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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr.

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Die Ausstellung altniederläudischer Kunstwerke in Berlin

an dem Besitz alter Kunstwerke in Berlin bedeutend zugenommen hat, und die Zahl
und der Fleiß der Sammler gewachsen sind. Auch diese haben in der "Kunst¬
geschichtlichen Gesellschaft" einen Mittelpunkt gefunden, aus dem mannichfache
Anregungen stießen, lind aus diesem gemeinsamem Wirken ist jene Ausstellung
hervorgegangen, die einen Überblick über das gewähren soll, was im Berliner
Privatbesitz an künstlerisch oder kunstgeschichtlich bemerkenswerten niederländischen
Kunstwerken des siebzehnten Jahrhunderts vorhanden ist. Es ist nicht etwa
ein Gcneralaufgebvt bis auf den letzten Mann; denn man hat sich, um den
Genuß am einzelnen Werke zu erhöhen, auf etwa 350 Gemälde beschränkt
und auch, mit wenigen Ausnahmen, alle die Gemälde ausgeschlossen, die bereits
auf einer ähnlichen, 1883 zu Ehren der silbernen Hochzeit des kronprinzlichen
Paares veranstalteten Ausstellung zu sehen waren. Damals bildeten mehrere
Porträts von van Dhck, Rembrandt und Terborch, Werke ersten Ranges, einen
der Hauptvorzüge der Ausstellung, während die gegenwärtige an ausgezeich¬
neten Bildnissen arm ist. Dafür bietet sie aber einen Ersatz durch eine Reihe
vortrefflicher Stillleben, Landschaften und Mariner, die zusammen mehr als
zwei Fünftel der Gemäldeausstellung bilden.

Neben diesem Einblick in die Erwerbsthätigkeit der Berliner Sammler
während des letzten Jahrzehnts bietet die Ausstellung noch einen zweiten stark
hervortretenden Chnrakterzug von lvkalgeschichtlichem Interesse. Der erste nam¬
hafte Mann, der in Berlin alte Kunstwerke systematisch gesammelt und daneben
zugleich die Kunst und die kunstgewerbliche!? Betriebe seiner Zeit nach seinen
Begriffen durch Ankäufe, Bestellungen und dauernde Beschäftigung von Künstlern
und Kunsthandwerkern unterstützt und gefördert hat, war der große Kurfürst
Friedrich Wilhelm. Aus seinem Aufenthalt in den Niederlanden während
seiner Jugendzeit hatte er die Vorliebe für die dortige Kunst mitgebracht, und
er hat nicht nur beständige Beziehungen mit dein Kuustinarkt in den Haupt¬
städten der Niederlande unterhalten, sondern auch holländische und in Holland
gebildete Künstler an seinen Hof gezogen. Obwohl ein beträchtlicher Teil der
vom Kurfürsten angekauften Werke niederländischer Meister, darunter natürlich
die künstlerisch wertvollsten, bei Begründung der königlichen Museen an diese
überwiesen worden ist, haben doch die königlichen Schlösser noch einen so statt¬
lichen Besitz von Kunstwerken, die teils vom großen Kurfttrsteu angekauft und
bestellt, teils ihm durch die sogenannte "oranische Erbschaft" von 1075 zuge¬
fallen sind, daß die Veranstalter der Ausstellung auf den Gedanken kamen,
durch eine Auswahl aus diesem Bestände eine Vorstellung von den Kunstlieb-
habereien des großen Kurfürsten zu gebe". Bei dein Mangel eines Verzeich¬
nisses der von ihm zusanlinengebrachten und hinterlassenen Kunstwerke kaun
freilich nicht mehr im einzelnen nachgewiesen werden, was von Friedrich
Wilhelm herrührt. Wenn man aber in Betracht zieht, daß anßer ihm nnr
Friedrich II- ein hervorragender Knnstsammler des königlichen Hauses war,


Die Ausstellung altniederläudischer Kunstwerke in Berlin

an dem Besitz alter Kunstwerke in Berlin bedeutend zugenommen hat, und die Zahl
und der Fleiß der Sammler gewachsen sind. Auch diese haben in der „Kunst¬
geschichtlichen Gesellschaft" einen Mittelpunkt gefunden, aus dem mannichfache
Anregungen stießen, lind aus diesem gemeinsamem Wirken ist jene Ausstellung
hervorgegangen, die einen Überblick über das gewähren soll, was im Berliner
Privatbesitz an künstlerisch oder kunstgeschichtlich bemerkenswerten niederländischen
Kunstwerken des siebzehnten Jahrhunderts vorhanden ist. Es ist nicht etwa
ein Gcneralaufgebvt bis auf den letzten Mann; denn man hat sich, um den
Genuß am einzelnen Werke zu erhöhen, auf etwa 350 Gemälde beschränkt
und auch, mit wenigen Ausnahmen, alle die Gemälde ausgeschlossen, die bereits
auf einer ähnlichen, 1883 zu Ehren der silbernen Hochzeit des kronprinzlichen
Paares veranstalteten Ausstellung zu sehen waren. Damals bildeten mehrere
Porträts von van Dhck, Rembrandt und Terborch, Werke ersten Ranges, einen
der Hauptvorzüge der Ausstellung, während die gegenwärtige an ausgezeich¬
neten Bildnissen arm ist. Dafür bietet sie aber einen Ersatz durch eine Reihe
vortrefflicher Stillleben, Landschaften und Mariner, die zusammen mehr als
zwei Fünftel der Gemäldeausstellung bilden.

Neben diesem Einblick in die Erwerbsthätigkeit der Berliner Sammler
während des letzten Jahrzehnts bietet die Ausstellung noch einen zweiten stark
hervortretenden Chnrakterzug von lvkalgeschichtlichem Interesse. Der erste nam¬
hafte Mann, der in Berlin alte Kunstwerke systematisch gesammelt und daneben
zugleich die Kunst und die kunstgewerbliche!? Betriebe seiner Zeit nach seinen
Begriffen durch Ankäufe, Bestellungen und dauernde Beschäftigung von Künstlern
und Kunsthandwerkern unterstützt und gefördert hat, war der große Kurfürst
Friedrich Wilhelm. Aus seinem Aufenthalt in den Niederlanden während
seiner Jugendzeit hatte er die Vorliebe für die dortige Kunst mitgebracht, und
er hat nicht nur beständige Beziehungen mit dein Kuustinarkt in den Haupt¬
städten der Niederlande unterhalten, sondern auch holländische und in Holland
gebildete Künstler an seinen Hof gezogen. Obwohl ein beträchtlicher Teil der
vom Kurfürsten angekauften Werke niederländischer Meister, darunter natürlich
die künstlerisch wertvollsten, bei Begründung der königlichen Museen an diese
überwiesen worden ist, haben doch die königlichen Schlösser noch einen so statt¬
lichen Besitz von Kunstwerken, die teils vom großen Kurfttrsteu angekauft und
bestellt, teils ihm durch die sogenannte „oranische Erbschaft" von 1075 zuge¬
fallen sind, daß die Veranstalter der Ausstellung auf den Gedanken kamen,
durch eine Auswahl aus diesem Bestände eine Vorstellung von den Kunstlieb-
habereien des großen Kurfürsten zu gebe». Bei dein Mangel eines Verzeich¬
nisses der von ihm zusanlinengebrachten und hinterlassenen Kunstwerke kaun
freilich nicht mehr im einzelnen nachgewiesen werden, was von Friedrich
Wilhelm herrührt. Wenn man aber in Betracht zieht, daß anßer ihm nnr
Friedrich II- ein hervorragender Knnstsammler des königlichen Hauses war,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207294/188>, abgerufen am 01.07.2024.