Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr.Die Ausstellung altniederländischer Auustwcrke in Berlin dessen Neigung sich über vorzugsweise auf die französischen Meister der Nokoko- Weniger glückliches bei seinen Ankäufen niederländischer. Gemälde -- mit Die Ausstellung altniederländischer Auustwcrke in Berlin dessen Neigung sich über vorzugsweise auf die französischen Meister der Nokoko- Weniger glückliches bei seinen Ankäufen niederländischer. Gemälde — mit <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0189" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/207484"/> <fw type="header" place="top"> Die Ausstellung altniederländischer Auustwcrke in Berlin</fw><lb/> <p xml:id="ID_526" prev="#ID_525"> dessen Neigung sich über vorzugsweise auf die französischen Meister der Nokoko-<lb/> zeit init auf große wirkungsvolle Stücke der niederländische» Schule, besonders<lb/> von Rubens, van Dyck und ähnlichen Künstlern, erstreckte, so ist man zu dem<lb/> Schlüsse berechtigt, daß die Mehrzahl der in den königlichen Schlossern be¬<lb/> findlichen holländischen Bilder — der gesamte Bilderbesitz beläuft sich nach den<lb/> Angaben Dr, Dohmcs ans rund achttausend Stück — vom große» Kurfürsten</p><lb/> <p xml:id="ID_527" next="#ID_528"> Weniger glückliches bei seinen Ankäufen niederländischer. Gemälde — mit<lb/> italienischen hat er manches Mißgeschick gehabt — ist der Fürst bei der Be¬<lb/> rufung niederländischer Künstler nach Berlin gewesen, wobei wir freilich nicht<lb/> außer Acht lassen dürfen, daß unser Kunstgeschmack ein wesentlich andrer ist<lb/> als der der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts, und daß die Leute<lb/> jener Zeit unzweifelhaft mit andern Augen urteilten als wir. Es genügt,<lb/> daran zu erinnern, daß van der Helft von seinen Zeitgenossen ungleich höher<lb/> geschätzt und besser bezahlt wurde als Rembrandt, den uns jüngst ein sonder-<lb/> barer Schwärmer als den Generalschulmeister Deutschlands enthüllt hat, von<lb/> dem alles Heil in Gegenwart und Zukunft zu erwarten sei, daß Jakob van<lb/> Ruisdael, Aare van der Neer, van Goben und Jan Steen ihre Meisterwerke<lb/> mit 20 bis l>0 Gulden verkaufen mußte», während Modemaler wie Frans und<lb/> Willen, van Mieris und van der Werff mit Gold und Ehren überhäuft wurden.<lb/> Und so mag auch der große Kurfürst die beiden van Hvnthorst, Gerard und<lb/> Wille»,, viel höher geschätzt haben, als wir es vermögen. Bon erster,,, hat<lb/> die Ausstellung drei große Bilder, zwei mythologische und ein Schäferstück,<lb/> aufzuweisen, alle drei gleich leer und frostig, und Wille», on, Honthvrst war<lb/> von 1647 bis 1664 kurbraudcuburgischer Hofmaler, hat auch als solcher eine<lb/> große Zahl von Familieubildnissen gemalt. Wie Dohme aus den Rechnungen<lb/> ermittelt hat, erhielt er für Brustbilder bis zu 16, für Reiterbilder und Bild¬<lb/> nisse mit Staffage» bis zu 200 Thaler. Von de» zahlreiche,, Proben seiner<lb/> Kunst, die unsre Ausstellung vorführt, weist ihm aber keine einen hervor¬<lb/> ragenden Platz unter den niederländischen Bildnismalern an. Seine Malweise<lb/> war hart und trocken, seine Auffassung geistlos, ja philisterhaft. Nur ein<lb/> einziges Bildnis, das einer fürstlichen Frau i», Witwenschleier, vermutlich die<lb/> Karfürstin Elisabeth von der Pfalz, die Gemahlin des Winterkönigs, flößt<lb/> durch Feinheit der Charakteristik ein tieferes Interesse ein. Ein Hauptbild,<lb/> bisher uuter seinem Namen ging, mußte ihm auf Grund eingehender,<lb/> durch diese Ausstellung veranlaßter Prüfungen genommen werden: das lebens¬<lb/> große Doppelbildnis des großen Kurfürsten und seiner Gemahlin Luise Henriette.<lb/> ist eine hervorragende Arbeit des Pieter Räson, eines unter dem Einflüsse<lb/> von Navesteyn gebildeten Malers, der feit 1639 im Haag thätig war. Noch<lb/> geringer sind die Leistungen andrer holländischer Porträtmaler in kurfürstlichen<lb/> Neusten, deren Namen nicht bekannt sind, und zweier Stilllebenmaler, des</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0189]
Die Ausstellung altniederländischer Auustwcrke in Berlin
dessen Neigung sich über vorzugsweise auf die französischen Meister der Nokoko-
zeit init auf große wirkungsvolle Stücke der niederländische» Schule, besonders
von Rubens, van Dyck und ähnlichen Künstlern, erstreckte, so ist man zu dem
Schlüsse berechtigt, daß die Mehrzahl der in den königlichen Schlossern be¬
findlichen holländischen Bilder — der gesamte Bilderbesitz beläuft sich nach den
Angaben Dr, Dohmcs ans rund achttausend Stück — vom große» Kurfürsten
Weniger glückliches bei seinen Ankäufen niederländischer. Gemälde — mit
italienischen hat er manches Mißgeschick gehabt — ist der Fürst bei der Be¬
rufung niederländischer Künstler nach Berlin gewesen, wobei wir freilich nicht
außer Acht lassen dürfen, daß unser Kunstgeschmack ein wesentlich andrer ist
als der der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts, und daß die Leute
jener Zeit unzweifelhaft mit andern Augen urteilten als wir. Es genügt,
daran zu erinnern, daß van der Helft von seinen Zeitgenossen ungleich höher
geschätzt und besser bezahlt wurde als Rembrandt, den uns jüngst ein sonder-
barer Schwärmer als den Generalschulmeister Deutschlands enthüllt hat, von
dem alles Heil in Gegenwart und Zukunft zu erwarten sei, daß Jakob van
Ruisdael, Aare van der Neer, van Goben und Jan Steen ihre Meisterwerke
mit 20 bis l>0 Gulden verkaufen mußte», während Modemaler wie Frans und
Willen, van Mieris und van der Werff mit Gold und Ehren überhäuft wurden.
Und so mag auch der große Kurfürst die beiden van Hvnthorst, Gerard und
Wille»,, viel höher geschätzt haben, als wir es vermögen. Bon erster,,, hat
die Ausstellung drei große Bilder, zwei mythologische und ein Schäferstück,
aufzuweisen, alle drei gleich leer und frostig, und Wille», on, Honthvrst war
von 1647 bis 1664 kurbraudcuburgischer Hofmaler, hat auch als solcher eine
große Zahl von Familieubildnissen gemalt. Wie Dohme aus den Rechnungen
ermittelt hat, erhielt er für Brustbilder bis zu 16, für Reiterbilder und Bild¬
nisse mit Staffage» bis zu 200 Thaler. Von de» zahlreiche,, Proben seiner
Kunst, die unsre Ausstellung vorführt, weist ihm aber keine einen hervor¬
ragenden Platz unter den niederländischen Bildnismalern an. Seine Malweise
war hart und trocken, seine Auffassung geistlos, ja philisterhaft. Nur ein
einziges Bildnis, das einer fürstlichen Frau i», Witwenschleier, vermutlich die
Karfürstin Elisabeth von der Pfalz, die Gemahlin des Winterkönigs, flößt
durch Feinheit der Charakteristik ein tieferes Interesse ein. Ein Hauptbild,
bisher uuter seinem Namen ging, mußte ihm auf Grund eingehender,
durch diese Ausstellung veranlaßter Prüfungen genommen werden: das lebens¬
große Doppelbildnis des großen Kurfürsten und seiner Gemahlin Luise Henriette.
ist eine hervorragende Arbeit des Pieter Räson, eines unter dem Einflüsse
von Navesteyn gebildeten Malers, der feit 1639 im Haag thätig war. Noch
geringer sind die Leistungen andrer holländischer Porträtmaler in kurfürstlichen
Neusten, deren Namen nicht bekannt sind, und zweier Stilllebenmaler, des
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