Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Zolas antisemitischer Roman

großen Troste gereichte es ihm, daß er an den langen Winterabenden, ans
Veranlassung des Berliner Königsstädter Theaters, mit dem Oberbaurat
Coudray eilten für Weimar berechneten Theaterplan bis ins einzelne entworfen
hatte. Der Gedanke, daß dieser nun zur Ausführung kommen würde, schmeichelte
ihm, und wirklich entschied sich der Herzog für diesen gegen einen andern ihm
vorgelegten und empfohlenen. Schon erhoben sich die Grundmauern des Neu¬
baues, als es der Jagemann gelang, alles umzuwerfen. So wurde das neue
Theater kein Haus Goethes, was dieser so redlich verdient hatte, es sollte die
Macht der Freifrau von Heygeudorff verherrlichen. Aber wurden auch die
Grundmauern zu Goethes Plan wieder abgebrochen, den geistigen Grundbau
der Weimarischen Bühne hat Goethes treue Hingabe zu seinem ewigen Ruhme
gestiftet. Drei Jahre später, gleich nach dem Tode des Großherzogs, verließ
die Freifrau, uicht unter Segenswünschen, ihre Vaterstadt, während Goethe
neben Schiller in der Fürsteitgruft seine Ruhestätte finden sollte.

Der Riesen der Weimnrischen Bühne, die dem schlaffen Naturalismus
bei geringen Mitteln tapfer entgegengetreten war, und das Andenken an die
Kraft und Einsicht, womit der vielbeschäftigte Dichter sie gehalten hatte, lebt
fort, seine Regeln sür Schauspieler bleiben unvergessen. Die von ihm der Wei¬
marischen Bühne gegebene geistige Richtung ist ihr verblieben und ist nach den
wechselnden Zeitverhältnissen bis heute, fast dreiviertel Jahrhundert nach des
unsterblichen Meisters Abgang, uuter kunstsinnigen Fürsten immer hochgehalten
worden. Möge man nie vergessen, welche Kraft, Einsicht und Liebe in diesen
geistigen Grundbau versenkt worden sind, damit er sich zur Frende des deutschen
Vaterlandes, zu Ehren der Kunst fort und fort stolz in die Luft erhebe!


h. Dnutz er


Zolas antisemitischer Roman

l
e französischen Romanschreiber und Drnmendrechsler können uicht
darüber klagen, daß ihnen der verschärfte Paßzwang an Deutsch¬
lands Grenze irgendwie geschadet hätte, denn die litterarische
Überschwemmung ans Frankreich, an der wir seit Jahrhunderten
leiden, und die schon so manches fruchtbare und urwüchsige
Fleckchen in unserm Geistesleben verschlickt und versandet hat, wälzt ihre grauen
Fluten ungestört weiter über die deutschen Grenzmarken. Was die französischen
Maler durch ihre" kindischen Chauvinismus und durch ihre theatralische Ab¬
weisung an klingender Münze eingebüßt haben, das holen sich die französischen


Zolas antisemitischer Roman

großen Troste gereichte es ihm, daß er an den langen Winterabenden, ans
Veranlassung des Berliner Königsstädter Theaters, mit dem Oberbaurat
Coudray eilten für Weimar berechneten Theaterplan bis ins einzelne entworfen
hatte. Der Gedanke, daß dieser nun zur Ausführung kommen würde, schmeichelte
ihm, und wirklich entschied sich der Herzog für diesen gegen einen andern ihm
vorgelegten und empfohlenen. Schon erhoben sich die Grundmauern des Neu¬
baues, als es der Jagemann gelang, alles umzuwerfen. So wurde das neue
Theater kein Haus Goethes, was dieser so redlich verdient hatte, es sollte die
Macht der Freifrau von Heygeudorff verherrlichen. Aber wurden auch die
Grundmauern zu Goethes Plan wieder abgebrochen, den geistigen Grundbau
der Weimarischen Bühne hat Goethes treue Hingabe zu seinem ewigen Ruhme
gestiftet. Drei Jahre später, gleich nach dem Tode des Großherzogs, verließ
die Freifrau, uicht unter Segenswünschen, ihre Vaterstadt, während Goethe
neben Schiller in der Fürsteitgruft seine Ruhestätte finden sollte.

Der Riesen der Weimnrischen Bühne, die dem schlaffen Naturalismus
bei geringen Mitteln tapfer entgegengetreten war, und das Andenken an die
Kraft und Einsicht, womit der vielbeschäftigte Dichter sie gehalten hatte, lebt
fort, seine Regeln sür Schauspieler bleiben unvergessen. Die von ihm der Wei¬
marischen Bühne gegebene geistige Richtung ist ihr verblieben und ist nach den
wechselnden Zeitverhältnissen bis heute, fast dreiviertel Jahrhundert nach des
unsterblichen Meisters Abgang, uuter kunstsinnigen Fürsten immer hochgehalten
worden. Möge man nie vergessen, welche Kraft, Einsicht und Liebe in diesen
geistigen Grundbau versenkt worden sind, damit er sich zur Frende des deutschen
Vaterlandes, zu Ehren der Kunst fort und fort stolz in die Luft erhebe!


h. Dnutz er


Zolas antisemitischer Roman

l
e französischen Romanschreiber und Drnmendrechsler können uicht
darüber klagen, daß ihnen der verschärfte Paßzwang an Deutsch¬
lands Grenze irgendwie geschadet hätte, denn die litterarische
Überschwemmung ans Frankreich, an der wir seit Jahrhunderten
leiden, und die schon so manches fruchtbare und urwüchsige
Fleckchen in unserm Geistesleben verschlickt und versandet hat, wälzt ihre grauen
Fluten ungestört weiter über die deutschen Grenzmarken. Was die französischen
Maler durch ihre» kindischen Chauvinismus und durch ihre theatralische Ab¬
weisung an klingender Münze eingebüßt haben, das holen sich die französischen


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0193" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/210060"/>
          <fw type="header" place="top"> Zolas antisemitischer Roman</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_503" prev="#ID_502"> großen Troste gereichte es ihm, daß er an den langen Winterabenden, ans<lb/>
Veranlassung des Berliner Königsstädter Theaters, mit dem Oberbaurat<lb/>
Coudray eilten für Weimar berechneten Theaterplan bis ins einzelne entworfen<lb/>
hatte. Der Gedanke, daß dieser nun zur Ausführung kommen würde, schmeichelte<lb/>
ihm, und wirklich entschied sich der Herzog für diesen gegen einen andern ihm<lb/>
vorgelegten und empfohlenen. Schon erhoben sich die Grundmauern des Neu¬<lb/>
baues, als es der Jagemann gelang, alles umzuwerfen. So wurde das neue<lb/>
Theater kein Haus Goethes, was dieser so redlich verdient hatte, es sollte die<lb/>
Macht der Freifrau von Heygeudorff verherrlichen. Aber wurden auch die<lb/>
Grundmauern zu Goethes Plan wieder abgebrochen, den geistigen Grundbau<lb/>
der Weimarischen Bühne hat Goethes treue Hingabe zu seinem ewigen Ruhme<lb/>
gestiftet. Drei Jahre später, gleich nach dem Tode des Großherzogs, verließ<lb/>
die Freifrau, uicht unter Segenswünschen, ihre Vaterstadt, während Goethe<lb/>
neben Schiller in der Fürsteitgruft seine Ruhestätte finden sollte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_504"> Der Riesen der Weimnrischen Bühne, die dem schlaffen Naturalismus<lb/>
bei geringen Mitteln tapfer entgegengetreten war, und das Andenken an die<lb/>
Kraft und Einsicht, womit der vielbeschäftigte Dichter sie gehalten hatte, lebt<lb/>
fort, seine Regeln sür Schauspieler bleiben unvergessen. Die von ihm der Wei¬<lb/>
marischen Bühne gegebene geistige Richtung ist ihr verblieben und ist nach den<lb/>
wechselnden Zeitverhältnissen bis heute, fast dreiviertel Jahrhundert nach des<lb/>
unsterblichen Meisters Abgang, uuter kunstsinnigen Fürsten immer hochgehalten<lb/>
worden. Möge man nie vergessen, welche Kraft, Einsicht und Liebe in diesen<lb/>
geistigen Grundbau versenkt worden sind, damit er sich zur Frende des deutschen<lb/>
Vaterlandes, zu Ehren der Kunst fort und fort stolz in die Luft erhebe!</p><lb/>
          <note type="byline"> h. Dnutz er</note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Zolas antisemitischer Roman</head><lb/>
          <p xml:id="ID_505" next="#ID_506"> l<lb/>
e französischen Romanschreiber und Drnmendrechsler können uicht<lb/>
darüber klagen, daß ihnen der verschärfte Paßzwang an Deutsch¬<lb/>
lands Grenze irgendwie geschadet hätte, denn die litterarische<lb/>
Überschwemmung ans Frankreich, an der wir seit Jahrhunderten<lb/>
leiden, und die schon so manches fruchtbare und urwüchsige<lb/>
Fleckchen in unserm Geistesleben verschlickt und versandet hat, wälzt ihre grauen<lb/>
Fluten ungestört weiter über die deutschen Grenzmarken. Was die französischen<lb/>
Maler durch ihre» kindischen Chauvinismus und durch ihre theatralische Ab¬<lb/>
weisung an klingender Münze eingebüßt haben, das holen sich die französischen</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0193] Zolas antisemitischer Roman großen Troste gereichte es ihm, daß er an den langen Winterabenden, ans Veranlassung des Berliner Königsstädter Theaters, mit dem Oberbaurat Coudray eilten für Weimar berechneten Theaterplan bis ins einzelne entworfen hatte. Der Gedanke, daß dieser nun zur Ausführung kommen würde, schmeichelte ihm, und wirklich entschied sich der Herzog für diesen gegen einen andern ihm vorgelegten und empfohlenen. Schon erhoben sich die Grundmauern des Neu¬ baues, als es der Jagemann gelang, alles umzuwerfen. So wurde das neue Theater kein Haus Goethes, was dieser so redlich verdient hatte, es sollte die Macht der Freifrau von Heygeudorff verherrlichen. Aber wurden auch die Grundmauern zu Goethes Plan wieder abgebrochen, den geistigen Grundbau der Weimarischen Bühne hat Goethes treue Hingabe zu seinem ewigen Ruhme gestiftet. Drei Jahre später, gleich nach dem Tode des Großherzogs, verließ die Freifrau, uicht unter Segenswünschen, ihre Vaterstadt, während Goethe neben Schiller in der Fürsteitgruft seine Ruhestätte finden sollte. Der Riesen der Weimnrischen Bühne, die dem schlaffen Naturalismus bei geringen Mitteln tapfer entgegengetreten war, und das Andenken an die Kraft und Einsicht, womit der vielbeschäftigte Dichter sie gehalten hatte, lebt fort, seine Regeln sür Schauspieler bleiben unvergessen. Die von ihm der Wei¬ marischen Bühne gegebene geistige Richtung ist ihr verblieben und ist nach den wechselnden Zeitverhältnissen bis heute, fast dreiviertel Jahrhundert nach des unsterblichen Meisters Abgang, uuter kunstsinnigen Fürsten immer hochgehalten worden. Möge man nie vergessen, welche Kraft, Einsicht und Liebe in diesen geistigen Grundbau versenkt worden sind, damit er sich zur Frende des deutschen Vaterlandes, zu Ehren der Kunst fort und fort stolz in die Luft erhebe! h. Dnutz er Zolas antisemitischer Roman l e französischen Romanschreiber und Drnmendrechsler können uicht darüber klagen, daß ihnen der verschärfte Paßzwang an Deutsch¬ lands Grenze irgendwie geschadet hätte, denn die litterarische Überschwemmung ans Frankreich, an der wir seit Jahrhunderten leiden, und die schon so manches fruchtbare und urwüchsige Fleckchen in unserm Geistesleben verschlickt und versandet hat, wälzt ihre grauen Fluten ungestört weiter über die deutschen Grenzmarken. Was die französischen Maler durch ihre» kindischen Chauvinismus und durch ihre theatralische Ab¬ weisung an klingender Münze eingebüßt haben, das holen sich die französischen

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866/193
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866/193>, abgerufen am 04.07.2024.