Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.Aufklärungen über studentische Dinge und sonstigen Fachvereinen. Die Besprechung dieser würde jedoch völlig aus Nun noch etwas ganz sonderbares. Wir erwähnten schon den frischern führten den "Reformern," wie die ganze übrige Studentenschaft sie alsbald Aufklärungen über studentische Dinge und sonstigen Fachvereinen. Die Besprechung dieser würde jedoch völlig aus Nun noch etwas ganz sonderbares. Wir erwähnten schon den frischern führten den „Reformern," wie die ganze übrige Studentenschaft sie alsbald <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0564" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/213040"/> <fw type="header" place="top"> Aufklärungen über studentische Dinge</fw><lb/> <p xml:id="ID_1858" prev="#ID_1857"> und sonstigen Fachvereinen. Die Besprechung dieser würde jedoch völlig aus<lb/> dem Rahmen dieser Aufsätze herausfallen; sie haben weder Tendenzen noch<lb/> ausgeprägt gesellige Zwecke, sondern trotz aller Kartelle, aller Lebensmit¬<lb/> gliedschaft und andrer von den Verbindungen gelernter und auch bei ihnen be¬<lb/> währter Dinge in erster Linie doch eben Studienzwecke im Auge.</p><lb/> <p xml:id="ID_1859"> Nun noch etwas ganz sonderbares. Wir erwähnten schon den frischern<lb/> und tüchtigem Zug, der seit der Begründung des ^. v. L!. wieder durch die<lb/> Burschenschafter zu wehen begonnen hat. Da war es nun im Januar des<lb/> Jahres 1883 der Berliner Arzt Dr. Konrad Küster, der sich das unzweifel¬<lb/> hafte Verdienst um die Burschenschafter, zu deren einer er gehörte, erwarb,<lb/> ein wenig davon in kritische Worte zu fassen und dadurch die Erörterung in<lb/> Fluß zu bringen. Diese geschah von da an überall bei alten Herren und<lb/> Aktiven, in Versammlungen und eifrig gelesenen Flugschriften, und zwar all¬<lb/> gemein mit Ruhe und Besonnenheit, ohne Einseitigkeit und Prinzipienreiterei,<lb/> und auch ohne jedes Hervordrängen und Gewährenlassen persönlicher Eitelkeit.<lb/> Nur dem Dr. Küster gefiel das alles nicht, er wurde ungeduldig und siel,<lb/> während bei den Burschenschafter die Bewegung ruhig weiter ging und ihre<lb/> Ergebnisse zeitigte, ans ein paar Elemente hinein, die sich aus den Kreisen<lb/> der völlig abgelebten sogenannten Reformvereine an ihn hinandrängten und<lb/> mit der burschenschaftlichen Bewegung und Dr, Küster nichts gemein hatten,<lb/> als daß dieser Mißbräuche der Mensur abgestellt gewünscht hatte, die diese<lb/> Reformer überhaupt verabscheuten. Deren Prophet ward von da ab Küster,<lb/> ihr Gedankenquell und geistiger Leiter, und unter seiner Vaterschaft entstanden<lb/> nun die sonderbaren Zwittergebilde der „Reformburschenschaften," deren Ehren¬<lb/> bänder Dr. Küster eines nach dem andern über seine Weste zog. Um so mehr,<lb/> als Küsters Hauptadjutanten — es thut uns leid, wieder das: on sse 1s<lb/> Mi? berühren zu müssen, also aus deutsch: wo ist er nicht? — junge<lb/> Juden waren, begann man sofort eine lebhafte und rücksichtslose Preßagitativn,<lb/> insbesondre durch eine „Allgemeine deutsche Studentenzeitung," die aber nichts<lb/> andres als das Organ dieser neuen Gruppe war; und die Lockungen der<lb/> großen Worte, der tönenden Versprechungen und des bis zum äußersten ge¬<lb/> mißbrauchten Namens Burschenschaft, ferner die schwarzrotgoldnen und sonstigen<lb/> Farben dieser Verbindungen (bei fast absolutem Schutz gegen Mensuren auf<lb/> Grund der „Satzungen"), selbst das hinreißende Motto:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_12" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_1860" next="#ID_1861"> führten den „Reformern," wie die ganze übrige Studentenschaft sie alsbald<lb/> nur nannte, eine gewisse Anzahl kleinenteils ehrgeiziger, meist ehrlich begeisterter,<lb/> von der Unklarheit der Phrase verwirrter Leutchen zu, die sich dann in un-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0564]
Aufklärungen über studentische Dinge
und sonstigen Fachvereinen. Die Besprechung dieser würde jedoch völlig aus
dem Rahmen dieser Aufsätze herausfallen; sie haben weder Tendenzen noch
ausgeprägt gesellige Zwecke, sondern trotz aller Kartelle, aller Lebensmit¬
gliedschaft und andrer von den Verbindungen gelernter und auch bei ihnen be¬
währter Dinge in erster Linie doch eben Studienzwecke im Auge.
Nun noch etwas ganz sonderbares. Wir erwähnten schon den frischern
und tüchtigem Zug, der seit der Begründung des ^. v. L!. wieder durch die
Burschenschafter zu wehen begonnen hat. Da war es nun im Januar des
Jahres 1883 der Berliner Arzt Dr. Konrad Küster, der sich das unzweifel¬
hafte Verdienst um die Burschenschafter, zu deren einer er gehörte, erwarb,
ein wenig davon in kritische Worte zu fassen und dadurch die Erörterung in
Fluß zu bringen. Diese geschah von da an überall bei alten Herren und
Aktiven, in Versammlungen und eifrig gelesenen Flugschriften, und zwar all¬
gemein mit Ruhe und Besonnenheit, ohne Einseitigkeit und Prinzipienreiterei,
und auch ohne jedes Hervordrängen und Gewährenlassen persönlicher Eitelkeit.
Nur dem Dr. Küster gefiel das alles nicht, er wurde ungeduldig und siel,
während bei den Burschenschafter die Bewegung ruhig weiter ging und ihre
Ergebnisse zeitigte, ans ein paar Elemente hinein, die sich aus den Kreisen
der völlig abgelebten sogenannten Reformvereine an ihn hinandrängten und
mit der burschenschaftlichen Bewegung und Dr, Küster nichts gemein hatten,
als daß dieser Mißbräuche der Mensur abgestellt gewünscht hatte, die diese
Reformer überhaupt verabscheuten. Deren Prophet ward von da ab Küster,
ihr Gedankenquell und geistiger Leiter, und unter seiner Vaterschaft entstanden
nun die sonderbaren Zwittergebilde der „Reformburschenschaften," deren Ehren¬
bänder Dr. Küster eines nach dem andern über seine Weste zog. Um so mehr,
als Küsters Hauptadjutanten — es thut uns leid, wieder das: on sse 1s
Mi? berühren zu müssen, also aus deutsch: wo ist er nicht? — junge
Juden waren, begann man sofort eine lebhafte und rücksichtslose Preßagitativn,
insbesondre durch eine „Allgemeine deutsche Studentenzeitung," die aber nichts
andres als das Organ dieser neuen Gruppe war; und die Lockungen der
großen Worte, der tönenden Versprechungen und des bis zum äußersten ge¬
mißbrauchten Namens Burschenschaft, ferner die schwarzrotgoldnen und sonstigen
Farben dieser Verbindungen (bei fast absolutem Schutz gegen Mensuren auf
Grund der „Satzungen"), selbst das hinreißende Motto:
führten den „Reformern," wie die ganze übrige Studentenschaft sie alsbald
nur nannte, eine gewisse Anzahl kleinenteils ehrgeiziger, meist ehrlich begeisterter,
von der Unklarheit der Phrase verwirrter Leutchen zu, die sich dann in un-
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