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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr.

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Lin englisches Urteil über die deutschen Bestrebungen i" Ostafrika

nicht anerkannt und wahrend der hierüber eingeleiteten Erörterungen die
Wiederherstellung des se^tus <^no lodo verlangt hat, ist ihm ein neues Zeichen
der Perfidie Deutschlands. Allerdings wird erwähnt, daß auch der Sultan
von Wien Ansprüche auf die Inseln erhebe, diese Ansprüche werden aber als
Liuiävvy vliüins keiner weitern Erörterung wert gehalten. Ob sie wirklich so
schattenhaft sind, kann füglich den Verhandlungen der beiden beteiligten Regie¬
rungen überlassen bleiben. Einstweilen darf, da in dem deutsch-englischen Ab¬
kämmen vom Jahre 1886 wohl Lamu, nicht aber Manta und Palla als zum
Reiche des Sultans von Sansibar gehörig anerkannt sind, angenommen werden,
daß es mit dem Rechte des letztern auf die fraglichen Inseln nicht allzu sicher
bestellt sei. Wo bleibt nun aber die Perfidie Deutschlands? Hierfür findet
der Verfasser den klaren Beweis darin, daß bei Begründung der deutschen An¬
sprüche auf Lamm ein Versprechen des Sultans von Sansibar angeführt
worden ist, durch das die deutsche Wien-Gesellschaft eine Konzession für
Lamu und für Marta und Palla erlangt habe. Was bedürfen wir weitern
Zugeständnisses, führt der Verfasser aus; damals, als es sich um eine 5kou-
zessivu für die deutsche Gesellschaft handelte, war die deutsche Regierung sehr
bereit, die Souveränität des Sultans über Marta und Puela anzuerkennen,
jetzt aber, wo er die Konzession einer englischen Gesellschaft erteilt hat, werden
seine Rechte von ihr bestritten! Dem gegenüber ist zu bemerken, daß der Witu-
gesellschaft, als sie die Zvllerhebuug auf deu Inseln der Mandabucht zu über¬
nehmen wünschte, sehr wohl bekannt war, daß der Sultan von Sausibar neben
Lamu anch die Inseln Marta und Palla beanspruchte. Es war uuter diesen
Umständen natürlich, daß sie damit auch wegen der beiden letztgenannten Inseln
M Verhandlungen trat. Der Zustimmung des Sultans von Wien zu der
beabsichtigte!! Zvllüberncihme sicher, konnte sie hoffen, auf diesem Wege eine
von keiner Seite bestrittene Stellung zu erhalten und gleichzeitig bei Regelung
des Pachtverhältnisses einen befriedigenden Ausgleich der konkurrirenden An¬
sprüche beider Herrscher herbeizuführen. Eine Anerkennung der Rechte des
Sultans von Sansibar ist hierin also keineswegs zu finden. Noch "veniger ist
eine solche Vonseiten der kaiserlichen Regierung erfolgt. Diese hat im Gegen¬
teil auf eine frühere, hierauf bezügliche Anregung der englischen Regierung
ausdrücklich erklärt, daß der Frage, dein Sultan von Sansibar die Herrschaft
über jene Inseln einzuräumen, nur dann näher getreten werde" könne, wenn
^ dafür in Gebietsabtretung um der Südgrenze des Witusultauats einwillige.

Weiter nach Norden schreitend kommt der Verfasser zu der Küstenstrecke
bon Wien bis Kismaju. Er behauptet, daß die Stellung dieses Gebietes
Unter deutschen Schutz weder den Vorschriften der Kongvakte über die bei
Neuen Vesitzergreisungen an der ostafrikanischen Küste zu erfüllenden Bedin¬
gungen entspreche, noch mit dem oben erwähnten deutsch-englischen Abkommen
1886 im Einklang stehe. Bezüglich des ersten Punktes scheint ein Streit


Grenzboten 11 1"W 51
Lin englisches Urteil über die deutschen Bestrebungen i» Ostafrika

nicht anerkannt und wahrend der hierüber eingeleiteten Erörterungen die
Wiederherstellung des se^tus <^no lodo verlangt hat, ist ihm ein neues Zeichen
der Perfidie Deutschlands. Allerdings wird erwähnt, daß auch der Sultan
von Wien Ansprüche auf die Inseln erhebe, diese Ansprüche werden aber als
Liuiävvy vliüins keiner weitern Erörterung wert gehalten. Ob sie wirklich so
schattenhaft sind, kann füglich den Verhandlungen der beiden beteiligten Regie¬
rungen überlassen bleiben. Einstweilen darf, da in dem deutsch-englischen Ab¬
kämmen vom Jahre 1886 wohl Lamu, nicht aber Manta und Palla als zum
Reiche des Sultans von Sansibar gehörig anerkannt sind, angenommen werden,
daß es mit dem Rechte des letztern auf die fraglichen Inseln nicht allzu sicher
bestellt sei. Wo bleibt nun aber die Perfidie Deutschlands? Hierfür findet
der Verfasser den klaren Beweis darin, daß bei Begründung der deutschen An¬
sprüche auf Lamm ein Versprechen des Sultans von Sansibar angeführt
worden ist, durch das die deutsche Wien-Gesellschaft eine Konzession für
Lamu und für Marta und Palla erlangt habe. Was bedürfen wir weitern
Zugeständnisses, führt der Verfasser aus; damals, als es sich um eine 5kou-
zessivu für die deutsche Gesellschaft handelte, war die deutsche Regierung sehr
bereit, die Souveränität des Sultans über Marta und Puela anzuerkennen,
jetzt aber, wo er die Konzession einer englischen Gesellschaft erteilt hat, werden
seine Rechte von ihr bestritten! Dem gegenüber ist zu bemerken, daß der Witu-
gesellschaft, als sie die Zvllerhebuug auf deu Inseln der Mandabucht zu über¬
nehmen wünschte, sehr wohl bekannt war, daß der Sultan von Sausibar neben
Lamu anch die Inseln Marta und Palla beanspruchte. Es war uuter diesen
Umständen natürlich, daß sie damit auch wegen der beiden letztgenannten Inseln
M Verhandlungen trat. Der Zustimmung des Sultans von Wien zu der
beabsichtigte!! Zvllüberncihme sicher, konnte sie hoffen, auf diesem Wege eine
von keiner Seite bestrittene Stellung zu erhalten und gleichzeitig bei Regelung
des Pachtverhältnisses einen befriedigenden Ausgleich der konkurrirenden An¬
sprüche beider Herrscher herbeizuführen. Eine Anerkennung der Rechte des
Sultans von Sansibar ist hierin also keineswegs zu finden. Noch »veniger ist
eine solche Vonseiten der kaiserlichen Regierung erfolgt. Diese hat im Gegen¬
teil auf eine frühere, hierauf bezügliche Anregung der englischen Regierung
ausdrücklich erklärt, daß der Frage, dein Sultan von Sansibar die Herrschaft
über jene Inseln einzuräumen, nur dann näher getreten werde» könne, wenn
^ dafür in Gebietsabtretung um der Südgrenze des Witusultauats einwillige.

Weiter nach Norden schreitend kommt der Verfasser zu der Küstenstrecke
bon Wien bis Kismaju. Er behauptet, daß die Stellung dieses Gebietes
Unter deutschen Schutz weder den Vorschriften der Kongvakte über die bei
Neuen Vesitzergreisungen an der ostafrikanischen Küste zu erfüllenden Bedin¬
gungen entspreche, noch mit dem oben erwähnten deutsch-englischen Abkommen
1886 im Einklang stehe. Bezüglich des ersten Punktes scheint ein Streit


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[0409] Lin englisches Urteil über die deutschen Bestrebungen i» Ostafrika nicht anerkannt und wahrend der hierüber eingeleiteten Erörterungen die Wiederherstellung des se^tus <^no lodo verlangt hat, ist ihm ein neues Zeichen der Perfidie Deutschlands. Allerdings wird erwähnt, daß auch der Sultan von Wien Ansprüche auf die Inseln erhebe, diese Ansprüche werden aber als Liuiävvy vliüins keiner weitern Erörterung wert gehalten. Ob sie wirklich so schattenhaft sind, kann füglich den Verhandlungen der beiden beteiligten Regie¬ rungen überlassen bleiben. Einstweilen darf, da in dem deutsch-englischen Ab¬ kämmen vom Jahre 1886 wohl Lamu, nicht aber Manta und Palla als zum Reiche des Sultans von Sansibar gehörig anerkannt sind, angenommen werden, daß es mit dem Rechte des letztern auf die fraglichen Inseln nicht allzu sicher bestellt sei. Wo bleibt nun aber die Perfidie Deutschlands? Hierfür findet der Verfasser den klaren Beweis darin, daß bei Begründung der deutschen An¬ sprüche auf Lamm ein Versprechen des Sultans von Sansibar angeführt worden ist, durch das die deutsche Wien-Gesellschaft eine Konzession für Lamu und für Marta und Palla erlangt habe. Was bedürfen wir weitern Zugeständnisses, führt der Verfasser aus; damals, als es sich um eine 5kou- zessivu für die deutsche Gesellschaft handelte, war die deutsche Regierung sehr bereit, die Souveränität des Sultans über Marta und Puela anzuerkennen, jetzt aber, wo er die Konzession einer englischen Gesellschaft erteilt hat, werden seine Rechte von ihr bestritten! Dem gegenüber ist zu bemerken, daß der Witu- gesellschaft, als sie die Zvllerhebuug auf deu Inseln der Mandabucht zu über¬ nehmen wünschte, sehr wohl bekannt war, daß der Sultan von Sausibar neben Lamu anch die Inseln Marta und Palla beanspruchte. Es war uuter diesen Umständen natürlich, daß sie damit auch wegen der beiden letztgenannten Inseln M Verhandlungen trat. Der Zustimmung des Sultans von Wien zu der beabsichtigte!! Zvllüberncihme sicher, konnte sie hoffen, auf diesem Wege eine von keiner Seite bestrittene Stellung zu erhalten und gleichzeitig bei Regelung des Pachtverhältnisses einen befriedigenden Ausgleich der konkurrirenden An¬ sprüche beider Herrscher herbeizuführen. Eine Anerkennung der Rechte des Sultans von Sansibar ist hierin also keineswegs zu finden. Noch »veniger ist eine solche Vonseiten der kaiserlichen Regierung erfolgt. Diese hat im Gegen¬ teil auf eine frühere, hierauf bezügliche Anregung der englischen Regierung ausdrücklich erklärt, daß der Frage, dein Sultan von Sansibar die Herrschaft über jene Inseln einzuräumen, nur dann näher getreten werde» könne, wenn ^ dafür in Gebietsabtretung um der Südgrenze des Witusultauats einwillige. Weiter nach Norden schreitend kommt der Verfasser zu der Küstenstrecke bon Wien bis Kismaju. Er behauptet, daß die Stellung dieses Gebietes Unter deutschen Schutz weder den Vorschriften der Kongvakte über die bei Neuen Vesitzergreisungen an der ostafrikanischen Küste zu erfüllenden Bedin¬ gungen entspreche, noch mit dem oben erwähnten deutsch-englischen Abkommen 1886 im Einklang stehe. Bezüglich des ersten Punktes scheint ein Streit Grenzboten 11 1»W 51

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207294/409>, abgerufen am 03.07.2024.