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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.

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Gin neues Metall

praktische Erfolge gehabt haben. Die Herstellung des Aluminiums fand nach
Wühlers Prinzip auf chemischem Wege statt dnrch Glühen von Natrium mit
einem Dvppelsalze des Aluminiums (^l LIg .M01). Das Kilo Natrium kostete
aber 2000 Franks. Wie teuer das Aluminium gewesen ist, kann man daraus
entnehmen, daß zu einem Kilo Aluminium mindestens drei Kilo Natrium ge¬
hörten. Die Kinderklapper, die Deville dem kaiserlichen Prinzen Lulu über¬
reichte, dürfte wohl das teuerste Spielzeug gewesen sein, das je einem Kinde
in die Wiege gelegt wurde. Später gelang es Deville, den Preis des Metalls
uns 300 Franks herabzubringen; es war aber auch so noch viel zu teuer,
als daß es in die Technik eingeführt werden konnte.

Heute kostet das Kilo Reinaluminium 15,50 Franks. Dieser erstannliche
Erfolg ist durch die Elektrolyse und durch die billige, aber gewaltige Betriebs¬
kraft des stürzenden Wassers erreicht worden.

Die Besucher des Rheinfalles werden sich der dem Schlosse Laufen gegen¬
über liegenden Fabrik, einer Eisengießerei, erinnern. Es ist ein altes Eisenwerk
von altem Rilfe, aber bei der Schwierigkeit, das Rohmaterial heranzuschaffen,
konnte es die Konkurrenz günstiger gelegener Eisenhütten auf die Dauer uicht
aushalten. Die Besitzer, die Herrn Naville-Ueber und Georg Ueber, kamen
auf den Gedanken, die Wasser, die sie bisher nur zum Bewegen des Gebläses
brauchten, einer andern und lohnender" Industrie dienstbar zu machen, und
zwar der Herstellung des Aluminiums. Mail erinnert sich, daß vor einigen
Jahren die Angelegenheit in den Blättern besprochen wurde, und daß sich die
öffentliche Meinung gegen das Unternehmen erklärte, weil mau fürchtete, die
Schönheit des Rheinfalles möchte dadurch beeinträchtigt werden. Das Projekt
kam also nicht zur Ausführung. Und zwar zu seinem Glücke, denn das be¬
absichtigte Verfahren, obwohl ein elektrisches, war zu teuer, um durchschlagenden
Erfolg haben zu können. Inzwischen hatte Horoult, ein junger französischer
Metallurg, ein Verfahren erfunden, dnrch das mit Hilfe der Elektrizität ans
Thonerde und einem andern Metall Alumimumlegierungeu, also z. B. in
Verbindung mit Kupfer Aluminiumbronze, herzustellen ist. Im Jahre 1888
bildete sich die schweizerische metallurgische Gesellschaft, die das Verfahren
Hvroults mit einer Kraft von 300 Pferden im großen durchführte. Zu gleicher
Zeit gelang es Dr. Kiliani im Auftrage der allgemeinen Elcktrizitäts-Gesell-
schaft in Berlin, Reinalnminium ans Thonerde herzustellen. Man erachtete
es für das beste, beide Unternehmungen zu verschmelzen, und gründete die
Alumillittm-Industrie-Aktien-Gesellschaft mit einem Kapital von 10 Millionen
Franken. Mit diesen Mitteln war nun schon etwas anzusaugen. Der Rhein¬
fall bot eine billige, sehr große und ziemlich zuverlässige Kraft, da der Boden¬
see als Regulator wirkt und Überschuß und Mangel ausgleicht. Freilich dürfte
trotz alledem in diesem Winter das Wasser knapp geworden sein. Die Gesell¬
schaft erhielt die Erlaubnis, dem Rhein oberhalb des Falles 20 Kubikmeter


Gin neues Metall

praktische Erfolge gehabt haben. Die Herstellung des Aluminiums fand nach
Wühlers Prinzip auf chemischem Wege statt dnrch Glühen von Natrium mit
einem Dvppelsalze des Aluminiums (^l LIg .M01). Das Kilo Natrium kostete
aber 2000 Franks. Wie teuer das Aluminium gewesen ist, kann man daraus
entnehmen, daß zu einem Kilo Aluminium mindestens drei Kilo Natrium ge¬
hörten. Die Kinderklapper, die Deville dem kaiserlichen Prinzen Lulu über¬
reichte, dürfte wohl das teuerste Spielzeug gewesen sein, das je einem Kinde
in die Wiege gelegt wurde. Später gelang es Deville, den Preis des Metalls
uns 300 Franks herabzubringen; es war aber auch so noch viel zu teuer,
als daß es in die Technik eingeführt werden konnte.

Heute kostet das Kilo Reinaluminium 15,50 Franks. Dieser erstannliche
Erfolg ist durch die Elektrolyse und durch die billige, aber gewaltige Betriebs¬
kraft des stürzenden Wassers erreicht worden.

Die Besucher des Rheinfalles werden sich der dem Schlosse Laufen gegen¬
über liegenden Fabrik, einer Eisengießerei, erinnern. Es ist ein altes Eisenwerk
von altem Rilfe, aber bei der Schwierigkeit, das Rohmaterial heranzuschaffen,
konnte es die Konkurrenz günstiger gelegener Eisenhütten auf die Dauer uicht
aushalten. Die Besitzer, die Herrn Naville-Ueber und Georg Ueber, kamen
auf den Gedanken, die Wasser, die sie bisher nur zum Bewegen des Gebläses
brauchten, einer andern und lohnender» Industrie dienstbar zu machen, und
zwar der Herstellung des Aluminiums. Mail erinnert sich, daß vor einigen
Jahren die Angelegenheit in den Blättern besprochen wurde, und daß sich die
öffentliche Meinung gegen das Unternehmen erklärte, weil mau fürchtete, die
Schönheit des Rheinfalles möchte dadurch beeinträchtigt werden. Das Projekt
kam also nicht zur Ausführung. Und zwar zu seinem Glücke, denn das be¬
absichtigte Verfahren, obwohl ein elektrisches, war zu teuer, um durchschlagenden
Erfolg haben zu können. Inzwischen hatte Horoult, ein junger französischer
Metallurg, ein Verfahren erfunden, dnrch das mit Hilfe der Elektrizität ans
Thonerde und einem andern Metall Alumimumlegierungeu, also z. B. in
Verbindung mit Kupfer Aluminiumbronze, herzustellen ist. Im Jahre 1888
bildete sich die schweizerische metallurgische Gesellschaft, die das Verfahren
Hvroults mit einer Kraft von 300 Pferden im großen durchführte. Zu gleicher
Zeit gelang es Dr. Kiliani im Auftrage der allgemeinen Elcktrizitäts-Gesell-
schaft in Berlin, Reinalnminium ans Thonerde herzustellen. Man erachtete
es für das beste, beide Unternehmungen zu verschmelzen, und gründete die
Alumillittm-Industrie-Aktien-Gesellschaft mit einem Kapital von 10 Millionen
Franken. Mit diesen Mitteln war nun schon etwas anzusaugen. Der Rhein¬
fall bot eine billige, sehr große und ziemlich zuverlässige Kraft, da der Boden¬
see als Regulator wirkt und Überschuß und Mangel ausgleicht. Freilich dürfte
trotz alledem in diesem Winter das Wasser knapp geworden sein. Die Gesell¬
schaft erhielt die Erlaubnis, dem Rhein oberhalb des Falles 20 Kubikmeter


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[0391] Gin neues Metall praktische Erfolge gehabt haben. Die Herstellung des Aluminiums fand nach Wühlers Prinzip auf chemischem Wege statt dnrch Glühen von Natrium mit einem Dvppelsalze des Aluminiums (^l LIg .M01). Das Kilo Natrium kostete aber 2000 Franks. Wie teuer das Aluminium gewesen ist, kann man daraus entnehmen, daß zu einem Kilo Aluminium mindestens drei Kilo Natrium ge¬ hörten. Die Kinderklapper, die Deville dem kaiserlichen Prinzen Lulu über¬ reichte, dürfte wohl das teuerste Spielzeug gewesen sein, das je einem Kinde in die Wiege gelegt wurde. Später gelang es Deville, den Preis des Metalls uns 300 Franks herabzubringen; es war aber auch so noch viel zu teuer, als daß es in die Technik eingeführt werden konnte. Heute kostet das Kilo Reinaluminium 15,50 Franks. Dieser erstannliche Erfolg ist durch die Elektrolyse und durch die billige, aber gewaltige Betriebs¬ kraft des stürzenden Wassers erreicht worden. Die Besucher des Rheinfalles werden sich der dem Schlosse Laufen gegen¬ über liegenden Fabrik, einer Eisengießerei, erinnern. Es ist ein altes Eisenwerk von altem Rilfe, aber bei der Schwierigkeit, das Rohmaterial heranzuschaffen, konnte es die Konkurrenz günstiger gelegener Eisenhütten auf die Dauer uicht aushalten. Die Besitzer, die Herrn Naville-Ueber und Georg Ueber, kamen auf den Gedanken, die Wasser, die sie bisher nur zum Bewegen des Gebläses brauchten, einer andern und lohnender» Industrie dienstbar zu machen, und zwar der Herstellung des Aluminiums. Mail erinnert sich, daß vor einigen Jahren die Angelegenheit in den Blättern besprochen wurde, und daß sich die öffentliche Meinung gegen das Unternehmen erklärte, weil mau fürchtete, die Schönheit des Rheinfalles möchte dadurch beeinträchtigt werden. Das Projekt kam also nicht zur Ausführung. Und zwar zu seinem Glücke, denn das be¬ absichtigte Verfahren, obwohl ein elektrisches, war zu teuer, um durchschlagenden Erfolg haben zu können. Inzwischen hatte Horoult, ein junger französischer Metallurg, ein Verfahren erfunden, dnrch das mit Hilfe der Elektrizität ans Thonerde und einem andern Metall Alumimumlegierungeu, also z. B. in Verbindung mit Kupfer Aluminiumbronze, herzustellen ist. Im Jahre 1888 bildete sich die schweizerische metallurgische Gesellschaft, die das Verfahren Hvroults mit einer Kraft von 300 Pferden im großen durchführte. Zu gleicher Zeit gelang es Dr. Kiliani im Auftrage der allgemeinen Elcktrizitäts-Gesell- schaft in Berlin, Reinalnminium ans Thonerde herzustellen. Man erachtete es für das beste, beide Unternehmungen zu verschmelzen, und gründete die Alumillittm-Industrie-Aktien-Gesellschaft mit einem Kapital von 10 Millionen Franken. Mit diesen Mitteln war nun schon etwas anzusaugen. Der Rhein¬ fall bot eine billige, sehr große und ziemlich zuverlässige Kraft, da der Boden¬ see als Regulator wirkt und Überschuß und Mangel ausgleicht. Freilich dürfte trotz alledem in diesem Winter das Wasser knapp geworden sein. Die Gesell¬ schaft erhielt die Erlaubnis, dem Rhein oberhalb des Falles 20 Kubikmeter

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866/391>, abgerufen am 26.07.2024.