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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr.

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Finnland

ftaatssekretär, die finnischen Angelegenheiten dem Kaiser vorzutragen hat;
4. das sogenannte Komitee sür die finnischen Angelegenheiten in Petersburgs)
Eine äußerst wichtige Stelle hat also, wie man sieht, der Staatssekretär, in
dessen Hand es liegt, wie er die betreffende Angelegenheit beim Kaiser im
Vortrag darstellt; er ist gewissermaßen die letzte Instanz, das letzte Glied in
der Kette, die den Kaiser mit dem Großfürstentum Finnland verbindet. Daher
hat denn auch Finnland das größte Interesse daran, diesen Posten mit einem
Mann besetzt zu sehen, dem das Wohl und Wehe des Landes am Herzen liegt,
wie dies bei den frühern Inhabern dieser Stellung, den Grafen Rehbinder
und Armfelt der Fall war, denn diese wachten mit großer Sorgfalt über die
Rechte des Landes. Das gleiche läßt sich nicht sagen von den beiden letzten
Staatssekretären Frhrn. Brunn und General Ehrnrvoth, die zwar Finnländer
von Geburt waren, aber ihr ganzes Leben in Rußland zugebracht hatten und
ihrem Vaterlande und dessen wirklichen Bedürfnissen entfremdet worden waren;
namentlich traf dies bei dem General Ehrnrovth zu, der seine staatsmännische
Laufbahn in Bulgarien begonnen hatte, einem Lande, dessen Verhältnisse von
den finnischen so verschieden wie möglich sind. Daß Ehrnrovth dnrch den
General Dudu ersetzt worden ist, ist seiner Zeit durch die Tagesblätter ge¬
meldet werden. Die Finnlnnder sind von dessen Ernennung nichts weniger
als erbaut, denn der jetzige Staatssekretär ist in noch höherm Grade als
sein Vorgänger von russischen Sympathien durchdrungen.

Wir wenden uns nun wieder den drei Kommissionen zu, deren Arbeiten
das finnische Volk natürlich mit größter Spannung zu verfolgen alle Ursache
hatte, den" es würde eine ganz außerordentliche Umwälzung bedeuten, wenn



Während wir dies schreibe", bringt das offizielle Organ in Finnland die Nachricht,
daß die letztgenannte Institution aufgehoben werden soll. Dus Manifest lautet: "Wir Alexander der Dritte u. s. w. thun zu wissen: In Rücksicht ans die Änderung in
der Handhabung der Geschäfte des StantssekretariatS für das Grvßsnrsteutum Finnland haben
wir für gut befunden, um nächsten 1. Oktober u. Se. die dem genannten StaatSsekrctarint
beigegebene, durch gnädiges Manifest vom (27. März) L. April 1857 errichtete Abteilung für
die finnischen Angelegenheiten einzuziehen. Eigenhändig unterschrieben: Alezander
Koutrasignirt: von Daehn" Gegründet wurde diese Abteilung schon 1811, aber bei Beginn der Regierung des Kaisers
Nikolaus 1826 wurde sie wieder eingezogen. Alexander 11. hielt es aber unes seiner Thron^
bcsteigung 18S7 "nötig, außer dem Staatssekretär für Finnland auch ständig einige andre mit
der Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung betraute Mttuucr in der Nähe des Thrones
zu haben, um mit völliger Sachkenntnis die verschiednen das Grvßfürsteutum betreffenden
Angelegenheiten, die der Entscheidung des Monarchen unterliegen, zu prüfen." Eigentliche und einzige Aufgabe der Abteilung war Vorbereitung und Vortrag, aber
nicht Kritik der ihr übergelmeu Suchen. Der Senat hatte das Recht, zwei Mitglieder zur
Abteilung zu ernennen,
Finnland

ftaatssekretär, die finnischen Angelegenheiten dem Kaiser vorzutragen hat;
4. das sogenannte Komitee sür die finnischen Angelegenheiten in Petersburgs)
Eine äußerst wichtige Stelle hat also, wie man sieht, der Staatssekretär, in
dessen Hand es liegt, wie er die betreffende Angelegenheit beim Kaiser im
Vortrag darstellt; er ist gewissermaßen die letzte Instanz, das letzte Glied in
der Kette, die den Kaiser mit dem Großfürstentum Finnland verbindet. Daher
hat denn auch Finnland das größte Interesse daran, diesen Posten mit einem
Mann besetzt zu sehen, dem das Wohl und Wehe des Landes am Herzen liegt,
wie dies bei den frühern Inhabern dieser Stellung, den Grafen Rehbinder
und Armfelt der Fall war, denn diese wachten mit großer Sorgfalt über die
Rechte des Landes. Das gleiche läßt sich nicht sagen von den beiden letzten
Staatssekretären Frhrn. Brunn und General Ehrnrvoth, die zwar Finnländer
von Geburt waren, aber ihr ganzes Leben in Rußland zugebracht hatten und
ihrem Vaterlande und dessen wirklichen Bedürfnissen entfremdet worden waren;
namentlich traf dies bei dem General Ehrnrovth zu, der seine staatsmännische
Laufbahn in Bulgarien begonnen hatte, einem Lande, dessen Verhältnisse von
den finnischen so verschieden wie möglich sind. Daß Ehrnrovth dnrch den
General Dudu ersetzt worden ist, ist seiner Zeit durch die Tagesblätter ge¬
meldet werden. Die Finnlnnder sind von dessen Ernennung nichts weniger
als erbaut, denn der jetzige Staatssekretär ist in noch höherm Grade als
sein Vorgänger von russischen Sympathien durchdrungen.

Wir wenden uns nun wieder den drei Kommissionen zu, deren Arbeiten
das finnische Volk natürlich mit größter Spannung zu verfolgen alle Ursache
hatte, den» es würde eine ganz außerordentliche Umwälzung bedeuten, wenn



Während wir dies schreibe», bringt das offizielle Organ in Finnland die Nachricht,
daß die letztgenannte Institution aufgehoben werden soll. Dus Manifest lautet: „Wir Alexander der Dritte u. s. w. thun zu wissen: In Rücksicht ans die Änderung in
der Handhabung der Geschäfte des StantssekretariatS für das Grvßsnrsteutum Finnland haben
wir für gut befunden, um nächsten 1. Oktober u. Se. die dem genannten StaatSsekrctarint
beigegebene, durch gnädiges Manifest vom (27. März) L. April 1857 errichtete Abteilung für
die finnischen Angelegenheiten einzuziehen. Eigenhändig unterschrieben: Alezander
Koutrasignirt: von Daehn" Gegründet wurde diese Abteilung schon 1811, aber bei Beginn der Regierung des Kaisers
Nikolaus 1826 wurde sie wieder eingezogen. Alexander 11. hielt es aber unes seiner Thron^
bcsteigung 18S7 „nötig, außer dem Staatssekretär für Finnland auch ständig einige andre mit
der Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung betraute Mttuucr in der Nähe des Thrones
zu haben, um mit völliger Sachkenntnis die verschiednen das Grvßfürsteutum betreffenden
Angelegenheiten, die der Entscheidung des Monarchen unterliegen, zu prüfen." Eigentliche und einzige Aufgabe der Abteilung war Vorbereitung und Vortrag, aber
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_289767/13>, abgerufen am 23.07.2024.