Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.angenommen wurde, mit allen Stimmen gegen die der Freisinnigen und der Es lohnt wohl, nachträglich auf die Debatten der letzten Stunden einen Wenn der Chef des Kvlonialamtes darauf entgegnete, daß sich nach den angenommen wurde, mit allen Stimmen gegen die der Freisinnigen und der Es lohnt wohl, nachträglich auf die Debatten der letzten Stunden einen Wenn der Chef des Kvlonialamtes darauf entgegnete, daß sich nach den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0463" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/210330"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1292" prev="#ID_1291"> angenommen wurde, mit allen Stimmen gegen die der Freisinnigen und der<lb/> Sozialdemokraten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1293"> Es lohnt wohl, nachträglich auf die Debatten der letzten Stunden einen<lb/> Rückblick zu werfen, weil sie in drastischer Weise zeigen, wohin Deutschland<lb/> käme, wenn die Herren hinter Eugen Richter das entscheidende Wort zu sprechen<lb/> hätten. Es handelte sich um einen Vorschuß aus deu Matrikularbeiträgen des<lb/> Reiches in der Höhe von 1425000 Mark zur Förderung von Kultur und<lb/> Handel im Schutzgebiete von Kamerun, eine Summe, die ohne Zinsen ans den<lb/> Zolleinnahmcn des Schutzgebietes in sechzehn jährlichen Raten zu !>0750 Mark<lb/> zurückgezahlt werden sollte. Nach einer befttrworteudeu Ansprache des Bericht¬<lb/> erstatters, des Abgeordneten Prinz von Arenberg, schickte der Freisinn drei<lb/> Redner ins Feld, die Herren Haußmauu, Bnrth und Bar, die das ganze Füll¬<lb/> horn dentschfreisinniger Koloniefeindschaft auf das unglückliche Schutzgebiet<lb/> ausschütteten. Es war im wesentlichen ein Kampf für die Privilegien der<lb/> Duallas. Diese 30000 Karawanenrünber wurden als die unseligen Opfer des<lb/> kaufmännischen Egoismus der Herren Wörmann, Jautzeu und Thormälen<lb/> und des mangelhaften Ncchtsgcfühls der deutscheu Reichsregierung hingestellt,<lb/> und die unglaubliche Forderung erhoben, daß Deutschland die Stellung dieser<lb/> Bande unerschüttert fortbestehen lasse. Das garantirte Recht des Zwischen¬<lb/> handels, das ihnen Nnchtigal und spater Freiherr vou Soden gesichert habe,<lb/> dürfe nicht angetastet und in keinem Falle Gewalt gebraucht werden. Es sei<lb/> eine Thorheit, sich vou der Anlegung von Wegen und Stationen eine Be¬<lb/> schränkung des Sklavenhandels und eine Förderung der Missionen zu ver¬<lb/> sprechen, und außerdem höchst zweifelhaft, ob das Reich irgend ein Recht habe,<lb/> solche Wege und Stationen zu errichten. Dr. von Bar erwärmte sich gnr für<lb/> die Souveränitätsrechte der Negerhäuptlinge und ging schließlich so weit, den<lb/> europäische» Staaten das Recht abzustreiten, jenen barbarischen Völkern eine<lb/> Kultur zu bringen, nach der sie keinerlei Verlangen empfänden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1294" next="#ID_1295"> Wenn der Chef des Kvlonialamtes darauf entgegnete, daß sich nach den<lb/> hier aufgestellten Regeln Amerika, Afrika und die andern Weltteile noch hente<lb/> in dem Zustande höchster Barbarei befinden würden, so war damit der Nagel ans<lb/> den Kopf getroffen. Denn in der That, wenn ein ersessenes Unrecht zum<lb/> Recht werden kann und eine gewohnte Sünde auch vom allgemeinen sittlichen<lb/> Standpunkt als Lokaltugend soll gelten dürfen, wenn die Kultur Halt machen<lb/> soll vor jeder Thür, die sich nicht von selbst öffnet, so ist es mit dem Fort¬<lb/> schritt in der Entwicklung der Menschheit um Ende. Aber was kümmert das<lb/> die Fortschrittspartei! Der doktrinäre Gesichtspunkt dieser Fanatiker des<lb/> Formalismus kann kaum besser gezeichnet werden als dnrch die Schlußworte<lb/> des Abgeordneten Bnrth: „Alle diejenigen — so sagte er —, die diese Summe<lb/> bewilligen, übernehmen damit die Verantwortlichkeit ^Verantwortung!^ sür alles<lb/> das, was aus dieser Veränderung unsrer Kolonialpolitik an der westafritUnischen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0463]
angenommen wurde, mit allen Stimmen gegen die der Freisinnigen und der
Sozialdemokraten.
Es lohnt wohl, nachträglich auf die Debatten der letzten Stunden einen
Rückblick zu werfen, weil sie in drastischer Weise zeigen, wohin Deutschland
käme, wenn die Herren hinter Eugen Richter das entscheidende Wort zu sprechen
hätten. Es handelte sich um einen Vorschuß aus deu Matrikularbeiträgen des
Reiches in der Höhe von 1425000 Mark zur Förderung von Kultur und
Handel im Schutzgebiete von Kamerun, eine Summe, die ohne Zinsen ans den
Zolleinnahmcn des Schutzgebietes in sechzehn jährlichen Raten zu !>0750 Mark
zurückgezahlt werden sollte. Nach einer befttrworteudeu Ansprache des Bericht¬
erstatters, des Abgeordneten Prinz von Arenberg, schickte der Freisinn drei
Redner ins Feld, die Herren Haußmauu, Bnrth und Bar, die das ganze Füll¬
horn dentschfreisinniger Koloniefeindschaft auf das unglückliche Schutzgebiet
ausschütteten. Es war im wesentlichen ein Kampf für die Privilegien der
Duallas. Diese 30000 Karawanenrünber wurden als die unseligen Opfer des
kaufmännischen Egoismus der Herren Wörmann, Jautzeu und Thormälen
und des mangelhaften Ncchtsgcfühls der deutscheu Reichsregierung hingestellt,
und die unglaubliche Forderung erhoben, daß Deutschland die Stellung dieser
Bande unerschüttert fortbestehen lasse. Das garantirte Recht des Zwischen¬
handels, das ihnen Nnchtigal und spater Freiherr vou Soden gesichert habe,
dürfe nicht angetastet und in keinem Falle Gewalt gebraucht werden. Es sei
eine Thorheit, sich vou der Anlegung von Wegen und Stationen eine Be¬
schränkung des Sklavenhandels und eine Förderung der Missionen zu ver¬
sprechen, und außerdem höchst zweifelhaft, ob das Reich irgend ein Recht habe,
solche Wege und Stationen zu errichten. Dr. von Bar erwärmte sich gnr für
die Souveränitätsrechte der Negerhäuptlinge und ging schließlich so weit, den
europäische» Staaten das Recht abzustreiten, jenen barbarischen Völkern eine
Kultur zu bringen, nach der sie keinerlei Verlangen empfänden.
Wenn der Chef des Kvlonialamtes darauf entgegnete, daß sich nach den
hier aufgestellten Regeln Amerika, Afrika und die andern Weltteile noch hente
in dem Zustande höchster Barbarei befinden würden, so war damit der Nagel ans
den Kopf getroffen. Denn in der That, wenn ein ersessenes Unrecht zum
Recht werden kann und eine gewohnte Sünde auch vom allgemeinen sittlichen
Standpunkt als Lokaltugend soll gelten dürfen, wenn die Kultur Halt machen
soll vor jeder Thür, die sich nicht von selbst öffnet, so ist es mit dem Fort¬
schritt in der Entwicklung der Menschheit um Ende. Aber was kümmert das
die Fortschrittspartei! Der doktrinäre Gesichtspunkt dieser Fanatiker des
Formalismus kann kaum besser gezeichnet werden als dnrch die Schlußworte
des Abgeordneten Bnrth: „Alle diejenigen — so sagte er —, die diese Summe
bewilligen, übernehmen damit die Verantwortlichkeit ^Verantwortung!^ sür alles
das, was aus dieser Veränderung unsrer Kolonialpolitik an der westafritUnischen
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