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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr.

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Der Rolonmlrat und die Zukunft Gstafrikas

die richtige Art und Weise, so kann es nicht zu lange dauern, bis die Ein¬
nahmen die Ausgaben übersteigen; dann ist der zu erstrebende Zustand der
finanziellen Selbständigkeit der Kolonie eingetreten.

Um aber aus dem Nahmen der allgemeinen theoretischen Erörterungen
herauszutreten, wollen wir auf einen besondern Punkt eingehen. Durch
das schneidige Vorgehen des Majors von Wißmann mit Hilfe seiner tapfern
Schar deutscher Offiziere und farbiger Truppen, sowie der kaiserlichen Ma¬
rine, ist es endlich gelungen, den Aufstand an der Ostküste zu unterdrücken,
Handel und Verkehr blüht empor, viele Negerstämme haben ihre Unterwerfung
angezeigt, die Bevölkerung ist beruhigt, die Hauptrebellen sind teils durch
feinen Takt versöhnt, teils, wo nötig, mit dem Tode bestraft.

Um dieses Ziel zu erreichen, sind Gelder zu dem Betrage vou mehreren
Millionen? bewilligt und verbraucht worden, abgesehen von den Unkosten, die
der Marine durch ihre Teilnahme verursacht wurden und die nicht in
dem Kolonialbudget, sondern in dem Marineetat stehen; sie dürften sich eben¬
falls auf bedeutende Summen belaufen. So weit wird niemand etwas einzu¬
wenden haben, denn wollten wir unsern ostafrikanischen Besitz überhaupt be¬
halten, so mußten wir auch die Herren darin sein, wir konnten nicht von der
Gnade der Araber oder Neger abhängig sein in Ländern, die unter deutsche
Flagge gestellt wurden.

Nachdem aber diese Aufgabe erfüllt ist, entsteht die Frage, ob es zweck¬
mäßig sei, die großen für einen außerordentlichen Fall bewilligten Summen
anch weiter auszugeben zum Unterhalt derselben Truppen, die genügten, den
Aufstand zu unterdrücken, aber wohl zu zahlreich sein dürften, um als stehendes
Heer in der Kolonie unterhalten zu werden. Man dürfte füglich mit Be¬
rechtigung fragen, warum nach dem Kriege 1870 nicht das ganze deutsche
Heer auf mobilem Fuße gehalten wurde, lag ja doch ein neuer Angriff Frank¬
reichs immer im Bereich der Möglichkeit.

So ähnlich liegt der Fall auch hier. Die Zahl der Truppen, die deu
Aufstand unterdrücken konnten, zeigen uns annähernd, wie groß unsre Macht
im Kriegsfall in Ostafrika zu sein haben wird, für die Aufrechterhaltung des
nunmehr hergestellten Friedens ist sie ebenso zu groß, wie das gesamte mobile
deutsche Kriegsheer für die Friedensstärke desselben.

Zwei Nachteile ergeben sich aus der Aufrechterhaltung dieser Truppe.
Der erste ist, wie schon augedeutet, der Kostenpunkt. Man überlege, wie
man will, immer erscheint die Ausgabe für eine so große Truppenzahl
als schlechte Kapitalanlage; je teurer wir uns unsre Kolonie machen, desto
geringer verzinst sie sich, d. h. desto geringer ist der von ihr zu erwartende
materielle Vorteil. Ein kleines Rechenexempel mag uns die Wahrheit des
soeben gesagten klarer vor Augen führen. Die Unterhaltung von 1700 Mann
Schntztrnppen kostet, unter Ausschluß der Bezüge ihrer Offiziere u. f. w. be-


Der Rolonmlrat und die Zukunft Gstafrikas

die richtige Art und Weise, so kann es nicht zu lange dauern, bis die Ein¬
nahmen die Ausgaben übersteigen; dann ist der zu erstrebende Zustand der
finanziellen Selbständigkeit der Kolonie eingetreten.

Um aber aus dem Nahmen der allgemeinen theoretischen Erörterungen
herauszutreten, wollen wir auf einen besondern Punkt eingehen. Durch
das schneidige Vorgehen des Majors von Wißmann mit Hilfe seiner tapfern
Schar deutscher Offiziere und farbiger Truppen, sowie der kaiserlichen Ma¬
rine, ist es endlich gelungen, den Aufstand an der Ostküste zu unterdrücken,
Handel und Verkehr blüht empor, viele Negerstämme haben ihre Unterwerfung
angezeigt, die Bevölkerung ist beruhigt, die Hauptrebellen sind teils durch
feinen Takt versöhnt, teils, wo nötig, mit dem Tode bestraft.

Um dieses Ziel zu erreichen, sind Gelder zu dem Betrage vou mehreren
Millionen? bewilligt und verbraucht worden, abgesehen von den Unkosten, die
der Marine durch ihre Teilnahme verursacht wurden und die nicht in
dem Kolonialbudget, sondern in dem Marineetat stehen; sie dürften sich eben¬
falls auf bedeutende Summen belaufen. So weit wird niemand etwas einzu¬
wenden haben, denn wollten wir unsern ostafrikanischen Besitz überhaupt be¬
halten, so mußten wir auch die Herren darin sein, wir konnten nicht von der
Gnade der Araber oder Neger abhängig sein in Ländern, die unter deutsche
Flagge gestellt wurden.

Nachdem aber diese Aufgabe erfüllt ist, entsteht die Frage, ob es zweck¬
mäßig sei, die großen für einen außerordentlichen Fall bewilligten Summen
anch weiter auszugeben zum Unterhalt derselben Truppen, die genügten, den
Aufstand zu unterdrücken, aber wohl zu zahlreich sein dürften, um als stehendes
Heer in der Kolonie unterhalten zu werden. Man dürfte füglich mit Be¬
rechtigung fragen, warum nach dem Kriege 1870 nicht das ganze deutsche
Heer auf mobilem Fuße gehalten wurde, lag ja doch ein neuer Angriff Frank¬
reichs immer im Bereich der Möglichkeit.

So ähnlich liegt der Fall auch hier. Die Zahl der Truppen, die deu
Aufstand unterdrücken konnten, zeigen uns annähernd, wie groß unsre Macht
im Kriegsfall in Ostafrika zu sein haben wird, für die Aufrechterhaltung des
nunmehr hergestellten Friedens ist sie ebenso zu groß, wie das gesamte mobile
deutsche Kriegsheer für die Friedensstärke desselben.

Zwei Nachteile ergeben sich aus der Aufrechterhaltung dieser Truppe.
Der erste ist, wie schon augedeutet, der Kostenpunkt. Man überlege, wie
man will, immer erscheint die Ausgabe für eine so große Truppenzahl
als schlechte Kapitalanlage; je teurer wir uns unsre Kolonie machen, desto
geringer verzinst sie sich, d. h. desto geringer ist der von ihr zu erwartende
materielle Vorteil. Ein kleines Rechenexempel mag uns die Wahrheit des
soeben gesagten klarer vor Augen führen. Die Unterhaltung von 1700 Mann
Schntztrnppen kostet, unter Ausschluß der Bezüge ihrer Offiziere u. f. w. be-


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[0446] Der Rolonmlrat und die Zukunft Gstafrikas die richtige Art und Weise, so kann es nicht zu lange dauern, bis die Ein¬ nahmen die Ausgaben übersteigen; dann ist der zu erstrebende Zustand der finanziellen Selbständigkeit der Kolonie eingetreten. Um aber aus dem Nahmen der allgemeinen theoretischen Erörterungen herauszutreten, wollen wir auf einen besondern Punkt eingehen. Durch das schneidige Vorgehen des Majors von Wißmann mit Hilfe seiner tapfern Schar deutscher Offiziere und farbiger Truppen, sowie der kaiserlichen Ma¬ rine, ist es endlich gelungen, den Aufstand an der Ostküste zu unterdrücken, Handel und Verkehr blüht empor, viele Negerstämme haben ihre Unterwerfung angezeigt, die Bevölkerung ist beruhigt, die Hauptrebellen sind teils durch feinen Takt versöhnt, teils, wo nötig, mit dem Tode bestraft. Um dieses Ziel zu erreichen, sind Gelder zu dem Betrage vou mehreren Millionen? bewilligt und verbraucht worden, abgesehen von den Unkosten, die der Marine durch ihre Teilnahme verursacht wurden und die nicht in dem Kolonialbudget, sondern in dem Marineetat stehen; sie dürften sich eben¬ falls auf bedeutende Summen belaufen. So weit wird niemand etwas einzu¬ wenden haben, denn wollten wir unsern ostafrikanischen Besitz überhaupt be¬ halten, so mußten wir auch die Herren darin sein, wir konnten nicht von der Gnade der Araber oder Neger abhängig sein in Ländern, die unter deutsche Flagge gestellt wurden. Nachdem aber diese Aufgabe erfüllt ist, entsteht die Frage, ob es zweck¬ mäßig sei, die großen für einen außerordentlichen Fall bewilligten Summen anch weiter auszugeben zum Unterhalt derselben Truppen, die genügten, den Aufstand zu unterdrücken, aber wohl zu zahlreich sein dürften, um als stehendes Heer in der Kolonie unterhalten zu werden. Man dürfte füglich mit Be¬ rechtigung fragen, warum nach dem Kriege 1870 nicht das ganze deutsche Heer auf mobilem Fuße gehalten wurde, lag ja doch ein neuer Angriff Frank¬ reichs immer im Bereich der Möglichkeit. So ähnlich liegt der Fall auch hier. Die Zahl der Truppen, die deu Aufstand unterdrücken konnten, zeigen uns annähernd, wie groß unsre Macht im Kriegsfall in Ostafrika zu sein haben wird, für die Aufrechterhaltung des nunmehr hergestellten Friedens ist sie ebenso zu groß, wie das gesamte mobile deutsche Kriegsheer für die Friedensstärke desselben. Zwei Nachteile ergeben sich aus der Aufrechterhaltung dieser Truppe. Der erste ist, wie schon augedeutet, der Kostenpunkt. Man überlege, wie man will, immer erscheint die Ausgabe für eine so große Truppenzahl als schlechte Kapitalanlage; je teurer wir uns unsre Kolonie machen, desto geringer verzinst sie sich, d. h. desto geringer ist der von ihr zu erwartende materielle Vorteil. Ein kleines Rechenexempel mag uns die Wahrheit des soeben gesagten klarer vor Augen führen. Die Unterhaltung von 1700 Mann Schntztrnppen kostet, unter Ausschluß der Bezüge ihrer Offiziere u. f. w. be-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207936/446>, abgerufen am 28.09.2024.