Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.Die Judenfrage eine ethische Frage handelt werden, sie stürzt sich blind in die Spekulation in dem Vertrauen auf Natürlich wird jener Teil der liberalen Presse, der sein Hauptcinkvmmen "Wer sich zu einem Amt, zu eiuer Kunst, zu einem Gewerbe oder Hand¬ Schließlich wende ich mich noch zu einer verwaltungsrechtlichen Frage. Fast allgemein wird anerkannt, daß sich die Verhältnisse des Dorfes von Die Judenfrage eine ethische Frage handelt werden, sie stürzt sich blind in die Spekulation in dem Vertrauen auf Natürlich wird jener Teil der liberalen Presse, der sein Hauptcinkvmmen „Wer sich zu einem Amt, zu eiuer Kunst, zu einem Gewerbe oder Hand¬ Schließlich wende ich mich noch zu einer verwaltungsrechtlichen Frage. Fast allgemein wird anerkannt, daß sich die Verhältnisse des Dorfes von <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0510" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/212986"/> <fw type="header" place="top"> Die Judenfrage eine ethische Frage</fw><lb/> <p xml:id="ID_1713" prev="#ID_1712"> handelt werden, sie stürzt sich blind in die Spekulation in dem Vertrauen auf<lb/> die Versicherungen der Zeitung oder auf die Beteuerungen der Bauernfänger<lb/> im Inseratenteile. An der See erscheint es uns notwendig, Räume für Nicht¬<lb/> schwimmer abzugrenzen, in denen sie ruhig baden können; im wirtschaftlichen<lb/> Leben hält man keine Veranstaltung von nöten, den großen Heringszug zurück-<lb/> zustauen, der, mit den Worten Schäffles zu sprechen, geradeswegs in den auf¬<lb/> gesperrten Walsischrachen der Geldoligarchie hineinrennt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1714"> Natürlich wird jener Teil der liberalen Presse, der sein Hauptcinkvmmen<lb/> seiner „Fühlung" mit den Vvrsenkreisen verdankt, meinen Standpunkt mit der<lb/> „wirtschaftlichen Freiheit" und andern aus der manchesterlichen Rumpelkammer<lb/> hervorgeholter Phrasen bekämpfen. Gegen einen zweiten Vorschlag aber wird<lb/> er beim besten Willen auch nicht eine Phrase einwenden können.</p><lb/> <p xml:id="ID_1715"> „Wer sich zu einem Amt, zu eiuer Kunst, zu einem Gewerbe oder Hand¬<lb/> werke öffentlich bekennt, oder wer ohne Not freiwillig ein Geschäft übernimmt,<lb/> dessen Ausführung einige Kunstkenntnisse oder einen nicht gewöhnlichen Fleiß<lb/> erfordert, giebt dadurch zu erkennen, daß er sich den notwendigen Fleiß und<lb/> die erforderlichen, nicht gewöhnlichen Kenntnisse zutraue; er muß daher den<lb/> Mangel derselben vertreten." So sagt das österreichische allgemeine bürger¬<lb/> liche Gesetzbuch in 1299, und ähnliche Grundsätze finden sich in den deutschen<lb/> Gesetzen und im Ooäs ^apolvon. Nun haben sich ja die Zeitungen öffent¬<lb/> lich zu der Kunst bekannt, die wirtschaftlichen Verhältnisse zu enträtseln, und<lb/> das Amt übernommen, dem Publikum darüber Aufschluß zu geben, und für¬<lb/> wahr ohne Not, freiwillig das Geschäft auf sich geladen, die Gesamtbevölke¬<lb/> rung über die Vorgänge an der Börse zu unterrichten. Wenn also dieselben<lb/> Zeitungen, die die hierzu erforderlichen, nicht gewöhnlichen Kenntnisse besitzen<lb/> müssen, durch Empfehlung von Schwindelwerten oder Unterlassung der nötigen<lb/> Kritik thatsächlichen Schaden anrichten, so müssen sie diesen Schaden vertreten,<lb/> und zwar ohne Rücksicht darauf, ob ihnen nachgewiesen werden kann, daß sie<lb/> für ihre Reklame oder ihr beredtes Schweigen bezahlt worden sind oder nicht.<lb/> Man lasse nur nach einer wirtschaftlichen .Krisis, wie sie in Wien im Jahre<lb/> 1873 stattgefunden hat, die großen Zeitungen die ruinirten kleinen Leute ent¬<lb/> schädigen, man untersuche nach Zusammenbruch jedes Bankinstituts oder einer<lb/> sonstigen Unternehmung, welche Zeitungen dafür Reklame gemacht haben, und<lb/> lasse sie als Teilhaber des Unternehmers für den unbedeckten Schaden auf¬<lb/> kommen, und man wird sehn, daß das Neklmnewesen von selbst aufhören wird,<lb/> die Zeitungen nur das als gut und solid erprobte loben und mit ihrer Re¬<lb/> klame zurückhaltender sein werden, da sie sonst Gefahr laufen würden, in den<lb/> Verdacht der Käuflichkeit zu kommen und selbst ruinirt zu werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1716"> Schließlich wende ich mich noch zu einer verwaltungsrechtlichen Frage.</p><lb/> <p xml:id="ID_1717" next="#ID_1718"> Fast allgemein wird anerkannt, daß sich die Verhältnisse des Dorfes von<lb/> denen der Stadt grundsätzlich unterscheiden und daher eines besondern Bauern-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0510]
Die Judenfrage eine ethische Frage
handelt werden, sie stürzt sich blind in die Spekulation in dem Vertrauen auf
die Versicherungen der Zeitung oder auf die Beteuerungen der Bauernfänger
im Inseratenteile. An der See erscheint es uns notwendig, Räume für Nicht¬
schwimmer abzugrenzen, in denen sie ruhig baden können; im wirtschaftlichen
Leben hält man keine Veranstaltung von nöten, den großen Heringszug zurück-
zustauen, der, mit den Worten Schäffles zu sprechen, geradeswegs in den auf¬
gesperrten Walsischrachen der Geldoligarchie hineinrennt.
Natürlich wird jener Teil der liberalen Presse, der sein Hauptcinkvmmen
seiner „Fühlung" mit den Vvrsenkreisen verdankt, meinen Standpunkt mit der
„wirtschaftlichen Freiheit" und andern aus der manchesterlichen Rumpelkammer
hervorgeholter Phrasen bekämpfen. Gegen einen zweiten Vorschlag aber wird
er beim besten Willen auch nicht eine Phrase einwenden können.
„Wer sich zu einem Amt, zu eiuer Kunst, zu einem Gewerbe oder Hand¬
werke öffentlich bekennt, oder wer ohne Not freiwillig ein Geschäft übernimmt,
dessen Ausführung einige Kunstkenntnisse oder einen nicht gewöhnlichen Fleiß
erfordert, giebt dadurch zu erkennen, daß er sich den notwendigen Fleiß und
die erforderlichen, nicht gewöhnlichen Kenntnisse zutraue; er muß daher den
Mangel derselben vertreten." So sagt das österreichische allgemeine bürger¬
liche Gesetzbuch in 1299, und ähnliche Grundsätze finden sich in den deutschen
Gesetzen und im Ooäs ^apolvon. Nun haben sich ja die Zeitungen öffent¬
lich zu der Kunst bekannt, die wirtschaftlichen Verhältnisse zu enträtseln, und
das Amt übernommen, dem Publikum darüber Aufschluß zu geben, und für¬
wahr ohne Not, freiwillig das Geschäft auf sich geladen, die Gesamtbevölke¬
rung über die Vorgänge an der Börse zu unterrichten. Wenn also dieselben
Zeitungen, die die hierzu erforderlichen, nicht gewöhnlichen Kenntnisse besitzen
müssen, durch Empfehlung von Schwindelwerten oder Unterlassung der nötigen
Kritik thatsächlichen Schaden anrichten, so müssen sie diesen Schaden vertreten,
und zwar ohne Rücksicht darauf, ob ihnen nachgewiesen werden kann, daß sie
für ihre Reklame oder ihr beredtes Schweigen bezahlt worden sind oder nicht.
Man lasse nur nach einer wirtschaftlichen .Krisis, wie sie in Wien im Jahre
1873 stattgefunden hat, die großen Zeitungen die ruinirten kleinen Leute ent¬
schädigen, man untersuche nach Zusammenbruch jedes Bankinstituts oder einer
sonstigen Unternehmung, welche Zeitungen dafür Reklame gemacht haben, und
lasse sie als Teilhaber des Unternehmers für den unbedeckten Schaden auf¬
kommen, und man wird sehn, daß das Neklmnewesen von selbst aufhören wird,
die Zeitungen nur das als gut und solid erprobte loben und mit ihrer Re¬
klame zurückhaltender sein werden, da sie sonst Gefahr laufen würden, in den
Verdacht der Käuflichkeit zu kommen und selbst ruinirt zu werden.
Schließlich wende ich mich noch zu einer verwaltungsrechtlichen Frage.
Fast allgemein wird anerkannt, daß sich die Verhältnisse des Dorfes von
denen der Stadt grundsätzlich unterscheiden und daher eines besondern Bauern-
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