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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.

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Gruft von Bärbel

lang Anatomie studiren. Tötet den Geist nicht durch ängstliches Studium.
Sie gingen spazieren, machten Skizzen und Skizzcheu und waren überglücklich
in Selbstberäucherung, während wir "ochsten," wie sie es nannten, und mit
unsern Arbeiten unzufrieden warein Sie wurden immer mehr Sklaven ihres
Meisters und halfen ihm Flächen anstreichen, während wir immer mehr festen
Fuß faßten und uns selbständig bewegen lernten." Gewiß überschätzt hier
Barbet die Vorzüge der Laugerscheu Schule, aber man muß zugeben, daß
sein Urteil über die Cornelinssche Lehrmethode nicht unrichtig ist.

Aber auch seine Thätigkeit als Maler sollte nicht lange dauern. Ohne
sichtbaren äußern Anlaß, rein aus Laune wandte er sich mit einemmale
der Bildhauerei zu und trat in das Atelier von Thorwaldsens Schiller
Johann Haller ein. Hier scheint er sich besonders das Handwerksmäßige der
Plastik rasch angeeignet zu haben. Nußerlich betrachtet war es ein Glück für
ihn, daß er gerade in die Jahre hineinkam, wo durch die Bauthätigkeit des
Königs Maximilian Joseph und des Kronprinzen Ludwig den Bildhauer"
Münchens ein reiches Feld der Thätigkeit eröffnet wurde. Ein königliches
Stipendium, das er für die Ausführung des Skelldenkmals im englischen
Garten erhielt, ermöglichte ihm einen zweijährigen Nnfenthalt in Italien.
Während der Jahre 1825 bis 1827 hat er in Rom gelebt, wo damals ein
reges künstlerisches Treiben herrschte.

Aber von Natur hartköpfig und selbstbewußt, verwöhnt noch durch seine
frühen Erfolge, verfeindete er sich bald mit deu maßgebenden Persönlichkeiten.
Bei König Ludwig fiel er durch Nichtachtung der königlichen Wünsche vor¬
übergehend in Ungnade, und wenn er anch später wieder zu Gurten an¬
genommen und unter Rauchs Leitung bei den Giebelgruppen der Glyptothek
beschäftigt wurde, so scheint ihm doch Klenzes Einfluß dauernd beim König
geschadet zu haben. scheute er sich doch auch selbst nicht, durch einen ganz un-
motivirten Eigensinn bei einer gleichgiltigen Sache seine" königlichen Gönner zu
reizen. Er mochte wohl bald merken, daß man ihn zwar als guten Techniker
ausnutzen, aber nicht als erfindenden Künstler beschäftigen wollte, und das be¬
leidigte ihn. Als man ihm 1833 zumutete, Statuen zur Verzierung der Glypto¬
thek und der Pinakothek mich deu Entwürfen Hallers und Schwanthalers in
Stein auszuführen oder unter seiner Leitung ausführen zu lassen, empfand er
das als eine Herabsetzung und verließ München, um nach Berlin überzusiedeln.

In Berlin gelang es ihm freilich nicht, festen Fuß zu fassen. Schadow
erklärte ihm mit der brutalen Deutlichkeit, die ihm eigen war, er könne in
Berlin auf keine Arbeit rechnen, da er nicht hier gebildet sei. Auch der philo¬
sophische Ton, der in der damaligen Berliner Gesellschaft herrschte, gefiel ihm
durchaus nicht. Er folgte deshalb 1834 einem Rufe nach Hannover, um dort
die plastische und malerische Ausschmückung des Leiueschlosses und der Schlo߬
kirche zu übernehmen.


Grenzboten ete 1"W 5
Gruft von Bärbel

lang Anatomie studiren. Tötet den Geist nicht durch ängstliches Studium.
Sie gingen spazieren, machten Skizzen und Skizzcheu und waren überglücklich
in Selbstberäucherung, während wir »ochsten,« wie sie es nannten, und mit
unsern Arbeiten unzufrieden warein Sie wurden immer mehr Sklaven ihres
Meisters und halfen ihm Flächen anstreichen, während wir immer mehr festen
Fuß faßten und uns selbständig bewegen lernten." Gewiß überschätzt hier
Barbet die Vorzüge der Laugerscheu Schule, aber man muß zugeben, daß
sein Urteil über die Cornelinssche Lehrmethode nicht unrichtig ist.

Aber auch seine Thätigkeit als Maler sollte nicht lange dauern. Ohne
sichtbaren äußern Anlaß, rein aus Laune wandte er sich mit einemmale
der Bildhauerei zu und trat in das Atelier von Thorwaldsens Schiller
Johann Haller ein. Hier scheint er sich besonders das Handwerksmäßige der
Plastik rasch angeeignet zu haben. Nußerlich betrachtet war es ein Glück für
ihn, daß er gerade in die Jahre hineinkam, wo durch die Bauthätigkeit des
Königs Maximilian Joseph und des Kronprinzen Ludwig den Bildhauer»
Münchens ein reiches Feld der Thätigkeit eröffnet wurde. Ein königliches
Stipendium, das er für die Ausführung des Skelldenkmals im englischen
Garten erhielt, ermöglichte ihm einen zweijährigen Nnfenthalt in Italien.
Während der Jahre 1825 bis 1827 hat er in Rom gelebt, wo damals ein
reges künstlerisches Treiben herrschte.

Aber von Natur hartköpfig und selbstbewußt, verwöhnt noch durch seine
frühen Erfolge, verfeindete er sich bald mit deu maßgebenden Persönlichkeiten.
Bei König Ludwig fiel er durch Nichtachtung der königlichen Wünsche vor¬
übergehend in Ungnade, und wenn er anch später wieder zu Gurten an¬
genommen und unter Rauchs Leitung bei den Giebelgruppen der Glyptothek
beschäftigt wurde, so scheint ihm doch Klenzes Einfluß dauernd beim König
geschadet zu haben. scheute er sich doch auch selbst nicht, durch einen ganz un-
motivirten Eigensinn bei einer gleichgiltigen Sache seine« königlichen Gönner zu
reizen. Er mochte wohl bald merken, daß man ihn zwar als guten Techniker
ausnutzen, aber nicht als erfindenden Künstler beschäftigen wollte, und das be¬
leidigte ihn. Als man ihm 1833 zumutete, Statuen zur Verzierung der Glypto¬
thek und der Pinakothek mich deu Entwürfen Hallers und Schwanthalers in
Stein auszuführen oder unter seiner Leitung ausführen zu lassen, empfand er
das als eine Herabsetzung und verließ München, um nach Berlin überzusiedeln.

In Berlin gelang es ihm freilich nicht, festen Fuß zu fassen. Schadow
erklärte ihm mit der brutalen Deutlichkeit, die ihm eigen war, er könne in
Berlin auf keine Arbeit rechnen, da er nicht hier gebildet sei. Auch der philo¬
sophische Ton, der in der damaligen Berliner Gesellschaft herrschte, gefiel ihm
durchaus nicht. Er folgte deshalb 1834 einem Rufe nach Hannover, um dort
die plastische und malerische Ausschmückung des Leiueschlosses und der Schlo߬
kirche zu übernehmen.


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[0041] Gruft von Bärbel lang Anatomie studiren. Tötet den Geist nicht durch ängstliches Studium. Sie gingen spazieren, machten Skizzen und Skizzcheu und waren überglücklich in Selbstberäucherung, während wir »ochsten,« wie sie es nannten, und mit unsern Arbeiten unzufrieden warein Sie wurden immer mehr Sklaven ihres Meisters und halfen ihm Flächen anstreichen, während wir immer mehr festen Fuß faßten und uns selbständig bewegen lernten." Gewiß überschätzt hier Barbet die Vorzüge der Laugerscheu Schule, aber man muß zugeben, daß sein Urteil über die Cornelinssche Lehrmethode nicht unrichtig ist. Aber auch seine Thätigkeit als Maler sollte nicht lange dauern. Ohne sichtbaren äußern Anlaß, rein aus Laune wandte er sich mit einemmale der Bildhauerei zu und trat in das Atelier von Thorwaldsens Schiller Johann Haller ein. Hier scheint er sich besonders das Handwerksmäßige der Plastik rasch angeeignet zu haben. Nußerlich betrachtet war es ein Glück für ihn, daß er gerade in die Jahre hineinkam, wo durch die Bauthätigkeit des Königs Maximilian Joseph und des Kronprinzen Ludwig den Bildhauer» Münchens ein reiches Feld der Thätigkeit eröffnet wurde. Ein königliches Stipendium, das er für die Ausführung des Skelldenkmals im englischen Garten erhielt, ermöglichte ihm einen zweijährigen Nnfenthalt in Italien. Während der Jahre 1825 bis 1827 hat er in Rom gelebt, wo damals ein reges künstlerisches Treiben herrschte. Aber von Natur hartköpfig und selbstbewußt, verwöhnt noch durch seine frühen Erfolge, verfeindete er sich bald mit deu maßgebenden Persönlichkeiten. Bei König Ludwig fiel er durch Nichtachtung der königlichen Wünsche vor¬ übergehend in Ungnade, und wenn er anch später wieder zu Gurten an¬ genommen und unter Rauchs Leitung bei den Giebelgruppen der Glyptothek beschäftigt wurde, so scheint ihm doch Klenzes Einfluß dauernd beim König geschadet zu haben. scheute er sich doch auch selbst nicht, durch einen ganz un- motivirten Eigensinn bei einer gleichgiltigen Sache seine« königlichen Gönner zu reizen. Er mochte wohl bald merken, daß man ihn zwar als guten Techniker ausnutzen, aber nicht als erfindenden Künstler beschäftigen wollte, und das be¬ leidigte ihn. Als man ihm 1833 zumutete, Statuen zur Verzierung der Glypto¬ thek und der Pinakothek mich deu Entwürfen Hallers und Schwanthalers in Stein auszuführen oder unter seiner Leitung ausführen zu lassen, empfand er das als eine Herabsetzung und verließ München, um nach Berlin überzusiedeln. In Berlin gelang es ihm freilich nicht, festen Fuß zu fassen. Schadow erklärte ihm mit der brutalen Deutlichkeit, die ihm eigen war, er könne in Berlin auf keine Arbeit rechnen, da er nicht hier gebildet sei. Auch der philo¬ sophische Ton, der in der damaligen Berliner Gesellschaft herrschte, gefiel ihm durchaus nicht. Er folgte deshalb 1834 einem Rufe nach Hannover, um dort die plastische und malerische Ausschmückung des Leiueschlosses und der Schlo߬ kirche zu übernehmen. Grenzboten ete 1«W 5

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_212475/41>, abgerufen am 06.01.2025.