Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.Zur Unfallversicherung der Arbeiter Betriebe durchaus nicht abgeschlossen zu sein braucht. Die Revisoren haben Unfallverhütungsvorschriften und Aufsichtsbeamte sollten in keiner Berufs- Die Handhabe dazu bietet der H 28 des Gesetzes. Es heißt da im letzten Zur Unfallversicherung der Arbeiter Betriebe durchaus nicht abgeschlossen zu sein braucht. Die Revisoren haben Unfallverhütungsvorschriften und Aufsichtsbeamte sollten in keiner Berufs- Die Handhabe dazu bietet der H 28 des Gesetzes. Es heißt da im letzten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0501" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/212977"/> <fw type="header" place="top"> Zur Unfallversicherung der Arbeiter</fw><lb/> <p xml:id="ID_1682" prev="#ID_1681"> Betriebe durchaus nicht abgeschlossen zu sein braucht. Die Revisoren haben<lb/> die verschiedensten Fabriken zu besuchen gehabt, sie haben Gelegenheit gehabt,<lb/> Maschinen für dieselben Fabrikationszwecke von ganz abweichenden Bau mit<lb/> einander zu vergleichen, sie haben hier eine Schutzvorrichtung gesehen, die im<lb/> ganzen vorzüglich war und nur eine kleine Unvollkommenheit hatte, an einer<lb/> andern ähnlichen Vorrichtung, die vielleicht ganz andern Zwecken diente, haben<lb/> sie diese UnVollkommenheit beseitigt gefunden. Die Mannichfaltigkeit dessen,<lb/> was sie zu sehen bekommen, schärft ihren Blick und schützt sie andrerseits vor<lb/> Einseitigkeit und Überschätzung des einzelnen. So bilden sie sich allmählich zu<lb/> gründlichen Kennern und Sachverständigen aus, von denen die Genossenschafts¬<lb/> vorstände Anregung zu neuen Verbesserungen und bei geplanten Maßnahmen<lb/> aus dem Gebiete der Unfallverhütung Rat und Unterstützung erwarten dürfen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1683"> Unfallverhütungsvorschriften und Aufsichtsbeamte sollten in keiner Berufs-<lb/> genossenschaft fehlen. Vorläufig aber fehlen sie noch an vielen Stellen, und<lb/> es wird wohl auch noch lange Zeit vergehen, bis sie überall zu finden sein<lb/> werden. Aber auch diese Zeit braucht bei dem nötigen Willen nicht ohne<lb/> Nutzen für die Unfallverhütung zu verstreichen. Man kann nach den bestehenden<lb/> gesetzlichen Bestimmungen vieles auch ohne Unfallverhütungsvorschriften und<lb/> Aufsichtsbeamte erreichen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1684" next="#ID_1685"> Die Handhabe dazu bietet der H 28 des Gesetzes. Es heißt da im letzten<lb/> Abschnitte: „Die Genossenschaftsversammlnng kann den Unternehmern nach<lb/> Maßgabe der in ihren Betrieben vorgekommenen Unfälle für die nächste<lb/> Periode Zuschlage auflegen oder Nachlasse bewilligen." Also man verzeichne<lb/> die einzelnen Unfälle und die durch sie verursachten Kosten für die einzelnen<lb/> Betriebe und vergleiche sie mit den gezählten Beiträgen. In den Beiträgen<lb/> stecken noch Berwaltungskosten und Zuschlage zum Reservefonds, die Ent¬<lb/> schädigungen aber werden im Durchschnitt einen ganz bestimmten Prozentsatz<lb/> der Beitrüge ausmachen. Wird dieser Prozentsatz im Einzelfalle überschritten,<lb/> so sind mehr Unfallkosten zu zahlen gewesen, als im Durchschnitt auf die<lb/> übrigen Unternehmer fallen. Handelt es sich dazu um einen größern Betrieb<lb/> mit mehreren hundert Arbeitern, und ist das Mißverhältnis zwischen den wirk¬<lb/> lichen und den mittlern Unfallkosten groß, so wird man mit Sicherheit an¬<lb/> nehmen können, daß die Betriebssicherheit hier geringer ist als in den andern<lb/> Betrieben der gleichen Art. Geht man auf die Zahl der Unfälle zurück, so<lb/> wird man dies bestätigt finden, und man wird auf Grund dieser Thatsache<lb/> berechtigt sein, eine Erhöhung des Beitrags eintreten zu lassen, mich ohne<lb/> die Ursache der höhern Betriebsunsicherheit zu kennen. Bei guten sonstigen<lb/> Einrichtungen der Fabrik werden dann sicherlich entweder zu viel jugendliche,<lb/> ungeübte Arbeiter eingestellt sein, oder es wird eine zu lange Ausdehnung der<lb/> Arbeitszeit, Mangel an dem genügenden Aufsichtspersonal oder ähnliches vor¬<lb/> liegen. Eine Ursache wird die hohe Betriebsgefahr schon haben. Es kann</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0501]
Zur Unfallversicherung der Arbeiter
Betriebe durchaus nicht abgeschlossen zu sein braucht. Die Revisoren haben
die verschiedensten Fabriken zu besuchen gehabt, sie haben Gelegenheit gehabt,
Maschinen für dieselben Fabrikationszwecke von ganz abweichenden Bau mit
einander zu vergleichen, sie haben hier eine Schutzvorrichtung gesehen, die im
ganzen vorzüglich war und nur eine kleine Unvollkommenheit hatte, an einer
andern ähnlichen Vorrichtung, die vielleicht ganz andern Zwecken diente, haben
sie diese UnVollkommenheit beseitigt gefunden. Die Mannichfaltigkeit dessen,
was sie zu sehen bekommen, schärft ihren Blick und schützt sie andrerseits vor
Einseitigkeit und Überschätzung des einzelnen. So bilden sie sich allmählich zu
gründlichen Kennern und Sachverständigen aus, von denen die Genossenschafts¬
vorstände Anregung zu neuen Verbesserungen und bei geplanten Maßnahmen
aus dem Gebiete der Unfallverhütung Rat und Unterstützung erwarten dürfen.
Unfallverhütungsvorschriften und Aufsichtsbeamte sollten in keiner Berufs-
genossenschaft fehlen. Vorläufig aber fehlen sie noch an vielen Stellen, und
es wird wohl auch noch lange Zeit vergehen, bis sie überall zu finden sein
werden. Aber auch diese Zeit braucht bei dem nötigen Willen nicht ohne
Nutzen für die Unfallverhütung zu verstreichen. Man kann nach den bestehenden
gesetzlichen Bestimmungen vieles auch ohne Unfallverhütungsvorschriften und
Aufsichtsbeamte erreichen.
Die Handhabe dazu bietet der H 28 des Gesetzes. Es heißt da im letzten
Abschnitte: „Die Genossenschaftsversammlnng kann den Unternehmern nach
Maßgabe der in ihren Betrieben vorgekommenen Unfälle für die nächste
Periode Zuschlage auflegen oder Nachlasse bewilligen." Also man verzeichne
die einzelnen Unfälle und die durch sie verursachten Kosten für die einzelnen
Betriebe und vergleiche sie mit den gezählten Beiträgen. In den Beiträgen
stecken noch Berwaltungskosten und Zuschlage zum Reservefonds, die Ent¬
schädigungen aber werden im Durchschnitt einen ganz bestimmten Prozentsatz
der Beitrüge ausmachen. Wird dieser Prozentsatz im Einzelfalle überschritten,
so sind mehr Unfallkosten zu zahlen gewesen, als im Durchschnitt auf die
übrigen Unternehmer fallen. Handelt es sich dazu um einen größern Betrieb
mit mehreren hundert Arbeitern, und ist das Mißverhältnis zwischen den wirk¬
lichen und den mittlern Unfallkosten groß, so wird man mit Sicherheit an¬
nehmen können, daß die Betriebssicherheit hier geringer ist als in den andern
Betrieben der gleichen Art. Geht man auf die Zahl der Unfälle zurück, so
wird man dies bestätigt finden, und man wird auf Grund dieser Thatsache
berechtigt sein, eine Erhöhung des Beitrags eintreten zu lassen, mich ohne
die Ursache der höhern Betriebsunsicherheit zu kennen. Bei guten sonstigen
Einrichtungen der Fabrik werden dann sicherlich entweder zu viel jugendliche,
ungeübte Arbeiter eingestellt sein, oder es wird eine zu lange Ausdehnung der
Arbeitszeit, Mangel an dem genügenden Aufsichtspersonal oder ähnliches vor¬
liegen. Eine Ursache wird die hohe Betriebsgefahr schon haben. Es kann
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