Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr.Lin kleinstaatlicher Diplomat ihn mir mit der Äußerung zurück, er habe wirklich nicht geglaubt, daß in dieser Am 12. November 1802 trafen die subdelegirten Konnnissarien, nämlich von Meine Liquidation der Revenüen stützte ich nicht sowohl auf Rechnungsaus¬ Der Graf von Sickingen war längere Zeit in Pfandschaftlichem Besitz eines Bei Vibercich im württembergischen Dvnaukreis.
Lin kleinstaatlicher Diplomat ihn mir mit der Äußerung zurück, er habe wirklich nicht geglaubt, daß in dieser Am 12. November 1802 trafen die subdelegirten Konnnissarien, nämlich von Meine Liquidation der Revenüen stützte ich nicht sowohl auf Rechnungsaus¬ Der Graf von Sickingen war längere Zeit in Pfandschaftlichem Besitz eines Bei Vibercich im württembergischen Dvnaukreis.
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Lin kleinstaatlicher Diplomat
ihn mir mit der Äußerung zurück, er habe wirklich nicht geglaubt, daß in dieser
Sache für den Grafen noch etwas zu thun sei, allein ich hatte den richtigen Weg
eingeschlagen und sollte nur dabei bleiben, er wäre jetzt mit meiner Ansicht ein¬
verstanden.
Am 12. November 1802 trafen die subdelegirten Konnnissarien, nämlich von
Württemberg der Geheimrat von der Luh und von Baden der Geheimreferendar
von Hofer, zu Ochseuhausen ein, und ich ging einige Tage nachher ebenfalls dahin
ab. Als ich deshalb in Regensburg Abschiedsbesuche machte, sagte mir Graf
Goldsteini „Gehen Sie nur nach Ochsenhausen, Ihr Graf bekommt doch nichts,
denn er ist kein Reichsstand mehr, aber mein Bevollmächtigter bekommt ein Em¬
pfehlungsschreiben von dem russischen Gesandten mit." Dies erinnerte mich an die
mir von Baron von Bühler bei meinem ersten Besuch gegebene Zusicherung; ich
ging geraden Weges zu ihm, bat ihn um ein Empfehlungsschreiben an die Kom¬
mission in Ochsenhnusen, und der Erfolg war, daß ich andern Tags das erbetene
Schreiben von ihm erhielt, und Graf Goldstein brachte es nur dahin, daß seiner
nebenbei darin gedacht wurde. So gerüstet kam ich zu Ochseuhausen an, wurde
aber von Geheimrat von der Luh ebenso empfangen wie früher von Regierungsrat
Neuß. Er fragte mich nämlich über Tisch — die Kommissarien und Abgeordneten
logirten und aßen zusammen in dem sogenannten Frcmdenbnu der Prälatur —:
„In welche Klasse will denn der Graf Wartenberg gesetzt sein?" „In die erste,"
erwiderte ich. „El, el! sehr bestimmt gesprochen, aber viclvatur Moser!" sagte er,
worauf ich bemerkte, die Gründe meiner bestimmten Antwort wollte ich ihm an¬
geben, wenn er mir erlauben würde, ihm auf seinem Zimmer aufzuwarten. „Das
soll mir ein Vergnügen sein," versetzte er, „denn ich nehme sehr gern Belehrung
an." Als ich ihn aber besucht und meine Gründe auseinander gesetzt hatte, spottete
er nicht mehr, und nach sorgfältigen Beratungen mit dem bübischer Kommissar und
nachdem man sich auch bei einem andern Staatsrechtsgelehrten (wahrscheinlich dem
Regierungsrat Neuß) Rats erholt hatte, wurde Wartenberg in die erste Klasse der
zu eutschädigeuden gesetzt.
Meine Liquidation der Revenüen stützte ich nicht sowohl auf Rechnungsaus¬
züge, teils Weil es mir daran mangelte, teils weil die Wartenbergische Debit¬
kommission schlecht verwaltet hatte, sondern ans den Mchcngehalt der Domänen,
Güter und Waldungen und die Ertragsfähigkeit derselben pro Morgen, in Rücksicht
ans die verschiednen Kultnrarten nach kameralistischeu Grundsätzen oder Erfahrungen.
Meine Berechnung stieg dadurch auf jährlich 52 000 Gulden, wohl das Doppelte
des wirklichen Verlustes, wurde aber von Hofrat Spittler, der zur Prüfung der
Liquidationen der Kommission beigegeben war, nicht beanstandet, sondern sogar
belobt. Da hiernach Wartenberg auf die zweiteinträglichste Prälatur Noth") An¬
sprüche macheu konnte, so nahm mich Hofrat Spittler mit, als er die Revenüen
derselben untersuchte. Die Geistlichen hielten mich für ein Mitglied der Kommission
und machten keine Einwendungen gegen meine Gegenwart bei dem Geschäft, die ich
dazu benutzte, auf möglichst geringe Ertragsberechnuugen hinzuwirken. Erst als
wir abgereist waren, erfuhren die Geistlichen, daß ich ein Abgeordneter sei, und
führten deshalb Beschwerde über Hofrat Spittler bei der Kommission, jedoch ohne
Erfolg.
Der Graf von Sickingen war längere Zeit in Pfandschaftlichem Besitz eines
Teiles der Grafschaft Wartenberg gewesen und hatte 1788 das dazu gehörige Dorf
Bei Vibercich im württembergischen Dvnaukreis.
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