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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr.

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Der Rolomalrat und die Zukunft Gstafrikas

Amtes als beratender Körper zur Seite treten soll, so werden wir unter unsern
eignen Einrichtungen wahrscheinlich das geeignetste Vorbild für die ihm zu
gebende Form finden. Das passendste Muster scheint uns der Verwaltungsrat
von Banken, der landwirtschaftliche Rat, ja vielleicht der Reichstag selbst
zu sein.

Wie die Behandlung gewisser Fragen vom Reichstage an Kommissionen
verwiesen wird, so könnten die Beratungen für jede einzelne Kolonie von
einer sich nur mit dieser beschäftigenden Kommission gepflogen werden- Diese
setzte sich dann in der schon angedeuteten Weise zusammen, sodaß jede Kolonie
durch fünf Herren vertreten würde und ihre Angelegenheiten dnrch sie beraten
würden.

Nun haben wir fünf Kolonien: Ostafrika, Neu-Guinea mit allen Südsee¬
inseln, Südwestafrika, Kamerun und Togo. Nach dem vorgeschlagenen Verfahren
würde daher der Kolonialrat aus einer Körperschaft von fünfundzwanzig
Personen in fünf Sektionen bestehen. Sollte man glauben, daß die Mitglieder¬
schaft von fünfundzwanzig zu groß sei, so könnte man Kamerun und Togo
zusammenlegen und als eine Kolonie behandeln; sind sie doch Krvukvlvnien
und können daher auch nicht dnrch Kolonialgesellschaften vertreten werden.
Ferner ließe sich die Einrichtung treffen, daß die Veratungen über alle Kolonien
nicht gleichzeitig, fondern in einer von der Anzahl und Dringlichkeit der zu
beratenden Punkte abhängigen Reihenfolge vor sich gingen. Es könnten dann
Mitglieder, die Ortskenntnis von mehr als einer Kolonie haben, heute an der
Beratung z. B. über Westafrika, morgen an der von Kamerun Teil nehmen.
Auf diese Weise ließe sich, wenn es für nötig erachtet werden sollte, die Mit¬
gliederzahl auf zwanzig oder sogar noch weniger beschränken.

Selbstverständlich wird nach Art des Reichstages oder irgend eines Ver¬
waltungsrates oder desjenigen Institutes, das wir uns zum Muster nehmen,
der Kolonialrat auch einen Präsidenten haben müssen, um die Verhandlungen
zu leiten, Beschlüsse auszusprechen, Anträge zu stellen. Hier ist es an sich
gleichgiltig, ob der Kolonialrat aus seiner Mitte ein Mitglied zum Präsidenten
wählt oder ein solcher von berufener Stelle aus ernannt wird, am natürlichsten
erscheint es, daß der Chef der kolonialen Abteilung des Auswärtigen Amtes
zugleich Präsident des Kolonialrates sei.

Nachdem wir uns so darüber klar geworden sind, wie der Kolonialrat
sich zusammensetzen und welche Form er haben sollte, können wir versuchen,
uns ein Bild von seiner mutmaßlichen Thätigkeit zu entwerfen.

Zunächst darf wohl mit Sicherheit angenommen werden, daß der Kvlo-
nialrat nicht eine ständig thätige Behörde sein wird und kann, sondern daß
er je nach Bedarf zusammengerufen werden wird, um über beabsichtigte Ma߬
nahmen zu beraten- Unsre Kolonien sind noch nicht so weit in ihrer wirt¬
schaftlichen Entwicklung vorgeschritten, daß ihre Angelegenheiten einer Abtei-


Der Rolomalrat und die Zukunft Gstafrikas

Amtes als beratender Körper zur Seite treten soll, so werden wir unter unsern
eignen Einrichtungen wahrscheinlich das geeignetste Vorbild für die ihm zu
gebende Form finden. Das passendste Muster scheint uns der Verwaltungsrat
von Banken, der landwirtschaftliche Rat, ja vielleicht der Reichstag selbst
zu sein.

Wie die Behandlung gewisser Fragen vom Reichstage an Kommissionen
verwiesen wird, so könnten die Beratungen für jede einzelne Kolonie von
einer sich nur mit dieser beschäftigenden Kommission gepflogen werden- Diese
setzte sich dann in der schon angedeuteten Weise zusammen, sodaß jede Kolonie
durch fünf Herren vertreten würde und ihre Angelegenheiten dnrch sie beraten
würden.

Nun haben wir fünf Kolonien: Ostafrika, Neu-Guinea mit allen Südsee¬
inseln, Südwestafrika, Kamerun und Togo. Nach dem vorgeschlagenen Verfahren
würde daher der Kolonialrat aus einer Körperschaft von fünfundzwanzig
Personen in fünf Sektionen bestehen. Sollte man glauben, daß die Mitglieder¬
schaft von fünfundzwanzig zu groß sei, so könnte man Kamerun und Togo
zusammenlegen und als eine Kolonie behandeln; sind sie doch Krvukvlvnien
und können daher auch nicht dnrch Kolonialgesellschaften vertreten werden.
Ferner ließe sich die Einrichtung treffen, daß die Veratungen über alle Kolonien
nicht gleichzeitig, fondern in einer von der Anzahl und Dringlichkeit der zu
beratenden Punkte abhängigen Reihenfolge vor sich gingen. Es könnten dann
Mitglieder, die Ortskenntnis von mehr als einer Kolonie haben, heute an der
Beratung z. B. über Westafrika, morgen an der von Kamerun Teil nehmen.
Auf diese Weise ließe sich, wenn es für nötig erachtet werden sollte, die Mit¬
gliederzahl auf zwanzig oder sogar noch weniger beschränken.

Selbstverständlich wird nach Art des Reichstages oder irgend eines Ver¬
waltungsrates oder desjenigen Institutes, das wir uns zum Muster nehmen,
der Kolonialrat auch einen Präsidenten haben müssen, um die Verhandlungen
zu leiten, Beschlüsse auszusprechen, Anträge zu stellen. Hier ist es an sich
gleichgiltig, ob der Kolonialrat aus seiner Mitte ein Mitglied zum Präsidenten
wählt oder ein solcher von berufener Stelle aus ernannt wird, am natürlichsten
erscheint es, daß der Chef der kolonialen Abteilung des Auswärtigen Amtes
zugleich Präsident des Kolonialrates sei.

Nachdem wir uns so darüber klar geworden sind, wie der Kolonialrat
sich zusammensetzen und welche Form er haben sollte, können wir versuchen,
uns ein Bild von seiner mutmaßlichen Thätigkeit zu entwerfen.

Zunächst darf wohl mit Sicherheit angenommen werden, daß der Kvlo-
nialrat nicht eine ständig thätige Behörde sein wird und kann, sondern daß
er je nach Bedarf zusammengerufen werden wird, um über beabsichtigte Ma߬
nahmen zu beraten- Unsre Kolonien sind noch nicht so weit in ihrer wirt¬
schaftlichen Entwicklung vorgeschritten, daß ihre Angelegenheiten einer Abtei-


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[0444] Der Rolomalrat und die Zukunft Gstafrikas Amtes als beratender Körper zur Seite treten soll, so werden wir unter unsern eignen Einrichtungen wahrscheinlich das geeignetste Vorbild für die ihm zu gebende Form finden. Das passendste Muster scheint uns der Verwaltungsrat von Banken, der landwirtschaftliche Rat, ja vielleicht der Reichstag selbst zu sein. Wie die Behandlung gewisser Fragen vom Reichstage an Kommissionen verwiesen wird, so könnten die Beratungen für jede einzelne Kolonie von einer sich nur mit dieser beschäftigenden Kommission gepflogen werden- Diese setzte sich dann in der schon angedeuteten Weise zusammen, sodaß jede Kolonie durch fünf Herren vertreten würde und ihre Angelegenheiten dnrch sie beraten würden. Nun haben wir fünf Kolonien: Ostafrika, Neu-Guinea mit allen Südsee¬ inseln, Südwestafrika, Kamerun und Togo. Nach dem vorgeschlagenen Verfahren würde daher der Kolonialrat aus einer Körperschaft von fünfundzwanzig Personen in fünf Sektionen bestehen. Sollte man glauben, daß die Mitglieder¬ schaft von fünfundzwanzig zu groß sei, so könnte man Kamerun und Togo zusammenlegen und als eine Kolonie behandeln; sind sie doch Krvukvlvnien und können daher auch nicht dnrch Kolonialgesellschaften vertreten werden. Ferner ließe sich die Einrichtung treffen, daß die Veratungen über alle Kolonien nicht gleichzeitig, fondern in einer von der Anzahl und Dringlichkeit der zu beratenden Punkte abhängigen Reihenfolge vor sich gingen. Es könnten dann Mitglieder, die Ortskenntnis von mehr als einer Kolonie haben, heute an der Beratung z. B. über Westafrika, morgen an der von Kamerun Teil nehmen. Auf diese Weise ließe sich, wenn es für nötig erachtet werden sollte, die Mit¬ gliederzahl auf zwanzig oder sogar noch weniger beschränken. Selbstverständlich wird nach Art des Reichstages oder irgend eines Ver¬ waltungsrates oder desjenigen Institutes, das wir uns zum Muster nehmen, der Kolonialrat auch einen Präsidenten haben müssen, um die Verhandlungen zu leiten, Beschlüsse auszusprechen, Anträge zu stellen. Hier ist es an sich gleichgiltig, ob der Kolonialrat aus seiner Mitte ein Mitglied zum Präsidenten wählt oder ein solcher von berufener Stelle aus ernannt wird, am natürlichsten erscheint es, daß der Chef der kolonialen Abteilung des Auswärtigen Amtes zugleich Präsident des Kolonialrates sei. Nachdem wir uns so darüber klar geworden sind, wie der Kolonialrat sich zusammensetzen und welche Form er haben sollte, können wir versuchen, uns ein Bild von seiner mutmaßlichen Thätigkeit zu entwerfen. Zunächst darf wohl mit Sicherheit angenommen werden, daß der Kvlo- nialrat nicht eine ständig thätige Behörde sein wird und kann, sondern daß er je nach Bedarf zusammengerufen werden wird, um über beabsichtigte Ma߬ nahmen zu beraten- Unsre Kolonien sind noch nicht so weit in ihrer wirt¬ schaftlichen Entwicklung vorgeschritten, daß ihre Angelegenheiten einer Abtei-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207936/444>, abgerufen am 29.06.2024.