Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.Augen gehabt but. Der Mittelweg, der beide Richtungen der Politik vereint, Grenzboten III I8S2 ZZ
Augen gehabt but. Der Mittelweg, der beide Richtungen der Politik vereint, Grenzboten III I8S2 ZZ
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Augen gehabt but. Der Mittelweg, der beide Richtungen der Politik vereint,
und die schnellste und bequemste Methode werden von Emin angedeutet, wen»
er nachdrücklich die Wichtigkeit eines einzelnen Stützpunktes im Innern betont.
Natürlich wird die Einwirkung der Verwaltung und Besiedlung in dem
einen Drittel des Ganzen, nämlich in der nächst der Küste und an den
zum innern Plateau aufsteigenden Terrassen gelegnen Gegend, als der am
leichtesten erreichbaren, die intensivste sein und sein müssen. Aber wie sich
schon in dem Küstenstrich ein Teil schneller hebt und vor dem deutschen Regi-
mente unterwürfiger und schmiegsamer zeigt als der andre, und zwar der
nördliche durch die Endpunkte Mpagwa und Bagamoyo angedeutete mehr, als
der dem Nhassa zugekehrte, so auch im innern Hochlande: der Norden ver¬
dient, wenigstens gegenwärtig, den Vorrang vor dem großen Süden. Die
Völkerschaften des Nordens sind für die Wohlthaten der europäischen Kultur
und die guten Absichten der Kolonisatoren empfänglicher und leichter zugäng¬
lich als die des Südens. Mitten dnrch den Norden führt die belebte alte
Hauptverkehrsstraße mit den drei innern Endpunkten: Muansa oder Kngehi
und Bnkoba oder Kafurro am Viktvriasee und Udschidschi am Tangnnikasee;
sie wird sich bei der in Afrika so mächtigen Tradition vou keiner andern
Straße den Vorsprung abgewinnen lassen. Von den drei großen Seen ist der
Viktoriasee, wie Wißmann in seinem Vortrage in Bamberg am 2. Juli 1«91
erklärte, für den Handel der wichtigste. Er ist der einzige See, an dem wir auch
einen beträchtlichen Abschnitt des Westufers unser eigen nennen. Die hier
nach Emins Plan dauernd festzuhaltende Hauptstation ist in der gleichen
günstigen Lage wie die Hafenplätze der Meeresküste, indem sie auf der einen
Seite durch die Seefläche, eine natürliche Rückzugsbahn und Zufluchtsstätte,
wie die Geschichte Ugandas zeigt, gedeckt ist; die Küstenstädte erfreuen sich der
Unterstützung durch die das Meer beherrschende Kriegsflotte. Der Norden ist
ferner der am besten bekannte Teil Deutschostafrikas. Ein allmähliches Bor¬
schreiten von der Küste nach dem Innern heißt nicht soviel wie überall gleich¬
mäßig vorwärtsgehen; wir müsse» uns die freie Bestimmung über die beste
Zeit, wann wir uns mit den Wahehe und andern kriegerischen Stämmen ein¬
lassen wollen, vorbehalten, solange wir nicht gegen unsern Willen zu einer
andern Haltung schlechterdings genötigt sind. Weil das nördliche Drittel
unsers Gebiets schneller entwicklungsfähig ist, mußte es Emin als eine harte
Zurücksetzung empfinden, daß man ihm dafür das ihm gleichgiltige, unsympa¬
thische und fremde Südland aufhalsen wollte; er konnte seine Aufgabe nur dann
mit Liebe und Freude anfassen, wenn ihm ein ähnliches Feld seiner Wirksam¬
keit vorbehalten blieb, wie er es an: Bahr el Gebet in Lato und Wadelai
gehabt hatte. Wenn es Wißmann gelingen sollte, seinen Dampfer über den
Sambesi und Schire ins Innere zu bringen, so wird er sich nur dann eines
vollen Erfolgs rühmen können, wenn er ihn, wie er ja beabsichtigt, vom
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