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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.

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Lrnst von Bcindel

In Hannover hat Bärbel dann, allerdings mit längern Unterbrechungen,
die durch den Aufenthalt in Detmold und mehrere italienische Reisen ver¬
anlaßt waren, bis an seinen Tod gelebt. Für die geringen ästhetischen Be¬
dürfnisse des damaligen hannoverschen Hoff und die noch geringern der
Bürgerschaft genügten seine künstlerischen Gaben vollkommen. Auch Göttingen
verdankt ihm einige in den dreißiger Jahren entstandne Werke, deren schwache
dekorative Ausführung nur in der vollkommen kunstlosen Atmosphäre, in der
sie entstanden sind, einigermaßen erträglich erscheint. In Göttingen erhielt er
auch bei Gelegenheit eines Rektoratsessens eine neue Anregung für seinen
Äeblingsgedanken, die Errichtung eines Arminiusdenkmals.

Schon 1819 hatte Bärbel den Plan gefaßt, dem Befreier Deutschlands
vom römischen Joch ein Denkmal zu setzen. In Berlin, im Hause Wacker¬
nagels, hatte er das zweite Modell gemacht und viel mit Schadow über
die richtige historische Ausfassung Arnims disputirt. Als ihm dann nach dem
Regierungsantritt Ernst Augusts von Hannover (1837) jede Aussicht auf
künstlerische Beschäftigung für den hannoverschen Hof genommen war, warf
er sich mit neuem Eifer auf die Ausführung seines Gedankens. Er suchte
selbst im Teutoburger Walde den Platz für das Denkmal aus, gründete den
Denkmalverein in Detmold und brachte durch eifrige Agitation die erste Bau¬
summe in Form freiwilliger Gaben zusammen. Seine damaligen Ideen wichen
in vieler Beziehung von den später zur Ausführung gekommenen ab. Arminius
sollte noch auf einem seifenartiger Unterbau stehen, den Bärbel dann glück¬
licherweise mit dem zwanzigeckigen kuppelgekrönten Unterbau vertauschte, der
zwar nicht sehr schön ist, aber doch in glücklicher Weise den Eindruck urwüch¬
siger Kraft macht und gut zu der Umgebung des Berges und der Wälder
paßt. Auch sollte die eigentliche Statue damals noch beträchtlich kleiner werden,
wie ja bekanntlich auch die ersten in Kupfer getriebnen Teile der Figur in
kleinerem Maßstabe ausgeführt worden siud. Dafür beabsichtigte Baudel aber
damals, wie es scheint, eine große monumentale Treppeuanlage von dein Fuße
des Berges bis auf die Grvtenburg, und eine Art Ehrenforum um die Statue
herum anzulegen. Man kann sich freuen, daß er sich in all diesen Dingen
später eines bessern besonnen hat.

Die Ausführung des Unterbaus machte eine Übersiedlung nach Detmold
nötig. Ju den ersten Tagen des Jahrs 1838 steckte er den Platz auf dem
Teutbcrge ab, und von da an bis 1846 wurde der Unterbau ausgeführt.
Bald nachdem dieser fertig war, trat jene Stockung der Arbeit ein, die bis
1862, also'volle sechzehn Jahre, dauern sollte.

In spannender Weise hat der Verfasser alle die Schwierigkeiten geschildert,
die sich dem Unternehmen in den Weg stellten. Politische und persönliche
Verhältnisse wirkten zusammen und verzögerten die Vollendung. Es ist
wirklich interessant, die Geschichte dieses Denkmals zu verfolgen, weil sie voll-


Lrnst von Bcindel

In Hannover hat Bärbel dann, allerdings mit längern Unterbrechungen,
die durch den Aufenthalt in Detmold und mehrere italienische Reisen ver¬
anlaßt waren, bis an seinen Tod gelebt. Für die geringen ästhetischen Be¬
dürfnisse des damaligen hannoverschen Hoff und die noch geringern der
Bürgerschaft genügten seine künstlerischen Gaben vollkommen. Auch Göttingen
verdankt ihm einige in den dreißiger Jahren entstandne Werke, deren schwache
dekorative Ausführung nur in der vollkommen kunstlosen Atmosphäre, in der
sie entstanden sind, einigermaßen erträglich erscheint. In Göttingen erhielt er
auch bei Gelegenheit eines Rektoratsessens eine neue Anregung für seinen
Äeblingsgedanken, die Errichtung eines Arminiusdenkmals.

Schon 1819 hatte Bärbel den Plan gefaßt, dem Befreier Deutschlands
vom römischen Joch ein Denkmal zu setzen. In Berlin, im Hause Wacker¬
nagels, hatte er das zweite Modell gemacht und viel mit Schadow über
die richtige historische Ausfassung Arnims disputirt. Als ihm dann nach dem
Regierungsantritt Ernst Augusts von Hannover (1837) jede Aussicht auf
künstlerische Beschäftigung für den hannoverschen Hof genommen war, warf
er sich mit neuem Eifer auf die Ausführung seines Gedankens. Er suchte
selbst im Teutoburger Walde den Platz für das Denkmal aus, gründete den
Denkmalverein in Detmold und brachte durch eifrige Agitation die erste Bau¬
summe in Form freiwilliger Gaben zusammen. Seine damaligen Ideen wichen
in vieler Beziehung von den später zur Ausführung gekommenen ab. Arminius
sollte noch auf einem seifenartiger Unterbau stehen, den Bärbel dann glück¬
licherweise mit dem zwanzigeckigen kuppelgekrönten Unterbau vertauschte, der
zwar nicht sehr schön ist, aber doch in glücklicher Weise den Eindruck urwüch¬
siger Kraft macht und gut zu der Umgebung des Berges und der Wälder
paßt. Auch sollte die eigentliche Statue damals noch beträchtlich kleiner werden,
wie ja bekanntlich auch die ersten in Kupfer getriebnen Teile der Figur in
kleinerem Maßstabe ausgeführt worden siud. Dafür beabsichtigte Baudel aber
damals, wie es scheint, eine große monumentale Treppeuanlage von dein Fuße
des Berges bis auf die Grvtenburg, und eine Art Ehrenforum um die Statue
herum anzulegen. Man kann sich freuen, daß er sich in all diesen Dingen
später eines bessern besonnen hat.

Die Ausführung des Unterbaus machte eine Übersiedlung nach Detmold
nötig. Ju den ersten Tagen des Jahrs 1838 steckte er den Platz auf dem
Teutbcrge ab, und von da an bis 1846 wurde der Unterbau ausgeführt.
Bald nachdem dieser fertig war, trat jene Stockung der Arbeit ein, die bis
1862, also'volle sechzehn Jahre, dauern sollte.

In spannender Weise hat der Verfasser alle die Schwierigkeiten geschildert,
die sich dem Unternehmen in den Weg stellten. Politische und persönliche
Verhältnisse wirkten zusammen und verzögerten die Vollendung. Es ist
wirklich interessant, die Geschichte dieses Denkmals zu verfolgen, weil sie voll-


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[0042] Lrnst von Bcindel In Hannover hat Bärbel dann, allerdings mit längern Unterbrechungen, die durch den Aufenthalt in Detmold und mehrere italienische Reisen ver¬ anlaßt waren, bis an seinen Tod gelebt. Für die geringen ästhetischen Be¬ dürfnisse des damaligen hannoverschen Hoff und die noch geringern der Bürgerschaft genügten seine künstlerischen Gaben vollkommen. Auch Göttingen verdankt ihm einige in den dreißiger Jahren entstandne Werke, deren schwache dekorative Ausführung nur in der vollkommen kunstlosen Atmosphäre, in der sie entstanden sind, einigermaßen erträglich erscheint. In Göttingen erhielt er auch bei Gelegenheit eines Rektoratsessens eine neue Anregung für seinen Äeblingsgedanken, die Errichtung eines Arminiusdenkmals. Schon 1819 hatte Bärbel den Plan gefaßt, dem Befreier Deutschlands vom römischen Joch ein Denkmal zu setzen. In Berlin, im Hause Wacker¬ nagels, hatte er das zweite Modell gemacht und viel mit Schadow über die richtige historische Ausfassung Arnims disputirt. Als ihm dann nach dem Regierungsantritt Ernst Augusts von Hannover (1837) jede Aussicht auf künstlerische Beschäftigung für den hannoverschen Hof genommen war, warf er sich mit neuem Eifer auf die Ausführung seines Gedankens. Er suchte selbst im Teutoburger Walde den Platz für das Denkmal aus, gründete den Denkmalverein in Detmold und brachte durch eifrige Agitation die erste Bau¬ summe in Form freiwilliger Gaben zusammen. Seine damaligen Ideen wichen in vieler Beziehung von den später zur Ausführung gekommenen ab. Arminius sollte noch auf einem seifenartiger Unterbau stehen, den Bärbel dann glück¬ licherweise mit dem zwanzigeckigen kuppelgekrönten Unterbau vertauschte, der zwar nicht sehr schön ist, aber doch in glücklicher Weise den Eindruck urwüch¬ siger Kraft macht und gut zu der Umgebung des Berges und der Wälder paßt. Auch sollte die eigentliche Statue damals noch beträchtlich kleiner werden, wie ja bekanntlich auch die ersten in Kupfer getriebnen Teile der Figur in kleinerem Maßstabe ausgeführt worden siud. Dafür beabsichtigte Baudel aber damals, wie es scheint, eine große monumentale Treppeuanlage von dein Fuße des Berges bis auf die Grvtenburg, und eine Art Ehrenforum um die Statue herum anzulegen. Man kann sich freuen, daß er sich in all diesen Dingen später eines bessern besonnen hat. Die Ausführung des Unterbaus machte eine Übersiedlung nach Detmold nötig. Ju den ersten Tagen des Jahrs 1838 steckte er den Platz auf dem Teutbcrge ab, und von da an bis 1846 wurde der Unterbau ausgeführt. Bald nachdem dieser fertig war, trat jene Stockung der Arbeit ein, die bis 1862, also'volle sechzehn Jahre, dauern sollte. In spannender Weise hat der Verfasser alle die Schwierigkeiten geschildert, die sich dem Unternehmen in den Weg stellten. Politische und persönliche Verhältnisse wirkten zusammen und verzögerten die Vollendung. Es ist wirklich interessant, die Geschichte dieses Denkmals zu verfolgen, weil sie voll-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_212475/42>, abgerufen am 06.01.2025.