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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

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gesamten Linien des alten Europas, Infolge einer erschreckenden Konkurrenz
zwischen den einzelnen Transportwegen sind die Frachten ans einen Stand
gesunken, der für unsre Verhältnisse unerhört wäre, und der nicht mehr weiter
hinabgehen kaun. Während der Monntslvhu (ohne Kost) in Dollar und Cents
im Durchschnitte aller Getreide Staaten der Union 18KV noch 21,71 Dollar (1 Dollar
^ 100 Cents 4 Mark 19,8 Pfennige) betrug, war er bis zum Jahre 1879
ans KiM Dollar gefallen und ist erst im Jahre 1890 wieder auf 18,33 Dollar
gestiegen, steht also immer noch niedriger als zu Beginn der Getreidehausse.
Der hohe Lvhnstand zu Anfang der sechziger Jahre erklärt sich ans dem Ein-
flusse der Bürgerkriege und der großen Entwertung deS Papiergeldes; als
beides vorüber war, fielen die Lohne, noch gedrückt durch das Arbeitsangebot
der Neger in den Südstaaten. Lediglich infolge der wachsenden Judustric-
thätigteit sind sie seitdem wieder gestiegen. Es wird nicht möglich sein, sie
unter normalen Verhältnissen weiter herabzudrücken. Also ist dem Einflusse
der amerikanischen .Konkurrenz auf dem Weltmarkte hier eine Schranke gesetzt.
Während der Bushel Weizen im Jahre 188V kostete (Dollar und Cents) in
Großbritannien 0,94, in Deutschland 0,98, in Frankreich 1,15, in Osterreich 0,84,
belief sich der Preis für die Vereinigten Staaten nnr ans 0,09 Dollar. Und
trotzdem erlitt der amerikanische Weizen schon Ende 1883 auf deu europäischen
Märkten durch deu ostindischen eine bedenkliche Konkurrenz! Die Furcht vor
der Unterdrückung des europäischen und asiatischen Getreidehandels durch deu
amerikanischen hat sich als Gespensterfurcht erwiesen.

Aus allen diesen Betrachtungen und Ausführungen ergiebt sich nnn
folgendes. Der Satz "Amerika für die Amerikaner; die amerikanischen Pro-
dukte aber für die ganze Welt" hat zunächst nur in seinem ersten Teile auf
Richtigkeit Anspruch. Eine kritische Musterung der Produktionsverhältnisse
der Vereinigten Staaten, sowie ihrer natürlichen Grundlagen ergiebt, daß für
die nächsten Jahrzehnte an eine Überflutuug der europäischen Märkte mit
amerikanischen Produkten nicht zu denken ist. Wollten die Acmkees wirklich
zur Ausführung deS angeführte" Satzes gelangen, so müßte sie unter den
argent'licklichen Verhältnissen ihrer Heimat eine Maßregel, wie es die Mac
K'inley-Bill ist, eher vou ihren, Ziele entfernen. Denn würde künftig mehr
nach Amerika eingeführt, als bisher, fo könnte dort vielleicht ein ander¬
weitiges Plus für den Export frei werden. Da aber durch die Mac Kinley-
Bill die Einfuhr nach deu Vereinigten Staaten beschränkt wird, so dürften für
die nächste Zukunft um so weniger wirtschaftliche Güter für die Ausfuhr zur
Verfügung stehen; wächst doch die trausatlnutische Bevölkerung rasch an und
mit ihr der Verbrauch im eigenen Lande.

ES haben aber die Amerikaner lange Zeit -- etwa bis zum Jahre 1885 --
ihren Vorteil darin gefunden, einen einseitigen Massen-Export einzelner
Artikel zu pflegen, und es läßt sich nicht leugnen, daß sie dabei reich geworden


gesamten Linien des alten Europas, Infolge einer erschreckenden Konkurrenz
zwischen den einzelnen Transportwegen sind die Frachten ans einen Stand
gesunken, der für unsre Verhältnisse unerhört wäre, und der nicht mehr weiter
hinabgehen kaun. Während der Monntslvhu (ohne Kost) in Dollar und Cents
im Durchschnitte aller Getreide Staaten der Union 18KV noch 21,71 Dollar (1 Dollar
^ 100 Cents 4 Mark 19,8 Pfennige) betrug, war er bis zum Jahre 1879
ans KiM Dollar gefallen und ist erst im Jahre 1890 wieder auf 18,33 Dollar
gestiegen, steht also immer noch niedriger als zu Beginn der Getreidehausse.
Der hohe Lvhnstand zu Anfang der sechziger Jahre erklärt sich ans dem Ein-
flusse der Bürgerkriege und der großen Entwertung deS Papiergeldes; als
beides vorüber war, fielen die Lohne, noch gedrückt durch das Arbeitsangebot
der Neger in den Südstaaten. Lediglich infolge der wachsenden Judustric-
thätigteit sind sie seitdem wieder gestiegen. Es wird nicht möglich sein, sie
unter normalen Verhältnissen weiter herabzudrücken. Also ist dem Einflusse
der amerikanischen .Konkurrenz auf dem Weltmarkte hier eine Schranke gesetzt.
Während der Bushel Weizen im Jahre 188V kostete (Dollar und Cents) in
Großbritannien 0,94, in Deutschland 0,98, in Frankreich 1,15, in Osterreich 0,84,
belief sich der Preis für die Vereinigten Staaten nnr ans 0,09 Dollar. Und
trotzdem erlitt der amerikanische Weizen schon Ende 1883 auf deu europäischen
Märkten durch deu ostindischen eine bedenkliche Konkurrenz! Die Furcht vor
der Unterdrückung des europäischen und asiatischen Getreidehandels durch deu
amerikanischen hat sich als Gespensterfurcht erwiesen.

Aus allen diesen Betrachtungen und Ausführungen ergiebt sich nnn
folgendes. Der Satz „Amerika für die Amerikaner; die amerikanischen Pro-
dukte aber für die ganze Welt" hat zunächst nur in seinem ersten Teile auf
Richtigkeit Anspruch. Eine kritische Musterung der Produktionsverhältnisse
der Vereinigten Staaten, sowie ihrer natürlichen Grundlagen ergiebt, daß für
die nächsten Jahrzehnte an eine Überflutuug der europäischen Märkte mit
amerikanischen Produkten nicht zu denken ist. Wollten die Acmkees wirklich
zur Ausführung deS angeführte» Satzes gelangen, so müßte sie unter den
argent'licklichen Verhältnissen ihrer Heimat eine Maßregel, wie es die Mac
K'inley-Bill ist, eher vou ihren, Ziele entfernen. Denn würde künftig mehr
nach Amerika eingeführt, als bisher, fo könnte dort vielleicht ein ander¬
weitiges Plus für den Export frei werden. Da aber durch die Mac Kinley-
Bill die Einfuhr nach deu Vereinigten Staaten beschränkt wird, so dürften für
die nächste Zukunft um so weniger wirtschaftliche Güter für die Ausfuhr zur
Verfügung stehen; wächst doch die trausatlnutische Bevölkerung rasch an und
mit ihr der Verbrauch im eigenen Lande.

ES haben aber die Amerikaner lange Zeit — etwa bis zum Jahre 1885 —
ihren Vorteil darin gefunden, einen einseitigen Massen-Export einzelner
Artikel zu pflegen, und es läßt sich nicht leugnen, daß sie dabei reich geworden


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[0318] gesamten Linien des alten Europas, Infolge einer erschreckenden Konkurrenz zwischen den einzelnen Transportwegen sind die Frachten ans einen Stand gesunken, der für unsre Verhältnisse unerhört wäre, und der nicht mehr weiter hinabgehen kaun. Während der Monntslvhu (ohne Kost) in Dollar und Cents im Durchschnitte aller Getreide Staaten der Union 18KV noch 21,71 Dollar (1 Dollar ^ 100 Cents 4 Mark 19,8 Pfennige) betrug, war er bis zum Jahre 1879 ans KiM Dollar gefallen und ist erst im Jahre 1890 wieder auf 18,33 Dollar gestiegen, steht also immer noch niedriger als zu Beginn der Getreidehausse. Der hohe Lvhnstand zu Anfang der sechziger Jahre erklärt sich ans dem Ein- flusse der Bürgerkriege und der großen Entwertung deS Papiergeldes; als beides vorüber war, fielen die Lohne, noch gedrückt durch das Arbeitsangebot der Neger in den Südstaaten. Lediglich infolge der wachsenden Judustric- thätigteit sind sie seitdem wieder gestiegen. Es wird nicht möglich sein, sie unter normalen Verhältnissen weiter herabzudrücken. Also ist dem Einflusse der amerikanischen .Konkurrenz auf dem Weltmarkte hier eine Schranke gesetzt. Während der Bushel Weizen im Jahre 188V kostete (Dollar und Cents) in Großbritannien 0,94, in Deutschland 0,98, in Frankreich 1,15, in Osterreich 0,84, belief sich der Preis für die Vereinigten Staaten nnr ans 0,09 Dollar. Und trotzdem erlitt der amerikanische Weizen schon Ende 1883 auf deu europäischen Märkten durch deu ostindischen eine bedenkliche Konkurrenz! Die Furcht vor der Unterdrückung des europäischen und asiatischen Getreidehandels durch deu amerikanischen hat sich als Gespensterfurcht erwiesen. Aus allen diesen Betrachtungen und Ausführungen ergiebt sich nnn folgendes. Der Satz „Amerika für die Amerikaner; die amerikanischen Pro- dukte aber für die ganze Welt" hat zunächst nur in seinem ersten Teile auf Richtigkeit Anspruch. Eine kritische Musterung der Produktionsverhältnisse der Vereinigten Staaten, sowie ihrer natürlichen Grundlagen ergiebt, daß für die nächsten Jahrzehnte an eine Überflutuug der europäischen Märkte mit amerikanischen Produkten nicht zu denken ist. Wollten die Acmkees wirklich zur Ausführung deS angeführte» Satzes gelangen, so müßte sie unter den argent'licklichen Verhältnissen ihrer Heimat eine Maßregel, wie es die Mac K'inley-Bill ist, eher vou ihren, Ziele entfernen. Denn würde künftig mehr nach Amerika eingeführt, als bisher, fo könnte dort vielleicht ein ander¬ weitiges Plus für den Export frei werden. Da aber durch die Mac Kinley- Bill die Einfuhr nach deu Vereinigten Staaten beschränkt wird, so dürften für die nächste Zukunft um so weniger wirtschaftliche Güter für die Ausfuhr zur Verfügung stehen; wächst doch die trausatlnutische Bevölkerung rasch an und mit ihr der Verbrauch im eigenen Lande. ES haben aber die Amerikaner lange Zeit — etwa bis zum Jahre 1885 — ihren Vorteil darin gefunden, einen einseitigen Massen-Export einzelner Artikel zu pflegen, und es läßt sich nicht leugnen, daß sie dabei reich geworden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/318>, abgerufen am 23.07.2024.