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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr.

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zwischen dem Nord>vestteil des NhassaseeS und dein^ K^ongvstaat mit Einschluß
des Bangweolosees als einen unausbleiblichen Zukunstsbesitz Deutschlands an¬
zusehen, und haben ihn demgemäß gleich als thatsächlichen in ihre Karten ein¬
getragen. Sie haben sich verrechnet: nicht ein Stück von diesen gutgemeinten
Landanweisungen haben wir zu "realisiren" vermocht.

Kaum anders ist es im Norden. Hier hat mau die bisherige in nord¬
westlicher Richtung verlaufende Grenzlinie in stumpfem Winkel eingeknickt, um
sie quer über den Viktoriasee bis zur Grenze des Kongostaats parallel dem
Breitengrade weiterzuleiten. Wir können auch diesen Zuwachs nicht als ein
Opfer unsers Nebenbuhlers ansehe", da es gänzlich ausgeschlossen war, daß
er mich ans diesen letzten Bruchteil unsers nördlichen Hinterlandes seine Hand
hätte legen können. Damit sind alle Hoffnungen ans den Erwerb von Uganda,
Nnhvro und das obere Nilgebiet zerronnen, Hoffnungen, die wir, so hochfliegend
sie auch waren, immerhin nach der Verzichtleistung Äghptens mit der ruhmreichen
Thätigkeit unsers Landsmannes Emin Pascha und den jüngsten Errungen¬
schaften von Dr. Peters in Uganda stützen konnten. In Nord und Süd ist
England der lachende Erbe.

Dazu kommt ein thatsächlicher Verlust, der jeden Kolvnialfreuud
schmerzlich überraschen mußte. Witnland, das seit Jahren bereits unter
deutscher Schutzhoheit gestanden hat und kürzlich noch von dem deutscheu
Generalkonsul an Ort und Stelle in einem feierlichen Staatsakt in dieser
Eigenschaft anerkannt worden ist, hat seinen Herrn wechseln müssen. Waruni
das? Angeblich weil es von dem südlichen Schutzgebiete durch das englische
Zwischenstück abgetrennt und schon deshalb nicht lebensfähig ist. Auch werde
ihm durch den in Vorbereitung befindlichen Schiedsspruch aller Voraussicht
nach der letzte zwischen Marta und Palla gelegene Hafenplatz entzogen werden.
Wien ist das Mündungsgebiet des vom Kenia herabkommenden Tuna. Dr. Peters
hat, wie wir nochmals betonen, am Nordufer desselben durch eine Reihe von
Verträgen die Besitzergreifung des Hinterlandes vorbereitet; ja die Neichs-
regiernng selbst hat erst vor kurzem die Nordgrenze des Witnlaudes weiter
vorgeschoben. Außerdem hat die ostafrilunische Gesellschaft, wie wir ebenfalls
wiederholen, durch mehrere Verträge, Flaggenhissnngen und Stationsgründungen
vollwertige Besitzansprüche auf weite Strecken des anstoßenden Somalilandes
erworben. Leutnant Günther und Dr. Jühlke haben wie vormals Claus
v. d. Decken für die Anbahnung deutscher Interessen opferfreudig ihr
junges Leben gelassen, Jühlke in der noch tags vor seiner Ermordung ge¬
äußerten Hoffnung, daß das Opfer seines Lebens Deutschland vielleicht um so
sicherer zur Besitznahme des entwicklungsfähigen Landes bewegen werde. Neuer¬
dings noch ist von Berlin ans durch die Expedition des Negierungsbaliineisters
Hoffmann ein abermaliger Versuch gemacht worden, festern Fuß dort zu fassen
und der Besitzergreifung wenigstens eines Teiles nachdrücklicher vorzuarbeiten.


zwischen dem Nord>vestteil des NhassaseeS und dein^ K^ongvstaat mit Einschluß
des Bangweolosees als einen unausbleiblichen Zukunstsbesitz Deutschlands an¬
zusehen, und haben ihn demgemäß gleich als thatsächlichen in ihre Karten ein¬
getragen. Sie haben sich verrechnet: nicht ein Stück von diesen gutgemeinten
Landanweisungen haben wir zu „realisiren" vermocht.

Kaum anders ist es im Norden. Hier hat mau die bisherige in nord¬
westlicher Richtung verlaufende Grenzlinie in stumpfem Winkel eingeknickt, um
sie quer über den Viktoriasee bis zur Grenze des Kongostaats parallel dem
Breitengrade weiterzuleiten. Wir können auch diesen Zuwachs nicht als ein
Opfer unsers Nebenbuhlers ansehe», da es gänzlich ausgeschlossen war, daß
er mich ans diesen letzten Bruchteil unsers nördlichen Hinterlandes seine Hand
hätte legen können. Damit sind alle Hoffnungen ans den Erwerb von Uganda,
Nnhvro und das obere Nilgebiet zerronnen, Hoffnungen, die wir, so hochfliegend
sie auch waren, immerhin nach der Verzichtleistung Äghptens mit der ruhmreichen
Thätigkeit unsers Landsmannes Emin Pascha und den jüngsten Errungen¬
schaften von Dr. Peters in Uganda stützen konnten. In Nord und Süd ist
England der lachende Erbe.

Dazu kommt ein thatsächlicher Verlust, der jeden Kolvnialfreuud
schmerzlich überraschen mußte. Witnland, das seit Jahren bereits unter
deutscher Schutzhoheit gestanden hat und kürzlich noch von dem deutscheu
Generalkonsul an Ort und Stelle in einem feierlichen Staatsakt in dieser
Eigenschaft anerkannt worden ist, hat seinen Herrn wechseln müssen. Waruni
das? Angeblich weil es von dem südlichen Schutzgebiete durch das englische
Zwischenstück abgetrennt und schon deshalb nicht lebensfähig ist. Auch werde
ihm durch den in Vorbereitung befindlichen Schiedsspruch aller Voraussicht
nach der letzte zwischen Marta und Palla gelegene Hafenplatz entzogen werden.
Wien ist das Mündungsgebiet des vom Kenia herabkommenden Tuna. Dr. Peters
hat, wie wir nochmals betonen, am Nordufer desselben durch eine Reihe von
Verträgen die Besitzergreifung des Hinterlandes vorbereitet; ja die Neichs-
regiernng selbst hat erst vor kurzem die Nordgrenze des Witnlaudes weiter
vorgeschoben. Außerdem hat die ostafrilunische Gesellschaft, wie wir ebenfalls
wiederholen, durch mehrere Verträge, Flaggenhissnngen und Stationsgründungen
vollwertige Besitzansprüche auf weite Strecken des anstoßenden Somalilandes
erworben. Leutnant Günther und Dr. Jühlke haben wie vormals Claus
v. d. Decken für die Anbahnung deutscher Interessen opferfreudig ihr
junges Leben gelassen, Jühlke in der noch tags vor seiner Ermordung ge¬
äußerten Hoffnung, daß das Opfer seines Lebens Deutschland vielleicht um so
sicherer zur Besitznahme des entwicklungsfähigen Landes bewegen werde. Neuer¬
dings noch ist von Berlin ans durch die Expedition des Negierungsbaliineisters
Hoffmann ein abermaliger Versuch gemacht worden, festern Fuß dort zu fassen
und der Besitzergreifung wenigstens eines Teiles nachdrücklicher vorzuarbeiten.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207294/615>, abgerufen am 28.12.2024.