Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.Zur Unfallversicherung der Arbeiter der Etatsberatungeu schon im Reichstage zur Sprache gekommen -- mit Recht Berücksichtigt man nun, daß ein endgiltiger Nentenfeststellungsbescheid fast Das Recht zur Herabsetzung von Renten ist den Berufsgenossenschaften Zur Unfallversicherung der Arbeiter der Etatsberatungeu schon im Reichstage zur Sprache gekommen — mit Recht Berücksichtigt man nun, daß ein endgiltiger Nentenfeststellungsbescheid fast Das Recht zur Herabsetzung von Renten ist den Berufsgenossenschaften <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0492" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/212968"/> <fw type="header" place="top"> Zur Unfallversicherung der Arbeiter</fw><lb/> <p xml:id="ID_1648" prev="#ID_1647"> der Etatsberatungeu schon im Reichstage zur Sprache gekommen — mit Recht<lb/> der Vorwurf gemacht, daß sie sich jede wenn auch noch so kleine Besserung<lb/> in dem Befinden ihrer Rentenempfänger zu nutze machten, um die Renten<lb/> herabzusetzen. In welchem Umfange solche Herabsetzungen vorgenommen worden<lb/> sind, ergiebt sich aus folgender Zusammenstellung. Es kamen bei sämt¬<lb/> lichen Berufsgenossenschaften und staatlichen und kommunalen Aufsichts¬<lb/> behörden</p><lb/> <table facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341855_212475/figures/grenzboten_341855_212475_212968_003.jpg"> <row> <cell> im Jahre 1889 auf 35619 . Bescheide, durch die neue , 19351 Abänderuugsbescheide<lb/> „ 1890 „ 50175 ^ Renten festgestellt und ab- ^ 30385<lb/> „ 1891 „ 62 3521 gelehnt wurden l 44071</cell> </row> </table><lb/> <p xml:id="ID_1649"> Berücksichtigt man nun, daß ein endgiltiger Nentenfeststellungsbescheid fast<lb/> immer erst nach Beendigung des Heilverfahrens erlassen wird, und daß nach<lb/> der Entlassung aus der ärztlichen Behandlung eine Verschlimmerung des Leidens<lb/> nur in seltnen Fällen eintritt, so folgt daraus, daß es sich in der Mehrzahl<lb/> von Abäuderuugsbcscheiden um Herabsetzungen, aber nicht um Erhöhungen der<lb/> Rente handelt. Es fielen also im Jahre 1889 auf sieben Neufeststellungen<lb/> uicht ganz vier Herabsetzungen, im Jahre 1891 auf drei Neufeststellungen<lb/> schon mehr als zwei Herabsetzungen. Die Zahl der Herabsetzungen hat also<lb/> im Verlaufe zweier Jahre bedeutend zugenommen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1650" next="#ID_1651"> Das Recht zur Herabsetzung von Renten ist den Berufsgenossenschaften<lb/> im Z 65 Absatz 1 des Unfallversichernngsgesetzes ausdrücklich zugestanden. Es<lb/> heißt hier, daß eine anderweitige Feststellung der Entschädigung von Amts<lb/> wegen erfolgen kann, wenn in den Verhältnissen, die für die erste Feststellung<lb/> maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Veränderung eingetreten ist. Ma߬<lb/> gebend für die Höhe der ursprünglich bewilligten Rente sind nicht äußere Ver¬<lb/> hältnisse oder das Fehlen einer passenden Arbeitsgelegenheit, sondern nur der<lb/> Grad der verblichnen Erwerbsfühigkeit gewesen. Bei „wesentlicher Änderung<lb/> der Verhältnisse" wird es sich also nur um eine wesentliche Änderung der Er¬<lb/> werbsfähigkeit handeln können. Die Abschätzung der Erwerbsfähigkeit aber<lb/> kommt in erster Linie dem in der Begutachtung von Unfallverletzten geübten<lb/> Arzte als dem obersten Sachverständigen auf diesem Gebiete zu. Erklärt der<lb/> Arzt, daß vielleicht die Beweglichkeit in einem oder mehreren Gelenken eines<lb/> verletzt gewesenen Fingers zugenommen und daß sich infolge dessen auch die<lb/> Erwerbsfähigkeit des Verletzten um fünf Prozent gehoben habe, so spricht er<lb/> damit aus, daß eine wesentliche Änderung in den in Betracht kommenden<lb/> Verhältnissen eingetreten sei, und den Berufsgenossenschaften kann man es<lb/> nicht verargen, wenn sie auf Grund dieses Gutachtens die Rente entsprechend<lb/> der um fünf Prozent gesteigerten Erwerbsfähigkeit um fünf Prozent herab¬<lb/> setzen. Sie sind durch das Gutachten des Sachverständigen gedeckt. Ja man<lb/> wird es den Vorstünden der Berufsgenossenschaften, die in erster Linie deren<lb/> Interessen wahrzunehmen haben, uicht zum Vorwurfe machen können, wenn</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0492]
Zur Unfallversicherung der Arbeiter
der Etatsberatungeu schon im Reichstage zur Sprache gekommen — mit Recht
der Vorwurf gemacht, daß sie sich jede wenn auch noch so kleine Besserung
in dem Befinden ihrer Rentenempfänger zu nutze machten, um die Renten
herabzusetzen. In welchem Umfange solche Herabsetzungen vorgenommen worden
sind, ergiebt sich aus folgender Zusammenstellung. Es kamen bei sämt¬
lichen Berufsgenossenschaften und staatlichen und kommunalen Aufsichts¬
behörden
im Jahre 1889 auf 35619 . Bescheide, durch die neue , 19351 Abänderuugsbescheide
„ 1890 „ 50175 ^ Renten festgestellt und ab- ^ 30385
„ 1891 „ 62 3521 gelehnt wurden l 44071
Berücksichtigt man nun, daß ein endgiltiger Nentenfeststellungsbescheid fast
immer erst nach Beendigung des Heilverfahrens erlassen wird, und daß nach
der Entlassung aus der ärztlichen Behandlung eine Verschlimmerung des Leidens
nur in seltnen Fällen eintritt, so folgt daraus, daß es sich in der Mehrzahl
von Abäuderuugsbcscheiden um Herabsetzungen, aber nicht um Erhöhungen der
Rente handelt. Es fielen also im Jahre 1889 auf sieben Neufeststellungen
uicht ganz vier Herabsetzungen, im Jahre 1891 auf drei Neufeststellungen
schon mehr als zwei Herabsetzungen. Die Zahl der Herabsetzungen hat also
im Verlaufe zweier Jahre bedeutend zugenommen.
Das Recht zur Herabsetzung von Renten ist den Berufsgenossenschaften
im Z 65 Absatz 1 des Unfallversichernngsgesetzes ausdrücklich zugestanden. Es
heißt hier, daß eine anderweitige Feststellung der Entschädigung von Amts
wegen erfolgen kann, wenn in den Verhältnissen, die für die erste Feststellung
maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Veränderung eingetreten ist. Ma߬
gebend für die Höhe der ursprünglich bewilligten Rente sind nicht äußere Ver¬
hältnisse oder das Fehlen einer passenden Arbeitsgelegenheit, sondern nur der
Grad der verblichnen Erwerbsfühigkeit gewesen. Bei „wesentlicher Änderung
der Verhältnisse" wird es sich also nur um eine wesentliche Änderung der Er¬
werbsfähigkeit handeln können. Die Abschätzung der Erwerbsfähigkeit aber
kommt in erster Linie dem in der Begutachtung von Unfallverletzten geübten
Arzte als dem obersten Sachverständigen auf diesem Gebiete zu. Erklärt der
Arzt, daß vielleicht die Beweglichkeit in einem oder mehreren Gelenken eines
verletzt gewesenen Fingers zugenommen und daß sich infolge dessen auch die
Erwerbsfähigkeit des Verletzten um fünf Prozent gehoben habe, so spricht er
damit aus, daß eine wesentliche Änderung in den in Betracht kommenden
Verhältnissen eingetreten sei, und den Berufsgenossenschaften kann man es
nicht verargen, wenn sie auf Grund dieses Gutachtens die Rente entsprechend
der um fünf Prozent gesteigerten Erwerbsfähigkeit um fünf Prozent herab¬
setzen. Sie sind durch das Gutachten des Sachverständigen gedeckt. Ja man
wird es den Vorstünden der Berufsgenossenschaften, die in erster Linie deren
Interessen wahrzunehmen haben, uicht zum Vorwurfe machen können, wenn
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