Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.Die akademische Uunstansstellnng in Berlin Südamerika zu machen, war es das erste, was er nach seiner Rückkehr in die Es ist überflüssig, noch weiter die Gründe zu erörtern, die trotz eines Die akademische Uunstansstellnng in Berlin Südamerika zu machen, war es das erste, was er nach seiner Rückkehr in die Es ist überflüssig, noch weiter die Gründe zu erörtern, die trotz eines <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0188" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/212664"/> <fw type="header" place="top"> Die akademische Uunstansstellnng in Berlin</fw><lb/> <p xml:id="ID_590" prev="#ID_589"> Südamerika zu machen, war es das erste, was er nach seiner Rückkehr in die<lb/> Heimat that, daß er, teils aus eignem Antrieb, teils freilich auch durch die<lb/> Ausstellungswut der Kunsthändler veranlaßt, eine Sammelausstellung seiner<lb/> unterwegs in Öl und Aquarell gemachten Studien und Zeichnungen veran¬<lb/> staltete, um der staunenden Welt zu zeigen, welch neues großes Genie über<lb/> Nacht entstanden war. Wenn mit solchen Ausstellungen ein ethnographisches<lb/> oder geographisches oder ein andres wissenschaftliches Interesse verbunden war,<lb/> konnte man sie sich noch gefallen lassen. Aber am Ende kamen allerhand<lb/> naturalistische Gernegroße und Sensationsmacher hergelaufen und kramten ihren<lb/> ganzen Atelierplunder vor den Angen des Publikums aus. Eine Aufwärmung<lb/> derartiger Ausstellungen war also mindestens überflüssig und jedenfalls nicht<lb/> geeignet, das Ansehen eines von so vielen mißlichen Nebenumständen begleiteten<lb/> Unternehmens zu heben. Wenn wir auch die Aquarelle des Münchner Haus<lb/> von Bnrtels — Strandlandschaften, Dorfansichten, Straßenbilder und Innen-<lb/> räume ans Holland, Rügen, Bornholm u. s. w. — wegen ihrer gesunden<lb/> Naturanschauung und ihrer großen Kraft in der malerischen und plastischen<lb/> Darstellung gern wiedersehen, so darf man doch, selbst angesichts des Guten<lb/> und Besten, nicht vergessen, daß das Wesen der modernen Ausstellungen darin<lb/> liegt, daß sie uns den Fortschritt, nicht das Verharren oder, wenn ein Fort¬<lb/> schritt nicht zu finden ist, doch stofflich immer etwas Neues zu bieten haben,<lb/> wenn sie nicht ihre Berechtigung verlieren sollen. Mit den Sonderausstellungen<lb/> von Hans Thoma, Franz Stuck, Wilhelm Trübner u. a. hätte uns die Ans-<lb/> stellnngsleitung aber aus rein ästhetischen Gründen verschonen müssen, um so<lb/> mehr, als alle bisherigen Massenaufzüge dieser Sonderlinge der modernen<lb/> Malerei aller Orten auf den entschiednen Widerstand des großen Publikums<lb/> gestoßen sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_591" next="#ID_592"> Es ist überflüssig, noch weiter die Gründe zu erörtern, die trotz eines<lb/> reichen, zum Teil wertvollen Materials den ungünstigen Gesamteindruck eiuer<lb/> Ausstellung herbeigeführt haben, zu der weder die Veranstalter noch die Aus¬<lb/> steller großes Vertrauen gehabt zu haben scheinen. Aus alleu Ecken und Enden<lb/> guckt auch hier, wie auch auf andern Gebieten unsers öffentlichen Lebens,<lb/> Zerfahrenheit, Planlosigkeit und Ermattung heraus, und darüber kann nur<lb/> eine Zusammenziehung aller Kräfte nach dem Innern, nicht eine Zersplitterung<lb/> nach allen auswärtigen Seiten, ein Wettlauf um eine Weltausstellung u. tgi. in.<lb/> hinweghelfen. Wichtiger als diese traurige Beobachtung, die wir hier nicht<lb/> weiter ausführen wollen, obwohl Grund genug dazu vorhanden wäre, ist für<lb/> unsern Zweck die Frage, ob die Berliner Kunstausstellung von 1892 neben<lb/> dem bekannten Alten, was meist immer noch gut ist, auch etwas Neues und<lb/> Verheißungsvolles gebracht hat, natürlich soweit die deutsche Kunst in Betracht<lb/> kommt. Diese Frage kann im allgemeinen, wenn auch nicht für jeden Zweig<lb/> der Malerei und Plastik im besondern — von der Architektur sehe ich hier</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0188]
Die akademische Uunstansstellnng in Berlin
Südamerika zu machen, war es das erste, was er nach seiner Rückkehr in die
Heimat that, daß er, teils aus eignem Antrieb, teils freilich auch durch die
Ausstellungswut der Kunsthändler veranlaßt, eine Sammelausstellung seiner
unterwegs in Öl und Aquarell gemachten Studien und Zeichnungen veran¬
staltete, um der staunenden Welt zu zeigen, welch neues großes Genie über
Nacht entstanden war. Wenn mit solchen Ausstellungen ein ethnographisches
oder geographisches oder ein andres wissenschaftliches Interesse verbunden war,
konnte man sie sich noch gefallen lassen. Aber am Ende kamen allerhand
naturalistische Gernegroße und Sensationsmacher hergelaufen und kramten ihren
ganzen Atelierplunder vor den Angen des Publikums aus. Eine Aufwärmung
derartiger Ausstellungen war also mindestens überflüssig und jedenfalls nicht
geeignet, das Ansehen eines von so vielen mißlichen Nebenumständen begleiteten
Unternehmens zu heben. Wenn wir auch die Aquarelle des Münchner Haus
von Bnrtels — Strandlandschaften, Dorfansichten, Straßenbilder und Innen-
räume ans Holland, Rügen, Bornholm u. s. w. — wegen ihrer gesunden
Naturanschauung und ihrer großen Kraft in der malerischen und plastischen
Darstellung gern wiedersehen, so darf man doch, selbst angesichts des Guten
und Besten, nicht vergessen, daß das Wesen der modernen Ausstellungen darin
liegt, daß sie uns den Fortschritt, nicht das Verharren oder, wenn ein Fort¬
schritt nicht zu finden ist, doch stofflich immer etwas Neues zu bieten haben,
wenn sie nicht ihre Berechtigung verlieren sollen. Mit den Sonderausstellungen
von Hans Thoma, Franz Stuck, Wilhelm Trübner u. a. hätte uns die Ans-
stellnngsleitung aber aus rein ästhetischen Gründen verschonen müssen, um so
mehr, als alle bisherigen Massenaufzüge dieser Sonderlinge der modernen
Malerei aller Orten auf den entschiednen Widerstand des großen Publikums
gestoßen sind.
Es ist überflüssig, noch weiter die Gründe zu erörtern, die trotz eines
reichen, zum Teil wertvollen Materials den ungünstigen Gesamteindruck eiuer
Ausstellung herbeigeführt haben, zu der weder die Veranstalter noch die Aus¬
steller großes Vertrauen gehabt zu haben scheinen. Aus alleu Ecken und Enden
guckt auch hier, wie auch auf andern Gebieten unsers öffentlichen Lebens,
Zerfahrenheit, Planlosigkeit und Ermattung heraus, und darüber kann nur
eine Zusammenziehung aller Kräfte nach dem Innern, nicht eine Zersplitterung
nach allen auswärtigen Seiten, ein Wettlauf um eine Weltausstellung u. tgi. in.
hinweghelfen. Wichtiger als diese traurige Beobachtung, die wir hier nicht
weiter ausführen wollen, obwohl Grund genug dazu vorhanden wäre, ist für
unsern Zweck die Frage, ob die Berliner Kunstausstellung von 1892 neben
dem bekannten Alten, was meist immer noch gut ist, auch etwas Neues und
Verheißungsvolles gebracht hat, natürlich soweit die deutsche Kunst in Betracht
kommt. Diese Frage kann im allgemeinen, wenn auch nicht für jeden Zweig
der Malerei und Plastik im besondern — von der Architektur sehe ich hier
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