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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr.

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Der Rolomalrat und die Zukunft Ostafrikas

lung des Auswärtigen Amtes und einem Beirat von zwanzig bis fünfund¬
zwanzig Mann volle Beschäftigung gewähren könnten; es wird daher zunächst
Sache des Koloninlrates sein müssen, erstens, wie schon bemerkt, beabsichtigte
Maßnahmen zu begutachten, zweitens Anträge zu stellen, die durch Ver¬
fügung der kolonialen Abteilung des Auswärtige!! Amtes in Wirksamkeit
treten.

Vielleicht ist es gut, zu betonen, obwohl es eigentlich selbstverständlich ist,
daß nämlich eine Körperschaft wie der Kolonialrat sich unmöglich mit der tech¬
nischen Verwaltung der Kolonien, Anstellnngsgesnchen, Gehalts- und Ver-
setznngsfragen u. s. w. befassen kann, er würde dadurch nu die Stelle der kolo¬
nialen Abteilung des Auswärtigen Amtes treten, nicht aber dieser beratend
zur Seite stehen. Betrachten wir um kurz die Gesichtspunkte, unter denen,
nach unsrer unmaßgeblichen Meinung, die Arbeit des Kolonialrntes eingerichtet
werden müßte.

Ich glaube, daß mir selbst der größte Idealist und Schwärmer für kolo¬
niale Dinge wird zugeben müssen, daß das Endziel unsrer Kolonialpolitik doch
in dem uns aus den Kolonien dereinst erwachsenden materiellen Vorteile zu
suchen sei. Daß es dabei unsre Aufgabe sein wird, zivilisatorisch auf den Neger
zu wirken, ihn an Gesetz, Sitte, Zucht und Ordnung zu gewöhnen, ist zwar
klar; aber nur einseitige Humanitätsschwärmer, die gewöhnlich selbst kein
Geld zur Ausführung idealer Zwecke hergeben, können in der Zivilisirung des
Negers und der Staateugründuug in wilden Ländern die Hauptaufgabe unsrer
Koloninlpolitik erblicken.

Der materielle Vorteil ist das Endziel des lebenden Geschlechts von
Kolonialpolitikern, unsre Aufgabe daher die, die zu diesem Ziele führenden
Wege zu finden.

Der für jedermann sichtbare Ausgangspunkt des Weges ist zunächst der,
die Ausgaben für koloniale Verwaltung so zu bemessen, daß zwar für die
Entwicklung unsers überseeischen Besitzes genügend Raum vorhanden bleibt,
dieser Besitz jedoch uicht von vornherein mit einer Schuldenlast überbürdet
wird, die seinen realen Wert, in der nächstem Zukunft wenigstens, wesentlich
beeinträchtigt. Gegenüber dieser negativen Aufgabe steht dann die positive,
die Hilfsquellen des Landes so zu entwickeln, daß ihnen materieller Gewinn
entsprießt.

Daß unser kolonialer Besitz uns noch eine Zeit lang Kosten verursachen
wird, bezweifelt wohl niemand, unsre Kolonien gleichen darin jedem andern
finanziellen Unternehmen, z. B. einer Fabrik, die auch Bau- und Einrichtekvsten
verschlingt, ehe sie Gewinn bringen kaun. Es wird sich aber wie dort so auch
hier darum handeln, keine andern als dringend nötige Auslagen für unpro¬
duktive Zwecke zu machen, auf der andern Seite diese sobald als möglich durch
Einnahmen aus irgend welchen Quellen zu mindern. Findet man hier nur


Der Rolomalrat und die Zukunft Ostafrikas

lung des Auswärtigen Amtes und einem Beirat von zwanzig bis fünfund¬
zwanzig Mann volle Beschäftigung gewähren könnten; es wird daher zunächst
Sache des Koloninlrates sein müssen, erstens, wie schon bemerkt, beabsichtigte
Maßnahmen zu begutachten, zweitens Anträge zu stellen, die durch Ver¬
fügung der kolonialen Abteilung des Auswärtige!! Amtes in Wirksamkeit
treten.

Vielleicht ist es gut, zu betonen, obwohl es eigentlich selbstverständlich ist,
daß nämlich eine Körperschaft wie der Kolonialrat sich unmöglich mit der tech¬
nischen Verwaltung der Kolonien, Anstellnngsgesnchen, Gehalts- und Ver-
setznngsfragen u. s. w. befassen kann, er würde dadurch nu die Stelle der kolo¬
nialen Abteilung des Auswärtigen Amtes treten, nicht aber dieser beratend
zur Seite stehen. Betrachten wir um kurz die Gesichtspunkte, unter denen,
nach unsrer unmaßgeblichen Meinung, die Arbeit des Kolonialrntes eingerichtet
werden müßte.

Ich glaube, daß mir selbst der größte Idealist und Schwärmer für kolo¬
niale Dinge wird zugeben müssen, daß das Endziel unsrer Kolonialpolitik doch
in dem uns aus den Kolonien dereinst erwachsenden materiellen Vorteile zu
suchen sei. Daß es dabei unsre Aufgabe sein wird, zivilisatorisch auf den Neger
zu wirken, ihn an Gesetz, Sitte, Zucht und Ordnung zu gewöhnen, ist zwar
klar; aber nur einseitige Humanitätsschwärmer, die gewöhnlich selbst kein
Geld zur Ausführung idealer Zwecke hergeben, können in der Zivilisirung des
Negers und der Staateugründuug in wilden Ländern die Hauptaufgabe unsrer
Koloninlpolitik erblicken.

Der materielle Vorteil ist das Endziel des lebenden Geschlechts von
Kolonialpolitikern, unsre Aufgabe daher die, die zu diesem Ziele führenden
Wege zu finden.

Der für jedermann sichtbare Ausgangspunkt des Weges ist zunächst der,
die Ausgaben für koloniale Verwaltung so zu bemessen, daß zwar für die
Entwicklung unsers überseeischen Besitzes genügend Raum vorhanden bleibt,
dieser Besitz jedoch uicht von vornherein mit einer Schuldenlast überbürdet
wird, die seinen realen Wert, in der nächstem Zukunft wenigstens, wesentlich
beeinträchtigt. Gegenüber dieser negativen Aufgabe steht dann die positive,
die Hilfsquellen des Landes so zu entwickeln, daß ihnen materieller Gewinn
entsprießt.

Daß unser kolonialer Besitz uns noch eine Zeit lang Kosten verursachen
wird, bezweifelt wohl niemand, unsre Kolonien gleichen darin jedem andern
finanziellen Unternehmen, z. B. einer Fabrik, die auch Bau- und Einrichtekvsten
verschlingt, ehe sie Gewinn bringen kaun. Es wird sich aber wie dort so auch
hier darum handeln, keine andern als dringend nötige Auslagen für unpro¬
duktive Zwecke zu machen, auf der andern Seite diese sobald als möglich durch
Einnahmen aus irgend welchen Quellen zu mindern. Findet man hier nur


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[0445] Der Rolomalrat und die Zukunft Ostafrikas lung des Auswärtigen Amtes und einem Beirat von zwanzig bis fünfund¬ zwanzig Mann volle Beschäftigung gewähren könnten; es wird daher zunächst Sache des Koloninlrates sein müssen, erstens, wie schon bemerkt, beabsichtigte Maßnahmen zu begutachten, zweitens Anträge zu stellen, die durch Ver¬ fügung der kolonialen Abteilung des Auswärtige!! Amtes in Wirksamkeit treten. Vielleicht ist es gut, zu betonen, obwohl es eigentlich selbstverständlich ist, daß nämlich eine Körperschaft wie der Kolonialrat sich unmöglich mit der tech¬ nischen Verwaltung der Kolonien, Anstellnngsgesnchen, Gehalts- und Ver- setznngsfragen u. s. w. befassen kann, er würde dadurch nu die Stelle der kolo¬ nialen Abteilung des Auswärtigen Amtes treten, nicht aber dieser beratend zur Seite stehen. Betrachten wir um kurz die Gesichtspunkte, unter denen, nach unsrer unmaßgeblichen Meinung, die Arbeit des Kolonialrntes eingerichtet werden müßte. Ich glaube, daß mir selbst der größte Idealist und Schwärmer für kolo¬ niale Dinge wird zugeben müssen, daß das Endziel unsrer Kolonialpolitik doch in dem uns aus den Kolonien dereinst erwachsenden materiellen Vorteile zu suchen sei. Daß es dabei unsre Aufgabe sein wird, zivilisatorisch auf den Neger zu wirken, ihn an Gesetz, Sitte, Zucht und Ordnung zu gewöhnen, ist zwar klar; aber nur einseitige Humanitätsschwärmer, die gewöhnlich selbst kein Geld zur Ausführung idealer Zwecke hergeben, können in der Zivilisirung des Negers und der Staateugründuug in wilden Ländern die Hauptaufgabe unsrer Koloninlpolitik erblicken. Der materielle Vorteil ist das Endziel des lebenden Geschlechts von Kolonialpolitikern, unsre Aufgabe daher die, die zu diesem Ziele führenden Wege zu finden. Der für jedermann sichtbare Ausgangspunkt des Weges ist zunächst der, die Ausgaben für koloniale Verwaltung so zu bemessen, daß zwar für die Entwicklung unsers überseeischen Besitzes genügend Raum vorhanden bleibt, dieser Besitz jedoch uicht von vornherein mit einer Schuldenlast überbürdet wird, die seinen realen Wert, in der nächstem Zukunft wenigstens, wesentlich beeinträchtigt. Gegenüber dieser negativen Aufgabe steht dann die positive, die Hilfsquellen des Landes so zu entwickeln, daß ihnen materieller Gewinn entsprießt. Daß unser kolonialer Besitz uns noch eine Zeit lang Kosten verursachen wird, bezweifelt wohl niemand, unsre Kolonien gleichen darin jedem andern finanziellen Unternehmen, z. B. einer Fabrik, die auch Bau- und Einrichtekvsten verschlingt, ehe sie Gewinn bringen kaun. Es wird sich aber wie dort so auch hier darum handeln, keine andern als dringend nötige Auslagen für unpro¬ duktive Zwecke zu machen, auf der andern Seite diese sobald als möglich durch Einnahmen aus irgend welchen Quellen zu mindern. Findet man hier nur

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207936/445>, abgerufen am 29.06.2024.