Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr.Römische Frühlingsbilder ja noch jung, gerade dreiunddreißig Jahre alt, wenn Kürschners Kalender recht Römische Frühlingsbilder Adolf Stern von 2. Die Bädekerreisenden obere Reinicks lustiges Lied mit dem vielgesungnen schönen Nuud- Römische Frühlingsbilder ja noch jung, gerade dreiunddreißig Jahre alt, wenn Kürschners Kalender recht Römische Frühlingsbilder Adolf Stern von 2. Die Bädekerreisenden obere Reinicks lustiges Lied mit dem vielgesungnen schönen Nuud- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0426" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/208363"/> <fw type="header" place="top"> Römische Frühlingsbilder</fw><lb/> <p xml:id="ID_1319" prev="#ID_1318"> ja noch jung, gerade dreiunddreißig Jahre alt, wenn Kürschners Kalender recht<lb/> unterrichtet ist —, vermag er es zu einer gesunden Weltanschauung und zu<lb/> einem sichern Geschmack zu bringen, überwindet er die Schwächen des Natura¬<lb/> lismus und dessen ausgediftelte Ethik, so ist bei seiner ungewöhnlichen<lb/> Gestaltungskraft zu hoffen, daß er als Dramatiker noch was Rechtes<lb/> schaffen wird.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Römische Frühlingsbilder<lb/><note type="byline"> Adolf Stern</note> von<lb/> 2. Die Bädekerreisenden</head><lb/> <p xml:id="ID_1320" next="#ID_1321"> obere Reinicks lustiges Lied mit dem vielgesungnen schönen Nuud-<lb/> reim „Italien, Italien — was hast du für Kanaillen!" schildert<lb/> das Herrlein, das im Land Italia spazieren wollte und überall<lb/> von dem Hvllentier, dem tollen Floh, erschreckt und vertrieben<lb/> wurde. Nachher, wie unser Männlein zu Hause im Kanapee<lb/> sitzt und beim Thee von Mandolinenklang, Orangeuwäldern, Volksgesang,<lb/> Villa Albani und Vatikan spricht und sich am Entzücken seiner geneigten Hörer<lb/> erfreut, sind die Unbilden der Jtalienfahrt vergessen. Man muß sich leider<lb/> gestehen, daß dieser vielbelachte Typus fast bis auf deu letzten Rest verschwunden<lb/> ist, und daß ein andrer an seine Stelle tritt, über den es schwerer ist zu lachen,<lb/> weil er nicht den Humor, sondern die bitterste Satire herausfordert. Seit<lb/> Jahren sind die Scharen der Deutschen, die nach Welschland und zumal nach<lb/> Rom pilgern, gewaltig angeschwollen, in den Fnihlingsmonaten steigt man in<lb/> keinen Omnibus, der vou der Poren del Popolo zum venezianischen Platze<lb/> fährt, und geht nicht über das Forum Nomanuni, ohne Deutsch in allen<lb/> Mundarten und Lauten der Heimat sprechen zu hören. Das wäre nun ganz<lb/> erfreulich, wenn die große Mehrzahl unsrer Landsleute mit dem guten Willen<lb/> käme, von Rom etwas zu haben, etwas davonzutragen, was ihrem Leben seither<lb/> gefehlt hat. Um jedoch zu sehen und zu empfinden, daß immer nur eine Minder¬<lb/> zahl ihrer Römerfahrt in diesem Sinne froh wird, braucht man noch lange nicht<lb/> so streng zu denken, wie dies z. B. der geistvolle Viktor Hehn that, der die<lb/> schärfste Verurteilung der Hochzeitsreisen und Vergnügungszüge nach Italien<lb/> aussprach. Es ist keine Formel zu finden, die entscheidend feststellte, wer nach</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0426]
Römische Frühlingsbilder
ja noch jung, gerade dreiunddreißig Jahre alt, wenn Kürschners Kalender recht
unterrichtet ist —, vermag er es zu einer gesunden Weltanschauung und zu
einem sichern Geschmack zu bringen, überwindet er die Schwächen des Natura¬
lismus und dessen ausgediftelte Ethik, so ist bei seiner ungewöhnlichen
Gestaltungskraft zu hoffen, daß er als Dramatiker noch was Rechtes
schaffen wird.
Römische Frühlingsbilder
Adolf Stern von
2. Die Bädekerreisenden
obere Reinicks lustiges Lied mit dem vielgesungnen schönen Nuud-
reim „Italien, Italien — was hast du für Kanaillen!" schildert
das Herrlein, das im Land Italia spazieren wollte und überall
von dem Hvllentier, dem tollen Floh, erschreckt und vertrieben
wurde. Nachher, wie unser Männlein zu Hause im Kanapee
sitzt und beim Thee von Mandolinenklang, Orangeuwäldern, Volksgesang,
Villa Albani und Vatikan spricht und sich am Entzücken seiner geneigten Hörer
erfreut, sind die Unbilden der Jtalienfahrt vergessen. Man muß sich leider
gestehen, daß dieser vielbelachte Typus fast bis auf deu letzten Rest verschwunden
ist, und daß ein andrer an seine Stelle tritt, über den es schwerer ist zu lachen,
weil er nicht den Humor, sondern die bitterste Satire herausfordert. Seit
Jahren sind die Scharen der Deutschen, die nach Welschland und zumal nach
Rom pilgern, gewaltig angeschwollen, in den Fnihlingsmonaten steigt man in
keinen Omnibus, der vou der Poren del Popolo zum venezianischen Platze
fährt, und geht nicht über das Forum Nomanuni, ohne Deutsch in allen
Mundarten und Lauten der Heimat sprechen zu hören. Das wäre nun ganz
erfreulich, wenn die große Mehrzahl unsrer Landsleute mit dem guten Willen
käme, von Rom etwas zu haben, etwas davonzutragen, was ihrem Leben seither
gefehlt hat. Um jedoch zu sehen und zu empfinden, daß immer nur eine Minder¬
zahl ihrer Römerfahrt in diesem Sinne froh wird, braucht man noch lange nicht
so streng zu denken, wie dies z. B. der geistvolle Viktor Hehn that, der die
schärfste Verurteilung der Hochzeitsreisen und Vergnügungszüge nach Italien
aussprach. Es ist keine Formel zu finden, die entscheidend feststellte, wer nach
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