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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

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Der Lutivurf des preußischen Liiikomnieiistcuergesetzes

Ermäßiguugsvvrschläge zu befürchten stehen. Unsre Vorschläge dürften der
Gerechtigkeit entsprechen, viele Klagen über Überbürdung verstummen machen
und insbesondre, was wir immer und immer erstreben, zu richtigen Steuer¬
erklärungen führen. Nicht die Steuerpflichtigen mit einem Einkommen von
95>00 Mark, sondern nur die vou 12000 Mark und darüber treten aus dem
Mittelstande heraus, der zu schonen ist, nur sie können bei der jetzigen Teuerung
aller Bedürfnisse den wohlhabenden Klasse" beigezählt und wie diese besteuert
werdeu. Ebenso erachten wir eine gewisse Berücksichtigung des Einkommens
ans gewinnbringender Arbeit, des uufnndirten Einkommens und des mit Grnnd-
uud Gebäudesteuer belasteten Einkommens ans Grundvermögen sür notwendig,
wobei wir letzteres nur mit drei Vierteln, ersteres, nämlich das Einkommen
ans gewinnbringender Arbeit, nur mit vier Fünftel" des wirklichen Betrages
zur Steuer heranziehe" möchten. Damit würden gleichzeitig die Klagen über
die Doppelbesteuerung des Grundvermögens verstummen und die vielfach be¬
antragte, in? Gesetzentwurf auch bereits in Aussicht genommene Überweisung
der Grund- und Gebäudesteuer an die Gemeindeverbände wegfallen. Diese
Überweisung würden wir als eine ungerechtfertigte, als verderbliche Maßregel
ansehen. Die Grundsteuer gehört zu den ältesten, schon im Altertum und im
Mittelalter vielfach vorkommenden Steuern, sie haftet auf dem Grund und
Boden, findet in diesem, wie der Staat selbst, die sicherste Grundlage. Wie
die Grundsteuer in den deutschen Landen ursprünglich ans Kriegsleistungeu
hervorgegangen und an deren Stelle getreten ist, aus der persönlichen Ge¬
stellung mit Wehr und Waffen, mit Roß und Reisige", so hat der Grundbesitz
auch heute noch das besondre Interesse, sich vor dem äußern Feinde zu schützen
und zu den Kosten des vaterländischen, diesen Schutz übernehmenden Militärs
einen verhältnismäßig höhern Beitrag zu leisten. Durch feindliche Eroberung
leidet kein Stand mehr als der Stand der Grundbesitzer. Daher waren die
kräftigsten preußischen Könige vor allem dafür besorgt, die Grundsteuer richtig
zu veranlagen. Friedrich Wilhelm I. reiste im Jahre 1719 nach Ostpreußen,
uur zu dem Zwecke, sich die Kataster des auf seinen Befehl neu veranlagten
Geuernlhufeschosses vorlegen zu lassen und durchzusehen; Friedrich der Größe
beeilte "ach dem ersten schlesischen Kriege die Katastrirnng der neuen Provinz
Schlesien so sehr, daß sie schon im Jahre 1743 vollendet war. Die Veran¬
lagung der Grund- und Gebäudesteuer infolge des Gesetzes vom 21. Mai 1861
war ein so großartiges und ruhmreiches Werk, wie der Staat Preußen in
seiner Zivilverwaltung wenig gleichartige zu verzeichnen hat. Noch heute
verdient die damals ausgeführte Abschätzung, abgesehen von einzelnen Ver¬
besserungen und Verschlechterungen? in der Vvdengüte, noch größeres Vertrauen,
als irgend eine andre Abschätzung, zum. mindesten ist ihr für die einzelnen
Regierungsbezirke verhältnismäßige Richtigkeit nicht abzusprechen. Die sichern
Steuern, die aus diesem großen Werke hervorgegangen sind und für die der


Der Lutivurf des preußischen Liiikomnieiistcuergesetzes

Ermäßiguugsvvrschläge zu befürchten stehen. Unsre Vorschläge dürften der
Gerechtigkeit entsprechen, viele Klagen über Überbürdung verstummen machen
und insbesondre, was wir immer und immer erstreben, zu richtigen Steuer¬
erklärungen führen. Nicht die Steuerpflichtigen mit einem Einkommen von
95>00 Mark, sondern nur die vou 12000 Mark und darüber treten aus dem
Mittelstande heraus, der zu schonen ist, nur sie können bei der jetzigen Teuerung
aller Bedürfnisse den wohlhabenden Klasse» beigezählt und wie diese besteuert
werdeu. Ebenso erachten wir eine gewisse Berücksichtigung des Einkommens
ans gewinnbringender Arbeit, des uufnndirten Einkommens und des mit Grnnd-
uud Gebäudesteuer belasteten Einkommens ans Grundvermögen sür notwendig,
wobei wir letzteres nur mit drei Vierteln, ersteres, nämlich das Einkommen
ans gewinnbringender Arbeit, nur mit vier Fünftel» des wirklichen Betrages
zur Steuer heranziehe» möchten. Damit würden gleichzeitig die Klagen über
die Doppelbesteuerung des Grundvermögens verstummen und die vielfach be¬
antragte, in? Gesetzentwurf auch bereits in Aussicht genommene Überweisung
der Grund- und Gebäudesteuer an die Gemeindeverbände wegfallen. Diese
Überweisung würden wir als eine ungerechtfertigte, als verderbliche Maßregel
ansehen. Die Grundsteuer gehört zu den ältesten, schon im Altertum und im
Mittelalter vielfach vorkommenden Steuern, sie haftet auf dem Grund und
Boden, findet in diesem, wie der Staat selbst, die sicherste Grundlage. Wie
die Grundsteuer in den deutschen Landen ursprünglich ans Kriegsleistungeu
hervorgegangen und an deren Stelle getreten ist, aus der persönlichen Ge¬
stellung mit Wehr und Waffen, mit Roß und Reisige», so hat der Grundbesitz
auch heute noch das besondre Interesse, sich vor dem äußern Feinde zu schützen
und zu den Kosten des vaterländischen, diesen Schutz übernehmenden Militärs
einen verhältnismäßig höhern Beitrag zu leisten. Durch feindliche Eroberung
leidet kein Stand mehr als der Stand der Grundbesitzer. Daher waren die
kräftigsten preußischen Könige vor allem dafür besorgt, die Grundsteuer richtig
zu veranlagen. Friedrich Wilhelm I. reiste im Jahre 1719 nach Ostpreußen,
uur zu dem Zwecke, sich die Kataster des auf seinen Befehl neu veranlagten
Geuernlhufeschosses vorlegen zu lassen und durchzusehen; Friedrich der Größe
beeilte »ach dem ersten schlesischen Kriege die Katastrirnng der neuen Provinz
Schlesien so sehr, daß sie schon im Jahre 1743 vollendet war. Die Veran¬
lagung der Grund- und Gebäudesteuer infolge des Gesetzes vom 21. Mai 1861
war ein so großartiges und ruhmreiches Werk, wie der Staat Preußen in
seiner Zivilverwaltung wenig gleichartige zu verzeichnen hat. Noch heute
verdient die damals ausgeführte Abschätzung, abgesehen von einzelnen Ver¬
besserungen und Verschlechterungen? in der Vvdengüte, noch größeres Vertrauen,
als irgend eine andre Abschätzung, zum. mindesten ist ihr für die einzelnen
Regierungsbezirke verhältnismäßige Richtigkeit nicht abzusprechen. Die sichern
Steuern, die aus diesem großen Werke hervorgegangen sind und für die der


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[0460] Der Lutivurf des preußischen Liiikomnieiistcuergesetzes Ermäßiguugsvvrschläge zu befürchten stehen. Unsre Vorschläge dürften der Gerechtigkeit entsprechen, viele Klagen über Überbürdung verstummen machen und insbesondre, was wir immer und immer erstreben, zu richtigen Steuer¬ erklärungen führen. Nicht die Steuerpflichtigen mit einem Einkommen von 95>00 Mark, sondern nur die vou 12000 Mark und darüber treten aus dem Mittelstande heraus, der zu schonen ist, nur sie können bei der jetzigen Teuerung aller Bedürfnisse den wohlhabenden Klasse» beigezählt und wie diese besteuert werdeu. Ebenso erachten wir eine gewisse Berücksichtigung des Einkommens ans gewinnbringender Arbeit, des uufnndirten Einkommens und des mit Grnnd- uud Gebäudesteuer belasteten Einkommens ans Grundvermögen sür notwendig, wobei wir letzteres nur mit drei Vierteln, ersteres, nämlich das Einkommen ans gewinnbringender Arbeit, nur mit vier Fünftel» des wirklichen Betrages zur Steuer heranziehe» möchten. Damit würden gleichzeitig die Klagen über die Doppelbesteuerung des Grundvermögens verstummen und die vielfach be¬ antragte, in? Gesetzentwurf auch bereits in Aussicht genommene Überweisung der Grund- und Gebäudesteuer an die Gemeindeverbände wegfallen. Diese Überweisung würden wir als eine ungerechtfertigte, als verderbliche Maßregel ansehen. Die Grundsteuer gehört zu den ältesten, schon im Altertum und im Mittelalter vielfach vorkommenden Steuern, sie haftet auf dem Grund und Boden, findet in diesem, wie der Staat selbst, die sicherste Grundlage. Wie die Grundsteuer in den deutschen Landen ursprünglich ans Kriegsleistungeu hervorgegangen und an deren Stelle getreten ist, aus der persönlichen Ge¬ stellung mit Wehr und Waffen, mit Roß und Reisige», so hat der Grundbesitz auch heute noch das besondre Interesse, sich vor dem äußern Feinde zu schützen und zu den Kosten des vaterländischen, diesen Schutz übernehmenden Militärs einen verhältnismäßig höhern Beitrag zu leisten. Durch feindliche Eroberung leidet kein Stand mehr als der Stand der Grundbesitzer. Daher waren die kräftigsten preußischen Könige vor allem dafür besorgt, die Grundsteuer richtig zu veranlagen. Friedrich Wilhelm I. reiste im Jahre 1719 nach Ostpreußen, uur zu dem Zwecke, sich die Kataster des auf seinen Befehl neu veranlagten Geuernlhufeschosses vorlegen zu lassen und durchzusehen; Friedrich der Größe beeilte »ach dem ersten schlesischen Kriege die Katastrirnng der neuen Provinz Schlesien so sehr, daß sie schon im Jahre 1743 vollendet war. Die Veran¬ lagung der Grund- und Gebäudesteuer infolge des Gesetzes vom 21. Mai 1861 war ein so großartiges und ruhmreiches Werk, wie der Staat Preußen in seiner Zivilverwaltung wenig gleichartige zu verzeichnen hat. Noch heute verdient die damals ausgeführte Abschätzung, abgesehen von einzelnen Ver¬ besserungen und Verschlechterungen? in der Vvdengüte, noch größeres Vertrauen, als irgend eine andre Abschätzung, zum. mindesten ist ihr für die einzelnen Regierungsbezirke verhältnismäßige Richtigkeit nicht abzusprechen. Die sichern Steuern, die aus diesem großen Werke hervorgegangen sind und für die der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/460>, abgerufen am 25.08.2024.