Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.AufNäruiigeii über studentische Dinge belegt werde". Mediziner sind meistens von Anfang an oder doch frühzeitig Aber die akademische Lern- und Faulenzsreiheit soll nicht das Thema Beginnen wir mit dem schwierigsten, einer Betrachtung der Burschenschaft. Publikum und Studentenschaft im allgemeinen sagen: heutzutage ist kein AufNäruiigeii über studentische Dinge belegt werde». Mediziner sind meistens von Anfang an oder doch frühzeitig Aber die akademische Lern- und Faulenzsreiheit soll nicht das Thema Beginnen wir mit dem schwierigsten, einer Betrachtung der Burschenschaft. Publikum und Studentenschaft im allgemeinen sagen: heutzutage ist kein <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0027" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/212503"/> <fw type="header" place="top"> AufNäruiigeii über studentische Dinge</fw><lb/> <p xml:id="ID_45" prev="#ID_44"> belegt werde». Mediziner sind meistens von Anfang an oder doch frühzeitig<lb/> fleißig, selbst bei .Korps. Theologen, ohnehin mehr ans bestimmte Verbin¬<lb/> dungen angewiesen, wo sie dann fast unter sich sind, sind ebenfalls und von<lb/> selber fleißig. Dagegen lassen sich die Angehörigen der elastischen „Philo¬<lb/> sophischen" Fakultät am meisten von dem durch sie selber weniger bestimmten<lb/> Geiste ihrer Verbindung treiben, je nachdem sie als Korpsstudenten Chemiker,<lb/> in der Burschenschaft, Landsmannschaft, „schlagenden Verbindung" Philologen<lb/> sind n. s. f.</p><lb/> <p xml:id="ID_46"> Aber die akademische Lern- und Faulenzsreiheit soll nicht das Thema<lb/> dieses Aufsatzes sei». Er will vielmehr versuchen, denen, die sich über diese<lb/> Dinge ein näheres Urteil bilden möchten, die Znsammensetzung der Studenten¬<lb/> schaft und die größere oder geringere Verschiedenheit der studentischen Gruppen<lb/> darzulegen, dabei aber auch solche Punkte näher behandeln, die die „alten<lb/> Herren." d. h. die nach Zehntnusendeu zählenden ehemaligen Verbindnngs-<lb/> stndenten unter den Beamten, Lehrern, Ärzten u. s. w. besonders interessiren.<lb/> Dahin gehören namentlich die mancherlei Reformversuche und sodann das Ver¬<lb/> halten der verschiedne» Verbiudungsgruppeu gegen einander, das in der<lb/> studentischen Presse und Litteratur diskreterweise kaum oder gar nicht be¬<lb/> rührt wird und doch die Gedanken der Aktiven unablässig beschäftigt, selbst<lb/> den alten Herren bis ans Lebensende nachgeht, ihre öffentliche und gesell¬<lb/> schaftliche Stellung zum guten Teile, ja in vielen Fällen sogar ihr Lebens¬<lb/> schicksal beeinflußt. Der Verfasser dieser Zeilen zweifelt zwar nicht daran,<lb/> daß ihm bei seinem Versuch einige Irrtümer und Schiefheiten unterlaufen<lb/> werden, aber sein besondrer Beruf und andre mitwirkende Umstände haben ihn<lb/> in steter Berührung mit studentischen Verbindnngstreisen verschiedner Waffen-<lb/> gattungen erhalten, und nicht selten benutzt er auch die Gelegenheit, die eignen<lb/> Studeuteucrinnernngen ein wenig wieder aufzufrischen. Eine „Tendenz" haben<lb/> diese Auseinandersetzungen nicht, sie möchten nur aufklären und vor allem die<lb/> Dinge beim rechten Namen nennen. Darin liegt freilich fast immer etwas<lb/> Oppositionelles, bisweilen sogar scheinbar Gehässiges.</p><lb/> <p xml:id="ID_47"> Beginnen wir mit dem schwierigsten, einer Betrachtung der Burschenschaft.<lb/> Sie ist von all diese» Gruppen bei weitem die mannichfaltigste und schwankt<lb/> in allerlei Paradoxie» zwischen Theorie und Praxis hin und her, wird von<lb/> der Öffentlichkeit am wenigsten gekannt und am schwersten begriffen, ist aber<lb/> unter der Studeuteuschnft immer noch am ehesten die Bewahrern von ab¬<lb/> strakten Ideen und schönen Idealen. Es klingt bitter, wenn wir in einem<lb/> weniger starren Festhalten an diesen Ideen in mancher Hinsicht den Fort¬<lb/> schritt und das Vernünftigere sehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_48" next="#ID_49"> Publikum und Studentenschaft im allgemeinen sagen: heutzutage ist kein<lb/> Unterschied mehr zwischen Korps und Burschenschaft. Das ist falsch und richtig<lb/> zugleich. Äußerlich richtig z. B. darin, daß gerade nur diese beiden große»</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0027]
AufNäruiigeii über studentische Dinge
belegt werde». Mediziner sind meistens von Anfang an oder doch frühzeitig
fleißig, selbst bei .Korps. Theologen, ohnehin mehr ans bestimmte Verbin¬
dungen angewiesen, wo sie dann fast unter sich sind, sind ebenfalls und von
selber fleißig. Dagegen lassen sich die Angehörigen der elastischen „Philo¬
sophischen" Fakultät am meisten von dem durch sie selber weniger bestimmten
Geiste ihrer Verbindung treiben, je nachdem sie als Korpsstudenten Chemiker,
in der Burschenschaft, Landsmannschaft, „schlagenden Verbindung" Philologen
sind n. s. f.
Aber die akademische Lern- und Faulenzsreiheit soll nicht das Thema
dieses Aufsatzes sei». Er will vielmehr versuchen, denen, die sich über diese
Dinge ein näheres Urteil bilden möchten, die Znsammensetzung der Studenten¬
schaft und die größere oder geringere Verschiedenheit der studentischen Gruppen
darzulegen, dabei aber auch solche Punkte näher behandeln, die die „alten
Herren." d. h. die nach Zehntnusendeu zählenden ehemaligen Verbindnngs-
stndenten unter den Beamten, Lehrern, Ärzten u. s. w. besonders interessiren.
Dahin gehören namentlich die mancherlei Reformversuche und sodann das Ver¬
halten der verschiedne» Verbiudungsgruppeu gegen einander, das in der
studentischen Presse und Litteratur diskreterweise kaum oder gar nicht be¬
rührt wird und doch die Gedanken der Aktiven unablässig beschäftigt, selbst
den alten Herren bis ans Lebensende nachgeht, ihre öffentliche und gesell¬
schaftliche Stellung zum guten Teile, ja in vielen Fällen sogar ihr Lebens¬
schicksal beeinflußt. Der Verfasser dieser Zeilen zweifelt zwar nicht daran,
daß ihm bei seinem Versuch einige Irrtümer und Schiefheiten unterlaufen
werden, aber sein besondrer Beruf und andre mitwirkende Umstände haben ihn
in steter Berührung mit studentischen Verbindnngstreisen verschiedner Waffen-
gattungen erhalten, und nicht selten benutzt er auch die Gelegenheit, die eignen
Studeuteucrinnernngen ein wenig wieder aufzufrischen. Eine „Tendenz" haben
diese Auseinandersetzungen nicht, sie möchten nur aufklären und vor allem die
Dinge beim rechten Namen nennen. Darin liegt freilich fast immer etwas
Oppositionelles, bisweilen sogar scheinbar Gehässiges.
Beginnen wir mit dem schwierigsten, einer Betrachtung der Burschenschaft.
Sie ist von all diese» Gruppen bei weitem die mannichfaltigste und schwankt
in allerlei Paradoxie» zwischen Theorie und Praxis hin und her, wird von
der Öffentlichkeit am wenigsten gekannt und am schwersten begriffen, ist aber
unter der Studeuteuschnft immer noch am ehesten die Bewahrern von ab¬
strakten Ideen und schönen Idealen. Es klingt bitter, wenn wir in einem
weniger starren Festhalten an diesen Ideen in mancher Hinsicht den Fort¬
schritt und das Vernünftigere sehen.
Publikum und Studentenschaft im allgemeinen sagen: heutzutage ist kein
Unterschied mehr zwischen Korps und Burschenschaft. Das ist falsch und richtig
zugleich. Äußerlich richtig z. B. darin, daß gerade nur diese beiden große»
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