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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.

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Die deutschen Ainderheilstättctt an der see

Gesundheitspflege am besten eigneten. Es entstanden darum in vielen Soolbädern
Anstalten sür Arme und wenig Bemittelte, und diese Anstalten hatten bereits
eine ausgebreitete, segensreiche Wirksamkeit entfaltet, als man in Deutschland
daran dachte, auch die Heilkraft unsrer Küsten in demselben Sinne auszubeuten.
(Vergl. Mettenheimer, Die Kinderheilstätteu an den deutschen Seeküsten und
ihre Verwendbarkeit für die konstitutionell erkrankten Kinder des Binnenlandes.)

Bei dem Reichtum Deutschlands an Soolquellen, deren Wirksamkeit und
leichte Venutzbarkeit feststeht, haben die Seehospize natürlich eine etwas be¬
schränktere Aufgabe als in andern Ländern, eben weil sie ihre Arbeit mit den
zahlreichen Soolquellen teilen können. Aber das Bad und namentlich die
Stadtende Luft an den nordischen Meeren, sie haben doch noch ganz andre
Wirkungen als die antistrofulvse, sie bieten vor allem sehr günstige Heil¬
erfolge bei konstitutioneller Schwäche. Dürfte ich auf Grund der Kenntnis
der einschlägigen Litteratur und des mehrere Jahre hindurch wiederholten Be¬
suches der beiden Soolbäder Frankenhansen und Dürrenberg, sowie der Be¬
kanntschaft mit deu Nordsecbüdern Sylt, Helgoland, Wangervog, Spiekeroog,
Langeoog und besonders Norderneh, dürfte ich auf Grund dieser Erfahrungen
ein Laienurteil wagen, so würde ich mich dahin aussprechen, daß beide, das Sovl-
und das Seebad, in demselben Sinne ans kränkliche, schwache Kinder wirken,
daß aber das Seebad und namentlich auch die Seeluftkur durch die völlige,
länger dauernde Veränderung der ganzen Lebensbedingungen eingreifender wirkt
und daher für ernstere, tiefer wurzelnde Krankheitsfälle das geeignetere sei.
Die Entscheidung zwischen spot- und Seebad im einzelnen Falle steht selbst¬
verständlich allein dem gewissenhaften Arzte zu. Aber im allgemeinen möchte
ich nach dein, was ich beobachtet und erfahren habe, das größte Vertrauen
dem Urteile Beuekes schenken, wonach dort, wo tiefliegende Schwächeznstände
zu beseitigen sind, wo Stählung des Organismus gegen die Angriffe des
Lebens, wo größere Leistungsfähigkeit und Ausrottung schwerer Krankheits-
anlagen zu erstreben sind, der Seeluft und dem Seebade unzweifelhaft der erste
Rang gebührt. Die außerordentliche Reinheit der Seeluft, ihre lebhafte
Strömung, ihr reicher Ozougehalt, ihre gleichuuißige Temperatur, ihr den
Atmnngsorganeu so wohlthätiger Feuchtigkeitsgehalt, das alles sind Vorzüge,
die ans dein Festlande nirgends zu ersetzen sind.

Darum ist es nur mit aufrichtiger Freude zu begrüßen, daß neben den
Soolbädern auch die mächtigen Heilkräfte der See für unsre schwächlichem und
kranken Kinder, sowie für die im Beginne der schwindsüchtiger Leiden stehenden
jungen Leute Verwendung finden.

Dies geschieht, dank der unermüdlichen Thatkraft Beuekes, heute in unsern
Kinderheilstätteu an den deutschen Seeküsten. Leider wurde der Schöpfer seinem
Werke früh durch den Tod entrissen. Beneke starb im Herbste 1882, als er
endlich sein schönes Ziel zu erreichen im Begriffe war.


Die deutschen Ainderheilstättctt an der see

Gesundheitspflege am besten eigneten. Es entstanden darum in vielen Soolbädern
Anstalten sür Arme und wenig Bemittelte, und diese Anstalten hatten bereits
eine ausgebreitete, segensreiche Wirksamkeit entfaltet, als man in Deutschland
daran dachte, auch die Heilkraft unsrer Küsten in demselben Sinne auszubeuten.
(Vergl. Mettenheimer, Die Kinderheilstätteu an den deutschen Seeküsten und
ihre Verwendbarkeit für die konstitutionell erkrankten Kinder des Binnenlandes.)

Bei dem Reichtum Deutschlands an Soolquellen, deren Wirksamkeit und
leichte Venutzbarkeit feststeht, haben die Seehospize natürlich eine etwas be¬
schränktere Aufgabe als in andern Ländern, eben weil sie ihre Arbeit mit den
zahlreichen Soolquellen teilen können. Aber das Bad und namentlich die
Stadtende Luft an den nordischen Meeren, sie haben doch noch ganz andre
Wirkungen als die antistrofulvse, sie bieten vor allem sehr günstige Heil¬
erfolge bei konstitutioneller Schwäche. Dürfte ich auf Grund der Kenntnis
der einschlägigen Litteratur und des mehrere Jahre hindurch wiederholten Be¬
suches der beiden Soolbäder Frankenhansen und Dürrenberg, sowie der Be¬
kanntschaft mit deu Nordsecbüdern Sylt, Helgoland, Wangervog, Spiekeroog,
Langeoog und besonders Norderneh, dürfte ich auf Grund dieser Erfahrungen
ein Laienurteil wagen, so würde ich mich dahin aussprechen, daß beide, das Sovl-
und das Seebad, in demselben Sinne ans kränkliche, schwache Kinder wirken,
daß aber das Seebad und namentlich auch die Seeluftkur durch die völlige,
länger dauernde Veränderung der ganzen Lebensbedingungen eingreifender wirkt
und daher für ernstere, tiefer wurzelnde Krankheitsfälle das geeignetere sei.
Die Entscheidung zwischen spot- und Seebad im einzelnen Falle steht selbst¬
verständlich allein dem gewissenhaften Arzte zu. Aber im allgemeinen möchte
ich nach dein, was ich beobachtet und erfahren habe, das größte Vertrauen
dem Urteile Beuekes schenken, wonach dort, wo tiefliegende Schwächeznstände
zu beseitigen sind, wo Stählung des Organismus gegen die Angriffe des
Lebens, wo größere Leistungsfähigkeit und Ausrottung schwerer Krankheits-
anlagen zu erstreben sind, der Seeluft und dem Seebade unzweifelhaft der erste
Rang gebührt. Die außerordentliche Reinheit der Seeluft, ihre lebhafte
Strömung, ihr reicher Ozougehalt, ihre gleichuuißige Temperatur, ihr den
Atmnngsorganeu so wohlthätiger Feuchtigkeitsgehalt, das alles sind Vorzüge,
die ans dein Festlande nirgends zu ersetzen sind.

Darum ist es nur mit aufrichtiger Freude zu begrüßen, daß neben den
Soolbädern auch die mächtigen Heilkräfte der See für unsre schwächlichem und
kranken Kinder, sowie für die im Beginne der schwindsüchtiger Leiden stehenden
jungen Leute Verwendung finden.

Dies geschieht, dank der unermüdlichen Thatkraft Beuekes, heute in unsern
Kinderheilstätteu an den deutschen Seeküsten. Leider wurde der Schöpfer seinem
Werke früh durch den Tod entrissen. Beneke starb im Herbste 1882, als er
endlich sein schönes Ziel zu erreichen im Begriffe war.


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[0410] Die deutschen Ainderheilstättctt an der see Gesundheitspflege am besten eigneten. Es entstanden darum in vielen Soolbädern Anstalten sür Arme und wenig Bemittelte, und diese Anstalten hatten bereits eine ausgebreitete, segensreiche Wirksamkeit entfaltet, als man in Deutschland daran dachte, auch die Heilkraft unsrer Küsten in demselben Sinne auszubeuten. (Vergl. Mettenheimer, Die Kinderheilstätteu an den deutschen Seeküsten und ihre Verwendbarkeit für die konstitutionell erkrankten Kinder des Binnenlandes.) Bei dem Reichtum Deutschlands an Soolquellen, deren Wirksamkeit und leichte Venutzbarkeit feststeht, haben die Seehospize natürlich eine etwas be¬ schränktere Aufgabe als in andern Ländern, eben weil sie ihre Arbeit mit den zahlreichen Soolquellen teilen können. Aber das Bad und namentlich die Stadtende Luft an den nordischen Meeren, sie haben doch noch ganz andre Wirkungen als die antistrofulvse, sie bieten vor allem sehr günstige Heil¬ erfolge bei konstitutioneller Schwäche. Dürfte ich auf Grund der Kenntnis der einschlägigen Litteratur und des mehrere Jahre hindurch wiederholten Be¬ suches der beiden Soolbäder Frankenhansen und Dürrenberg, sowie der Be¬ kanntschaft mit deu Nordsecbüdern Sylt, Helgoland, Wangervog, Spiekeroog, Langeoog und besonders Norderneh, dürfte ich auf Grund dieser Erfahrungen ein Laienurteil wagen, so würde ich mich dahin aussprechen, daß beide, das Sovl- und das Seebad, in demselben Sinne ans kränkliche, schwache Kinder wirken, daß aber das Seebad und namentlich auch die Seeluftkur durch die völlige, länger dauernde Veränderung der ganzen Lebensbedingungen eingreifender wirkt und daher für ernstere, tiefer wurzelnde Krankheitsfälle das geeignetere sei. Die Entscheidung zwischen spot- und Seebad im einzelnen Falle steht selbst¬ verständlich allein dem gewissenhaften Arzte zu. Aber im allgemeinen möchte ich nach dein, was ich beobachtet und erfahren habe, das größte Vertrauen dem Urteile Beuekes schenken, wonach dort, wo tiefliegende Schwächeznstände zu beseitigen sind, wo Stählung des Organismus gegen die Angriffe des Lebens, wo größere Leistungsfähigkeit und Ausrottung schwerer Krankheits- anlagen zu erstreben sind, der Seeluft und dem Seebade unzweifelhaft der erste Rang gebührt. Die außerordentliche Reinheit der Seeluft, ihre lebhafte Strömung, ihr reicher Ozougehalt, ihre gleichuuißige Temperatur, ihr den Atmnngsorganeu so wohlthätiger Feuchtigkeitsgehalt, das alles sind Vorzüge, die ans dein Festlande nirgends zu ersetzen sind. Darum ist es nur mit aufrichtiger Freude zu begrüßen, daß neben den Soolbädern auch die mächtigen Heilkräfte der See für unsre schwächlichem und kranken Kinder, sowie für die im Beginne der schwindsüchtiger Leiden stehenden jungen Leute Verwendung finden. Dies geschieht, dank der unermüdlichen Thatkraft Beuekes, heute in unsern Kinderheilstätteu an den deutschen Seeküsten. Leider wurde der Schöpfer seinem Werke früh durch den Tod entrissen. Beneke starb im Herbste 1882, als er endlich sein schönes Ziel zu erreichen im Begriffe war.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232/410>, abgerufen am 23.07.2024.