Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr.Theodor Römers Vater 15. Mürz 1815, und bereits ani 3. April vermag der Vater an Frau von
Schon ein Jahr vorher hatte man ihn in Berlin in den Wirkungskreis Theodor Römers Vater 15. Mürz 1815, und bereits ani 3. April vermag der Vater an Frau von
Schon ein Jahr vorher hatte man ihn in Berlin in den Wirkungskreis <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0574" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/290343"/> <fw type="header" place="top"> Theodor Römers Vater</fw><lb/> <p xml:id="ID_1716" prev="#ID_1715"> 15. Mürz 1815, und bereits ani 3. April vermag der Vater an Frau von<lb/> Humboldt zu schreiben: „Mich hat Gott wunderbar gestärkt, und meine Gesund¬<lb/> heit ist weit weniger angegriffen, als nach dem Tode des Sohnes." „Den<lb/> Manen der Kinder" aber hat er, als er 1818 ihre Grabstätte in dem fernen<lb/> Wobbelin besuchte, nachstehende ergreifende Distichen gewidmet:</p><lb/> <quote> <p xml:id="ID_1717"> Heil euch, seliges Paar! Hoch schwebt ihr über der Erde;<lb/> Wir verweilen noch hier, wandeln auf doruichtcr Bahn,</p> <p xml:id="ID_1718"> Aber in Blumen und Sternen, in jeder Zierde des Weltalls<lb/> Sieht der sehnende Blick seine Geliebten verklärt.</p> <p xml:id="ID_1719"> Auch in der Eiche, die hier die bethränten Gräber beschattet,<lb/> Zeigt, was ihr wäret und seid, uns sich als liebliches Bild.</p> <p xml:id="ID_1720"> Nah aus der Wurzel entstehn ans dem Herzen des Stammes zwei Äste,<lb/> Kräftig strebt einer empor, ihm schließt der zweite sich an.</p> <p xml:id="ID_1721"> Bald, wie durch fremde Gewalt, sehn wir sie gehemmt und vereinigt,<lb/> Aber der höhere Trieb siegt über irdische Macht.</p> </quote><lb/> <p xml:id="ID_1722" next="#ID_1723"> Schon ein Jahr vorher hatte man ihn in Berlin in den Wirkungskreis<lb/> gestellt, der für die ganze Richtung seines Geistes in der That der geeignetste<lb/> war, er wurde 1817 Geheimer Ober-Regierungsrnt im Altensteinschen Kultus¬<lb/> ministerium. Befriedigung gewährte ihm, die Lage der Lehrer und namentlich<lb/> ihrer Witwen und Waisen verbessern zu Minen, wenn auch bereits damals<lb/> der Realismus der Finanzen dem Idealismus des Kultus die Flügel zu<lb/> beschneiden Pflegte. Auch als eine Art Kurator der Berliner Gymnasien fand<lb/> er eine ihm zusagende Thätigkeit, weniger schon als Beamter im Ober-Zensur¬<lb/> kollegium. Hier trat ihm das zu damaliger Zeit in Berlin leider vor¬<lb/> herrschende Pnrteiwesen entgegen, dein er mit seinem ruhigen, auch fremde<lb/> Gegensätze gern ausgleichenden Geiste abhold war. Aber als eine kleine,<lb/> dennoch mächtige Strömung am Hofe immer mehr Einfluß erhielt und die<lb/> zu verfolgen anfing, die im Kampfe für die Freiheit nicht Gut noch Blut<lb/> geschont hatten, fühlte er sich in seinem innersten Fühlen verletzt und ver¬<lb/> faßte eine Schrift: „Stimme der Warnung bei dem Gerücht von geheimen<lb/> politischen Verbindungen im Preußischen Staate." (Berlin, 1815.) Es han¬<lb/> delte sich um vermeintliche Ausläufer des „Tugendbundes," aufgespürt und<lb/> angeklagt von dem Professor und ftäats- und rechtswissenschaftlichen Schrift¬<lb/> steller Schmalz in Berlin, in einer Flugschrift „Über politische Vereine," die<lb/> viel Staub aufwirbelte. War auch Körners Gegenschrift ziemlich matt, da<lb/> er sich als Staatsbeamter vorsichtig zurückhielt, war sie demnach kein attisches<lb/> Salz auf jeues „Schmalz," so läßt sie doch den verhaltenen Kammer des<lb/> Vaters durchblicken, daß der Heldentod seines Sohnes für eine weitere frei¬<lb/> heitliche Entwicklung eigentlich fruchtlos geblieben war. „Die tapfern Streiter<lb/> — sagt er —, denen das Vaterland seine Stellung verdankt, kehren beim,<lb/> lind ihre glorreichen Siege fordern ein würdiges Denkmal. Dies ist die Aus¬<lb/> führung des großen Werkes, das ans den Schlachtfeldern gegründet wurde.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0574]
Theodor Römers Vater
15. Mürz 1815, und bereits ani 3. April vermag der Vater an Frau von
Humboldt zu schreiben: „Mich hat Gott wunderbar gestärkt, und meine Gesund¬
heit ist weit weniger angegriffen, als nach dem Tode des Sohnes." „Den
Manen der Kinder" aber hat er, als er 1818 ihre Grabstätte in dem fernen
Wobbelin besuchte, nachstehende ergreifende Distichen gewidmet:
Heil euch, seliges Paar! Hoch schwebt ihr über der Erde;
Wir verweilen noch hier, wandeln auf doruichtcr Bahn,
Aber in Blumen und Sternen, in jeder Zierde des Weltalls
Sieht der sehnende Blick seine Geliebten verklärt.
Auch in der Eiche, die hier die bethränten Gräber beschattet,
Zeigt, was ihr wäret und seid, uns sich als liebliches Bild.
Nah aus der Wurzel entstehn ans dem Herzen des Stammes zwei Äste,
Kräftig strebt einer empor, ihm schließt der zweite sich an.
Bald, wie durch fremde Gewalt, sehn wir sie gehemmt und vereinigt,
Aber der höhere Trieb siegt über irdische Macht.
Schon ein Jahr vorher hatte man ihn in Berlin in den Wirkungskreis
gestellt, der für die ganze Richtung seines Geistes in der That der geeignetste
war, er wurde 1817 Geheimer Ober-Regierungsrnt im Altensteinschen Kultus¬
ministerium. Befriedigung gewährte ihm, die Lage der Lehrer und namentlich
ihrer Witwen und Waisen verbessern zu Minen, wenn auch bereits damals
der Realismus der Finanzen dem Idealismus des Kultus die Flügel zu
beschneiden Pflegte. Auch als eine Art Kurator der Berliner Gymnasien fand
er eine ihm zusagende Thätigkeit, weniger schon als Beamter im Ober-Zensur¬
kollegium. Hier trat ihm das zu damaliger Zeit in Berlin leider vor¬
herrschende Pnrteiwesen entgegen, dein er mit seinem ruhigen, auch fremde
Gegensätze gern ausgleichenden Geiste abhold war. Aber als eine kleine,
dennoch mächtige Strömung am Hofe immer mehr Einfluß erhielt und die
zu verfolgen anfing, die im Kampfe für die Freiheit nicht Gut noch Blut
geschont hatten, fühlte er sich in seinem innersten Fühlen verletzt und ver¬
faßte eine Schrift: „Stimme der Warnung bei dem Gerücht von geheimen
politischen Verbindungen im Preußischen Staate." (Berlin, 1815.) Es han¬
delte sich um vermeintliche Ausläufer des „Tugendbundes," aufgespürt und
angeklagt von dem Professor und ftäats- und rechtswissenschaftlichen Schrift¬
steller Schmalz in Berlin, in einer Flugschrift „Über politische Vereine," die
viel Staub aufwirbelte. War auch Körners Gegenschrift ziemlich matt, da
er sich als Staatsbeamter vorsichtig zurückhielt, war sie demnach kein attisches
Salz auf jeues „Schmalz," so läßt sie doch den verhaltenen Kammer des
Vaters durchblicken, daß der Heldentod seines Sohnes für eine weitere frei¬
heitliche Entwicklung eigentlich fruchtlos geblieben war. „Die tapfern Streiter
— sagt er —, denen das Vaterland seine Stellung verdankt, kehren beim,
lind ihre glorreichen Siege fordern ein würdiges Denkmal. Dies ist die Aus¬
führung des großen Werkes, das ans den Schlachtfeldern gegründet wurde.
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