Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.Aufklärungen iilier studentische Dinge den Standpunkten, die eine Verbindung einnehmen kann, einzig und allein Oder nehmen mir das Freiheitsprinzip der Burschenschaft und ihr heutiges Sonderbarerweise bringt das alte Prinzip der Freiheit, das der Burschen¬ Aufklärungen iilier studentische Dinge den Standpunkten, die eine Verbindung einnehmen kann, einzig und allein Oder nehmen mir das Freiheitsprinzip der Burschenschaft und ihr heutiges Sonderbarerweise bringt das alte Prinzip der Freiheit, das der Burschen¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0030" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/212506"/> <fw type="header" place="top"> Aufklärungen iilier studentische Dinge</fw><lb/> <p xml:id="ID_53" prev="#ID_52"> den Standpunkten, die eine Verbindung einnehmen kann, einzig und allein<lb/> der zum System gemachte Hochmut der Korps der erfolgreiche, der Ver¬<lb/> bindung selber uicht schädliche und in gewissem Sinne auch logische ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_54"> Oder nehmen mir das Freiheitsprinzip der Burschenschaft und ihr heutiges<lb/> Verhältnis dazu. Ehre, Freiheit, Vaterland — das war einst die von welscher<lb/> Eroberung zurückerkämpfte Freiheit des Vaterlandes und daneben die Hoffnung<lb/> auf irgendwelche Volksfreiheit, wie sie nach den Versprechungen der Befreiungs¬<lb/> kriege und noch der Wiener Kvngreßtage von allen bürgerlichen Kreisen auch<lb/> außerhalb der Burschenschaft gehegt wurde. Antimonarchisch und demo¬<lb/> kratisch haben sie erst die Schmühnngen und Verfolgungen nach Sands That<lb/> gemacht, an der die Burschenschaft doch höchstens sehr mittelbar schuld war.<lb/> Von 1848 an, wo sie viel gelernt hat, hat sie dann die rote Feder wieder<lb/> vom Hute gethan und allmählich immer tiefer und schamvoller zu ver¬<lb/> stecken gesucht. Heute sind die Aktiven in der ungeheuern Mehrzahl vor allen<lb/> andern Dingen stramm monarchisch und begeistert hoheuzvllerisch, und wo es<lb/> der einzelne nicht ist, wird dadurch die Gesamthaltung nicht verändert. Aber<lb/> auch das etwas ältere lebende Bnrschenschaftergeschlecht weist diese Wandlung<lb/> schou auf, wenn auch hier natürlich an die Stelle des <Mi>8> militärischen<lb/> monarchischen Sinnes der Aktiven die Zuteilung an politische Parteien tritt.<lb/> Nach einer 1889 gemachten Statistik waren von den alten Burschenschaftern,<lb/> die im letzten Reichstage saßen, zwölf uativualliberal, je zwei freikonservativ,<lb/> beim Zentrum und deutschfreisinnig, eiuer wildliberal; im preußischen Ab¬<lb/> geordnetenhause einer deutschkvuservativ, sechs freikvnservativ, acht national¬<lb/> liberal, zwei beim Zentrum, je einer wildliberal und deutschfreisinnig; für die<lb/> sieben Burschenschafter des Herrenhauses ist die Zuteilung nicht so ohne weiteres<lb/> zu machen. Bnrschenschafteruamen ans den Ministerien und hohen Beamten-<lb/> stellen könnten wir hier eine Menge anführen, da die Burschenschaftlichen<lb/> Blätter gern nud mit Stolz solches Material znsanunentragen; mir der Bot¬<lb/> schafter von Keudell nud zehn Minister, darunter Thielen und — Miguel<lb/> seien erwähnt. Das kann man außerdem behaupten, daß die Jugend innerlich<lb/> mehr rechts steht, als das ältere im Durchschnitt nntionalliberale Geschlecht.</p><lb/> <p xml:id="ID_55" next="#ID_56"> Sonderbarerweise bringt das alte Prinzip der Freiheit, das der Burschen¬<lb/> schaft kaum »och, wie hie und da die Gleichberechtigung, Kopfschmerze» macht<lb/> und von den Füchsen, die zuweilen mit allerlei schwülen Erwartungen darüber<lb/> eingesprungen sind, sehr glatt verdaut wird, diese Verbinduugsgruppe in Mi߬<lb/> verständnis mit dem Publikum: man scheut dort oder auch man beansprucht<lb/> von ihr demokratische oder sonstige stark links gerichtete Tendenzen. Besonders<lb/> das schwerfällig-traditionelle Denken der Behörden sieht in den Burschenschaftern<lb/> immer noch Umstürzler. Die Hnldigungstelegramme der burschenschnftlichen<lb/> Kaiserkommerse gehen einem etwas ungewissen Schicksal in den zuständigen Hof¬<lb/> ämtern entgegen. Auch die Landesfürslei, sind für die gelegentliche!, Gelöbnisse um-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0030]
Aufklärungen iilier studentische Dinge
den Standpunkten, die eine Verbindung einnehmen kann, einzig und allein
der zum System gemachte Hochmut der Korps der erfolgreiche, der Ver¬
bindung selber uicht schädliche und in gewissem Sinne auch logische ist.
Oder nehmen mir das Freiheitsprinzip der Burschenschaft und ihr heutiges
Verhältnis dazu. Ehre, Freiheit, Vaterland — das war einst die von welscher
Eroberung zurückerkämpfte Freiheit des Vaterlandes und daneben die Hoffnung
auf irgendwelche Volksfreiheit, wie sie nach den Versprechungen der Befreiungs¬
kriege und noch der Wiener Kvngreßtage von allen bürgerlichen Kreisen auch
außerhalb der Burschenschaft gehegt wurde. Antimonarchisch und demo¬
kratisch haben sie erst die Schmühnngen und Verfolgungen nach Sands That
gemacht, an der die Burschenschaft doch höchstens sehr mittelbar schuld war.
Von 1848 an, wo sie viel gelernt hat, hat sie dann die rote Feder wieder
vom Hute gethan und allmählich immer tiefer und schamvoller zu ver¬
stecken gesucht. Heute sind die Aktiven in der ungeheuern Mehrzahl vor allen
andern Dingen stramm monarchisch und begeistert hoheuzvllerisch, und wo es
der einzelne nicht ist, wird dadurch die Gesamthaltung nicht verändert. Aber
auch das etwas ältere lebende Bnrschenschaftergeschlecht weist diese Wandlung
schou auf, wenn auch hier natürlich an die Stelle des <Mi>8> militärischen
monarchischen Sinnes der Aktiven die Zuteilung an politische Parteien tritt.
Nach einer 1889 gemachten Statistik waren von den alten Burschenschaftern,
die im letzten Reichstage saßen, zwölf uativualliberal, je zwei freikonservativ,
beim Zentrum und deutschfreisinnig, eiuer wildliberal; im preußischen Ab¬
geordnetenhause einer deutschkvuservativ, sechs freikvnservativ, acht national¬
liberal, zwei beim Zentrum, je einer wildliberal und deutschfreisinnig; für die
sieben Burschenschafter des Herrenhauses ist die Zuteilung nicht so ohne weiteres
zu machen. Bnrschenschafteruamen ans den Ministerien und hohen Beamten-
stellen könnten wir hier eine Menge anführen, da die Burschenschaftlichen
Blätter gern nud mit Stolz solches Material znsanunentragen; mir der Bot¬
schafter von Keudell nud zehn Minister, darunter Thielen und — Miguel
seien erwähnt. Das kann man außerdem behaupten, daß die Jugend innerlich
mehr rechts steht, als das ältere im Durchschnitt nntionalliberale Geschlecht.
Sonderbarerweise bringt das alte Prinzip der Freiheit, das der Burschen¬
schaft kaum »och, wie hie und da die Gleichberechtigung, Kopfschmerze» macht
und von den Füchsen, die zuweilen mit allerlei schwülen Erwartungen darüber
eingesprungen sind, sehr glatt verdaut wird, diese Verbinduugsgruppe in Mi߬
verständnis mit dem Publikum: man scheut dort oder auch man beansprucht
von ihr demokratische oder sonstige stark links gerichtete Tendenzen. Besonders
das schwerfällig-traditionelle Denken der Behörden sieht in den Burschenschaftern
immer noch Umstürzler. Die Hnldigungstelegramme der burschenschnftlichen
Kaiserkommerse gehen einem etwas ungewissen Schicksal in den zuständigen Hof¬
ämtern entgegen. Auch die Landesfürslei, sind für die gelegentliche!, Gelöbnisse um-
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