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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

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und Petroleum, Hier blüht der Bergbau, und hier hat eine freilich noch ein¬
seitige Industrie sich mit fabelhafter Geschwindigkeit und Energie entfaltet.
Und doch sind auch hier der Grenzen genug gesteckt! Und doch liegt auch hier
neben dem stärksten Plus so manches bedenkliche Minus!

Das Hanptprodukt des Nordvstens, die Quelle des immer wachsenden
NativnalwvlMandeS, ist das Getreide; ich werde gleich darauf zurückkommen,
Vorher aber sei bemerkt, daß auch der Norden der Vereinigten Staaten bereits
an den Sünden der Väter zu leiden hat: ans ein halbes Jahrhundert hinaus
sind die Forste" des Landes durch Raubbau verwüstet. Selbst die berühmten
Wälder von Michigan sind bereits von 1Z5> Millionen Acres ans etwa
!Z0 Millionen zurückgegangen. Man hat in den Zentralstaaten des Nordens
allerdings die abgeholzten Flächen durch Obstbau wieder fruchtbringend zu
machen gesucht. Die ersten Jahre erweckten gute Hoffnungen; denn waren die
Früchte auch sehr wässerig und wenig haltbar, so waren sie doch sehr groß
und zahlreich. Aber einige rauhe Jahre haben dem Streben der Obstzüchter
beinahe den Todesstoß versetzt: erfroren doch im Winter Z"84/85 z. B. in
Nvrdillinois 5"; Prozent aller Apfelbäume, l>5> Prozent aller Birnbäume, von
den zarter" Pfirsichen sogar 95> Prozent! Es werden also auch hier nur
gewisse günstig gelegene Landstrecken produktiv bleiben, und man wird weniger
auf die Massenerzeugung ausgehen können, als bisher, dagegen mehr ans die
Veredlung der Arten bedacht sein müssen, also nach europäischen! Muster zu
arbeiten haben. Dasselbe gilt aber mich von der Viehzucht. Nach deu Zeug-
nissen der Reisenden unterscheidet sich das Beefsteak von Dakvta und Nebraska
noch sehr unvorteilhaft von dein englischen, und weder das kentnckhsche Pferd,
noch das Wollschaf Ohivs können den bessern europäischen Nassen an die Seite
gestellt werden. Das massenhafte Überwiegen der Schweinezucht zeigt vielmehr,
daß die Viehzucht der Vereinigte"? Staaten mit der unvollkommnen Viehhaltung
des südöstlichen Europas auf gleicher Stufe steht, Aber wie den? auch sei,
Forstwirtschaft, Obstbau und selbst Viehzucht bedeuten heute für Nordamerika
uoch unendlich wenig gegenüber dem Getreidebau,

Der Handel mit Mehl und Getreide ist der wichtigste Zweig der Welt¬
wirtschaft. Fast ein Zehntel der gesamten Gütermasse, die die Verkehrswege
der Welt durchläuft, gehört ihm an. Die Hanptkornkammer der Erde aber
ist Nußland; und doch hat ihm Amerika schon eine Zeit lang den Rang ab¬
gelaufen. Die amerikanische Getreideproduktiou ist während der'letzten Jahr¬
zehnte so"reißend angewachsen, daß die Landwirte aller Getreideansfuhrländer
in jähen Schrecken versetzt worden sind. Im Jahre 184!) betrug die Weizen¬
ernte der Bereinigten Staaten 100 Millionen Bushels, die Maisernte 5>M
Millionen Bushels, Bis zum Jahre 188'.", also im Laufe von vier Jahr¬
zehnten, ist sie auf 491 und 211!! Millionen Bushels gestiegen, (Dabei ist
zu bemerken, daß die Weizenernte bereits einen Rückgang aufweist, denn sie


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und Petroleum, Hier blüht der Bergbau, und hier hat eine freilich noch ein¬
seitige Industrie sich mit fabelhafter Geschwindigkeit und Energie entfaltet.
Und doch sind auch hier der Grenzen genug gesteckt! Und doch liegt auch hier
neben dem stärksten Plus so manches bedenkliche Minus!

Das Hanptprodukt des Nordvstens, die Quelle des immer wachsenden
NativnalwvlMandeS, ist das Getreide; ich werde gleich darauf zurückkommen,
Vorher aber sei bemerkt, daß auch der Norden der Vereinigten Staaten bereits
an den Sünden der Väter zu leiden hat: ans ein halbes Jahrhundert hinaus
sind die Forste» des Landes durch Raubbau verwüstet. Selbst die berühmten
Wälder von Michigan sind bereits von 1Z5> Millionen Acres ans etwa
!Z0 Millionen zurückgegangen. Man hat in den Zentralstaaten des Nordens
allerdings die abgeholzten Flächen durch Obstbau wieder fruchtbringend zu
machen gesucht. Die ersten Jahre erweckten gute Hoffnungen; denn waren die
Früchte auch sehr wässerig und wenig haltbar, so waren sie doch sehr groß
und zahlreich. Aber einige rauhe Jahre haben dem Streben der Obstzüchter
beinahe den Todesstoß versetzt: erfroren doch im Winter Z«84/85 z. B. in
Nvrdillinois 5«; Prozent aller Apfelbäume, l>5> Prozent aller Birnbäume, von
den zarter» Pfirsichen sogar 95> Prozent! Es werden also auch hier nur
gewisse günstig gelegene Landstrecken produktiv bleiben, und man wird weniger
auf die Massenerzeugung ausgehen können, als bisher, dagegen mehr ans die
Veredlung der Arten bedacht sein müssen, also nach europäischen! Muster zu
arbeiten haben. Dasselbe gilt aber mich von der Viehzucht. Nach deu Zeug-
nissen der Reisenden unterscheidet sich das Beefsteak von Dakvta und Nebraska
noch sehr unvorteilhaft von dein englischen, und weder das kentnckhsche Pferd,
noch das Wollschaf Ohivs können den bessern europäischen Nassen an die Seite
gestellt werden. Das massenhafte Überwiegen der Schweinezucht zeigt vielmehr,
daß die Viehzucht der Vereinigte«? Staaten mit der unvollkommnen Viehhaltung
des südöstlichen Europas auf gleicher Stufe steht, Aber wie den? auch sei,
Forstwirtschaft, Obstbau und selbst Viehzucht bedeuten heute für Nordamerika
uoch unendlich wenig gegenüber dem Getreidebau,

Der Handel mit Mehl und Getreide ist der wichtigste Zweig der Welt¬
wirtschaft. Fast ein Zehntel der gesamten Gütermasse, die die Verkehrswege
der Welt durchläuft, gehört ihm an. Die Hanptkornkammer der Erde aber
ist Nußland; und doch hat ihm Amerika schon eine Zeit lang den Rang ab¬
gelaufen. Die amerikanische Getreideproduktiou ist während der'letzten Jahr¬
zehnte so"reißend angewachsen, daß die Landwirte aller Getreideansfuhrländer
in jähen Schrecken versetzt worden sind. Im Jahre 184!) betrug die Weizen¬
ernte der Bereinigten Staaten 100 Millionen Bushels, die Maisernte 5>M
Millionen Bushels, Bis zum Jahre 188'.», also im Laufe von vier Jahr¬
zehnten, ist sie auf 491 und 211!! Millionen Bushels gestiegen, (Dabei ist
zu bemerken, daß die Weizenernte bereits einen Rückgang aufweist, denn sie


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[0316] Die Ma.' Kinley-W>l und Petroleum, Hier blüht der Bergbau, und hier hat eine freilich noch ein¬ seitige Industrie sich mit fabelhafter Geschwindigkeit und Energie entfaltet. Und doch sind auch hier der Grenzen genug gesteckt! Und doch liegt auch hier neben dem stärksten Plus so manches bedenkliche Minus! Das Hanptprodukt des Nordvstens, die Quelle des immer wachsenden NativnalwvlMandeS, ist das Getreide; ich werde gleich darauf zurückkommen, Vorher aber sei bemerkt, daß auch der Norden der Vereinigten Staaten bereits an den Sünden der Väter zu leiden hat: ans ein halbes Jahrhundert hinaus sind die Forste» des Landes durch Raubbau verwüstet. Selbst die berühmten Wälder von Michigan sind bereits von 1Z5> Millionen Acres ans etwa !Z0 Millionen zurückgegangen. Man hat in den Zentralstaaten des Nordens allerdings die abgeholzten Flächen durch Obstbau wieder fruchtbringend zu machen gesucht. Die ersten Jahre erweckten gute Hoffnungen; denn waren die Früchte auch sehr wässerig und wenig haltbar, so waren sie doch sehr groß und zahlreich. Aber einige rauhe Jahre haben dem Streben der Obstzüchter beinahe den Todesstoß versetzt: erfroren doch im Winter Z«84/85 z. B. in Nvrdillinois 5«; Prozent aller Apfelbäume, l>5> Prozent aller Birnbäume, von den zarter» Pfirsichen sogar 95> Prozent! Es werden also auch hier nur gewisse günstig gelegene Landstrecken produktiv bleiben, und man wird weniger auf die Massenerzeugung ausgehen können, als bisher, dagegen mehr ans die Veredlung der Arten bedacht sein müssen, also nach europäischen! Muster zu arbeiten haben. Dasselbe gilt aber mich von der Viehzucht. Nach deu Zeug- nissen der Reisenden unterscheidet sich das Beefsteak von Dakvta und Nebraska noch sehr unvorteilhaft von dein englischen, und weder das kentnckhsche Pferd, noch das Wollschaf Ohivs können den bessern europäischen Nassen an die Seite gestellt werden. Das massenhafte Überwiegen der Schweinezucht zeigt vielmehr, daß die Viehzucht der Vereinigte«? Staaten mit der unvollkommnen Viehhaltung des südöstlichen Europas auf gleicher Stufe steht, Aber wie den? auch sei, Forstwirtschaft, Obstbau und selbst Viehzucht bedeuten heute für Nordamerika uoch unendlich wenig gegenüber dem Getreidebau, Der Handel mit Mehl und Getreide ist der wichtigste Zweig der Welt¬ wirtschaft. Fast ein Zehntel der gesamten Gütermasse, die die Verkehrswege der Welt durchläuft, gehört ihm an. Die Hanptkornkammer der Erde aber ist Nußland; und doch hat ihm Amerika schon eine Zeit lang den Rang ab¬ gelaufen. Die amerikanische Getreideproduktiou ist während der'letzten Jahr¬ zehnte so"reißend angewachsen, daß die Landwirte aller Getreideansfuhrländer in jähen Schrecken versetzt worden sind. Im Jahre 184!) betrug die Weizen¬ ernte der Bereinigten Staaten 100 Millionen Bushels, die Maisernte 5>M Millionen Bushels, Bis zum Jahre 188'.», also im Laufe von vier Jahr¬ zehnten, ist sie auf 491 und 211!! Millionen Bushels gestiegen, (Dabei ist zu bemerken, daß die Weizenernte bereits einen Rückgang aufweist, denn sie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/316>, abgerufen am 23.07.2024.