Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.Zur Erhöhung der Offizier sgehalte müchtigt, daß von der vorherrschenden Beschäftigung einer Familie im Staats¬ Den billigen EinWurf, daß dieses Ergebnis unsrer Untersuchung auf eine Betrachten wir unter den vorstehend entwickelten Gesichtspunkten noch¬ Zur Erhöhung der Offizier sgehalte müchtigt, daß von der vorherrschenden Beschäftigung einer Familie im Staats¬ Den billigen EinWurf, daß dieses Ergebnis unsrer Untersuchung auf eine Betrachten wir unter den vorstehend entwickelten Gesichtspunkten noch¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0023" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/208602"/> <fw type="header" place="top"> Zur Erhöhung der Offizier sgehalte</fw><lb/> <p xml:id="ID_41" prev="#ID_40"> müchtigt, daß von der vorherrschenden Beschäftigung einer Familie im Staats¬<lb/> dienste eine allmähliche Verminderung ihres Besitzes und schließlich ihre<lb/> gänzliche Verarmung unzertrennlich ist, werden sie sich zu fragen haben, ob sie<lb/> diesen: natürlichen Prozeß seinen Lauf lassen, d. h. auf die Vorteile verzichten<lb/> wollen, die sich dem Gemeinwesen in den Erziehungsergebnissen jener vorherr¬<lb/> schenden Beschäftigung ganzer Geschlechterfolgen darbieten, oder nicht. Denn<lb/> daß die güuzliche Verarmung einer Familie die fernere Verwendung ihrer Mit¬<lb/> glieder in Staatsämtern ausschließt, bedarf keiner weitern Ausführung: es<lb/> fehlen ihr einfach die Mittel, um die Kosten der Vorbildung für diese Ämter zu<lb/> bestreiten. 6. Entscheidet sich der Gesetzgeber für das letztere, erscheint ihm also<lb/> die Erhaltung eines Kernes bewährter Kräfte für den Staatsdienst wertvoll<lb/> genug, um ihretwegen in die natürliche Entwicklung einzugreifen, so ist es<lb/> klar, daß ein solcher Eingriff vernünftigerweise nicht in der Ausstattung ver¬<lb/> armter Geschlechter mit neuem Besitze bestehen kann. Die oben nachgewiesene<lb/> Unvereinbarkeit der Arbeit im öffentlichen Dienste mit einer erfolgreichen Ver¬<lb/> mögensverwaltung würde sich ja dem neuen Besitze gegenüber nicht minder<lb/> als an dem alten erweisen. 7. Es wird sich vielmehr zur Erreichung des<lb/> gewollten Zweckes kein andres Mittel bieten, als die Ausstattung der betreffenden<lb/> Dienststellen mit einem Staatseinkommen, das ihre Besetzung von jedem. Privat¬<lb/> einkommen der Inhaber unabhängig macht, d. h. das den Inhabern auch die<lb/> Heranbildung ihrer SötM zu dem Berufe der Väter ermöglicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_42"> Den billigen EinWurf, daß dieses Ergebnis unsrer Untersuchung auf eine<lb/> Umwandlung der wichtigsten öffentlichen Stellungen in Sinekuren hinaufliefe,<lb/> brauche ich nicht zu scheuen. Der Begriff der Sinekure empfängt seinen In¬<lb/> halt nicht ans der Höhe der Besoldung einer Stelle, sondern ans der mit<lb/> ihr verbundenen Thätigkeit oder Unthätigkeit. Im übrigen erfolgt bekannt¬<lb/> lich auch gegenwärtig die Besetzung der Kommandostellen im Heere wie der<lb/> Staatsämter abgesehen von sehr vereinzelten gesetzlichen Bestimmungen, die<lb/> die Vorbildung für gewisse Ämter regeln — nach freier Wahl des Herrschers<lb/> oder der vou ihm ernannten Behörden; und es unterliegt keinem Zweifel, daß<lb/> eine Entlastung dieser Wahl von jeder Rücksicht ans die Vermögenslage der<lb/> in Frage kommenden Personen, also die Aufhebung der jetzt noch bestehenden<lb/> Abhängigkeit des öffentlichen Dienstes vom Besitze einen entscheidenden Fort¬<lb/> schritt in der Gesundung des Staatskörpers anbahnen würde.</p><lb/> <p xml:id="ID_43" next="#ID_44"> Betrachten wir unter den vorstehend entwickelten Gesichtspunkten noch¬<lb/> mals den Entschluß eines Regimentskommandeurs, die Zulage, die er für<lb/> sein Regiment voraussetzt, um monatlich 30 Mark zu steigern. Mit der¬<lb/> selben Sicherheit, mit der die Tieferstellung einer Schleuse den Durchfluß des<lb/> Wassers einengt, wird dieser Entschluß des Kommandeurs dessen Freiheit ein¬<lb/> schränken, bei der Annahme von Offiziersaspircmten ohne Rücksicht auf deren<lb/> wirtschaftliche Lage nach Maßgabe ihrer persönlichen Eigenschaften Entscheidung</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0023]
Zur Erhöhung der Offizier sgehalte
müchtigt, daß von der vorherrschenden Beschäftigung einer Familie im Staats¬
dienste eine allmähliche Verminderung ihres Besitzes und schließlich ihre
gänzliche Verarmung unzertrennlich ist, werden sie sich zu fragen haben, ob sie
diesen: natürlichen Prozeß seinen Lauf lassen, d. h. auf die Vorteile verzichten
wollen, die sich dem Gemeinwesen in den Erziehungsergebnissen jener vorherr¬
schenden Beschäftigung ganzer Geschlechterfolgen darbieten, oder nicht. Denn
daß die güuzliche Verarmung einer Familie die fernere Verwendung ihrer Mit¬
glieder in Staatsämtern ausschließt, bedarf keiner weitern Ausführung: es
fehlen ihr einfach die Mittel, um die Kosten der Vorbildung für diese Ämter zu
bestreiten. 6. Entscheidet sich der Gesetzgeber für das letztere, erscheint ihm also
die Erhaltung eines Kernes bewährter Kräfte für den Staatsdienst wertvoll
genug, um ihretwegen in die natürliche Entwicklung einzugreifen, so ist es
klar, daß ein solcher Eingriff vernünftigerweise nicht in der Ausstattung ver¬
armter Geschlechter mit neuem Besitze bestehen kann. Die oben nachgewiesene
Unvereinbarkeit der Arbeit im öffentlichen Dienste mit einer erfolgreichen Ver¬
mögensverwaltung würde sich ja dem neuen Besitze gegenüber nicht minder
als an dem alten erweisen. 7. Es wird sich vielmehr zur Erreichung des
gewollten Zweckes kein andres Mittel bieten, als die Ausstattung der betreffenden
Dienststellen mit einem Staatseinkommen, das ihre Besetzung von jedem. Privat¬
einkommen der Inhaber unabhängig macht, d. h. das den Inhabern auch die
Heranbildung ihrer SötM zu dem Berufe der Väter ermöglicht.
Den billigen EinWurf, daß dieses Ergebnis unsrer Untersuchung auf eine
Umwandlung der wichtigsten öffentlichen Stellungen in Sinekuren hinaufliefe,
brauche ich nicht zu scheuen. Der Begriff der Sinekure empfängt seinen In¬
halt nicht ans der Höhe der Besoldung einer Stelle, sondern ans der mit
ihr verbundenen Thätigkeit oder Unthätigkeit. Im übrigen erfolgt bekannt¬
lich auch gegenwärtig die Besetzung der Kommandostellen im Heere wie der
Staatsämter abgesehen von sehr vereinzelten gesetzlichen Bestimmungen, die
die Vorbildung für gewisse Ämter regeln — nach freier Wahl des Herrschers
oder der vou ihm ernannten Behörden; und es unterliegt keinem Zweifel, daß
eine Entlastung dieser Wahl von jeder Rücksicht ans die Vermögenslage der
in Frage kommenden Personen, also die Aufhebung der jetzt noch bestehenden
Abhängigkeit des öffentlichen Dienstes vom Besitze einen entscheidenden Fort¬
schritt in der Gesundung des Staatskörpers anbahnen würde.
Betrachten wir unter den vorstehend entwickelten Gesichtspunkten noch¬
mals den Entschluß eines Regimentskommandeurs, die Zulage, die er für
sein Regiment voraussetzt, um monatlich 30 Mark zu steigern. Mit der¬
selben Sicherheit, mit der die Tieferstellung einer Schleuse den Durchfluß des
Wassers einengt, wird dieser Entschluß des Kommandeurs dessen Freiheit ein¬
schränken, bei der Annahme von Offiziersaspircmten ohne Rücksicht auf deren
wirtschaftliche Lage nach Maßgabe ihrer persönlichen Eigenschaften Entscheidung
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