehr raus aus den Knochen — die verfluchte<lb/> Kälte vor Paris!</p><lb/> <p xml:id="ID_2050" next="#ID_2051"> Die Feldzugseriuneruug wirkte auf Professor Weller besänftigend; der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0615]
Bilder aus dein Unwersitätslebeii
Sem ganzes Sündenregister wurde ihm dabei vorgehalten: daß er noch nie¬
mals eine Mensur oder ein Duell angezeigt habe, obwohl er verschiedne ge¬
sehen und von verschiednen gehört haben müsse, daß er Aktenstücke des Uni¬
versitätsrichters verschleppt, mit den Studenten im Carcer Zechgelage abge¬
halten und an Königs Geburtstage vor dem in die Aula tretenden Zuge
der Professoren stark geschwankt habe. Das letztere hatte besonders bei den
ältern Univcrsitätsdamen Abscheu hervorgerufen.
Von allen diesen gegen Papendick gerichteten Borwürfen war ich unfrei¬
williger Zeuge, als ich eines Tages Professor Weller einen Besuch macheu
wollte und im Vorzimmer eine Weile warten mußte.
Papendick, sagte der Professor, da sehen Sie die Folgen! Ich habe es
Ihnen immer gesagt, aber Sie haben auf meine Mahnungen nicht gehört.
Das Donnerwetter zieht jetzt über Ihrem Kopfe zusammen, und so leid es
mir thut, ich werde Sie kaum noch halten können.
Eine Weile schwiegen beide, dann sagte Papendick etwas gedrückt: Die
jungen Herren Gelehrten können einen alten Soldaten nicht leiden. Sehen
der Herr Hauptmann —
Ach was, nennen Sie mich nicht immer Herr Hauptmann. Das hat
auch schon Anlaß zur Klage gegeben.
Daß dich die Schwercnot! rief Papendick mit zitternder Stimme, wenn
ich das nicht mehr darf, dann Schmeiße ich den Herren das ganze Amt noch
heute vor die Füße. Ich Habs schon immer thun wollen. Die ewigen
Sticheleien, das Naserümpfen, das Husten der Frauenzimmer hinter meinem
Rucke», das Anranzeu der jungen Herren kriegt man auf die Dauer satt.
Aber ich dachte: wirst wegen Lieschen noch dabei bleiben und den Gehalt be¬
ziehen, damit das Mädel sich mal ne Aussteuer kaufen kaun. Sie ist jetzt
sechzehn Jahre, da wirds bald mit dem Heiraten losgehn. Herr Gott, sie
ist ja mein einziges Kind, Herr Hauptmann, und nach dein Tode meiner Fron
meine einzige Freude auf der Welt. Und Großvater möchte ich doch noch
werdeu, Herr Hauptmann, Großvater! Dann mag meinetwegen der Satan
mit mir abfahren.
Aber Mensch, erwiderte Weller, leben Sie doch vernünftig, dann braucht
Sie der Teufel nicht zu hole», und Sie können mit Ihrer Tochter behaglich
Ihr Alter genießen; vor allen Dingen saufen Sie nicht so viel, Papendick,
das hab ich Ihnen schon im Feldzuge gesagt.
Ja, im Feldzuge, rief der Pedell wie vou einem Drucke befreit. Donner¬
wetter, unsre Haubitzcubatterie, Herr Hauptmann, unsre verfluchte Haubitzen¬
batterie! Da hab ich mirs geholt, wahrhaftigen Gott! Jetzt kann ich trinken,
was ich will, ich kriegs nicht mehr raus aus den Knochen — die verfluchte
Kälte vor Paris!
Die Feldzugseriuneruug wirkte auf Professor Weller besänftigend; der
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