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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr.

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Raimund - Reliquien

war nun freilich der fürchterlichsten Fessel einer Megäre und Messaline entledigt,
"uiß nun aber nach katholischem Ritus jedem häuslichen Glück entsagen.

Das alles vernahm ich in breiter Erzählung von ihm, der inne aufjauchzte
wie ein Galeerensklave, welcher seiner Ruderbank Valet gegeben.

Wir haben diese Darstellung Costenobles noch aus einem andern Grunde
witgeteilt. Sie soll dazu dienen, die auch von Sauer in seinem Lebensabriß
sortgevflnuzte Überlieferung, daß es das Publikum gewesen sei, das den
Mchtigen Bräutigam Raimund an den Traualtar der Louise Gleich brachte,
°"res eine den Charakter des Dichters wesentlich besser beleuchtende Darstellung
ersetzen, die gewiß mehr Glauben als die Erzählung der Louise Pichler in
Mer "Denkwürdigkeiten" verdient. Es entspricht dem Charakter Raimunds viel
"ohr, daß er sich nur durch Bitten und Thränen zu dem unglücklichen Schritte
bewegen ließ, als durch die Skandalmncher im Zuschauerraume.

Raimund hat dann den Weg zu seiner Toni wiedergefunden: "aber nur
heimlich konnte sie ihm -- anfangs wenigstens -- angehören, und nicht vor
^w Altar, sondern nur vor einer Mariensäule in Neustift schwuren sie sich
ewige Treue. Auch dieses Verhältnis war jedoch dnrch Raimunds grundlose
Eifersucht und aufbrausende Leidenschaftlichkeit getrübt" (Sauer). Einen Blick
u> dieses Verhältnis gewähren uns die folgende" Briefe an Toni- Der zweite
^les gehört der reichen Autographensammlung des Wiener Schriftstellers
^"r. Kalbeck an.


Liebe gute") Toni!

Obwohl du den Ausdruck gut in deiner Aufschrift an mich weggelassen hast,
^ heiße ich dich doch so, weil du es auch bist. Wenn irgeud jemand meine
Dankbarkeit im höchsten Grade verdienet hat, so bist du es allein meine Toni.
kenne die Größe des Opfers, das du mir bringst, und weiß die Schönheit
. ,'ner Seele hochzuschätzen und keine Aufopferung in dieser Welt ist mir zu groß,
^ us dir nicht bringen könnte.

Deinen erhaltenen Brief will ich nur iuso fern berühren, als es mir wehe
nieiue Toni in eine so unangenehme Stimmung, ohne meine Schuld versezt
>ehen. Wie kannst dn glauben, daß eine wahrhafte Freude mich ergreifen
^"nec. ohne daß sie von dir ausgeht. Übrigens siehst du doch die Wahrheit
^^w^ nicht glücklichen Gesundheitsumstände nur zu deutlich ein, und daß ich mir
ni^l^u^ geben muß meine gewohnte Traurigkeit, mit Gewalt zu vermeiden,
^ches mir leider ohnehin nicht gelingt.

,y> . Doch sey nicht traurig, meine brave Toni, Gott wird mir meine Gesundheit
"^^'geben, so arg ist es doch nicht, daß ich diese Hoffnung uicht in Sicherheit
">e! " könnte.' Könntest nur du bey nur seyn, das wäre die beste Arzney für
Seele, den(n) das hat den größten Einfluß auf mein Leben. Sage nur
rx^?^^unglückselige Dämon, erzählt dir tenir) immer solche Dinge, das müssen
ovse Menschen seyn, die eine Frende daran haben, dich zu quäle". Schaue



) "Güte" ist zweimal unterstrichen.
Raimund - Reliquien

war nun freilich der fürchterlichsten Fessel einer Megäre und Messaline entledigt,
"uiß nun aber nach katholischem Ritus jedem häuslichen Glück entsagen.

Das alles vernahm ich in breiter Erzählung von ihm, der inne aufjauchzte
wie ein Galeerensklave, welcher seiner Ruderbank Valet gegeben.

Wir haben diese Darstellung Costenobles noch aus einem andern Grunde
witgeteilt. Sie soll dazu dienen, die auch von Sauer in seinem Lebensabriß
sortgevflnuzte Überlieferung, daß es das Publikum gewesen sei, das den
Mchtigen Bräutigam Raimund an den Traualtar der Louise Gleich brachte,
°"res eine den Charakter des Dichters wesentlich besser beleuchtende Darstellung
ersetzen, die gewiß mehr Glauben als die Erzählung der Louise Pichler in
Mer „Denkwürdigkeiten" verdient. Es entspricht dem Charakter Raimunds viel
"ohr, daß er sich nur durch Bitten und Thränen zu dem unglücklichen Schritte
bewegen ließ, als durch die Skandalmncher im Zuschauerraume.

Raimund hat dann den Weg zu seiner Toni wiedergefunden: „aber nur
heimlich konnte sie ihm — anfangs wenigstens — angehören, und nicht vor
^w Altar, sondern nur vor einer Mariensäule in Neustift schwuren sie sich
ewige Treue. Auch dieses Verhältnis war jedoch dnrch Raimunds grundlose
Eifersucht und aufbrausende Leidenschaftlichkeit getrübt" (Sauer). Einen Blick
u> dieses Verhältnis gewähren uns die folgende» Briefe an Toni- Der zweite
^les gehört der reichen Autographensammlung des Wiener Schriftstellers
^"r. Kalbeck an.


Liebe gute") Toni!

Obwohl du den Ausdruck gut in deiner Aufschrift an mich weggelassen hast,
^ heiße ich dich doch so, weil du es auch bist. Wenn irgeud jemand meine
Dankbarkeit im höchsten Grade verdienet hat, so bist du es allein meine Toni.
kenne die Größe des Opfers, das du mir bringst, und weiß die Schönheit
. ,'ner Seele hochzuschätzen und keine Aufopferung in dieser Welt ist mir zu groß,
^ us dir nicht bringen könnte.

Deinen erhaltenen Brief will ich nur iuso fern berühren, als es mir wehe
nieiue Toni in eine so unangenehme Stimmung, ohne meine Schuld versezt
>ehen. Wie kannst dn glauben, daß eine wahrhafte Freude mich ergreifen
^"nec. ohne daß sie von dir ausgeht. Übrigens siehst du doch die Wahrheit
^^w^ nicht glücklichen Gesundheitsumstände nur zu deutlich ein, und daß ich mir
ni^l^u^ geben muß meine gewohnte Traurigkeit, mit Gewalt zu vermeiden,
^ches mir leider ohnehin nicht gelingt.

,y> . Doch sey nicht traurig, meine brave Toni, Gott wird mir meine Gesundheit
„^^'geben, so arg ist es doch nicht, daß ich diese Hoffnung uicht in Sicherheit
»>e! " könnte.' Könntest nur du bey nur seyn, das wäre die beste Arzney für
Seele, den(n) das hat den größten Einfluß auf mein Leben. Sage nur
rx^?^^unglückselige Dämon, erzählt dir tenir) immer solche Dinge, das müssen
ovse Menschen seyn, die eine Frende daran haben, dich zu quäle». Schaue



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[0279] Raimund - Reliquien war nun freilich der fürchterlichsten Fessel einer Megäre und Messaline entledigt, "uiß nun aber nach katholischem Ritus jedem häuslichen Glück entsagen. Das alles vernahm ich in breiter Erzählung von ihm, der inne aufjauchzte wie ein Galeerensklave, welcher seiner Ruderbank Valet gegeben. Wir haben diese Darstellung Costenobles noch aus einem andern Grunde witgeteilt. Sie soll dazu dienen, die auch von Sauer in seinem Lebensabriß sortgevflnuzte Überlieferung, daß es das Publikum gewesen sei, das den Mchtigen Bräutigam Raimund an den Traualtar der Louise Gleich brachte, °"res eine den Charakter des Dichters wesentlich besser beleuchtende Darstellung ersetzen, die gewiß mehr Glauben als die Erzählung der Louise Pichler in Mer „Denkwürdigkeiten" verdient. Es entspricht dem Charakter Raimunds viel "ohr, daß er sich nur durch Bitten und Thränen zu dem unglücklichen Schritte bewegen ließ, als durch die Skandalmncher im Zuschauerraume. Raimund hat dann den Weg zu seiner Toni wiedergefunden: „aber nur heimlich konnte sie ihm — anfangs wenigstens — angehören, und nicht vor ^w Altar, sondern nur vor einer Mariensäule in Neustift schwuren sie sich ewige Treue. Auch dieses Verhältnis war jedoch dnrch Raimunds grundlose Eifersucht und aufbrausende Leidenschaftlichkeit getrübt" (Sauer). Einen Blick u> dieses Verhältnis gewähren uns die folgende» Briefe an Toni- Der zweite ^les gehört der reichen Autographensammlung des Wiener Schriftstellers ^"r. Kalbeck an. Liebe gute") Toni! Obwohl du den Ausdruck gut in deiner Aufschrift an mich weggelassen hast, ^ heiße ich dich doch so, weil du es auch bist. Wenn irgeud jemand meine Dankbarkeit im höchsten Grade verdienet hat, so bist du es allein meine Toni. kenne die Größe des Opfers, das du mir bringst, und weiß die Schönheit . ,'ner Seele hochzuschätzen und keine Aufopferung in dieser Welt ist mir zu groß, ^ us dir nicht bringen könnte. Deinen erhaltenen Brief will ich nur iuso fern berühren, als es mir wehe nieiue Toni in eine so unangenehme Stimmung, ohne meine Schuld versezt >ehen. Wie kannst dn glauben, daß eine wahrhafte Freude mich ergreifen ^"nec. ohne daß sie von dir ausgeht. Übrigens siehst du doch die Wahrheit ^^w^ nicht glücklichen Gesundheitsumstände nur zu deutlich ein, und daß ich mir ni^l^u^ geben muß meine gewohnte Traurigkeit, mit Gewalt zu vermeiden, ^ches mir leider ohnehin nicht gelingt. ,y> . Doch sey nicht traurig, meine brave Toni, Gott wird mir meine Gesundheit „^^'geben, so arg ist es doch nicht, daß ich diese Hoffnung uicht in Sicherheit »>e! " könnte.' Könntest nur du bey nur seyn, das wäre die beste Arzney für Seele, den(n) das hat den größten Einfluß auf mein Leben. Sage nur rx^?^^unglückselige Dämon, erzählt dir tenir) immer solche Dinge, das müssen ovse Menschen seyn, die eine Frende daran haben, dich zu quäle». Schaue ) „Güte" ist zweimal unterstrichen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207294/279>, abgerufen am 02.07.2024.